Rede von
Dr.
Hermann
Etzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei einer unvoreingenommenen Prüfung und Abwägung der beiderseitigen Interessen der unterbringungsberechtigten Personen und der unterbringungspflichtigen Dienstherren wird man zu folgender Stellungnahme gelangen.
Es erschien, wenn schon eine Frist unter Androhung einer Buße in das Gesetz aufgenommen werden sollte, angebracht, sie, um einen wirksamen Druck zur Beschleunigung der ganzen Unterbringungsaktion auszuüben, nicht zu weit zu erstrecken, sie andererseits in Berücksichtigung der personalpolitischen und finanziellen Möglichkeiten der Dienstherren aber auch nicht zu kurz zu be-
messen. Da das Gesetz erst am 10. April dieses Jahres vom Bundestag in der dritten Beratung beschlossen wurde und noch die Gesetzgebungsphase des Art. 77 des Grundgesetzes sowie die Zeit für die Gegenzeichnung des Kanzlers und des Fachministers, ferner für die Ausfertigung und Verkündung durch den Bundespräsidenten nach Art. 82 des Grundgesetzes in Betracht zu ziehen waren, konnte es von vornherein zweifelhaft sein, ob die Dreimonatsfrist für das auf den 1. April bezogene Gesetz ausreichend gesetzt war. Tatsächlich hat der Bundesrat das Gesetz erst am 27. April verabschieden können; die Ausfertigung erfolgte am 11. Mai.
So kam es, daß, wie der Herr Innenminister des Bundesstaates Nordrhein-Westfalen bereits ausgeführt hat, am Tage der Verkündung des Gesetzes, also am 13. Mai, bereits die Hälfte der Dreimonatsfrist verstrichen war. Wahrscheinlich hätten die an die Beschlußfassung des Bundestages sich anschließenden Stadien der Gesetzgebung etwas rascher durchschritten werden können, und es zeigt sich auch in diesem Falle, daß die in der Plenarsitzung am 14. November behandelte Interpellation über die Verkündung der beschlossenen Gesetze nicht ganz unbegründet war. Aber sehr viel Zeit wäre gleichwohl kaum einzusparen gewesen.
Der etwaige Einwand, daß die öffentlichen Dienstherren, insbesondere auch die Gemeinden, schon durch das vorgeschaltete Gesetz über Sofortmaßnahmen vom 14. März dieses Jahres auf die kommende Regelung hingewiesen und vorbereitet worden seien und damit Zeit gehabt hätten, sich darauf einzurichten, schlägt kaum durch, da die beiden Gesetze nicht übereinstimmen und überdies das vorgeschaltete Gesetz auch erst am 19. März verkündet worden ist.
Dem Hinweis, daß die fristgemäße Erfüllung der Unterbringungspflicht u. a. auch dadurch erschwert war, daß bis zum 30. Juni dieses Jahres keine allgemeinen Durchführungsbestimmungen erlassen waren, kann wohl eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden. In der Tat sind bis heute keine allgemeinen Ausführungsvorschriften zu dem Gesetz erlassen worden. Erst am 12. November dieses Jahres ist eine erste Verordnung zur Durchführung des § 19 Abs. 3 und des § 31 Abs. 2 des Gesetzes vom 11. Mai dieses Jahres ergangen, die sich also ausschließlich auf die Frage der Berücksichtigung von Beförderungen beschränkt, und eine zweite Verordnung, ebenfalls vom 12. November, zur Durchführung des § 32 Abs. 2 des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes, die sich mithin nur auf die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge der volksdeutschen Vertriebenen bezieht.
Der Einwand der Bundesregierung, die Verlängerung der Frist würde bei den verpflichteten Dienstherren den Willen zur Unterbringung schwächen, ist eine kaum begründete Annahme; ich will nicht so weit gehen, zu sagen: Unterstellung. Ebensowenig erscheint ihre Befürchtung berechtigt, die öffentlichen Dienstherren würden dann über den Bundesrat versuchen, die Frist überhaupt zu Fall zu bringen. Eine solche etwaige Spekulation unterbringungsunwilliger Dienstherren hätte, wenn sie überhaupt bestehen sollte, sicher keine Aussicht auf Erfolg.
Natürlich ist es immer mißlich, ein erst vor kurzem verkündetes Gesetz alsbald wieder zu ändern; aber die Schuld liegt j a in diesem Falle nicht bei den unterbringungspflichtigen Dienstherren. Zudem ist die Änderung nicht umfänglich.
Die Bundesregierung hat bis zur jüngsten Gegenwart nicht gezögert, Gesetzesvorschläge zur Änderung kaum in Kraft getretener Gesetze einzubringen, und sie wird es, nehme ich an, auch in der Zukunft nicht tun.
Die Fraktion der Bayernpartei ist der Meinung, daß der Antrag des 25. Ausschusses abgelehnt und damit der Weg für die zweite und dritte Beratung des Entwurfs Drucksache Nr. 2471 freigemacht werden sollte. Dann bestünde die Möglichkeit, durch einen Änderungsantrag zu Art. I auf die Ersetzung der Worte „eines Jahres" durch die Worte „von neun Monaten" hinzuwirken. Die Bayernpartei wird daher gegen den Antrag des Ausschusses im Mündlichen Bericht stimmen und gegebenenfalls den erwähnten Änderungsantrag einbringen.