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    Deutscher Bundestag — 177. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. November 1951 7277 177. Sitzung Bonn, Freitag, den 23. November 1951. Geschäftliche Mitteilungen . 7279A, 7293D, 7314A Eintritt der Abg. Frau Ansorge in den Bundestag 7279A Übertritt des Abg. Dr. Glasmeyer von der Zentrumsfraktion zur Fraktion der CDU/ CSU 7279A Änderung der Tagesordnung 7279B Beratung der Interpellation der Fraktion der CDU/CSU betr. Umsiedlung von Heimatvertriebenen (Nr. 2746 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. bundeseigene Mittel- und Unterbehörden für die Umsiedlung von Heimatvertriebenen (Nr. 2853 der Drucksachen) . 7279B zur Sache: Dr. Edert (Gast-CDU), Interpellant . 7279B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 7280D Tichi (BHE/DG) 7283B Morgenthaler (CDU) 7285A Stech (SPD) 7286B Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 7287D Dr. Besold (BP) 7288D Dr. Spiecker, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 7290B Schellhaus, Minister für Vertriebene des Landes Niedersachsen . . . . 7291A Dr. Zawadil (FDP) . . . . . 7291C, 7297D Goetzendorff (Fraktionslos) 7294A Müller (Frankfurt) (KPD) 7294C Kuntscher (CDU) 7295D Ewers (DP) 7297B zur Geschäftsordnung: Dr. Kopf (CDU) 7298C Dr. Kather (CDU) 7298D Ausschußüberweisung 7298D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Ott u. Gen. betr. Protest gegen die Zwangsumsiedlung in Rumänien (Nrn. 2837, 2645 der Drucksachen 7298D Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP), Berichterstatter 7299A Dr. -Mende (FDP) (zur Geschäftsordnung) 7299B Beschlußfassung 7299C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik isterreich über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll (Nr. 2575 der Drucksachen), Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 2803 der Drucksachen) . . . . 7299C Dr. Preller (SPD), Berichterstatter 7299D Beschlußfassung 7300A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll und drei Zusatzvereinbarungen (Nr. 2683 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Aus- schuß) (Nr. 2804 der Drucksachen) . . . 7300A Dr. Preller (SPD), Berichterstatter 7300B Beschlußfassung 7300D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handelsvertrag vom 12. Februar 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs Griechenland (Nr. 2792 der Drucksachen) 7300D Ausschußüberweisung 7301A Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Nr. 2793 der Drucksachen) 7301A Ausschußüberweisung 7301A Erste Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens (Emissionsgesetz) vom 20. Juni 1948 (Nr 2776 der Drucksachen) 7301A Dr. Bertram (Z), Antragsteller . . 7301A Seuffert (SPD) 7302A Dr. Bucerius (CDU) 7302B Ausschußüberweisung 7302B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Nr. 2830 der Drucksachen) 7302B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 7302C Seuffert (SPD) 7302D Ausschußüberweisung 7302D Erste und zweite Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP und BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes in der Fassung vom 30. Juni 1951 (Nr. 2691 der Drucksachen) 7303A Dr. Krone (CDU) 7303B Abstimmung 7303B Dritte Beratung vertagt 7303B Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen (Nr. 525 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) (Nr. 2697 [neu] der Drucksachen; Umdruck Nr. 351 [neu], 374, 375) 7303B Degener (CDU), Berichterstatter . 7303C Dr. Kneipp (FDP) 7305D, 7310A Struve (CDU) 7306C Dr. Besold (BP) . . . . 7307A, 7309A, B, C Ludwig (SPD) 7307C Sabel (CDU) 7307D Abstimmungen . . 7308A, 7309A, B, C, 7310A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bewertung des Vermögens für die Hauptveranlagung 1949 (Nr. 2278 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2690 der Drucksachen; Umdruck Nr. 349) 7303A, 7310B Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter . 7310B Abstimmung 7313D Dritte Beratung vertagt 7303B, 7313D Dritte Beratung des Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tarifvertragsgesetzes (Nr. 2396 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) (Nr. 2779 der Drucksachen; Umdruck Nr. 372) 7314A Sabel (CDU): als Berichterstatter 7314B als Abgeordneter 7315B Richter (Frankfurt) (SPD) . 7314D, 7315C, D Abstimmungen 7315D, 7316A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Inkrafttreten von Vorschriften des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande (Nr. 2489 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 2782 der Drucksachen) . . 7316A Schulze-Pellengahr (CDU), Berichterstatter 7316B Beschlußfassung 7316D Beratung des Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr, von Brentano und Gen. betr. Bau einer Autobahnauffahrt bei Viernheim (Hessen) (Nrn. 2765, 2528 der Drucksachen) 7316D Knothe (SPD) 7317A Beschlußfassung 7317C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Erweiterung der Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung (Nrn. 2802, 1711 der Drucksachen; Umdruck Nr. 373) 7317D Euler (FDP) (zur Geschäftsordnung) . 7317D Beratung vertagt 7317D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Anpassung der Bezüge öffentlich Bediensteter an das Preisgefüge, über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Ausgabe von Verbilligungsscheinen, über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Hilfeleistung für die Unwettergeschädigten in Franken, über den Antrag der Abg. Ohlig u. Gen. betr. Ausbesserungsarbeiten an den Deichen der unteren Hunte und über den Antrag der Abg. Striebeck u. Gen. betr. Ausbau und Verlegung der Bundesstraße 1 in Mülheim (Ruhr) (Nrn. 2820, 1794, 2151, 2491, 2357, 2378 der Drucksachen) . . . 7318A Frau Rösch (CDU), Berichterstatterin 7318A Beschlußfassung 7318D Nächste Sitzung 7318D Die Sitzung wird um 9 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Wendelin Morgenthaler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als im März dieses Jahres im Bundestag das Gesetz über die Umsiedlung für das Jahr 1951 besprochen wurde, da haben nur Abgeordnete aus den Abgabeländern gesprochen, Abgeordnete aus den Übernahmeländern haben sich still verhalten, — ein Zeugnis dafür, daß sie bereit waren und bereit sind, sich an der Durchführung der Umsiedlung zu beteiligen. Sie haben damit den guten Willen bekundet, das Menschenmögliche zu tun. Wenn wir nun, wie das jetzt eben der Fall war, Rückschau halten auf das, was inzwischen geschehen ist, so sehen wir allerdings ein betrübliches Ergebnis. Wir müssen aber ehrlich genug sein, auch die Gründe anzuerkennen, die für das Versagen all derjenigen Länder, die in diesem Jahr die 300 000 Flüchtlinge hätten aufnehmen sollen, vorliegen.
    Von meinem Vorredner ist vorhin von „selbstsüchtigen Ländern" gesprochen worden. Ich glaube, wer die Verhältnisse kennt, kann diesen Ausdruck nicht gutheißen. Wir dürfen nicht nur berücksichtigen, wie es in den Ländern, die mit Flüchtlingen allzusehr belastet sind, aussieht; wir müssen auch die Verhältnisse in den Ländern sehen, die die Flüchtlinge übernehmen wollen und auch übernehmen, sobald die Möglichkeit besteht. Und da ist es notwendig, einmal einen Blick in die einzelnen Länder zu tun. Die Verhältnisse sind bei fast allen Übernahmeländern die gleichen. Es sind reiche und reichste Länder dabei, es sind große und kleine Länder dabei, und die Verhältnisse, die dort vorliegen, lassen sich zum Teil auf einen Nenner bringen.
    Wenn ich jetzt, nachdem mein Fraktionskollege Herr Edert bereits vom Musterländle Baden gesprochen hat, auf dieses Land besonders eingehe, dann darf ich auch auf etwas hinweisen, was in Baden eben anders ist als in anderen Ländern und was immer zu wenig berücksichtigt wird. Wir haben in Baden Besatzungslasten — über die ich von dieser Stelle aus schon mehrfach zu sprechen hatte —, die über das Maß dessen hinausgehen, was im Bundesdurchschnitt festzustellen ist. Im ganzen Bundesgebiet sind laut Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 75 000 Wohnungen beschlagnahmt, davon allein in Baden über 8000, das sind also 11 % der im ganzen Bundesgebiet beschlagnahmten Wohnungen. Wenn ich das umrechne und sage: auf tausend Wohnungen kommen im Bundesgebiet acht beschlagnahmte Wohnungen, so sehe ich, daß beispielsweise in Schleswig-Holstein auf tausend Wohnungen drei beschlagnahmte Wohnungen, in Niedersachsen fünf beschlagnahmte Wohnungen und in Bayern acht beschlagnahmte Wohnungen kommen, d. h. also, daß diese Zahlen der des Bundesdurchschnitts entsprechen bzw. wesentlich unter ihr liegen. Bei uns in Baden kommen aber auf tausend Wohnungen siebenundzwanzig beschlagnahmte Wohnungen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich bitte, auch das einmal beachten zu wollen; dann wird Ihr Urteil über das Musterländle vielleicht etwas milder werden.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Hinsichtlich der Länder, die die Leute übernehmen sollen, ist auch noch etwas anderes zu berücksichtigen. Ich betone nochmals: sie haben den Willen bekundet, die Menschen, die ein so schweres Schicksal zu tragen haben, unter allen Umständen aufzunehmen. Aber es ist nicht zu verkennen, daß in diese Länder von überall her schon weit über
    die Zahl der zugewiesenen Flüchtlinge hinaus. Zugewanderte gekommen sind. Einmal sind das z. B. bei uns die zurückgebliebenen Kriegsgefangenen, die nicht mehr in ihre Heimat zurückgekehrt sind, zum andern sind es Leute, die aus der Ostzone flüchten oder die aus der Tschechoslowakei oder sonstwoher ausgesiedelt worden sind. Es sind Leute, die, der Freizügigkeit, dem Niederlassungsrecht folgend, aus diesen Ländern zu uns herunterkommen. Es sind bei uns auch noch soundso viele Evakuierte, die gern heimkehren würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Das sind lauter Momente, die man berücksichtigen muß, wenn man ein Urteil über den guten oder den schlechten Willen, den diese Länder bekunden oder nicht bekunden, fällen will.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Lassen Sie mich noch etwas anderes erwähnen. Im allgemeinen Wohnungsbauprogramm sind 35 Millionen DM ausgeworfen worden, um Wohnungen für Besatzungsverdrängte zu schaffen. Von diesen 35 Millionen DM hat Baden, obwohl wir 11 % der gesamten Besatzungsverdrängten in unserem Lande haben, nur 2,7% der Gesamtsumme, nämlich 950 000 DM bekommen, während beispielsweise Niedersachsen und Hamburg zusammen 6 Millionen DM und Nordrhein-Westfalen 9 Millionen DM bekommen haben. Ich möchte bitten, auch diese Dinge einmal zu berücksichtigen.
    Der Herr Bundesminister hat vorhin in außerordentlich fürsorglicher und väterlicher Art das ganze Problem aufgeworfen. Er hat — und das hat mich gefreut — zugegeben, daß die Länder nicht schlechten Willens seien, daß aber Voraussetzungen zu erfüllen seien, um diese Flüchtlinge aufzunehmen. Und das einzige, was wir im allgemeinen dazu tun können, ist doch, Wohnungen zu bauen. Etwas anderes ist gar nicht zu machen. Kommen Sie doch einmal zu uns herunter und schauen Sie sich die Altwohnungen an! Die sind ebenfalls überbesetzt. Wenn ich an meine eigene Gemeinde denke: wir sind schwer fliegergeschädigt, wir haben eine sehr starke Besatzung, und wir haben Leute, die genau so unter den Hohlziegeln wohnen, wie es andernorts der Fall ist. Auch diese Dinge müssen unter allen Umständen berücksichtigt werden.
    Wir müssen also bauen, weil Altwohnraum nicht mehr zu haben ist, es sei denn in den entlegensten Gebieten des Schwarzwaldes, wo aber — und auch das muß gesagt sein — unsere Flüchtlinge gar nicht hinwollen. Sie wollen und ziehen doch dahin, wo Verkehr ist, wo etwas los ist, wo sie schließlich Arbeit und Brot finden können. Das ist durchaus begreiflich und verständlich. Aber hier muß der Bund mithelfen. Was wir bisher bekommen haben, reicht nicht aus. Es reicht deswegen nicht aus, weil erstens einmal die ersten Hypotheken gefehlt haben und weil letzten Endes die Restfinanzierung auf Grund der Teuerung nicht hat durchgeführt werden können. Man muß diese Dinge sehen, wie sie sind. Wir haben außerdem in Baden noch etwa 3000 Flüchtlinge, die in Lagern sind und untergebracht werden müssen und auch untergebracht werden, wenn der Bund die Möglichkeit dazu gibt.
    Ich möchte also hier zwei Bitten an die Bundesregierung richten, erstens einmal, daß wir bei einer Verteilung solcher Gelder nicht wieder zu kurz kommen und uns nachher mit dem schönen Wort „Musterländle" abspeisen lassen müssen, und zweitens, daß wir so viel Geld bekommen, daß wir auch wirklich bauen können. Wenn das der Fall ist, dann wird es unter allen Umständen geschehen.


    (Morgenthaler)

    Der Herr Minister hat erfreulicherweise darauf hingewiesen, daß es nicht damit getan ist, die Leute einfach aus den Lagern wegzunehmen und sie irgendwo anders unterzubringen. Wir haben diese Verhältnisse schon kennengelernt. Es sind z. B. Leute aus dem Norden, die dort in Arbeit standen, zu uns heruntergeholt worden, und bei uns haben sie keine Arbeit gefunden. So kann es unter keinen Umständen weitergehen. Es ist auch sinnlos, die Leute aus schlechten Verhältnissen herauszunehmen und sie in ebenso schlechte oder in noch schlechtere unterzubringen. Die notwendigen Vorbereitungen müssen geschaffen werden, damit die Leute auch gut untergebracht werden können.
    Es ist nun vorhin von Radikalismus gesprochen worden, was ich bedaure. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen es nicht dahin kommen lassen, daß der Radikalismus auf der einen Seite dem Radikalismus auf der anderen Seite begegnet. Es muß so sein, daß wir in gemeinsamer und vertrauensvoller Arbeit das leisten, was erforderlich ist, um den Flüchtlingen eine menschenwürdige Wohnung und auch eine Arbeitsmöglichkeit zu schaffen. Wenn das geschieht, dann werden sie auch zufrieden sein.
    Die Frage, ob wir das Problem im ganzen lösen können, ist an dieser Stelle schon mehrfach behandelt worden. Es ist gesagt worden, das sei nicht möglich. Aber das, was möglich ist, werden wir tun und auch tun müssen. Ich sehe auch nicht ein, daß wir besondere Organe in die einzelnen Länder hereinbekommen sollen; das können unsere Länderregierungen ganz allein tun, und sie werden es tun. Sie haben so viel sittliches Verantwortungsbewußtsein, daß sie sich nichts vorwerfen lassen. Nur im Geiste gegenseitiger Verständigung, im Geiste christlicher Auffassung, im Geiste brüderlicher Liebe wird es möglich sein, dieses Problem, soweit es an uns liegt, zu lösen.

    (Beifall bei der CDU.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Stech.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Paul Stech


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Interpellanten haben die Bundesregierung gefragt, welche Maßnahmen sie getroffen habe und welche Maßnahmen in Aussicht genommen seien, den einstimmigen Beschluß des Bundestags vom 8. März dieses Jahres durchzuführen. Es ist nach unserer Ansicht bezeichnend, daß diese Interpellation von der größten Partei der Regierungskoalition kommt. Nach unserer Ansicht steht es ihr nicht sehr gut an, diesen heiklen Fragenkomplex anzurühren. Oder soll man etwa glauben, daß es auch ihr allmählich zuviel wird und daß es auch nach ihrer Ansicht mit der eigens für diese so schwerwiegenden Umsiedlungsfragen geschaffenen Einrichtung, nämlich dem Ministerium für Angelegenheiten der Heimatvertriebenen, und mit dem Herrn Bundesminister Dr. Lukaschek einfach so nicht mehr weitergeht? Wenn man dieser Meinung sein müßte, — —

    (Abg. Höfler: Wissen Sie etwas Besseres?)

    — Wir werden uns bemühen, Besseres an die Stelle zu setzen, verlassen sie sich darauf, Herr Kollege!

    (Abg. Höfler: Was denn?)

    Wenn es so sein sollte, dann sind wir allerdings
    auch der Meinung, daß jetzt und in naher Zukunft
    Maßnahmen ergriffen werden müssen, die völlig
    verfahrene Situation einer Lösung näherzubringen.

    (Abg. Höfler: Geld!)

    — Um Ihren Zwischenruf zu beantworten, erlaube ich mir zu sagen, daß der. Herr Bundesminister in seiner Erklärung selber gesagt hat, daß die Umsiedlungsaktion 1951 an sich zusammengebrochen ist.

    (Abg. Höfler: Weil keine Wohnungen zur Verfügung standen und das Geld dazu nicht vorhanden war!)

    — Wir arbeiten ja im Heimatvertriebenen-Ausschuß dieses Hauses seit Jahr und Tag zusammen und brauchen uns solche Zurufe nicht zu machen. Verlassen Sie sich darauf, Herr Kollege!

    (Erneuter Zuruf des Abg. Höfler.)

    Es ist ein Jammer sondergleichen, daß man die Umsiedlungswilligen in den drei Flüchtlingsländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern immer noch in ihren Lagern hausen läßt. In dem Zusammenhang kann hier gesagt werden, daß sich in meinem Lande Schleswig-Holstein mehr als 250 000 Personen freiwillig für die Umsiedlung gemeldet haben, weil sie gern und freudig in wirtschaftlich stärkere und mit Heimatvertriebenen unterbelegte Länder möchten. Oder sollen wir diese Menschen, die nun schon seit sechs bis sieben Jahren in Lagern und sonstigen Behausungen leben müssen, ihrem elenden Schicksal überlassen? Wenn man bedenkt, daß heute noch rund 340 000 Heimatvertriebene in den drei Flüchtlingsländern in Lagern hausen müssen, dann braucht man sich über die Haltung dieser hieran unschuldigen Menschen in politischer und sonstiger Hinsicht wahrhaftig nicht mehr zu wundern. Hier wirkt sich nicht nur die bekannte Lagerpsychose nachteilig aus, sondern insbesondere die Tatsache, daß wir in diesen drei überbevölkerten Ländern männliche und weibliche arbeitsfähige Menschen zu verzeichnen haben, die seit all den Jahren der Flucht oder der Vertreibung bis heute entweder nur Gelegenheitsarbeit geleistet haben oder berufsfremd tätig gewesen sind oder gar überhaupt noch nicht wieder ein einziges Mal Arbeit finden und leisten konnten. Gerade diese letztere Tatsache ist die schlimmste, die nach bestorganisierter Umsiedlung förmlich schreit.
    Was ist nun seit Beendigung der seinerzeitigen Flüchtlings- bzw. Vertriebenen-Bewegung geschehen? Bekanntlich nannte man die damalige Aktion Flüchtlings-Bewegung. Zu Ehren der Gemeinden, Kreise und Länder kann und muß gesagt werden, daß sie nach dem fürchterlichen Zusammenbruch der nazistischen Gewaltherrschaft das irgendwie Menschenmögliche für Unterkommen, Kleidung und Nahrung getan haben. Aber so konnte und durfte es j a nicht bleiben. Aus diesem Grunde mußte nach Lage der Verhältnisse an die Betreuung und vor allen Dingen an die Eingliederung der 8 Millionen Vertriebenen herangegangen werden. Auf der einen Seite waren Ländergesetze zur Behebung der Vertriebenen-und Flüchtlingsnot erforderlich, die zum größten Teil auch für die Hunderttausende Evakuierter im Sinne der Gleichstellung in Frage kamen. Aus den damaligen interzonalen Verhandlungen wurde zwingend deutlich, daß man an einen Bevölkekerungsausgleich herangehen müsse.
    Aus diesem Grunde wurde im Juni 1947 die Lösung des Flüchtlingsproblems zum ersten Mal auf der ersten deutschen Ministerpräsidentenkon-


    (Stech)

    ferenz in München auf die Tagesordnung gesetzt, und zwar auf Veranlassung des Ministerpräsidenten Lüdemann, des Regierungschefs des Flüchtlingslandes Nr. 1. Dort wurde eine grundsätzliche Übereinstimmung über einen großen und gerechten Bevölkerungsausgleich erzielt.
    Noch im gleichen Jahre 1947 wurde in Sachen der Flüchtlinge anläßlich der Ministerkonferenz in Segeberg in Holstein ein gerechter Spitzenausgleich vereinbart, nach welchem alsdann die Umsiedlung beginnen sollte. Die dort ebenfalls ins Leben gerufene Arbeitsgemeinschaft der Länderflüchtlingsverwaltungen hat dann nach langwierigen Erhebungen über die Bevölkerungs- bzw. Wohnraumzahl usw. mit dem im Zuge der Bildung des Wirtschaftsrats in Frankfurt am Main errichteten Zentralamt für Angelegenheiten der Vertriebenen einen Umsiedlungsplan erarbeitet, der auch in den Jahren 1948 und 1949 zum Tragen kam. Die so erarbeiteten Ergebnisse in Vereinbarungen mit den Aufnahmeländern Hamburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Württemberg-Baden und insbesondere mit den Ländern in der französischen Zone, Rheinland-Pfalz, Südbaden und Württemberg-Hohenzollern, ließen den berechtigten Schluß zu, daß die Umsiedlung planvoll ablaufen würde. Seit Bildung der Bundesrepublik jedoch und seit der Berufung des Herrn Bundesvertriebenenministers haben wir leider eine angesichts der damals berechtigten Hoffnungen rückläufige Bewegung festzustellen. Heute nun stehen wir vor einem fast völligen Zusammenbruch der Umsiedlungsaktion.
    Bei solcher Sachlage muß man sich allerdings fragen, wer hierfür verantwortlich zu machen ist. Die Schuld an diesem Sachverhalt trifft nach unserer Auffassung einzig und allein

    (Zuruf von der CDU: Hitler!)

    die Bundesregierung.

    (Zuruf von der CDU: Das ist billig!)

    — Wenn Sie mir „Heil Hitler" zurufen, ist das unglaublich; und das sagen Sie einem Menschen, der — —

    (Zuruf von der CDU: Das haben Sie mißverstanden!)

    - Ach, dann habe ich es natürlich mißverstanden. Aber wehe, wenn einer von uns einen solchen Zwischenruf gemacht hätte!

    (Zurufe von der CDU: Nein, nein! Er hat etwas ganz anderes gesagt!)

    Wenn die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers im Herbst 1949 ausdrücklich darauf Bezug nimmt, daß die Bundesregierung für einen gerechten Bevölkerungs-, Finanz- und Lastenausgleich durch bundesgesetzliche Regelung sorgen werde, dann muß man sagen: das Ergebnis bis zum November 1951 ist geradezu als jämmerlich zu bezeichnen. In derselben Regierungserklärung wird festgestellt, daß man durch großzügige Wohnungsbauprogramme auf Grund von Bundesgesetzen genügend neuen Wohnraum für die wohnungsuchenden Vertriebenen, Ausgebombten und Evakuierten erstellen lassen werde, dann vergißt man die Tatsache, daß die Überhänge in den einzelnen Wohnungsbaujahren durch monatelanges nutzloses Verhandeln zwischen den einzelnen Ressorts verschuldet worden sind. Das in diesem Zusammenhang festzustellen, hielt ich insbesondere für meine Pflicht. Wie oft mußte die Bundesregierung interpelliert werden, warum die Arbeitsbeschaffungsprogramme nur stückweise durchgeführt
    wurden! Dies alles sind tief einschneidende Wirtschaftsfragen, die mit der Umsiedlung und der Eingliederung der Vertriebenen in den Wirtschaftsprozeß sowie mit dem Wohnbedürfnis dieser breiten Massen in ursächlichem Zusammenhang stehen. Aber bei solcher Planlosigkeit braucht man sich dann über die Finanz- und Steuerpolitik bzw. die Wirtschafts- und Kreditpolitik der Bundesregierung wahrhaftig nicht zu wundern.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wie soll denn auch der fähigste Fachminister für Vertriebenenfragen in einem solchen Kabinett mit seinen Belangen zum Zuge kommen?

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    In solchem Falle nützt die beste Rechtsverordnung beispielsweise nach Art. 119 des Grundgesetzes und nützt auch das vom Bundestag einstimmig beschlossene Bundesumsiedlungsgesetz gar nichts. Die Interpellanten sollten sich mit uns sagen, daß die Dinge so nicht gelöst werden können.
    Wenn man uns heute erneut auf die Zukunft, und zwar zunächst auf das Jahr 1952 vertröstet und darauf, daß es dann in diesem Jahre in Sachen der Umsiedlung wahrscheinlich etwas besser klappen werde, und wenn man heute noch neue Erheb ungen, Berechnungen, Statistiken, Gutachten und dergleichen mehr empfiehlt., dann ist dies nach Lage der Sache, da es jahrelang immer wieder geschehen ist, sinnlos. Man braucht nur einen Blick in das Sonneplan-Gutachten zu werfen; dann erkennt man sofort, wo die Fehlerquellen bei der Lösung der deutschen Vertriebenenfrage und ganz besonders bei der Umsiedlung gelegen haben und liegen. Wer nach derart schwerer Kritik, insbesondere auch vom Ausland her, nicht die Konsequenzen zieht, der ist wohl a auch nicht willens, das einstimmig angenommene Umsiedlungsgesetz vom 8. März dieses Jahres — ich sage das mit besonderem Hinweis auf § 17 dieses Gesetzes — durchzuführen. Wenn sich schon die Bundesregierung und ihr Vertriebenenminister nicht an ein solches Bundesgesetz halten, dann braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn sich Treckvereinigungen als eingetragene Vereine beispielsweise in Schleswig-Holstein gebildet haben, die sich ihr Recht auf ein menschenwürdiges Dasein durch Selbsthilfe erzwingen wollen.
    Herr Bundesminister, anläßlich der Tagung des Bundes vertriebener Deutscher haben Ihnen mehr als 700 Kreisvorsitzende und Geschäftsführer Ihrer eigenen Organisation, der Sie seit Jahren angehören, am Sonntag, dem 18. November dieses Jahres, zur Umsiedlungsfrage ein glattes Mißtrauenvotum vor Ihrer Rede, während Ihrer Rede und nach Ihrer Rede zum Ausdruck gebracht.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Eine andere Antwort, als sie Ihnen am letzten Sonntag dort vor aller Öffentlichkeit, ich möchte fast sagen: Weltöffentlichkeit erteilt worden ist, vermögen auch wir Ihnen nicht mehr zu geben. Man kann schon sagen: Die Umsiedlung ist tot, aber die Bundesregierung lebt.

    (Beifall bei der SPD.)