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ID0118307000

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    Deutscher Bundestag — 183. Sitzung.- Bonn, Donnerstag, den 10. Januar 1952 7651 183. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Januar 1952. Geschäftliche Mitteilungen . 7651D, 7779A, 7786C Übertritt des Abg. Dr. Fink von der Frak- tion der FU zur Fraktion der CDU/CSU 7652A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nrn. 2401, 2484, 2950, zu 2950 der Drucksachen; Anträge Nrn. 2971, 2972, 2973, 2974, Umdrucke Nrn. 407, 408, 412) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten und zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2951 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 409) . . . 7652A Wirtschaftspolitische Fragen: Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes 7652B, 7675A Imig (SPD) 7655B Niebergall (KPD) 7659D Kalbitzer (SPD) 7661B Dr. Preusker ( FDP), als Berichterstatter 7665B Dr. Bertram (FU) 7666C Dr. Nölting (SPD) 7669C Loritz (Fraktionslos) 7677D Paul (Düsseldorf) (KPD) 7685D Müller (Frankfurt) (KPD) 7691D Stegner (FDP) '7697D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 7702A Kuhlemann (DP) 7705B von Thadden (Fraktionslos) . . . 7706C Sozialpolitische Fragen, Rechtsfragen und allgemeinpolitische Fragen: Albers (CDU) 7710D Birkelbach (SPD) 7714B Harig (KPD) 7716C Grundmann (FDP) 7720D Heix (CDU) 7721D Dr. Wahl (CDU) 7723D Dr. Veit (SPD) 7726B Euler (FDP) 7730C Dr. von Merkatz (DP) 7734D Schoettle (SPD) 7739C Dr. Kreyssig (SPD) 7744A Fisch (KPD) 7747A Fürst zu Oettingen-Wallerstein (FU) 7753D Dr. Mommer (SPD) 7755D Wehner (SPD) 7762A Dr. Tillmanns (CDU) 7765D Dr. Hasemann (FDP) 7769C von Thadden (Fraktionslos) . . . 7771D Frau Strohbach (KPD) 7774B Loritz (Fraktionslos) 7776A zur Abstimmung: Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 7776C Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 7777B Mellies (SPD) 7779B Abstimmungen 7777D, 7779C Namentliche Abstimmungen . 7778B, 7779B zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der dritten Beratung: Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 7780B Dr. Semler (CDU) 7784A Schröter (CDU) (zur Geschäftsordnung) 7785D Abstimmungen 7785D Ausschluß des Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) wegen gröblicher Verletzung der Ordnung für drei Sitzungstage 7786C Nächste Sitzung 7779A, 7783D, 7786C Zusammenstellung der namentlichen Abstimmungen über Art. I des Entwurfs eines Gesetzes betr. den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2401 der Drucksachen) und über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck Nr. 407) zu dem gleichen Gesetzentwurf betr. Einfügung eines Art. I a 7787A Die Sitzung wird um 9 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Namentliche Abstimmungen 1. über Artikel I des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2401 der Drucksachen), 2. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Umdruck Nr. 407). Name 1. I 2. Name 1 2. Abstimmung Abstimmung CDU/CSU Dr. Horlacher Ja Nein Horn Ja Nein Dr. Adenauer Ja Nein Huth Ja Nein Albers Ja Nein Dr. Jaeger Ja Nein Arndgen Ja Nein Junglas Ja Nein Bauereisen Ja Nein Kahn Ja Nein Bauknecht Ja Nein Kaiser Ja Nein Dr. Baur (Württemberg) . Ja Nein Karpf Ja Nein Bausch Ja Nein Dr. Kather Ja Nein Becker (Pirmasens) . . . . Ja Nein Kemmer Ja Nein Blank (Dortmund) . . . . Ja Nein Kemper Ja Nein Bodensteiner Ja Nein Kern Ja Nein Frau Brauksiepe Ja Nein Kiesinger Ja Nein Dr. von Brentano Ja Nein Dr. Kleindinst Ja Nein Brese Ja Nein Dr. Köhler Ja Nein Frau Dr. Brökelschen . . . Ja Nein Dr. Kopf Ja Nein Dr. Brönner Ja Nein Dr. Krone (Berlin) (Berlin) Brookmann Ja Nein Kühling Ja Nein Dr. Bucerius Ja Nein Kuntscher Ja Nein Frau Dietz Ja Nein Kunze Ja Nein Dr. Dresbach Ja Nein Dr. Laforet Ja Nein Eckstein — — Dr. Dr. h. c. Lehr . -- Nein Dr. Edert Ja Nein Leibfried Ja Nein Dr. Ehlers Ja Nein Lenz Ja Nein Ehren Ja Nein Leonhard Ja Nein Dr. Erhard Ja Nein ' Lücke Ja Nein Etzel (Duisburg) Ja Nein Majonica Ja Nein Etzenbach Ja Nein Massoth Ja Nein Even Ja Nein Mayer (Rheinland-Pfalz) . Ja Nein Feldmann Ja Nein Mehs Ja Nein Dr. Fink Ja Nein Mensing Ja Nein Dr. Frey Ja Nein Morgenthaler Ja Nein Fuchs Ja Nein Muckermann Ja Nein Dr. Freiherr von Fürsten- Mühlenberg Ja Nein berg Ja Nein Dr. Dr. Müller (Bonn) . . . Ja Nein Fürst Fugger von Glött . . Ja Nein Müller-Hermann Ja Nein Funk Ja Nein Naegel Ja Nein Gengler Ja Nein Neber Ja Nein Gerns . Ja Nein Nellen Ja Nein Dr. Gerstenmaier — — Neuburger Ja Nein Gibbert Ja Nein Nickl Ja Nein Giencke Ja Nein Frau Niggemeyer Ja Nein Dr. Glasmeyer Ja Nein Dr. Niklas — — Gliising entschuld. entschuld. Dr. Oesterle Ja Nein Gockeln Ja Nein Dr. Orth Ja Nein Dr. Götz Ja Nein Pelster Ja Nein Frau Dr. Gröwel Ja Nein Pfender Ja Nein Günther Ja Nein Dr. Pferdmenges Ja Nein Hagge Ja Nein Dr. Povel Ja Nein Frau Heiler Ja Nein Frau Dr. Probst Ja Nein Heix Ja Nein Dr. Pünder Ja Nein Dr. Henle Ja Nein Raestrup Ja Nein Hilbert Ja Nein Rahn Ja Nein Höfler Ja Nein Frau Dr. Rehling Ja Nein Hohl Ja Nein Frau Rösch Ja Nein Dr. Holzapfel Ja Nein Rümmele Ja Nein Hoogen Ja Nein Sabel Ja Nein Hoppe Ja Nein Schäffer Ja Nein Name 1. 2. Name 1. Abstimmung 2. Abstimmung Scharnberg Ja Nein Franke Nein Ja Dr. Schatz Ja Nein Freidhof Nein Ja Schill Ja Nein Freitag Nein Ja Schmitt (Mainz) Ja Nein Geritzmann Nein Ja Schmitz beurlaubt beurlaubt Gleisner Nein Ja Schmücker . . . . . . Ja Nein Görlinger . Nein Ja Dr. Schröder (Düsseldorf) . Ja Nein Graf Nein Ja Schröter Ja Nein Dr. Greve Nein Ja Schüttler Ja Nein Dr. Gülich Nein Ja Schütz Ja Nein Happe Nein Ja Schuler Ja Nein Heiland Nein Ja Schulze-Pellengahr . . . . Ja Nein Hennig Nein Ja Dr. 'Semler Ja Nein Henßler Nein Ja Dr. Serres Ja Nein Herrmann Nein Ja Siebel Ja Nein Hoecker Nein Ja Dr. Solleder Ja Nein Höhne Nein Ja Spies Ja Nein Frau Dr. Hubert Nein Ja Graf von Spreti Ja Nein Imig Nein Ja Stauch Ja Nein Jacobi Nein Ja Frau Dr. Steinbiß . . . . Ja Nein Jacobs Nein Ja Storch Ja Nein Jahn Nein Ja Strauß Ja Nein Kalbfell Nein Ja Struve Ja Nein Kalbitzer Nein Ja Stücklen Ja Nein Frau Keilhack Nein Ja Dr. Tillmanns (Berlin) (Berlin) Keuning Nein Ja Dr. Vogel . Ja Nein Kinat Nein Ja Wacker Ja Nein Frau Kipp-Kaule Nein Ja Wackerzapp Ja Nein Knothe Nein Ja Dr. Wahl Ja Nein Dr. Koch Nein Ja Frau Dr. Weber (Essen) . Ja Nein Frau Korspeter Nein Ja Dr. Weber (Koblenz) . . . Ja Nein Frau Krahnstöver . . . . Nein Ja Dr. Weiß beurlaubt beurlaubt Dr. Kreyssig Nein Ja Winkelheide Ja Nein Kriedemann Nein Ja Dr. Wuermeling Ja Nein Kurlbaum Nein Ja Lange Nein Ja SPD Lausen krank krank Frau Lockmann Nein Ja Frau Albertz Nein Ja Löbe (Berlin) (Berlin) Frau Albrecht Nein Ja Lohmüller krank krank Altmaier Nein Ja Ludwig Nein Ja Frau Ansorge Nein Ja Dr. Luetkens Nein Ja Dr. Arndt Nein Ja Maier (Freiburg) Nein Ja Arnholz Nein Ja Marx Nein Ja Dr. Baade Nein -Ja Matzner Nein Ja Dr. Bärsch Nein Ja Meitmann Nein Ja Baur (Augsburg) Nein Ja Mellies . . . . . . . . . Nein Ja Bazille krank krank Dr. Menzel Nein Ja Behrisch Nein Ja Merten Nein Ja Bergmann Nein Ja Mertins Nein Ja Dr. Bergstraeßer Nein Ja Meyer (Hagen) Nein Ja Berlin Nein Ja Meyer (Bremen) Nein Ja Bettgenhäuser Nein Ja Frau Meyer-Laule . . . . Nein Ja Bielig Nein Ja Mißmahl Nein Ja Birkelbach Nein Ja Dr. Mommer Nein Ja Blachstein Nein Ja Dr. Mücke Nein Ja Dr. Bleiß ....... Nein Ja Müller (Hessen) Nein Ja Böhm Nein Ja Müller (Worms) Nein Ja Brandt (Berlin) (Berlin) Frau Nadig Nein Ja Dr. Brill Nein Ja Neumann (Berlin) (Berlin) Bromme Nein Ja Dr. Nölting Nein Ja Brünen Nein Ja Nowack (Harburg) . . . . Nein Ja Cramer Nein Ja Odenthal Nein Ja Dannebom Nein Ja _ Ohlig Nein Ja Diel Nein Ja 011enhauer Nein Ja Frau Döhring Nein Ja Paul (Württemberg) . . . Nein Ja Eichler Nein Ja Peters Nein Ja Ekstrand Nein Ja Pohle Nein Ja Erler Nein Ja Dr. Preller Nein Ja Faller Nein Ja Priebe Nein Ja
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von August-Martin Euler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    , Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner ist nicht davor zurückgeschreckt, das Pathos herabzusetzen, das nicht nur hier bei uns, sondern auch in der französischen Kammer hervorgetreten ist. Jawohl, auch wenn es Ihnen noch so unverständlich erscheinen mag, es ist richtig, die Toten als Mahnung anzurufen, wenn es sich darum handelt, über Annahme oder Nichtannahme dieses Schumanplan-Vertrags zu entscheiden. In der französischen Kammer war es nach allen Schilderungen, die von dem Verlauf der Kammersitzung gegeben wurden, einer der ergreifendsten Augenblicke, als Außenminister Schuman die Toten des Weltkrieges anrief, indem er sagte, es dürfe zwischen Deutschland und Frankreich und es dürfe im Westen Europas zwischen den Völkern, die gemeinsam für Recht und Freiheit eintreten wollen, nie wieder einen Krieg geben. Der Schumanplan ist ein, und zwar das erste Mittel, um zu verhindern,
    , (Sehr gut! in der Mitte)

    daß zwischen den europäischen Völkern wieder Krieg sein kann.

    (Vizepräsident Dr. Schäfer übernimmt den Vorsitz)

    Herr Kollege Veit hat sich dagegen gewehrt, daß die Gegner des Schumanplans auch als Gegner Europas angesprochen werden, und er hat erneut in einem Sinne, der auf Verächtlichmachung angelegt war, von den „Neu-Europäern" gesprochen. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Die Parteien, d e heute als Regierungsparteien für die Annahme des Schuman-plans eintreten und die ganze Außenpolitik bis zu dem Augenblick getragen haben, in dem diese Politik möglich war, sind in ihrer großen Mehrheit diejenigen, die damals

    (Abg. Rische: Hitlers neue Ordnung wollten!) die Regierung Stresemann und Brüning getragen haben,


    (Abg. Arnholz: Sie haben j a dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt! — Weitere Zurufe von der SPD)

    also eine Politik, die leider damals nicht durchgesetzt wurde, sondern einer nationalen Rückwendung eigentlich in allen westeuropäischen Völkern zum Opfer gefallen ist.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Sehr richtig!)



    (Euler)

    Damals haben Sie (zur SPD) allerdings die Tendenzen einer Verständigungspolitik, einer Politik, 'die darauf angelegt war, einen Krieg in Europa nicht wiederkehren zu lassen und zu diesem Zweck den Versaller Vertrag durch eine — auch damals ging es darum — auf Gleichberechtigung beruhende Wohlordnung Europas zu ersetzen, mit getragen.

    (Zuruf des Abg. -Rische.)

    Es wäre besser, Sie würden das auch heute tun, statt daß Sie die Stellung der Opposition benutzen, nicht um nationale Gefühle unseres Volkes anzusprechen, sondern nationalistische Affekte zu entfachen.

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Lebhafter Widerspruch links. — Abg. Schoettle: Ausgerechnet Sie sagen das! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Und deshalb wird Ihre Politik

    (Zuruf von der SPD: Sie haben es nötig!) trotz der Spekulationen, die ihr zugrunde liegen, nicht zum Erfolg führen. Dem gesunden Nationalgefühl ist längst offenbar, wie nötig es ist, die europäischen Völker diesseits des sowjetischen Machtbereichs zusammenzuführen, gerade um mit den Mitteln des Friedens die Trennung Deutschlands und die Trennung Europas auf die Dauer zu überwinden.


    (Zuruf von der KPD: Adenauers Scharfmacher! — Weitere Zurufe links. — Zuruf von der KPD: Die Stimme seines Herrn!)

    Die Vereinigten Staaten von Europa sind unser Ziel. Aber Sie sollten wissen — und im Grunde genommen wissen Sie es j a sehr genau —, daß dieses Ziel nicht mit einem Ansprung zu erreichen ist. Es ist auch nicht dadurch zu erreichen, daß man zu vermittelnden Lösungen, zu Stufen auf dem Wege zu den Vereinigten Staaten von Europa ständig nein sagt und entsprechend handelt.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    Es bedarf vielmehr auf dem Wege zu der europäischen Föderation, die wir herbeisehnen, jener Mittel, jener gemeinschaftlichen Veranstaltungen auf den verschiedenen Gebieten, die den europäischen Völkern zunächst einmal Gelegenheit zu einer Zusammenarbeit geben, um das vom Weltkrieg her verbliebene Mißtrauen noch weiter zu überwinden. Es war in den vergangenen Jahren die schwierige Aufgabe, das Mißtrauen, die Gefühle der Abneigung und des Hasses zu überwinden und durch Vertrauen zu ersetzen. Dieses Vertrauen muß erworben sein, dieses Vertrauen muß verdient sein. Es wird nicht geschenkt. Glauben Sie nicht, daß uns die Erfolge, die Sie als solche der Zeit bezeichnen, geschenkt worden sind! Nein, sie sind sehr wohl hervorgegangen aus einer bestimmten Art von Außenpolitik.

    (Zuruf von der KPD: Ganz bestimmt!)

    Diese Außenpolitik war ständig darauf angelegt, das Interesse des deutschen Volkes dadurch zu wahren, daß man das gemeinsame Interesse aller europäischen Völker herausarbeitet und deshalb in einer Richtung geht, die zu dem Ziele führen soll, immer mehr die Gleichgeordnetheit der nationalen Interessen eines jeden Volkes und des gemeinsamen Interesses der europäischen Gesamtheit zu verwirklichen.

    (Abg. Fisch: Haben Sie das auch gesagt, als Sie die Fremdarbeiter nach Auschwitz gebracht haben?)

    Sie erwarten eine europäische Regierung, die demokratisch kontrolliert wird. Niemand erwartet sie sehnlicher als wir. Aber S_e wissen ganz genau, daß in dieser Zeit die umfassende wirtschaftliche und politische Föderation Europas noch nicht zu erreichen ist. Sie wissen sehr genau, wie groß gerade in den westlichen Ländern ursprünglich die Widerstände sogar gegen eine Teilregelung wie den Schumanplan gewesen sind und daß es einer allzu langen, anderthalbjährigen Diskussion in den verschiedenen Ländern bedurfte, um die öffentliche Meinung allmählich für den Gedanken eines sehr begrenzten Teilzusammenschlusses auf wirtschaftlichem Gebiet zu gewinnen.
    Es ist mir völlig unverständlich, wie Herr Kollege Veit von einer „Selbstentmannung der deutschen Wirtschaft" sprechen kann, die der Schuman-plan herbeiführe, während doch gerade all die Fesseln, die auf Produktion und Kapazität von Kohle, Eisen und Stahl lagen, all jene Fesseln, die uns im Zeichen der Morgenthau-Politik während der Jahre nach 1945 angelegt waren, durch den Schumanplan jetzt abgenommen werden. Es muß doch gesehen werden, daß die Beendigung des Ruhrstatuts, der Wegfall der Ruhrbehörde, die Beendigung der Funktionen des Militärischen Sicherheitsamtes, was Kohle, Eisen und Stahl anbelangt, der Wegfall der Kontrollgruppen, der Wegfall der Bindung an den Zustand, der aus der Entflechtung hervorgeht, sobald diese abgeschlossen ist, ganz entscheidende Fortschritte für uns bedeuten, Fortschritte allerdings, die ebensowohl im deutschen wie im gesamteuropäischen Interesse liegen.
    Wir sind gewiß, daß die Sozialdemokratie, wenn eine sozialistische Regierung in Deutschland derartige internationale Erfolge errungen hätte, in Deutschland unermüdlich den Ruhm der Regierung, die solche Erfolge erzielte, verkünden würde. So empfinden Sie ein außerordentliches Mißvergnügen, weil Sie sich als Opposition berufen glauben, die Außenpolitik zu bekämpfen, nur weil die Regierung, die sie trägt, und die Parteien, die sie tragen, von Ihnen mit Betonung als feindlich empfunden werden. So leicht kann man es sich nicht machen,

    (Zurufe von der SPD: Richtig! Sie machen es sich leicht!)

    daß man in der Bevölkerung eine Außenpolitik propagiert, von der man weiß, man könnte sie, wenn man Regierungspartei wäre, gar nicht durchtragen, weil, wenn Sie wirklich als Regierungspartei die Außenpolitik des ständigen Nein-Sagens und der Verneinung im Tun gegenüber allen Bemühungen, eine europäische Einheit zustande zu bringen, betrieben, Deutschland in eine neue Isolation hineinführen würden, viel gefährlicher und hoffnungsloser als die Isolation, in die Hitler das deutsche Volk hineingeführt hat.

    (Abg. Dr. Greve: Sie haben ihm doch geholfen, Herr Euler!)

    Ihr Mißvergnügen am Schumanplan hat allerdings noch einen anderen Grund, der ebenfalls sehr einleuchtend ist: Der Schumanplan ist kein sozialistischer Plan, sondern ein Plan freiheitlicher Wirtschaftsführung, der' in erster Linie darauf angelegt ist, einen Zustand der Marktgemeinsamkeit herzustellen, in dem Schranken, Hemmnisse beseitigt werden, die der Gleichmäßigkeit der Wettbewerbsbedingungen für alle Wettbewerbsteilnehmer entgegenstanden.

    (Abg. Rische: Nach dem Muster der IG Farben!)



    (Euler)

    Wir gehen sehr bewußt diesen Weg Europas, der über den Schumanplan führt, weil wir überzeugt sind, daß gerade der Schumanplan die Energien vervielfältigen wird, die in Europa auf umfassendere Regelungen föderalistischer Art gerichtet sind.
    Wie groß das Unverständnis in Ihren Reihen gegenüber dem Schumanplan ist, hat das gezeigt, was Herr Kollege Veit im einzelnen über die Organe des Schumanplans gesagt hat. Wenn eine europäische Föderation zustande kommt, dann wird sich zwar erweisen, daß ihre Verfassung ganz anders strukturiert sein muß als die des Schuman-plans. Das ist selbstverständlich, denn der Schumanplan ist nicht eine umfassende Föderation, er ist lediglich eine Vereinigung für einen sehr beschränkten wirtschaftlichen Zweck. Deshalb kann man die Organe des Schumanplans und ihre Funktionen nicht an den Organen eines Bundesstaates oder eines Staatenbundes messen. Der wesentliche Unterschied zu einer europäischen Verfassung, die die Verfassung eines europäischen Staatenbundes oder Bundesstaates wäre, liegt nämlich darin, daß das Gesetzesrecht der Montangemeinschaft nicht fortlaufend durch ein Gesetzgebungsorgan erzeugt wird, sondern durch einen einmaligen Akt im Vertrag umfassend geschaffen ist. Der Vertrag selbst umfaßt prinzipiell das gesamte Gesetzesrecht, und nur durch Ausführungsbestimmungen, die Verwaltungsanordnungen sind, ist dieses prinzipiell beschlossene Recht, wie es im Vertrag niedergelegt ist, ergänzbar oder aber durch gemeinschaftsinterne Revisionsakte abänderbar. Im Wesen dieser Montan-Union liegt also von vornherein, daß eine Legislativfunktion im Sinne der Notwendigkeit einer dauernden Erzeugung neuen Rechtes, die in jedem Staat durch das Legislativorgan stattfindet, nur in einem sehr geminderten Maß vorhanden sein kann.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Umgekehrt ist — was wesentlich damit zusammenhängt — die Justizfunktion in dieser Montangemeinschaft 'außerordentlich gesteigert. Denn für das Gedeihen dieser Montan-Union ist offenbar schlechthin entscheidend, daß die Exekutivorgane — die Hohe Behörde, in abgeschwächtem Maße der Ministerrat und der Beratende Ausschuß — nicht willkürlich handeln, sondern daß sie sich bei ihren Entscheidungen auf das strikteste durch Geist und Wortlaut des Vertrags, d. h. des Gesetzes dieser Gemeinschaft, leiten lassen. Um dies sicherzustellen, waren die Akte der Exekutivorgane in höchstmöglichem Umfang der richterlichen Kontrolle zu unterwerfen. Das ist erfreulicherweise geschehen. Denn nicht nur 'die allgemeinen Anordnungen, sondern auch die individuellen Verwaltungsakte unterliegen in weitestem Maße der richterlichen Nachprüfung. Dies zu gewährleisten war schlechthin ausschlaggebend, weil nur die richterliche Nachprüfung ein Höchstmaß erreichbarer Objektivität verheißt.
    Die politische Kontrolle durch ein parlamentarisches Kontrollorgan darf zwar auch im Rahmen der Montan-Union nicht unterschätzt werden. Sie wäre jedoch allein ein schlechtes Mittel, um rechtswidriges Verhalten der Exekutivorgane aus politischen Gründen auszuschließen. Gerade der politische Mißbrauch der Exekutivaufgaben muß ausgeschlossen werden, wenn nicht die Gefahr drohen soll, daß durch die Exekutive der Montan-Union überall Rückschläge gegen den Europa-Gedanken ausgelöst werden, die eine weitere europäische Entwicklung außerordentlich stören könnten.
    Die richterliche Stellung und das richterliche Ethos der im Gericht der Montan-Union tätigen Persönlichkeiten gewährleisten ein Höchstmaß von Bindung an das Gesetz, unter der einen Voraussetzung, die ebenfalls vorliegt, daß nämlich die Normen hinreichend exakt sind, 'daß sie präzise Anweisungen an die Exekutivorgane enthalten. Erfreulicherweise ist der Montanpakt so gestaltet worden, daß die einzelnen Bestimmungen über das, was den Exekutivorganen zur Richtschnur dienen soll, hinreichend genau abgefaßt sind. Sie gehen weit über den Rahmen unverbindlicher oder konkret schwer faßbarer allgemeiner Anweisungen hinaus.
    Diese entscheidende Sach- und Rechtslage hat Kollege Dr. Schmid in der ersten Lesung nicht gebührend gewürdigt. Denn sonst hätte er in der 161. Sitzung vom 12. Juli nicht folgendes ausführen können:
    Dann ist noch der Gerichtshof da. Aber dieses Gericht kann nach seiner Zuständigkeit über wirtschaftliche Tatbestände nicht entscheiden. Es ist ihm untersagt,
    — so fuhr Kollege Schmid fort —
    die wirtschaftlichen Tatsachen und Umstände zu prüfen, auf denen die angefochtene Entscheidung beruht. Insoweit als Faktisches zweifelhaft ist, wird der Gerichtshof keine Hilfe sein können. Diese Beschränkung seiner Kompetenz ist natürlich und normal. Ein Gericht kann solche Entscheidungen nicht treffen. Man sollte sich dann aber nicht von diesem Gericht wesentliche Hilfe versprechen.
    Diese Ausführungen, die damals Kollege Schmid gemacht hat und die einen wesentlichen Punkt des Schuman-Vertrags wenigstens ansprechen, sind falsch; sie sind rechtsirrig. Sie sind nach dem Vertrag unhaltbar. Um dies darzutun, muß ich in eine genaue Darlegung eintreten, inwieweit die richterliche Nachprüfung des wirtschaftlichen Ermessens der Hohen Behörde beschränkt ist.
    Die Beschränkung der Hohen Behörde ist im letzten Satz des Abs. 1 von Art. 33 des Schuman-plans ausgesprochen. Er beschränkt in gewissem Umfang die richterliche Nachprüfung. Aber diese Beschränkung ist sehr eng gefaßt. Die Beschränkung schließt nämlich die richterliche Nachprüfung insoweit nicht aus, als sich die richterliche Nachprüfung auf Tatsachenfeststellungen richtet, mag es sich bei diesen Feststellungen auch nur um solche schätzender Art handeln. Die Beschränkung des Gerichts bezieht sich nur auf wertende Würdigungen, nicht aber auf Tatsachenfeststellungen. Selbst bei den wertenden Würdigungen sind diejenigen ausgeschlossen, die die einzelnen Elemente für eine Subsumtion geben. Lediglich die Gesamtwürdigung einer Lage ist ausgeschlossen, nicht aber eine Einzelwürdigung, die sich unmittelbar auf wirtschaftliche Tatsachen gründet. Die Hohe Behörde ist nur insoweit beschränkt, als sie, aus den Elementen des Urteils ihre Würdigung zusammenfassend, ein Bild der Gesamtlage abgibt. Das zusammenfassende Subsumtionsurteil unterliegt der Beschränkung nach Art. 33 Abs. 1 letzter Satz, nicht aber ein Einzelurteil und nicht die Tatsachenfeststellung, auch wenn sie nur geschätzter Art ist.
    Auch soweit die Beschränkung Platz greift, bleibt aber ein sehr weiter Raum der Nachprüfung. Wenn beispielsweise der Vorwurf erhoben wird, daß sich die Hohe Behörde von -unsachlichen, insbesondere politischen Motiven habe


    (Euler)

    leiten lassen, kann unter diesem Gesichtspunkt schlechthin unbeschränkt in die Nachprüfung ein-. getreten werden.
    Gleiches gilt, wenn 'der Vorwurf eines Rechtsverstoßes erhoben wird. Auf den Vorwurf des Rechtsverstoßes hin ist das Gericht nicht nur nicht gehindert, sondern im Gegenteil genötigt, in die Nachprüfung einzutreten. Weiter ist hervorzuheben, daß in wichtigen Fällen die Beschränkung nach Art. 33 Abs. 1 überhaupt nicht Platz greift.
    Schließlich bleibt darauf hinzuweisen, daß die Möglichkeit, das Verfahren der Rechtskontrolle wirksam zu machen, insofern außerordentlich erleichtelt wurde, als sowohl der Ministerrat wie auch jeder einzelne Mitgliedstaat, die Unternehmen und die Verbände den Gerichtshof anrufen können, die Unternehmen zusätzlich auch im Verfahren der Inzidenzkontrolle, wenn gegen sie Strafen festgesetzt werden sollen.
    Der Zusammenhang all dieser Bestimmungen, die reichen Zuständigkeiten, die der Behörde gegeben sind, dazu der umfassende Charakter der Normen haben 'Kritiker des Schumanplans zu dem Vorwurf geführt, daß im Schumanplan geradezu ein „justizstaatlicher Fanatismus" wahrnehmbar sei.
    Nun wird diese ganz intensive, von allen Beteiligten jederzeit leicht geltend zu machende richterliche Kontrolle durch die politische Kontrolle der Versammlung ergänzt. Ich hatte schon darauf hingewiesen, daß der Natur dieses Vertrages gemäß von einer gesetzgebenden Funktion dieser Versammlung eigentlich keine Rede sein kann, weil das Gesetzesrecht prinzipiell abschließend im Vertrag selbst festgesetzt ist und es sich lediglich darum handeln kann, daß zu diesem Gesetzesrecht, I wie bei allen Gesetzen, Verwaltungsanordnungen erforderlich sein können. Im übrigen kommt nur der -Akt der gemeinschaftsinternen sogenannten „kleinen Revision" in Frage. In diesem Falle ist aber die Versammlung als gesetzgeberisches Organ bei dem Vorgang der Revision beteiligt.
    Wesentlicher als die gesetzgebende Aufgabe der Versammlung ist, wie gesagt, die direkte Kontrolle der Hohen Behörde. Wir bedauern mit der Sozialdemokratie, daß es nicht möglich war, der Versammlung ausgedehntere Kontrollrechte gegen-. über der Hohen Behörde zu geben. Immerhin darf nicht verkannt werden, daß die Versammlung nicht nur während der vorgesehenen ordentlichen Tagung der Versammlung in jedem Jahr im Zusammenhang mit der Erstattung des Jahresberichts die Hohe Behörde stürzen kann, sondern es muß doch gesehen werden, daß die Versammlung ein Selbstversammlungsrecht und auch wenigstens das Recht parlamentarischer Interpellation an die Hohe Behörde erhalten hat.
    Die Stärke der demokratischen Garantie, die im Montanpakt liegt, kann also nur erfaßt werden, wenn man außer der demokratischen Kontrolle der Versammlung gegenüber 'der Hohen Behörde auch die außerordentlich intensive richterliche Kontrolle gegenüber dem Exekutivorgan sieht. Das Schwer-' gewicht liegt dabei natürlich in der richterlichen Kontrolle; und sie ist ganz außerordentlich wesentlich in einem Anfangsstadium neuer europäischer Geschichte, damit das europäische Gemeininteresse gerade durch Instanzen von richterlicher Objektivität sauber entwickelt wird.
    Wir sind uns darüber im klaren, daß es von schlechthin entscheidender Bedeutung ist, für die Hohe Behörde Persönlichkeiten zu gewinnen, die ein ganz starkes, ausgeprägtes Empfinden für die Notwendigkeit der Entwicklung des europäischen Gemeininteresses haben. Auch hier ist es so, daß der Geist der Institutionen in nicht geringem Maße durch den guten oder bösen Willen der Persönlichkeiten bestimmt wird, die in diesen Institutionen tätig sind.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Und da möchte ich das eine hervorheben: Es ist nicht richtig, was Kollege Schmid schon in der ersten Lesung des Schumanplans gesagt hat und was heute auch von den verschiedensten sozialdemokratischen Rednern wiederholt wurde — daß nur zu wählen sei zwischen der Verleugnung des nationalen Interesses und der Wahrnehmung des europäischen Interesses. Als ob nationales Interesse und europäisches Interesse kaum in Einklang zu bringen wären! Es ist vielmehr im Gegenteil so, daß heute das wohlverstandene Nationalinteresse in der Wahrung des europäischen Gesamtinteresses liegt. Das wird sehr schnell hervortreten, wenn gerade durch die Beseitigung der Handelsschranken, der Zollschranken, der politischen Grenzen in ihrer wirtschaftlich trennenden Bedeutung ein gemeinsamer Markt geschaffen wird, der im Europa dieses Jahrhunderts genau dasselbe zur Folge haben wird, was im 19. Jahrhundert die deutsche Zollunion auf deutschem Boden zur Folge hatte,

    (Sehr gut! bei der FDP)

    nämlich eine Potenzierung, eine Vervielfältigung der Leistungsfähigkeit des Marktes und damit eine Vervielfältigung der Produktionsmöglichkeiten und der Beschäftigungsmöglichkeiten.
    Der Schutz gegen den Mißbrauch der Möglichkeiten, die im Schumanplan liegen, ist natürlich auch nicht mit völliger Sicherheit durch die Art der Zusammensetzung der Hohen Behörde und der anderen Organe zu erreichen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, auf eines darf man vertrauen: der Druck, der auf Europa lastet, wird in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch mehr als bisher dahin wirken, daß die europäischen Völker stärker, als es die Vergangenheit zuließ, ihr Gemeininteresse erkennen. Und je größer der zeitliche Abstand vom zweiten Weltkrieg mit seinen seelischen und geistigen Verwüstungen wird, um so mehr müssen die europäischen Völker zur Klarheit geweckt werden, damit ihnen bewußt wird, daß sie zusarrhmenstehen müssen, um gemeinsam der Gefahr aus, dem Osten begegnen zu können. Entweder: sie gehen einzeln unter oder — diese Wahl haben sie — sie bestehen gemeinsam. Und wir sind gemeinsam mit` den anderen Völkern des Westens entschlossen, die vom Osten drohende Gefahr zu bannen.

    (Zuruf 'des Abg. Rische.)

    Aus diesen Gründen darf man auch nicht glauben, eben weil die 'Entwicklung eines europäischen Gemeininteresses in den nächsten Jahren schnelle Fortschritte machen wird, daß wir in der MontanUnion — sei es nun in der Hohen Behörde oder im Beratenden Ausschuß oder in der Versammlung bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Fragen — immer einer geschlossenen Einheit der anderen Länder gegenüberstünden. Das wird nicht der Fall sein. '
    Wie richtig unsere Annahme ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, dürfte sich am überzeugendsten daraus ergeben, daß 'dieselbe Befürchtung, die hier von deutscher Seite geäußert wird,


    (Euler)

    drüben in Frankreich bei der Kammerdebatte sehr überzeugend von französischer Seite dargelegt wurde:
    Es besteht die Gefahr, daß die Stimme Frankreichs in den Organen der Gemeinschaft des Schumanplans und insbesondere in der Hohen Behörde und im Ministerrat nicht zur Geltung kommt. Denn es steht nichts im Vertrag, was die Bildung einer Konvention gegen die französischen Interessen verhindert.
    Das sagte in der französischen Kammerdebatte der Abgeordnete Adolphe Aumeran, ein Unabhängiger, und darauf erwiderte der Außenminister Schuman unter Hinweis auf dieselben entscheidenden 'Gesichtspunkte der Entwicklung eines europäischen Gemeininteresses:
    Die Mitglieder der Hohen Behörde werden stets und in jeder Beziehung im Dienste einer Gemeinschaft stehen, in der sich die nationalen Interessen verschmelzen. Jedes Land wird von dem Reichtum der Gesamtheit profitieren, und dieses Gefühl wird uns von einem Protektionismus befreien, ,der uns nur illusorische Garantien gebracht hat. Er weicht einer engen und tatsächlichen Solidarität der Interessen, die uns in wirksamer und dauerhafter Weise schützen wird.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesen Ausführungen des Außenministers Schuman ist sehr richtig der entscheidende Kern enthüllt, daß wir in Europa einer Entwicklung entgegengehen, daß wir eine Entwicklung verwirklichen müssen, die zur Folge hat, daß das europäische Gemeininteresse als ein Mittel erscheint, um am besten den Interessen der einzelnen Völker der europäisehen Staaten zu dienen.
    Herr Kollege Schmid hat in der ersten Lesung gemeint, es werde die Objektivität der Personen in der Hohen Behörde und auch der Persönlichkeiten im Gericht der Montan-Union um so weniger gewährleistet sein, als das Damoklesschwert einer kurzfristigen Vertragsauflösung nicht über der Montan-Union schwebe. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es schwebt ein ganz anderes Damoklesschwert als Gefahr über der Europagemeinschaft. Diese Gefahr ist die einer unheilbaren Entwertung des Europagedankens. Jeder Mißbrauch im Rahmen der Hohen Behörde, jeder Mißbrauch im Rahmen des Gerichts, der von den europäischen Völkern empfunden wird, bringt die Gefahr mit sich, daß das, was wir brauchen: den Schritt nach vorn zur Verwirklichung Europas, verhindert wird, daß eine Entwicklung eintritt, die die europäischen Völker wieder in die Isolation 'voneinander treibt. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem Maße, wie die nationalstaatlichen Barrikaden zwischen den europäischen Völkern wieder in die Höhe wachsen, in dem Maße, wie sich diese Völker mißverstehen, in dem Maße, wie sich diese Völker wieder entfremden, wie sie dann ein Opfer des Mißtrauens werden, ein Opfer der Eifersucht, ein Opfer schließlich des Hasses — in dem Maße wachsen die Chancen für den Träger der Gefahr aus dem Osten.
    Wir können uns aber nicht denken, daß die Regierungen und die Persönlichkeiten, die von ihnen mit entscheidenden Aufgaben in der Hohen Behörde und in den anderen Organen betraut werden, keinen Sinn haben für das, was heute in Europa auf dem Spiele steht: der Verlust oder aber die Sicherstellung der Existenz der einzelnen europäischen Völker im Rahmen einer Gemeinschaft dieser europäischen Völker nicht nur, sondern darüber hinausreichend aller freien Völker der Welt.
    Wenn der Schumanplan seinen Zweck, Schrittmacher der europäischen Einheit zu werden, erfüllen soll, dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann nur über eine sehr lang dauernde Bindung, eine fünfzigjährige Bindung, die besagt, es soll dieser Schritt nicht wieder rückgängig gemacht werden; eine fünfzigjährige Bindung, die besagt, es soll kein Zurück mehr in die nationalstaatliche Zerrissenheit geben, es soll nur ein Vorwärts geben zur wirtschaftlichen und politischen Einheit Europas. Die fünfzig Jahre bieten uns die Gewähr dafür, daß binnen fünf Jahren der Schumanplan durch eine europäische Föderation überholt ist.
    Darin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liegt kein Vorbehalt gegenüber dem Schumanplan, sondern damit ist nur die 'Überzeugung ausgesprochen, daß wir eine stärkere und umfassendere Einheit in Europa brauchen, als sie der Schumanplan als Ausgangsstadium herstellen konnte. Der Schumanplan ist nur ein Anfang auf einem Wege, der gerade durch 'den Willen zu einer langen Bindung beschleunigt zurückgelegt werden kann. Der Schumanplan wird nicht entmutigend wirken in Europa, er wird nicht entmutigend wirken sonst in der Welt, er wird nicht entmutigend wirken in den USA, sondern er wird überall als das Zeichen für einen hoffnungsvollen Start empfunden werden. Er wird überall die Hoffnung in die Zuversicht verwandeln, daß dieser SchumanplanGemeinschaft bald andere begrenzte Gemeinschaften folgen werden und daß diese verschiedenen begrenzten Gemeinschaften, wie beispielsweise die Verteidigungsgemeinschaf t, auch dazu beitragen werden, den hündischen Gedanken als solchen so schnell zu entwickeln, daß die Völker in zwei, drei oder fünf Jahren zu einer totalen Vereinigung, einer Vereinigung in einem bündischen Staat, in einem Bundesstaat bereit sein werden, für die sie heute noch nicht reif sind. Der Schumanplan ist ein Anfang.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Mellies: Es ist ein neuer Prophet unter uns aufgestanden! — Abg. Loritz: Leere Redensarten! — Unruhe.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Joachim von Merkatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus den Ausführungen des Herrn Kollegen Veit sind zwei Grundthesen erkennbar gewesen, die von der sozialdemokratischen Opposition in den außenpolitischen Fragen bereits seit längerem vorgebracht werden. Die erste dieser Thesen lautet, man dürfe diese Hoheitsrechte nicht an die Vertretungen der Regierungen übertragen, der nationalen Regierungen, die in ihrem Verhalten nach dem Siege über Deutschland eine den Lebensinteressen Deutschlands abträgliche Haltung bewiesen hätten; nach dem Konzept der Sozialdemokratischen Partei sei es nur möglich, ein Europa zu bauen, in dem solche Rechte an eine demokratisch kontrollierte und demokratisch zustande gekommene Regierung abgegeben würden. Das war die eine der Grundthesen.


    (Dr. von Merkatz)

    Die zweite These lautet, das, was man an Verbesserungen des Status unseres Landes erkennen könne, sei eine Folge und Frucht der Weltlage; wir sollten damit rechnen und Zurückhaltung üben, damit sich die Dynamik dieser Weltlage auf uns auswirken könne, damit uns Früchte als Geschenke in den Schoß fielen, die wir so nur durch Aufgabe von Positionen mühsam erwerben würden.
    Ich kann beide Grundthesen, die von Herrn Kollegen Veit namens der Opposition vorgetragen worden sind, nicht anerkennen. Die erste, daß man nur an eine demokratisch zustande gekommene Organisation Rechte übertragen dürfe, setzt einen Perfektionismus voraus, setzt nämlich voraus, daß die gesamteuropäische Verfassung in allen ihr zugrunde liegenden politisch überaus schwierigen Fragen, daß die Verfassungswirklichkeit Gesamteuropas bereits vollendet ist. Diese These bedeutet also, wenn man den Unterschied zwischen Verfassungswirklichkeit und den juristischen Formen einer Verfassung zu verstehen und anzuerkennen vermag, daß man nicht bereit ist, den Weg des konkreten praktischen Herausbildens einer solchen neuen politischen Form mitzugehen, daß man etwas vorwegnehmen will, das überhaupt erst noch geschaffen werden muß. Das bedeutet also eigentlich die Verneinung eines praktischen Weges, auf dem eine Einigung Europas überhaupt nur zustande kommen kann. Denn dieses, das Bilden einer demokratischen Regierung auf der Grundlage einer demokratischen Kontrolle und eines demokratisch gewählten Parlaments, durch Urwahlen in ganz Europa zustande gekommen, wäre ,die Krönung, der Schlußstein der europäischen Einigung. Aber jeder, der die Dinge — wie Herr Kollege Veit es ausgedrückt hat — nüchtern und realistisch in ) ihrer unerhörten Schwierigkeit, unter der sie im Völkerleben zustande kommen, zu beurteilen weiß, wird zugeben müssen, daß man nicht mit dieser Krönung des Baues anfangen kann.
    Die zweite These ist die der Dynamik der Weltlage. Natürlich, das, was an Besserung bei uns zu verzeichnen ist — ich nenne es: große Erfolge unserer Bundesregierung —, hat in der allgemeinen Dynamik der Weltlage seine Begründung, seine Voraussetzung. Aber es ist doch von jeher die staatsmännische, die diplomatische Aufgabe, die Aufgabe einer Außenpolitik, sich den Gegebenheiten der Weltlage in günstiger, befördernder Form anzupassen. Also hinter diesem Argument, daß die gebratenen Tauben uns sozusagen in den Mund fliegen könnten, versteckt sich meiner Ansicht nach ein ganz anderes, nämlich das von der Außenpolitik der Passivität, des Sich-Versagens. Verzeihen Sie, meine Herren von der Opposition, ich habe hier doch die Befürchtung, ich möchte nicht sagen: den Verdacht — das wäre nicht ganz fair —, aber die Befürchtung, daß sich dahinter ein Konzept verbergen könnte, das haargenau und sehr scharf beim Konzept der Neutralisierung landen könnte.

    (Abg. Wehner: Aber, Herr Merkatz, das wissen Sie doch wohl nun besser, als Sie das hier sagen!)

    — Nein, das ist meine Überzeugung; denn ich bringe hier keine Argumente vor, die sozusagen nur hergesucht wären, um der Opposition etwas am Zeuge zu flicken.

    (Abg. Schoettle: Das ,wäre nicht das erste Mal, Herr von Merkatz!)

    -- Nun, ich kann Sie nicht überzeugen, Herr Kollege Schoettle.

    (Abg. Schoettle: Das wird schwer sein!)

    — Jedenfalls kommt es mir besonders bei diesem Gegenstand darauf an, in wirklicher Überzeugung zu sprechen; denn das, was hier geschaffen werden soll, trifft Sie genau so wie uns. Die Verantwortlichkeiten, die zu tragen sind, sind unter allen Umständen von Deutschland gemeinsam zu tragen. Deshalb wäre es sehr wenig angebracht, Argumente vorzutragen, die nicht ganz stichhaltig sind. Sie müssen mir aber schon, wenn zwei so wichtige Grundthesen von Herrn Kollegen Veit vorgetragen werden, das Recht zugestehen, daß ich dagegen auch unsere Argumente ins Feld führe. Ich halte diese Thesen, wie gesagt, nicht für stichhaltig.
    Ich habe auch nicht behauptet, daß jene These von der automatischen Wirkung der Dynamik der Weltlage, die uns mühelos Erfolge in den Schoß werfen könnte, identisch sei mit einer These der Neutralität. Aber sie setzt immerhin Passivität voraus, und aus einer außenpolitischen Haltung der Passivität

    (Widerspruch bei der SPD)

    und des Sichversagens, des Nein-Sagens — einer Haltung, die die Äußerlichkeit sehr charaktervoller Festigkeit für sich hat — können, wenn Sie die Dynamik der Weltlage betrachten, Konsequenzen entstehen, die auf ein Neutralisierungskonzept hinauslaufen.

    (Beifall rechts.)

    Gegen dieses verderbliche, wahrhaft gefährliche Konzept machen wir allerdings — und ich glaube, ich darf sagen — von seiten der Regierungskoalition und auch noch von seiten anderer Elemente dieses Hauses mit aller Energie Front.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir sind der Auffassung, daß man auf dem Gebiete der Außenpolitik nicht jenen bekannten Spruch anwenden darf:
    Und was Natur und Zeit getan,
    das sieht man dann als Besserung an.
    Es kommt wohl darauf an, das, was Natur und Zeit tut, in seinen Zeichen richtig zu erkennen, also die geschichtlichen Ströme in die geeigneten Kanäle oder ihr Wasser auf unsere Mühlen zu leiten, damit etwas Konstruktives geschaffen wird. Durch reines Zusehen und durch eine Haltung des verderblichen Trotzes -- möchte ich beinahe sagen — werden wir wohl bei der heiklen Situation, in der sich Europa und namentlich unser Land befinden, nicht Wesentliches in der Außenpolitik befördern können.

    (Sehr gut! rechts.)

    Deshalb ist es falsch — wir haben das Beispiel in der deutschen Politik bereits einmal gehabt —, das, was man an Anpassung an die Weltlage tut, um ihre Dynamik für uns wirksam zu machen, vor der öffentlichen Meinung als eine Art — wie soll ich mich ausdrücken — Erfüllungspolitik zu bezeichnen. Wir haben diese Tragödie in Deutschland einmal gehabt. Das ist sehr gefährlich; denn wer sich nicht mit den Einzelheiten befaßt, wird schwer das Urteil fällen können, was nun eine Nachgiebigkeit ist, Nachgiebigkeit im Sinne einer Unterwerfungspolitik, oder was als konstruktiver Beitrag zu werten ist, um die Zukunftsentwicklung der Welt zu erleichtern.
    Meine Damen und Herren! Ich möchte mich noch mit anderen Argumenten des Herrn Kollegen Veit


    (Dr. von Merkatz)

    juristisch auseinandersetzen. Er hat als undemokratisches Beispiel darauf hingewiesen, daß die Hohe Behörde nur einmal im Jahre durch ein Mißtrauensvotum der Versammlung gestürzt werden könne und daß dann die Regierungen die Mitglieder dieser Hohen Behörde noch einmal ernennen könnten, so daß die Krise, die da entstanden sei, sich weiterhin ein ganzes Jahr hinschleppen müsse. Diese Regelung hat Herr Kollege Veit als nicht parlamentarisch bezeichnet. Natürlich, sie ist auch nicht parlamentarisch, weil nämlich weder die Hohe Behörde mit einer Regierung 'und einem Ministerium gleichgesetzt werden kann, noch die kontrollierende Versammlung den Charakter eines ausgewachsenen Parlaments hat und weil auch weder die Funktionen der Hohen Behörde noch die der übrigen Organe mit dem echten vollen Begriff des Regierens und der Regierung erfaßt werden können. Es ist nämlich nur eine besondere Form übernationaler Administration, eine Form allerdings, die in sich die Möglichkeit enthält, sich weiter zu vollen politischen Formen auszuwachsen. Damit wären wir bei dem Grundgedanken des ganzen Vertragswerkes angelangt.
    Immerhin sind im Falle des Mißtrauensvotums auch diejenigen Vertreter des Landes mitbeteiligt, deren Regierung dann entgegen dem Willen der Delegierten dieselben Mitglieder der Hohen Behörde wieder bestellt. Das sind dann Fragen, die in den nationalen Parlamenten ausgetragen werden 'müssen. Aber das ist gar nichts Besonderes. Das gibt es bei anderen Ernennungen in internationale Gremien auch, wenn die nationalen Parlamente mit Entscheidungen ihrer Regierungen nicht einverstanden sind. Hieraus ein nennenswertes Argument gewinnen zu wollen, erscheint mir reichlich übertrieben.
    Über den Charakter der Versammlung habe ich mich bereits ausgelassen. Diese Versammlung ist nicht gleichzusetzen mit einem Parlament, sondern sie hat nur parlamentsähnliche Funktionen. Auf der anderen Seite geht ihre Kontrolle im Hinblick auf die Administration, auf die Exekutive wesentlich weiter, als es nach dem normalen parlamentarischen Staatsrecht der Fall ist. Die Bildung eines Organs auf supranationaler Ebene, und das ist etwas völlig Neues, darf- man nicht den überkommenen dogmatischen Begriffen des Staatsrechts unterstellen, um daraus eine Kritik zu schöpfen, die an die Wurzel der Dinge zu gehen abzielt. Deshalb ist das Schlagwort von der sogenannten scheindemokratischen Attrappe, das hier gewählt worden ist, eine Verkennung des Wesens dieses übernationalen Gebildes überhaupt. Ich habe auch den Eindruck, daß die Opposition das Arsenal ihrer Argumente aus sehr vergangenen Tagen nimmt. ich möchte feststellen, daß sich der konservative Geist dieser wohl heute in Deutschland ältesten Partei — neben der unsrigen — sehr stark geltend macht. Es ist ein Begriffsschema, von dem sich zu lösen die Sozialdemokratische Partei sehr schwer fertigbringt. Sie denkt im Programm; sie denkt in einem logisch gegliederten System.
    Ich möchte aber mir doch erlauben zu sagen, daß gerade beim Werden internationaler Neuschöpfungen jener konservative Geist in Gefahr gerät, rückschrittlich, nämlich reaktionär zu werden, d. h. Zustände zu verhärten und mit Erbitterung festzuhalten mit dogmatischer — verzeihen Sie mir —
    Sturheit. Daraus entstehen erhebliche Hemmungen
    für die Entwicklung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. Zuruf von der SPD: Was ist konservativ?)

    Deshalb können wir die sorgfältige Analyse der Opposition, auch die Einwände im Zusammenhang mit den Problemen, die bei dieser schicksalhaften Frage von ihr aufgeworfen worden sind, nur begrüßen. Allerdings müssen es auch echte Einwendungen sein und nicht solche, die aus Selbstzweck erhoben werden, die dann den Verdacht aufkommen lassen, daß man in Wahrheit etwas ganz anderes will, und sich nur hinter einem Schleier von Argumenten versteckt, von deren Nichtstichhaltigkeit man selber überzeugt ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es sind eine ganze Reihe sehr stichhaltiger Argumente da, deren Prüfung bereits in der Delegation
    im Ausschuß für Wirtschaftspolitik vorgenommen
    worden ist. Ich möchte dazu sagen, daß der vortreffliche Bericht, der von unserem Kollegen
    Preusker gemacht worden ist, deutlich erkennen
    läßt, wie man den etwa vorhandenen juristischen,
    sozialpolitischen oder wirtschaftspolitischen Schwierigkeiten keineswegs aus dem Wege gegangen ist.
    Für das Verhältnis zwischen Bund und Ländern ist die Frage des Art. 24 von Bedeutung. Niemand kann mehr Rechte übertragen, als er selber hat. Herr Kollege Veit hat dieses Argument vorgebracht. Falls die Verfassung eine solche Übertragung nicht zuließe, enthält dieses Argument den Vorwurf einer Verfassungsverletzung. Meine Damen und Herren, es kann sein, daß dieses Argument im Bereich des Südweststaats und bei den Dingen, die da kommen — unter Umständen auch, um Sympathien bei den Föderalisten zu erwerben —, noch mehrfach vorgebracht wird. Ich möchte daher alle, die sich damit auseinandersetzen wollen, auf die Äußerungen von Professor Erich Kaufmann hinweisen, die er im Bundesrat gemacht hat. Hier nur zum Verständnis kurz, worum es sich handelt, warum dieses von Herrn Kollegen Veit vorgebrachte Argument nicht stimmen kann.
    Es gibt eine ganze Reihe internationaler Institutionen, wie z. B. die Donauschiffahrtskommission, die Rheinschiffahrtskominission, an die auch früher bereits Hoheitsrechte abgetreten worden sind. Dieses Abtreten von Hoheitsrechten ist überhaupt


    (Dr. von Merkatz)

    nicht so etwas Neues und Umstürzendes. Das hat es praktisch bei jedem größeren politischen internationalen Vertrag, mit dem irgendeine Institution eingerichtet wurde, schon gegeben. Diese Schifffahrtskommissionen können, wenn mich mein Gedächtnis jetzt nicht im Stich läßt, auch als Appellationsgerichtshöfe Recht sprechen, und zwar auf dem Territorium eines anderen Staates. Es ist doch ganz zweifelsfrei, daß die Gerichtshoheit eine Sache der Länder ist. Niemand wird aber vernünftigerweise bestreiten können, daß ein solcher Vertrag von der Bundesrepublik im Rahmen ihrer außenpolitischen Kompetenz abgeschlossen werden könnte, durch die also Hoheitsrechte, die zweifellos Rechte der Länder sind, wie die Gerichtshoheit auf einem Teilgebiet, an ein internationales Organ abgetreten werden können.

    (Zuruf rechts: Das gibt es doch gar nicht!) Außerdem ist es auch möglich — und das wird niemand bestreiten —, daß z. B. internationale Umsiedlungskommissionen geschaffen werden, die dann auch auf dem Territorium eines Landes zweifellos den Ländern zustehende Hoheitsrechte auszuüben in der Lage sind;, sonst könnten diese Kommissionen überhaupt nicht arbeiten.

    Das ist alles anerkannter Brauch. Selbst in einem solchen Bundesstaat, wie es Deutschland noch zu Anfang der Bismarckschen Verfassung war, ja auch zur Zeit des Norddeutschen Bundes hat man solche Kompetenzen nicht bestritten. Ich gehe sogar noch weiter. Sogar beim Deutschen Bund, der nur ein Staatenbund und noch nicht einmal ein Bundesstaat war, gab es Fälle solcher Bundeskompetenzen. Das Argument, Art. 24 trage bundesverfassungsrechtliche Beschränkungen in sich, ist nicht zutreffend. Wenn gewisse, die bundesstaatliche Struktur der Bundesrepublik weitgehend beeinträchtigende Rechte übertragen werden sollten, dann kann ein besonderes Mitwirkungsrecht der Länder in Frage kommen; eine Frage, die juristisch bei dem Kohle-und Stahlpakt aber noch nicht zu entscheiden ist. Immerhin, die Bundesrepublik beruht nicht wie dereinst die Bismarcksche Verfassung zugleich auf einem völkerrechtlichen Vertrag, so daß man bei der Bismarckschen Verfassung noch viel eher jene Rechtsfigur, die Herr Kollege Veit erwähnt hat, in Frage ziehen könnte; aber selbst in der Bismarckschen Verfassung 'ist niemand auf den Gedanken gekommen, in der außenpolitischen Handlungsfähigkeit des damaligen alten Reiches irgendwelche binnenstaatlichen Beschränkungen zu behaupten. Im übrigen kennen Sie ja den Initiativantrag der Koalition, der dem administrativen Bedürfnis der Länder Rechnung tragen wird, eine gewisse Mitwirkung bei der Instruktion unseres Vertreters im Ministerrat zu erhalten.
    Ich möchte mich über die Argumente rein polemischer Art, die sonst vorgebracht worden sind, nicht näher verbreiten; aber eines sollte man — mir fällt gewissermaßen die Aufgabe zu, die völkerrechtliche Bedeutung des Paktes etwas darzulegen — sich vielleicht doch einmal klarmachen: Worin besteht der fundamentale Unterschied dieses Vertrags zu allen bisher auf dem Gebiet des Völkerrechts zum Zwecke der Zusammenarbeit gemachten Erfindungen? Zunächst haben wir den Völkerbund gehabt, eine Institution, die auf dem Prinzip aufgebaut war, das im späteren Vernunftnaturrecht entwickelt ist, auf der Gleichheit der Staaten, der klassischen Souveränität der Staaten. Sie wissen, der Völkerbund ist an diesem Prinzip gescheitert. Der nächste Versuch war die UNO, die bereits de facto eine Ungleichheit der Rechte, zwar nicht der Theorie nach, aber doch dem politischen Faktum nach, schuf. Es gibt in der UNO, und zwar im Sicherheitsrat, privilegierte Staaten, Großstaaten, nämlich diejenigen, die praktisch allein noch imstande sind, den rechtlichen Begriff der Souveränität tatsächlich, machtpolitisch auszufüllen. Darin ist nun einmal das Völkerrecht in einer tiefen Wandlung begriffen. Aber auch noch unter einem anderen Gesichtpunkt sind die Organisation der Vereinten Nationen -und ihre völkerrechtliche Verfassung interessant. Sie beruhen auf der Erwartung, daß die Kriegskoalition der Sieger auch als eine Friedenskoalition übernommen werden könnte. Diese Erwartung ist nicht erfüllt worden.
    Betrachten wir nun noch einen weiteren Vertrag. Ich meine das Brüsseler Abkommen. Auch dieses Abkommen, das schon einen Schritt näher an die heutigen modernen europäischen Verträge und ihre Zielsetzung heranreicht, beruht noch auf dem Prinzip der Siegerkoalition und der Diskriminierung der ehemaligen Feindstaaten. Dort sind die wirtschaftlichen Fragen den politischen und militärischen Fragen untergeordnet.
    Gehen wir noch einen Schritt weiter. Wir haben die OEEC. Es steht mir nicht an, gegenüber dieser für Europa und auch für uns überaus segensreichen Institution eine Kritik anzubringen. Aber immerhin, eines hat die OEEC nicht verhindern können: daß zum Teil die wirtschaftlichen Mittel in Industrien investiert worden sind, bei denen sie ökonomisch nicht richtig angewendet waren, so daß mit diesen Hilfeleistungsbeträgen nicht der höchste ökonomische Nutzen erzielt werden konnte. Woran liegt das? Es liegt daran, daß meist ein Kongreß von Gesandten das dirigierende Organ ist. Es ist meist in der klassischen Form internationaler Zusammenarbeit zusammengesetzt. So kommt der volle nationale Egoismus, oder wollen wir besser sagen: das uneingeschränkte Bedürfnis eines einzelnen Staates zur Geltung und ist dann bestrebt, sich machtpolitisch durchzusetzen.
    Noch einen Schritt weiter ist man mit dem Europarat — in seiner Zielsetzung, nicht so sehr in seiner Praxis — gegangen. Dort hat man zwar das Einstimmigkeitsprinzip verlassen, das den Ideen des klassischen Völkerrechts von der Gleichheit der Staaten und der Vorstellung entspricht, daß sich über der Souveränität kein Rechtsraum mehr wölben könne. Immerhin, dieser Ministerrat kann nur Empfehlungen erteilen, und nach dem ursprünglichen Statut des Europarats kann die Versammlung wiederum nur dem Ministerrat Empfehlungen erteilen, so daß wir also eine Kette von Empfehlungen haben. Wenn man diese Entwicklung betrachtet, so findet sich immerhin, daß das politische Gewicht des Europarats wesentlich über seine verfassungsrechtliche, statutarische Kompetenz hinausgewachsen ist. Es liegen dort — aber das ist nicht das Thema dieses Tages — die Vorschläge vor, zu einer politischen Organisation mit echten Befugnissen zu kommen. Sie wissen, daß sich das System durchgesetzt hat, zunächst einmal auf Einzelgebieten Behörden zu schaffen, denen echte Befugnisse, aber begrenzte Funktionen zuerteilt werden. Ich glaube, daß wir es uns jetzt im Rahmen der gesamteuropäischen Entwicklung nicht mehr erlauben dürfen und leisten können, einen Rückschritt zu machen und von dieser funktionalistischen Methode kopfüber in eine ultra-etatistische Methode zurück-


    (Dr. von Merkatz)

    zufallen, wie sie letzthin aus dem Konzept der Sozialdemokratie hervorgeht.
    Das Neue, das hier geschaffen wurde, ist, daß man den Mut gehabt hat, über das alte System diplomatischer Koordination hinauszukommen, nicht nur zu einem System der Kooperation, sondern der Kogestion. Ich vermeide es, in diesem Stadium von einer supranationalen Wirklichkeit zu sprechen, und da gestatten Sie mir, von einer Grundvorstellung auszugehen, die ich vorhin schon anklingen ließ: im Rechtsleben muß man die Erkenntnis haben, daß ein Staat nicht allein durch einen juristischen Akt zu schaffen ist,

    (Sehr richtig! rechts)

    sondern daß die politische Wirklichkeit, die politischen Tatsachen vorher vorhanden sein müssen, ehe man die entsprechende Rechtsform findet. Das Ziel dieses Vertragswerks ist es, diese politischen Wirklichkeiten zu schaffen. Dann ist und wird .dieser Stahlpakt gewissermaßen der Vorreiter für die Bildung einer echten europäischen Gemeinschaft sein.
    Ich habe es hier mehrfach schon ausgedrückt: ich glaube, wir sollten uns nicht dem alten begrifflichen Dogmatismus beugen, sondern wir sollten zusehen, was nachher aus diesen einzelnen Organen und ihrer politischen Zusammenfassung wird. Es wird dann der Rechtswissenschaft nicht mehr schwer sein, nachträglich den richtigen neuen Begriff, ob Staatenbund oder Bundesstaat oder Commonwealth oder Gemeinschaft oder wie man es nennen mag, zu finden. In unserem 20. Jahrhundert entstehen eben genau wie im vorigen Jahrhundert, als Bismarck an die Ausarbeitung seiner Verfassung heranging, neuartige Gebilde. Ich möchte bei der gesamten Argumentation, die sowohl aus dem Wirtschaftlichen wie aus dem Juristischen von seiten der Opposition vorgebracht worden ist, davor warnen, durch diese Argumente das Entstehen des Neuen zu verhindern. Denn der größte Teil auch ihrer wirtschaftlichen, auch ihrer sozialen und ihrer juristischen Einwendungen drücken im Grunde genommen Erwartungen, sehr pessimistische Erwartungen aus. Es sind Prognosen, aber es sind nicht Tatsachen; denn die Tatsachen,. die Sie gegen diesen Vertrag kritisch vorgebracht haben, müssen erst noch gestaltet werden, so daß für mich juristisch lediglich die Frage der Prüfung wert ist, ob in dem Vertrag Möglichkeiten vorhanden sind, die eine Zerstörung lebenswichtiger Interessen Deutschlands mit sich bringen.
    Diese Möglichkeit kann durch ein frauduloses Auslegen der im Vertrag gegebenen Kompetenzen eintreten. Aber ich sehe, daß in diesen Vertrag auch ganz wesentliche Sicherungen eingebaut sind, insbesondere in der Gerichtsbarkeit und in der Art des Abstimmungsverfahrens, die die Herausbildung einer politischen und wirtschaftlichen Wirklichkeit, wie Sie sie als Prognose skizziert haben, nicht eintreten lassen. Ich befürchte, wenn man diesen Weg des real Möglichen, diese neue Konstruktion, politische Tatsachen und Voraussetzungen zu schaffen, damit eine europäische Einigung zustande kommt, nicht geht, dann hat man die einzig reale, die einzig wirkliche Chance verspielt, die überhaupt noch für eine europäische Einigung gegeben ist. Denn das, was Sie — ich meine damit die sozialdemokratische Opposition — als Ziel und als alleinige Voraussetzung einer europäischen Einigung vor die Öffentlichkeit stellen, dieses Ziel ist nach den Gegebenheiten Europas einfach nicht zu erreichen.
    Ich habe noch etwas zu der Gerichtsbarkeit zu sagen, die ja nach den Stimmenverhältnissen im Rahmen des Paktes für uns die — auch im Bericht erwähnte — entscheidende Sicherung bietet. Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob dieses Gericht auch wirtschaftliche Tatsachen nachprüfen kann und dabei auf den Zusammenhang der Art. 33 und 37 hingewiesen worden. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß dieses Gericht insbesondere eine Klage prüfen kann, die auf détournement de pouvoir, d. h. amtlichen Mißbrauch behördlicher Befugnisse zu gesetzwidrigen Zwecken gestützt werden kann. Ich möchte ferner auf die außerordentlich wichtige Bestimmung des Art, 9 Abs. 2, wenn ich mich recht erinnere, hinweisen. Dort ist den einzelnen Mitgliedstaaten zur Pflicht gemacht worden, vergleichsweise ein bundesfreundliches Verhalten an den Tag zu legen. Auf diesen Tatbestand und auf den vorhin erwähnten, aus dem französischen Verwaltungsrecht entwickelten Klagegrund läßt sich praktisch jede Klage stützen.
    Meine Herren von der Opposition, ich gebe Ihnen zu, daß eine absolute Sicherung in diesem Vertrag nicht enthalten ist. Es gibt juristisch überhaupt niemals absolute Sicherungen, und ein Wagnis bleibt ein Schritt in die Zukunft, immer. Es werden — ich bin davon überzeugt und stehe nicht an, das zu sagen — nicht alle Blütenträume reifen. Es ist zu begrüßen, daß man an diesen Vertrag mit einem sehr realistischen Sinn — ich darf das insbesondere für unsere Delegation in Anspruch nehmen, die diesen Vertrag ausgehandelt hat — herangetreten ist. Mit größter Umsicht sind fast alle Probleme bei Mitwirkung auch der Opposition, die viele echte und unechte Probleme aufgeworfen hat, geprüft und berücksichtigt worden. In der Geschichte des Völkerrechts hat es bisher wenige Verträge, wenige Gesetzgebungswerke gegeben, die so vollständig so viele Tatbestände berücksichtigt haben. Die inhaltliche Ausfüllung aber, und darauf kommt es an und dann erst käme dieses oder jenes Ihrer Argumente zum Zuge, steht noch dahin. Man verkennt das Wesen des Vertrages, wenn man von einem Teilbundesstaat spricht. Der Vertrag ist aber etwas vollkommen Neues, etwas, was der administrativen Ebene vergleichbar ist. Ich möchte das Wort des Herrn Staatssekretärs nochmals unterstreichen: Dieser Vertrag ist in seinem Funktionszusammenhang so angelegt, daß man im Falle von Schwierigkeiten letzthin immer nur den Durchbruch nach vorne vollziehen kann.
    Eine böswillige Auslegung dieses Vertrags! Gewiß, wir Deutschen haben allen Anlaß, uns jede Möglichkeit vorher klarzumachen. Man sichert sich in Verträgen. Dazu sind Verträge da, daß man sie genau durchdenkt, wenn man sie zur Ratifizierung bringt. Aber die Dynamik nach vorn, die im Funktionszusammenhang des Vertrags angelegt ist, wird verhindern, daß die von der Opposition befürchteten böswilligen Entwicklungen eintreten können. Im Rahmen der Sicherungen enthält dieser Vertrag mehr, als bisher in völkerrechtlichen Verträgen üblich gewesen ist.
    Zum Abschluß nur noch einen Punkt. Dieser Vertrag hat zwei Elemente. Einmal die zwischenstaatliche völkerrechtliche Seite, auf der das Gesetzgebungswerk und zum andern eine staatsrechtliche Seite, auf der der Funktionszusammenhang beruht. Deshalb ist es, wie Kollege Euler bereits erschöpfend ausgeführt hat, nicht mehr notwendig und auch nicht mehr zulässig, der Versammlung besondere legislative Befugnisse zu geben. Ich kann das Monitum des Ausschusses auf diesem Gebiet


    (Dr. von Merkatz)

    nicht teilen. Auf der anderen Seite sind die Formulierungen aber elastisch genug gewählt, so elastisch gewählt, daß eine Fortentwicklung - denn der Kernpunkt des Vertrags sind Exekutivkompetenzen — dieses Vertrags ermöglicht wird. Dabei wird auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Rolle spielen. Der Plan ist elastisch für die Praxis und stabil in der Zielsetzung geschaffen worden. Ich glaube, später wird man diesen Vertrag, der Ausgangspunkt noch von vielen anderen Verträgen dieser Art sein wird, einmal als eine geniale Schöpfung auf dem Gebiete des Völkerrechts bezeichnen.

    (Abg. Harig: Nein, er wird in der Mottenkiste landen!)

    Noch ein anderer Punkt, die Frage Gesamtdeutschlands. Auch hier bewährt sich die elastische Technik des Vertrags. Wenn Sie den § 22 der Übergangsbestimmungen lesen, der sich mit dieser Frage befaßt, so können Sie aus ihm auch die wichtige Möglichkeit entwickeln, daß die Bundesrepublik und die Bundesregierung im Namen Gesamtdeutschlands zu handeln befugt ist. Sie hat damit auch im Rahmen der Montan-Union eine Stellung, die ihr im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung immer mehr zuwachsen möge. Gesamtdeutschland, d. h. das Gebiet der sowjetisch besetzten Zone, ist aus diesem Vertrag nicht ausgeklammert. Es ist nicht Ausland. Gerade dieser Punkt der Kritik der Opposition bedeutet eine Verkennung des Wesens des Vertragswerkes. Es ist nicht eine starre, zwischenstaatlich abgeschlossene Bindung, sondern eine Bindung, die erst in der Dynamik in der Zukunft verwirklicht wird.
    Gewiß, das sind blasse Worte, Erwartungen. Aber gestatten Sie es mir, meine Damen und Herren von der Opposition, daß ich sie zum Ausdruck bringe. Sie haben die dunklen Erwartungen zum Ausdruck gebracht. Es sind auch nur Erwartungen. Beweisen können Sie von all dem nichts.

    (Zuruf von der KPD: Also Sie auch nichts!) Wir bringen die zukunftsträchtigen Erwartungen zum Ausdruck.


    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen und Zurufe links.)

    Wir bekennen uns zu der für uns Deutsche wahrhaft lebenswichtigen Notwendigkeit, dieser Zukunft Bahn zu brechen.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Erneute Zurufe links.)

    Wir gehen dabei keine von einem gewissenhaften Juristen abzulehnende Bindung ein, die nicht vertraglich in vernünftiger Weise gesichert wird.

    (Zurufe von der KPD.)

    Meine Herren, wenn wir diesen ersten Versuch, Europa zu einigen und so etwas herzustellen, was einem echten Frieden näherkommt, scheitern lassen, dann überlegen Sie, wohin wir geraten. Wenn Sie alle Gespenster und Ängste der Vergangenheit dagegen mobilisieren, begeben wir uns in eine Gefahr, die noch weit mehr die Lebensinteressen Deutschlands bedroht als das Risiko, das uns gewiß auch in diesem Vertrag auferlegt ist. Ohne Risiko hat es noch niemals Politik gegeben!

    (Beifall bei der Regierungsparteien. — Zuruf von der KPD: Das ist eine nette Politik, die Sie da machen! — Abg. Renner: Mit dem „Gespenst" Adenauer ein Risiko eingehen, ist eine gefährliche Sache; dabei ist er noch nicht einmal ein echtes Gespenst!)