Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine Damen und Herren! Unser Antrag, die eisenschaffende Industrie aus § 1, nicht aber aus §§ 36 und 36 a, zu streichen, hat als Grund im wesentlichen ein Zeitmoment. Wir sind der Ansicht, daß, wenn das Aufkommen der Investitionshilfe eine Milliarde DM beträgt, diese Milliarde dort konzentriert werden muß, wo die größten Engpässe stecken. Die größten Engpässe stecken aber in der Kohle — wie der dauernde Import amerikanischer Kohle beweist —, die größten Engpässe stecken in der Energiewirtschaft. Die Konzentration der Mittel auf diese beiden Sparten ist zur Zeit vordringlich. Hier läßt sich dann etwas Vollwertiges erreichen, während auf der anderen Seite die eisenschaffende Industrie selbst in der Lage ist, für sich etwas Erhebliches — im laufenden Jahr zumindest noch — zu tun. Die Möglichkeit, beispielsweise Thyssen, Krupp, WatenstedtSalzgitter zu finanzieren, hängt davon ab, daß es uns gelingt, gerade für diese Werke das Produktionspermit zu bekommen. Auf das Produktionspermit für diese Werke können wir aber nicht erst warten.
Wenn der Abgeordnete Preusker eben darauf hingewiesen hat,
— ja, es sind doch nur ein paar Sätze! —, daß ich über die Gefahr einer Entwertung der D-Mark im Verhältnis zum Ausland gesprochen, also den Kurswert bezweifelt hätte, so stelle ich dazu fest, daß ich darüber gar nicht gesprochen habe. Ebenso habe ich gar nicht darüber gesprochen, daß es sich etwa bei der Notwendigkeit, der eisenschaffenden Industrie zu helfen, darum handle, daß die Kapazität an sich zu groß sei; ich habe nur darüber gesprochen, daß die derzeitige Kohlesituation eine entsprechende Ausnutzung der Kapazität der eisenschaffenden Industrie nicht gestatte, die wesentlich größer sei, als unsere Kohlesituation sie auszunutzen gestatte.
Wenn wir deshalb die eisenschaffende Industrie aus diesem Antrag herausstreichen, so tun wir der eisenschaffenden Industrie nicht weh. Im übrigen ist es auch so, daß die Investitionen in einem privatwirtschaftlich organisierten Marktsystem Aufgabe der Privatwirtschaft sind. Erst wenn die Privatwirtschaft nicht in der Lage wäre, sich zu helfen, und die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten erkennen ließen, daß die privatwirtschaftliche Hilfe nicht ausreicht, könnte eine öffentliche Hilfe gerechtfertigt sein. Die eisenschaffende. Industrie wäre aber in der Lage, sich selbst zu helfen, weil der große Teil der eisenverarbeitenden Industrie im Besitz der eisenschaffenden Industrie ist. Die eisenschaffende Industrie wäre in der Lage, sich durch Abstoßung ihres rentablen Besitzes an der eisenverarbeitenden Industrie erhebliche Mittel zu verschaffen, ein Verfahren, das man der aufbringungspflichtigen Wirtschaft zumutet. Im Investitionshilfegesetz steht ausdrücklich drin, die Mittel der Investitionshilfe müssen notfalls durch Veräußerung beschafft werden. Dieses Verfahren, das man den aufbringungspflichtigen Betrieben zumutet, mutet man der eisenschaffenden Industrie nicht zu. Nach dem augenblicklichen Stand der Neuordnung der eisenschaffenden Industrie gehört zur eisenschaffenden Industrie eine große Reihe von verarbeitenden Werken, angefangen bei Brückenbaufirmen, Kettenfabriken, Stahlbaufirmen, Drahtindustriefirmen usw.
— Ich will Ihnen die Firmen, die zu der Neuordnung der eisenschaffenden Industrie gehören, gern mitteilen.
Ich möchte noch auf einen entscheidenden Gesichtspunkt hinweisen. Wenn Sie, wie der Herr Kollege Juncker soeben schon gesagt hat, einmal die Übererlöse, die die eisenschaffende Industrie zur Zeit erzielt, kennenlernen wollen, dann müssen Sie zu einem bestimmten Ober in einem bestimmten Hotel in Düsseldorf gehen. Ich habe hier einen Brief bekommen. Fragen Sie diesen Ober, ob er Bleche besorgen kann, dann wird er Ihnen einen Herrn oder eine Dame zuführen, mit der Sie alles Weitere abmachen können. Sie müssen jedoch noch während der Bürozeit mit dem Ober sprechen. Der Aufpreis beträgt etwa 250 bis 300 DM je Tonne, Lieferzeit kurzfristig, etwa drei bis vier Wochen. Weitere Angaben könnte ich noch machen.
Unter diesen Umständen ist es tatsächlich zur Zeit nicht richtig, der eisenschaffenden Industrie derartige Mittel zuzuführen.