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ID0118304700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 183. Sitzung.- Bonn, Donnerstag, den 10. Januar 1952 7651 183. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Januar 1952. Geschäftliche Mitteilungen . 7651D, 7779A, 7786C Übertritt des Abg. Dr. Fink von der Frak- tion der FU zur Fraktion der CDU/CSU 7652A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nrn. 2401, 2484, 2950, zu 2950 der Drucksachen; Anträge Nrn. 2971, 2972, 2973, 2974, Umdrucke Nrn. 407, 408, 412) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten und zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2951 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 409) . . . 7652A Wirtschaftspolitische Fragen: Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes 7652B, 7675A Imig (SPD) 7655B Niebergall (KPD) 7659D Kalbitzer (SPD) 7661B Dr. Preusker ( FDP), als Berichterstatter 7665B Dr. Bertram (FU) 7666C Dr. Nölting (SPD) 7669C Loritz (Fraktionslos) 7677D Paul (Düsseldorf) (KPD) 7685D Müller (Frankfurt) (KPD) 7691D Stegner (FDP) '7697D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 7702A Kuhlemann (DP) 7705B von Thadden (Fraktionslos) . . . 7706C Sozialpolitische Fragen, Rechtsfragen und allgemeinpolitische Fragen: Albers (CDU) 7710D Birkelbach (SPD) 7714B Harig (KPD) 7716C Grundmann (FDP) 7720D Heix (CDU) 7721D Dr. Wahl (CDU) 7723D Dr. Veit (SPD) 7726B Euler (FDP) 7730C Dr. von Merkatz (DP) 7734D Schoettle (SPD) 7739C Dr. Kreyssig (SPD) 7744A Fisch (KPD) 7747A Fürst zu Oettingen-Wallerstein (FU) 7753D Dr. Mommer (SPD) 7755D Wehner (SPD) 7762A Dr. Tillmanns (CDU) 7765D Dr. Hasemann (FDP) 7769C von Thadden (Fraktionslos) . . . 7771D Frau Strohbach (KPD) 7774B Loritz (Fraktionslos) 7776A zur Abstimmung: Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 7776C Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 7777B Mellies (SPD) 7779B Abstimmungen 7777D, 7779C Namentliche Abstimmungen . 7778B, 7779B zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der dritten Beratung: Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 7780B Dr. Semler (CDU) 7784A Schröter (CDU) (zur Geschäftsordnung) 7785D Abstimmungen 7785D Ausschluß des Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) wegen gröblicher Verletzung der Ordnung für drei Sitzungstage 7786C Nächste Sitzung 7779A, 7783D, 7786C Zusammenstellung der namentlichen Abstimmungen über Art. I des Entwurfs eines Gesetzes betr. den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2401 der Drucksachen) und über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck Nr. 407) zu dem gleichen Gesetzentwurf betr. Einfügung eines Art. I a 7787A Die Sitzung wird um 9 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Namentliche Abstimmungen 1. über Artikel I des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2401 der Drucksachen), 2. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Umdruck Nr. 407). Name 1. I 2. Name 1 2. Abstimmung Abstimmung CDU/CSU Dr. Horlacher Ja Nein Horn Ja Nein Dr. Adenauer Ja Nein Huth Ja Nein Albers Ja Nein Dr. Jaeger Ja Nein Arndgen Ja Nein Junglas Ja Nein Bauereisen Ja Nein Kahn Ja Nein Bauknecht Ja Nein Kaiser Ja Nein Dr. Baur (Württemberg) . Ja Nein Karpf Ja Nein Bausch Ja Nein Dr. Kather Ja Nein Becker (Pirmasens) . . . . Ja Nein Kemmer Ja Nein Blank (Dortmund) . . . . Ja Nein Kemper Ja Nein Bodensteiner Ja Nein Kern Ja Nein Frau Brauksiepe Ja Nein Kiesinger Ja Nein Dr. von Brentano Ja Nein Dr. Kleindinst Ja Nein Brese Ja Nein Dr. Köhler Ja Nein Frau Dr. Brökelschen . . . Ja Nein Dr. Kopf Ja Nein Dr. Brönner Ja Nein Dr. Krone (Berlin) (Berlin) Brookmann Ja Nein Kühling Ja Nein Dr. Bucerius Ja Nein Kuntscher Ja Nein Frau Dietz Ja Nein Kunze Ja Nein Dr. Dresbach Ja Nein Dr. Laforet Ja Nein Eckstein — — Dr. Dr. h. c. Lehr . -- Nein Dr. Edert Ja Nein Leibfried Ja Nein Dr. Ehlers Ja Nein Lenz Ja Nein Ehren Ja Nein Leonhard Ja Nein Dr. Erhard Ja Nein ' Lücke Ja Nein Etzel (Duisburg) Ja Nein Majonica Ja Nein Etzenbach Ja Nein Massoth Ja Nein Even Ja Nein Mayer (Rheinland-Pfalz) . Ja Nein Feldmann Ja Nein Mehs Ja Nein Dr. Fink Ja Nein Mensing Ja Nein Dr. Frey Ja Nein Morgenthaler Ja Nein Fuchs Ja Nein Muckermann Ja Nein Dr. Freiherr von Fürsten- Mühlenberg Ja Nein berg Ja Nein Dr. Dr. Müller (Bonn) . . . Ja Nein Fürst Fugger von Glött . . Ja Nein Müller-Hermann Ja Nein Funk Ja Nein Naegel Ja Nein Gengler Ja Nein Neber Ja Nein Gerns . Ja Nein Nellen Ja Nein Dr. Gerstenmaier — — Neuburger Ja Nein Gibbert Ja Nein Nickl Ja Nein Giencke Ja Nein Frau Niggemeyer Ja Nein Dr. Glasmeyer Ja Nein Dr. Niklas — — Gliising entschuld. entschuld. Dr. Oesterle Ja Nein Gockeln Ja Nein Dr. Orth Ja Nein Dr. Götz Ja Nein Pelster Ja Nein Frau Dr. Gröwel Ja Nein Pfender Ja Nein Günther Ja Nein Dr. Pferdmenges Ja Nein Hagge Ja Nein Dr. Povel Ja Nein Frau Heiler Ja Nein Frau Dr. Probst Ja Nein Heix Ja Nein Dr. Pünder Ja Nein Dr. Henle Ja Nein Raestrup Ja Nein Hilbert Ja Nein Rahn Ja Nein Höfler Ja Nein Frau Dr. Rehling Ja Nein Hohl Ja Nein Frau Rösch Ja Nein Dr. Holzapfel Ja Nein Rümmele Ja Nein Hoogen Ja Nein Sabel Ja Nein Hoppe Ja Nein Schäffer Ja Nein Name 1. 2. Name 1. Abstimmung 2. Abstimmung Scharnberg Ja Nein Franke Nein Ja Dr. Schatz Ja Nein Freidhof Nein Ja Schill Ja Nein Freitag Nein Ja Schmitt (Mainz) Ja Nein Geritzmann Nein Ja Schmitz beurlaubt beurlaubt Gleisner Nein Ja Schmücker . . . . . . Ja Nein Görlinger . Nein Ja Dr. Schröder (Düsseldorf) . Ja Nein Graf Nein Ja Schröter Ja Nein Dr. Greve Nein Ja Schüttler Ja Nein Dr. Gülich Nein Ja Schütz Ja Nein Happe Nein Ja Schuler Ja Nein Heiland Nein Ja Schulze-Pellengahr . . . . Ja Nein Hennig Nein Ja Dr. 'Semler Ja Nein Henßler Nein Ja Dr. Serres Ja Nein Herrmann Nein Ja Siebel Ja Nein Hoecker Nein Ja Dr. Solleder Ja Nein Höhne Nein Ja Spies Ja Nein Frau Dr. Hubert Nein Ja Graf von Spreti Ja Nein Imig Nein Ja Stauch Ja Nein Jacobi Nein Ja Frau Dr. Steinbiß . . . . Ja Nein Jacobs Nein Ja Storch Ja Nein Jahn Nein Ja Strauß Ja Nein Kalbfell Nein Ja Struve Ja Nein Kalbitzer Nein Ja Stücklen Ja Nein Frau Keilhack Nein Ja Dr. Tillmanns (Berlin) (Berlin) Keuning Nein Ja Dr. Vogel . Ja Nein Kinat Nein Ja Wacker Ja Nein Frau Kipp-Kaule Nein Ja Wackerzapp Ja Nein Knothe Nein Ja Dr. Wahl Ja Nein Dr. Koch Nein Ja Frau Dr. Weber (Essen) . Ja Nein Frau Korspeter Nein Ja Dr. Weber (Koblenz) . . . Ja Nein Frau Krahnstöver . . . . Nein Ja Dr. Weiß beurlaubt beurlaubt Dr. Kreyssig Nein Ja Winkelheide Ja Nein Kriedemann Nein Ja Dr. Wuermeling Ja Nein Kurlbaum Nein Ja Lange Nein Ja SPD Lausen krank krank Frau Lockmann Nein Ja Frau Albertz Nein Ja Löbe (Berlin) (Berlin) Frau Albrecht Nein Ja Lohmüller krank krank Altmaier Nein Ja Ludwig Nein Ja Frau Ansorge Nein Ja Dr. Luetkens Nein Ja Dr. Arndt Nein Ja Maier (Freiburg) Nein Ja Arnholz Nein Ja Marx Nein Ja Dr. Baade Nein -Ja Matzner Nein Ja Dr. Bärsch Nein Ja Meitmann Nein Ja Baur (Augsburg) Nein Ja Mellies . . . . . . . . . Nein Ja Bazille krank krank Dr. Menzel Nein Ja Behrisch Nein Ja Merten Nein Ja Bergmann Nein Ja Mertins Nein Ja Dr. Bergstraeßer Nein Ja Meyer (Hagen) Nein Ja Berlin Nein Ja Meyer (Bremen) Nein Ja Bettgenhäuser Nein Ja Frau Meyer-Laule . . . . Nein Ja Bielig Nein Ja Mißmahl Nein Ja Birkelbach Nein Ja Dr. Mommer Nein Ja Blachstein Nein Ja Dr. Mücke Nein Ja Dr. Bleiß ....... Nein Ja Müller (Hessen) Nein Ja Böhm Nein Ja Müller (Worms) Nein Ja Brandt (Berlin) (Berlin) Frau Nadig Nein Ja Dr. Brill Nein Ja Neumann (Berlin) (Berlin) Bromme Nein Ja Dr. Nölting Nein Ja Brünen Nein Ja Nowack (Harburg) . . . . Nein Ja Cramer Nein Ja Odenthal Nein Ja Dannebom Nein Ja _ Ohlig Nein Ja Diel Nein Ja 011enhauer Nein Ja Frau Döhring Nein Ja Paul (Württemberg) . . . Nein Ja Eichler Nein Ja Peters Nein Ja Ekstrand Nein Ja Pohle Nein Ja Erler Nein Ja Dr. Preller Nein Ja Faller Nein Ja Priebe Nein Ja
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Schröder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte hat bisher leider nicht das Ergebnis gehabt, das einen in der Zuversicht bestärken könnte, die Plattform für das, was wir hier zu tun uns anschicken, könnte verbreitert werden. Aber wir werden trotzdem bis zum letzten Moment, möchte ich sagen, nicht ablassen, die Argumente herauszustellen, von denen wir glauben, daß sie auf die Dauer ihren Effekt auch auf die Opposition in diesem Hause nicht verfehlen werden. Wir werden aber gleichzeitig nicht zulassen können und dürfen, daß sich hier etwa falsche Thesen verhärten. Wenn Herr Kollege Henßler gestern nachmittag sehr stolz darauf war, daß das, was er für seine Fraktion vorgetragen hat, eine gradlinige Fortsetzung ihrer bisherigen Haltung sei, so, glaube ich, nehmen wir für uns mit nicht weniger Stolz als er in Anspruch, daß das, was wir hier tun, eine konsequente geradlinige Fortsetzung unserer bisherigen Haltung ist.

    (Abg. Euler: Sehr richtig!)

    Und wenn wir uns mit der Forderung beschäftigen, die er dabei aufgestellt hat, nämlich das Ziel seiner Fraktion und seiner Argumentation sei die volle deutsche Gleichberechtigung, so glaube ich, daß wir uns auch in der Forderung nach der vollen deutschen Gleichberechtigung von keiner Seite in diesem Hause werden übertreffen lassen. Die Opposition, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird sich wohl kaum schmeicheln, von uns als gründlicher, als gewissenhafter, als besorgter und als patriotischer angesehen zu werden, als wir selbst glauben, darauf Anspruch erheben zu können.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Was Herr Kollege Henßler gestern hier vorgetragen hat, läßt im wesentlichen eine längst überholte Melodie wieder aufklingen, eine Melodie, die in diesem Hause ebenso abgestanden sein sollte wie die der Opposition in der französischen Kammer.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Das, was dort als die Furcht vor der deutschen Gefahr als These aufleuchtet, findet sich hier umgekehrt wieder in der sozialistischen These vom Mangel der Gleichberechtigung.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Und wenn Herr Kollege Henßler glaubte, auf frühere Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers
    damals noch Fraktionsführer unserer Land-
    tagsfraktion in Nordrhein-Westfalen -- zurückgreifen zu können, so dürfte das ein Griff in die historisch falsche Kiste gewesen sein.

    (Abg. Henßler: O nein!)

    Herr Kollege Stegner hat es zwar gerade abgelehnt, und, ich glaube, ganz mit Recht abgelehnt, von seiner Fraktionsstellung aus, wenn ich so sagen darf, die Regierung und speziell vielleicht den Herrn Bundeskanzler in diesem Punkte zu kommentieren oder gar zu verteidigen. Aber in der Aufnahme dieses Arguments, daß sich damals der Herr Bundeskanzler gegen wirtschaftliche Annexionen als gegen das Naturrecht verstoßend gewandt hat, ist Herrn Henßler doch ein sehr großer Fehlschluß unterlaufen. Denn das grundsätzlich andere in dieser Situation ist, daß es sich dann überhaupt nur um gegenseitige wirtschaftliche Annexionen handeln könnte, wenn es eine Bezeichnung dieser Art gäbe. Ich glaube, eine solche These verkennt grundsätzlich das Wechselseitige.
    Wenn man sich die Mühe macht, die These der sozialdemokratischen Fraktion zu analysieren, so läuft sie im Grunde — und hier stimme ich Herrn Kollegen Stegner völlig zu — in einem kurzfristigen und auch vielleicht kurzschlüssigen Denken darauf hinaus, hier nur eine neue Allianz gegen Deutschland zu sehen, also im Grunde eine Befürchtung umgekehrt aufzugreifen, wie sie in gewisser abständiger französischer Argumentation der letzten Zeit noch eine unbedeutende Rolle gespielt hat. Wäre es in der Tat so, meine Damen und Herren, daß sich hier eine neue Allianz gegen Deutschland abzeichnete — ich glaube, niemand von Ihnen wird doch im Ernste annehmen wollen, daß wir einer neuen Allianz gegen Deutschland etwa eine Rechtsgültigkeit durch unsere Unterschrift würden geben wollen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Und wenn Sie dafür heranziehen, daß die Hohe Behörde sozusagen das Geschäft der Ruhrbehörde fortsetzen würde, so glaube ich, daß sie das allein deswegen schon nicht kann, weil sie diese Firma keineswegs übernimmt. Es handelt sich erstens einmal um eine totale Liquidierung der Ruhrbehörde, denn hier treten neue Partner mit einer neuen Zielsetzung zusammen und im übrigen mit einem Instrument, von dem gestern und heute hier noch nicht sehr viel die Rede war, das aber von anderen Freunden von uns noch nachdrücklich beleuchtet werden wird, mit dem Instrument einer richterlichen Kontrolle.
    Herr Henßler hat mir gestern, als ich ihm das in einem Zwischenruf entgegenhielt, darauf geantwortet, er verfüge über mehr Erfahrung mit Gerichten als ich. Ich kenne die Erfahrungen, die Herr Henßler mit Gerichten gemacht hat, nicht im einzelnen. Ich weiß allerdings, daß er einige schmerzliche Erfahrungen mit Gerichten der nationalsozialistischen Epoche hinter sich hat. Aber soviel ist doch ganz sicher, daß er über Erfahrungen mit einem internationalen Gericht auf einer solchen Plattform sicherlich nicht verfügen wird, und ich glaube, wir tun auch nicht gut daran, meine Damen und Herren, eine solche von uns mitzuschaffende neue Autorität von vornherein durch Mißtrauen zu diskreditieren.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Also wenn man eine neue Allianz gegen Deutschland als die Fortsetzung einer alten Allianz sehen will und das geradezu als eine Allianz der


    (Dr. Schröder [Düsseldorf])

    Räuber bezeichnen möchte, die auf der einen Seite auf unsere Kohle erpicht sind und sich auf der andern Seite hüten werden, Investitionen zuzulassen, die uns günstig sind, so glaube ich, daß man sich damit in der Tat, wie das Herr Kollege Stegner sehr wirkungsvoll ausführte, noch in einer anderen geschichtlichen Epoche befindet.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, ich stehe nicht an, zu sagen, daß es etwas Erschütterndes an sich hat, wenn man sieht, wie sehr gerade diejenigen, die sich selbst jahrzehntelang als Vorkämpfer des Gedankens internationaler Zusammenarbeit und internationaler Verträge bezeichnet haben, heute grundsätzlich und nachdrücklich jede Institution dieser Art mit tiefstem Mißtrauen zu betrachten scheinen.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In der gestrigen Debatte war aber ein anderer Punkt interessant. Auch das hat mich überrascht, und Sie werden mir erlauben, daß ich diesen Punkt in das richtige Licht der Öffentlichkeit rücke. Ich meine die Stellungnahme zu dem Sozialisierungsvorbehalt, der sich im Schumanplan findet. Ich hätte mir denken können, Herr Henßler, daß man wenigstens auf dieser Basis, von einem sozialistischen Standpunkt aus, in der Lage gewesen wäre, uns einmal das Ideal eines sozialisierten Europas vorzuführen und zumindest die konstruktive Alternative zu zeigen. Aber darauf haben Sie verzichtet. Ich weiß nicht, ob einer Ihrer Freunde das noch wird nachholen wollen.
    Ich darf mich nun mit einigen Ausführungen dem zuwenden, was Herr Kollege Dr. Schöne gesagt hat. Er hat auch seinerseits — und das ist ja auch heute immer wieder geschehen — die Gleichheit der Startposition bestritten und hat das im wesentlichen an den Fragen der Verbundwirtschaft und der Unternehmensgrößen zu erläutern versucht. Jemand, der die sehr schwierige Entwicklung und- den sehr schwierigen Nachkriegsbereinigungsprozeß auf diesem Gebiet erlebt hat, weiß, daß -das in der Tat Gegenstände waren, die nicht nur die politischen Parteien, sondern auch viele deutsche Stellen und zuletzt die Bundesregierung selbst laufend beschäftigt haben; eine Beschäftigung, die noch keineswegs ihren Abschluß gefunden hat. Aber ich kann auch hier nicht umhin, auszusprechen, daß von Herrn Dr. Schöne doch sehr viele Argumente gebraucht worden sind, die noch vor wenigen Jahren in einem ganz anderen Lager zu hören waren, und daß hier eine Argumentation aufgenommen worden ist, die diejenigen, welche es zunächst und unmittelbar anging, nun unter dem Gesichtspunkt des Schumanplans glauben ein Stück zurückstecken zu können, nicht etwa zu müssen, sondern zu können. Ich glaube, daß wir in dem zähen Ringen um die optimale Gestaltung unserer Betriebe und ihrer Verbundwirtschaft ein sehr gutes Stück vorwärtsgekommen sind und alle Aussichten haben, gerade unter der Geltung des Schumanplans auch das Letzte, was etwa noch wegzuräumen und auszugleichen sein mag, tatsächlich in Ordnung zu bringen. Wenn auch Herr Schuman gesagt haben mag, für ihn sei der derzeitige Standpunkt in der Frage der Entflechtung der endgültige, — nun gut, auch Herr Schuman kann irren. Aber der Schuman plan irrt nicht, und in ihm steht zu diesem Punkte sowohl im deutschen wie im französischen Text oder lassen
    Sie es mich umgekehrt sagen: im französischen Text genau so gut wie im deutschen — etwas anderes.
    Unsere Freunde von links haben ihre Argumentation im Grunde auf der Mangellage aufgebaut. Dabei sollten sie aber nicht vergessen — und das ist eine Erkenntnis, die Ihnen nicht fernliegen kann, weil sie sich sehr leicht vermitteln läßt —, daß wir in der wirtschaf tsgeschichtlichen Entwicklung kein Beispiel dafür haben, daß eine Mangellage, etwa bei der Kohle, sich in unserem Bereich über einen sehr langen Zeitraum erstreckt. Wir sind im Gegenteil der Überzeugung, daß wir diese Mangellage in einiger Zeit überwinden können und überwinden werden.
    Schließlich ist noch der Grundsatz des Schuman-plans, die Investitionen an der günstigsten Stelle vorzunehmen, bezweifelt und erklärt worden, diesen Grundsatz könne man in dem Vertragswerk nicht finden. Demgegenüber möchte ich auf Art. 2 hinweisen, in welchem dieses Prinzip deutlich ausgesprochen ist.
    Meine Damen und Herren, in der Debatte ist nun die Aussprache in der französischen Kammer bis zum Überdruß zitiert worden, und wir waren auch schon vorher mit einer kleinen Denkschrift beglückt worden, in der eine Reihe von Zitaten zusammengestellt waren, wie ich glaube, in recht einseitiger Weise zusammengestellt waren.

    (Zuruf des Abg. Kalbitzer.)

    — Aber eine kleine Überlegung, Herr Kalbitzer, müßte alles, was dort an Material sorgfältig exzerpiert war, und zwar auch gerade von einem negativen Standpunkt her, ad absurdum führen können; denn das wirkliche Bild der französischen Kammerdebatte ist wesentlich anders und wesentlich eindrucksvoller gewesen.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Dort ist nämlich der Schumanplan nicht geradezu auf einer Welle der Begeisterung in diese Allianz der Räuber verwandelt worden, sondern man hat dort dreimal die Vertrauensfrage stellen müssen, um dieses Vertragswerk dann gegen schwere Widerstände unter Dach und Fach zu bringen,

    (Abg. Etzel [Duisburg]: Sehr gut!)

    nicht zuletzt gegen Widerstände der französischen Industrie, die sich vielleicht darüber wundern wird, wie sie auf der deutschen Seite unterstützt wird.

    (Heiterkeit.)

    Nun wage ich nicht, den Ausgang der Verhandlungen in diesem Hause im einzelnen vorherzusagen; aber ich glaube, daß wir dieses Problem werden bewältigen können, ohne dreimal zum Stellen der Vertrauensfrage Zuflucht nehmen zu müssen.

    (Abg. Blachstein: Die gibts ja hier leider nicht, zu Ihrem Vorteil!)

    — Also das ist etwas ganz Neues,. Herr Blachstein, und ich habe darauf gewartet, daß ich in dieser Beziehung über das Grundgesetz belehrt werden könnte.
    In der Tat spiegelt das aber doch nur wider, daß hier eine geradlinige Politik, auf die wir ebenso stolz sind wie Sie auf Ihre geradlinige Opposition, eine genügende Resonanz für die entscheidenden Akte hat, die sie im Interesse des deutsches Volkes, ihrer Verantwortung entsprechend, für geboten hält.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



    (Dr. Schröder [Düsseldorf])

    Meine Damen und Herren! Herr Imig hat sich vorzugsweise mit der Frage des Deutschen Kohlenverkaufs beschäftigt, und ich kann dazu nur erklären, daß wir in diesem Punkte den Standpunkt der Bundesregierung vollauf teilen, ein Standpunkt, der Ihnen bekannt ist und der dahin geht, daß die Bundesregierung auch die zuletzt gefundene Übergangslösung ablehnt und statt dessen eine weitere Verbesserung herbeizuführen wünscht. Wir werden sie in diesem Bestreben unterstützen, und Sie sind freundlichst gebeten, dabei mitzuwirken, indem Sie der Ziffer 2 unseres Antrages zustimmen. Im übrigen glaube ich aber, Herr Imig, sagen zu können, daß die Bedeutung des DKV oder seiner Nachfolgeorganisation in dem Maße abnehmen wird, in dem sich die deutsche Kohlenförderung ausweiten wird, in dem Maße nämlich, in dem gerade der von uns erwartete Effekt des Schuman-plans eintreten wird.
    Auf Herrn Kalbitzer hat im wesentlichen schon der Herr Berichterstatter geantwortet. Ich möchte dem nur zwei Punkte hinzufügen. Wenn Herr Kalbitzer sehr bedauert hat, daß wesentliche Gebiete, auch wesentliche Gebiete im französischen Machtbereich aus dieser Regelung herausgeblieben sind, so kann ich nur sagen, daß wir es ebenso bedauern, meine Damen und Herren, daß leider große Teile des deutschen Gebietes noch nicht in diese Regelung einbezogen werden konnten. Wir hoffen, daß der Tag nicht fern ist, an dem es möglich sein wird, diese Teile endgültig einzubeziehen.
    Und wenn er weiter gesagt hat, daß das Ganze nicht recht wirksam werden könnte, ohne daß dieser gemeinsame Markt auf Maschinen, Elektrogeräte usw. ausgedehnt würde, so kann ich nur sagen: In diesem Punkt, daß es nämlich erstrebenswert sei, diese Ausdehnung so schnell wie möglich vorzunehmen, hat er unsere volle Unterstützung. Ich darf hinzufügen, daß ich mich auf den Tag freue, an dem es möglich sein wird, diese Erweiterung des Schumanplans mit allen Stimmen, jedenfalls mindestens zusätzlich mit der Stimme von Herrn Kalbitzer, in diesem Hause zu beschließen.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Herr Professor Nölting glaubt, daß sich die Demokratie in einem Rückzugsgefecht befinde. Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, daß die Mehrheit dieses Hauses Anlaß hat, diese Auffassung zu teilen. Ich glaube im Gegenteil, daß sich hier für diese gewiß nicht leichte, für diese gewiß gefahrenreiche Politik einmal zeigt, daß sich eine solide demokratische Politik nicht im Rückzugsgefecht, sondern hier durchaus in der Offensive befindet,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wenn er eine Teilintegration als ein Ausweichmittel offenbar der Franzosen angesehen hat, so, glaube ich, brauchen wir nur noch einmal zu bestätigen, daß es uns auf keinen Fall auf eine Teilintegration, sondern auf eine Gesamtintegration Europas ankommt. Wir sind aber überzeugt, an irgendeiner Stelle damit anfangen zu müssen und nicht darauf warten zu dürfen, daß uns eines Tages etwa — ich weiß nicht, von wem — eine Gesamtintegration beschert werden könnte.
    Herr Professor Nölting hat aber nebenbei ein sehr interessantes Eingeständnis gemacht, wenigstens indirekt, nämlich das Eingeständnis, daß er sich in seiner Prognose über die Langlebigkeit der Ruhrbehörde doch offensichtlich getäuscht hat. Ich kann mich — es ist etwas länger als zwei Jahre her — daran erinnern, daß uns in diesem Hause prophezeit wurde, daß wir mit dem Eintritt in die Ruhrbehörde nun wieder den Grundstein für eine — ich weiß nicht, wie lange — zusätzliche deutsche Versklavung gelegt hätten.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Und jetzt, nachdem diese Ruhrbehörde nur noch eine Frage von ganz wenigen Wochen oder Monaten ist, wird uns plötzlich gesagt: Ja, diese Ruhrbehörde wären wir sowieso in ganz kurzer Zeit losgeworden: die hätte sich nicht halten können; aber nun geht ihr in die Hohe Behörde!
    Die Logik dieser Politik können wir leider nicht teilen. Ich kann nur wieder sagen, daß man, wenn man auf dieser Art von Geradlinigkeit beharren will, schwerlich am richtigen Ziel ankommen wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube auch nicht, daß die französische Konkurrenz, wie Professor Nölting es so schön ausdrückte, geradezu Triumphgesänge singt. Sie singt heute keine Triumphgesänge, und ich bin der Überzeugung, daß sie auch in Zukunft keine Triumphgesänge singen wird. Es kommt uns überhaupt nicht darauf an, meine Damen und Herren, daß hier irgend jemand einen Triumphgesang sollte singen können, sondern darauf, daß alle Teilnehmer in einer möglichst loyalen und auf Zusammenarbeit gerichteten Weise aus diesem Vertrage befriedigt werden können.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir wissen sehr wohl, meine Damen und Herren, daß es noch ein langer Weg ist, den wir zu gehen haben, bis die letzten Folgen der Demontage auf deutschem Gebiet ausgeglichen sind. Wir wissen, daß nicht von heut auf morgen, sondern erst nach vieler schwieriger Arbeit die August-ThyssenHütte wieder etwa 11/2 oder 2 Millionen t Stahl prodùzieren wird. Wir wissen, daß es eine Zeitlang dauern wird, bis Watenstedt-Salzgitter wieder so arbeiten kann, wie wir uns das vorstellen, und daß es noch eine weitere Zeit dauern wird, bis alle unsere Walzenstraßen erneuert sind. Aber wir können das Mögliche nur mit den Schritten und in dem Tempo tun, in dem wir es aus eigener Kraft schaffen; wobei wir hier allerdings die Hoffnung haben, daß dieser eigenen Kraft auch eine Unterstützung der freien Welt zu Hilfe kommen wird. Wir haben mit der Investitionshilfe dafür einen sehr guten Anfang gemacht. Wir sind der Überzeugung, wenn sich deren Effekt erst einmal zeigen kann, dann sind zwar nicht alle Probleme gelöst — das sicher nicht —, aber auf diesem Wege wird es dazu kommen, auch fremde Unterstützung herbeizuziehen.
    Sehen Sie, in den Tagen, in denen wir hier diskutieren, hat ein vielleicht etwas optimistischer amerikanischer Betrachter, aber durchaus in einer amtlichen Funktion, nämlich Mr. Harris, gesagt, daß nach seiner Auffassung Deutschland etwa ein Jahr, nachdem die Hohe Behörde ins Leben getreten sei und der Mechanismus des Schumanplans zu wirken anfange, auf einer Stahlproduktion von 19 bis 20 Millionen t angekommen sein würde. Diese Prophezeiung ist gewiß eine persönliche, und sie hat auch manchen Widerspruch gefunden angesichts der relativ knappen Investitionsmittel, die wir greifbar vor uns sehen. Aber, meine Damen und Herren, wir haben ja alle das letzte Stück der deutschen Entwicklung miterlebt, und Sie werden sich an die Zeit erinnern können, wo man uns die


    (Dr. Schröder [Düsseldorf])

    u Erreichung einer Produktion von 11,1 Millionen t Rohstahl pro Jahr erst für einen sehr fernen Zeitpunkt prophezeit hat.

    (Zustimmung bei der CDU.)

    Wir haben das vergangene Jahr mit einer Produktion von 13,5 Millionen t Rohstahl abgeschlossen. Ich bitte Sie, das doch einmal zu der übrigen europäischen Stahlproduktion in ein durchaus angemessenes und realistisches Verhältnis zu setzen. Dann werden Sie mir auch in der Auffassung zustimmen müssen, daß wir auf die Tüchtigkeit sowohl unserer Unternehmer wie unserer Arbeiter werden zählen können, wenn wir für die deutsche Produktion eine optimistische Prognose haben.
    Der Herr Bundeskanzler hat gestern hier gesagt, alles Große sei ein Wagnis. Vor dem Wagnis, meine Damen und Herren, steht selbstverständlich das Wägen. Sie können versichert sein, und ich glaube, der Aufwand, der in der Diskussion um dieses Thema doch nun schon beinahe anderthalb Jahre getrieben worden ist, beweist es, daß hier sehr viel gewogen worden ist und daß es sehr kühle Köpfe waren, die hierbei gewogen haben. Ich möchte aber mit allem Nachdruck und mit großer Befriedigung hervorheben: zu diesen Köpfen haben in hervorragendem Maße die Vertreter der organisierten Arbeiterschaft gehört. Bis in die wissenschaftlichen Stellen gerade der Arbeiterschaft hinein wurden die Wagnisse, die vor uns liegen, sorgfältig gewogen und mindestens in ihren langfristigen Prognosen als durchaus tragbar angesehen.
    Meine Damen und Herren, wir werden dieses Unternehmen wagen, und wir sind sicher, daß uns dabei weder die deutschen Unternehmer noch die deutschen Arbeiter im Stich lassen werden.
    ) (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Kuhlemann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christian Kuhlemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich zu Ihnen nach den vielen Reden hier im Auftrag der Deutschen Partei spreche,

    (Zuruf von der KPD: Der Unternehmer!)

    dann möchte ich Ihnen zunächst mitteilen, daß die Deutsche Partei gewillt ist, dem Schumanplan zuzustimmen

    (Abg. Rische: Kein Wunder!)

    und mit ihm jene neue Episode anzufangen, die
    für Europa, für uns alle wichtig zu sein scheint.
    Was ist nun Sinn und Ziel unseres Planes? Meine Herren, wir haben über die einzelnen Ziele heute schon so viel gehört, daß ich nicht noch einmal jeden einzelnen Paragraphen durchzugehen brauche. Ich möchte aber doch eines betonen: Dieser Schritt, den wir heute zu tun gedenken, ist der erste, dem bestimmt andere Schritte nachfolgen müssen.

    (Abg. Rische: Der Krieg!)

    Auf dem Teilgebiet Eisen, Kohle und Stahl haben wir dann zum erstenmal einen einheitlichen Markt in Europa hergestellt. Dadurch, daß wir die Zollgrenzen zwischen den einzelnen Ländern abbauen, werden wir alte nationale Grenzen überwinden und zu einer volkswirtschaftlichen Arbeitsentwicklung kommen, die für alle, die daran teilnehmen, eine neue Wohlfahrt und einen neuen Lebensstandard bringen wird.
    Wenn wir diesen ersten Schritt getan haben, werden sich aus ihm folgerichtig die weiteren
    Schritte entwickeln. Die Worte, die Herr Professor Hallstein und der Herr Bundeskanzler zu uns gesprochen haben, wonach die Entwicklungen, die hier angedeutet sind, erst der Anfang einer weit größeren Entwicklung sein werden, wurden bei uns dahin gedeutet, daß dieser erste Schritt uns zu weiteren guten Erfolgen führen wird.
    Wir haben zu den Möglichkeiten, die der Schumanplan uns bietet, bis jetzt eins festzustellen: die „Schrebergärtenzäune", wie Herr Professor Hallstein sagte, werden fallen. Die kleinstaatlichen Gedanken, die wir in Europa bis jetzt gehabt haben und deren Auswirkung gerade in den wirtschaftspolitischen Maßnahmen immer zu erkennen war, werden uns in bezug auf Eisen, Stahl und Kohle sehr schnell zu einem ganz neuen Weg führen. Ich glaube, daß wir in dieser Beziehung — auch bei unseren Handelsverträgen im Außenhandelsausschuß, wo es immer sehr ,schwer war, die bestehenden Verhältnisse zu verteidigen — zu großen Erleichterungen kommen werden, und ich glaube auch, daß wir gerade dadurch auch im Außenhandel sehr schnell andere Ideen entwickeln wer den.
    Wenn wir bedenken, daß wir bei 155 Millionen Einwohnern in dem Gebiet des jetzigen Schuman-plans eine Stahlerzeugung von zirka 32 Millionen t haben — während die Vereinigten Staaten beinahe die dreifache Menge Stahl herstellen, dabei aber nicht so viel Einwohner in ihrem Lande vereinigen —, so werden wir erkennen, daß wir auf Grund der Entwicklung der gemeinschaftlichen Arbeit in diesem Gebiet unsere Erzeugung an Eisen, Stahl und Kohle sehr schnell werden erhöhen müssen, so daß auf all diesen Gebieten in der nächsten Zeit eine Wandlung zu erwarten ist. Sie haben von den Experten gehört, daß der Bau von Breitbandstraßen, die wir dringend nötig haben, nicht mehr verhindert werden kann, daß ferner unter den Verhältnissen, die wir jetzt durch den Schumanplan bekommen, der Ausbau von Watenstedt-Salzgitter und der Thyssen-Hütte ungehindert durchgeführt werden kann. Das gibt zusammen mit der Investitionshilfe, die wir vor einiger Zeit beschlossen haben, derartige Entwicklungsmöglichkeiten, daß wir in der Durchführung des Schumanplans vertrauensvoll weiterarbeiten können.
    Ich will 'nur eins hoffen: daß sich der Schumanplan nicht allein zugunsten von Rheinland und Westfalen auswirkt; denn wir in Niedersachsen haben an dem Schumanplan genau so Interesse. Unser armes Land Niedersachsen hat eine große Eisen- und Stahlproduktion in dem Gebiet von Watenstedt-Salzgitter. Wir alle wissen ganz genau, wie dies Gebiet gelitten hat. Ich hoffe, das Hohe Haus wird uns hier in der richtigen Weise unterstützen, damit wir Watenstedt-Salzgitter wieder zu einer Produktion verhelfen können und Watenstedt-Salzgitter nachher auch ein entsprechender Teil der Eisenproduktion überwiesen werden' kann.
    Es ist unser Ziel, durch die Arbeit im Rahmen des Schumanplans und durch die weitere Entwicklung, die wir dem Schumanplan hier angedeihen lassen, nach dem Osten ein Bild zu geben, damit wenigstens unsere ostdeutschen Nachbarn sehen, daß wir sie mit dem Schumanplan nicht irgendwie abschreiben wollen, sondern im Gegenteil mit dem Schumanplan erreichen wollen, daß der Osten, dessen Bevölkerung diese Vorteile leider noch nicht mitgenießen kann, in der nächsten Zeit wenig-


    (Kuhlemann)

    stens in den Schumanplan mit hineinwachsen kann und ihm dadurch die Vorteile des Schumanplans auch zugutekommen.

    (Abg. Rische: Erstens kommt es anders ...!)

    Es wird immer gesagt, daß der Schumanplan der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland hinderlich im Wege steht. Ich glaube kaum, daß das der Fall ist. Es ist ja gerade eben von den Vorrednern, von Herrn Paul und Herrn Müller, immer wieder darauf hingewiesen worden, daß die deutsche Einheit das Wichtigste sei. Meine Herren, die deutsche Einigkeit und die deutsche Einigung wären auch für uns das Wichtigste. Wenn es möglich wäre, dann würden wir bestimmt alle liebend gern über den Schumanplan etwas länger sprechen und die Einigung Deutschlands vollziehen; aber wir sehen ein, daß eine Einigung Deutschlands mit oder ohne Schumanplan vorläufig nicht möglich ist, es sei denn, andere Bedingungen werden von der Ostzone her uns. gegenüber klar gestellt und dadurch die Möglichkeit geschaffen, daß wir uns mit dem Osten darüber unterhalten können.

    (Abg. Renner: Keine einzige Bedingung ist gestellt worden! Die Bedingungen sind hier gestellt worden.)

    Mit dem Schumanplan müssen und wollen wir die Bedingungen und die Möglichkeiten schaffen, die weitere Entwicklung Deutschlands vorwärtszutreiben!

    (Abg. Rische: Armes Deutschland!)

    Wir haben von vornherein gesagt: wir sind bereit, allen anderen Gelegenheit zu geben, dem Schumanplan beizutreten. Tritt der Fall ein, daß Ostdeutschland, vielleicht auch andere Staaten im Osten, dem Schumanplan beitreten wollen, so würde das nach meiner Meinung nur ein Vorteil sein. Dadurch würde der Raum für Europa nur größer werden, und wenn das geschieht, würde das für Europa in der Zukunft nur eine Entwicklung zum Besseren bringen können.
    Wir haben in den letzten Jahren die Feststellung gemacht, daß die Wirtschaftspolitik, die von uns aus betrieben worden ist, die Entwicklung in Deutschland sehr schnell gefördert hat, so schnell, daß wir alle überrascht und zum Teil auch stolz waren. Die Entwicklung, die Westdeutschland genommen hat, wird von den Oststaaten, von der Ostzone her mit Neid angesehen. Wenn die Zahlen, die von Herrn Paul und von Herrn Müller vorhin hier genannt worden sind, wirklich zutreffend wären, dann würden solche Fragen, wie man sie des öftern hörte, bestimmt nicht an uns gestellt werden, und die Bitten, die vom Osten an uns herangetragen werden, würden bestimmt nicht so ausfallen, wie sie uns augenblicklich immer wieder vorgetragen werden.
    Meine Herren, wir wollen hoffen, daß die Entwicklung, die wir bei uns haben, auch auf die Ostzone abfärbt und daß die wirtschaftspolitische Entwicklung, die wir jetzt erlebt haben, denjenigen Leuten, die von der Ostzone nach hier herübersehen, als Beispiel für eine Entwicklung hervortreten wird, an der teilzunehmen für sie wünschenswert erscheint. Wir wollen hoffen, daß auch sie möglichst bald in den Genuß der Früchte dieses Plans kommen, und wir wollen hoffen, daß über die Entwicklung hinaus, die der Schuman-plan uns in den nächsten Jahren bringen wird, auch für die Leute, die da drüben sind, eine weitere Entwicklung möglich ist. Es ist anzunehmen, daß wir durch diese Entwicklung des Schumanplan zu einem neuen Lebensstandard und einer Erhöhung unseres Lebensstandards im Bundesgebiet kommen, die alle, die daran teilnehmen, zufriedenstellen wird. Aus diesem Grunde bejahen wir den Schumanplan. Wir werden bei der Abstimmung für diesen Plan stimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)