Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den einzelnen Beanstandungen, die gegen die deutsche Übersetzung, wie sie jetzt vorliegt, vorgebracht worden sind, habe ich das folgende zu bemerken:
Ich bleibe dabei, und auch die Ausführungen des Herrn Abgeordneten haben mich nicht vom Gegenteil überzeugt, daß in den fünf oder sechs Punkten, die er angegriffen hat, die deutsche Übersetzung zutreffend ist. Das gilt insbesondere für die Fassung des Art. 21. Ich vermag auch bei neuer Lektüre nicht zu sehen,
in welchem Wort diese Übersetzung unrichtig sein sollte. Das gilt für die Übersetzung, die wir dem Worte „saisir" haben angedeihen lassen. Das gilt für die Verwendung der Worte „berührt nicht"; es ist ein Stück der Juristensprache, daß man dann, wenn eine bestimmte Regelung eine andere — ich kann es nicht anders ausdrücken — unberührt läßt, das eben durch die Verwendung der Worte „berühren" oder „unberührt lassen" ausdrückt; mindestens kann aus der Verwendung der Worte „berührt nicht" als einer Übersetzung für die Worte „ne préjuge en rien" nicht die Beanstandung hergeleitet werden, daß dadurch irgendein Zweifel über den Sinn dieses Textes erzeugt werden könnte.
Ich bleibe auch dabei, daß die Übersetzung des Wortes „régime de propriété" durch „Eigentumsordnung" die zutreffende Übersetzung ist.
Der einzige Punkt, bei dem ich zugeben muß, daß die Übersetzung problematisch war, und zu dem ich daher berichten kann, daß uns die Übersetzung selbst außerordentliche Schwierigkeiten gemacht hat, ist die Übersetzung des Wortes „détournement de pouvoir". Ich halte zwar die Auffassung des Herrn Abgeordneten für unrichtig, daß „détournement de pouvoir" „Amtsanmaßung" bedeutet. Ich muß aber zugeben, daß es einen juristischen terminus technicus, der völlig exakt den Sinn der Worte „détournement de pouvoir" wiedergibt, in der deutschen juristischen Fachsprache nicht gibt. Der Unterschied zwischen dem Ausdruck „détournement de pouvoir" in der französischen Verwaltungsrechts- und Verwaltungsgerichtssprache und dem dem deutschen Verwaltungsjuristen geläufigen Ausdruck „Ermessensmißbrauch" ist aber so gering, daß wir glaubten, es verantworten zu können, den einen Ausdruck mit dem anderen wiederzugeben. Der Unterschied liegt lediglich darin, daß es sich im Falle des „détournement de pouvoir" um einen Vorgang handelt, bei dem eine bestimmte, um bestimmter Ziele willen einer Behörde übertragene administrative Befugnis in einer Weise ausgeübt worden ist, die nicht eben diesen vom Gesetz zugrunde gelegten Zielen dient, während das Wort „Ermessensmißbrauch" in der deutschen Rechtssprache insofern eine gewisse andere Nuance hat, als es sich um eine Handlung der Verwaltungsbehörde aus unzulässigen und durch das Gesetz nicht gedeckten Motiven handelt.
Was die Frage der Herstellung eines offiziellen deutschen Textes betrifft, so darf ich dazu folgendes sagen: Selbstverständlich wäre es uns erwünscht gewesen, wenn wir noch einen deutschen Text hätten erarbeiten können, der mit derselben Authentizität wie der französische Text gegolten hätte. Das hätte bedeutet, daß wir in derselben Zeit auch einen ebenso offiziellen italienischen und
einen ebenso offiziellen holländischen Text hätten herstellen müssen.
Das hätte nicht nur bedeutet, daß wir für die Herstellung dieses Textes geraume Zeit gebraucht hätten — man hat Erfahrungen mit dem Zeitbedarf für die Herstellung dieser Texte —, sondern es hätte auch bedeutet, daß die Gefahr von Widersprüchen in diesem Text gesteigert worden wäre.
Die Bemerkung, die Verwendung der französischen Rechtssprache ziehe die Gültigkeit der französischen Rechtsdogmatik für die Auslegung dieses Vertragswerks nach sich, ist unrichtig. Und diese Unrichtigkeit wird auch nicht dadurch beseitigt, wenn etwa der Berichterstatter des französischen Parlaments das Gegenteil behauptet haben sollte.