Rede von
Dr.
Ludwig
Schneider
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann als Vertreter des Herrn Ministers für das Post- und Fernmeldewesen natürlich nur zu den die Post betreffenden Anträgen Stellung nehmen.
Zunächst zu dem Antrag Drucksache Nr. 2705. Die Bundesregierung begrüßt den Antrag und bittet, ihn anzunehmen. Auf den Änderungsantrag der SPD werde ich nachher noch zurückkommen. Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat persönlich jede sich bietende Gelegenheit dazu benutzt, vor deutschen und ausländischen Zuhörern für den Gedanken einer europäischen Postunion zu werben. Auch die deutsch-französische Parlamentarierkonferenz in Rheinfelden bei Basel, die am 19. und 20. Juni 1950 stattgefunden hat, und ebenso die deutsche Delegation des Europarats in Straßburg haben vorgeschlagen, im europäischen Briefpostverkehr Inlandsgebühren einzuführen.
Die amtliche Tätigkeit des Bundespostministeriums hat sich bisher auf eine Fühlungnahme mit unserem wichtigsten Nachbarland, nämlich Frankreich, beschränkt. Leider haben die in dieser Richtung getanen Schritte bisher noch zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt. Der stellvertretende Hohe Kommissar der Französischen Republik für Deutschland hat vielmehr in einem Schreiben vom 14. April 1951 mitgeteilt, daß eine derartige Maßnahme im Hinblick auf die ungünstige finanzielle Lage der französischen Postverwaltung zur Zeit noch auf erhebliche Schwierigkeiten stoße und noch weitere Erörterungen zwischen den französischen Regierungsstellen erforderlich seien.
Die Einführung der Inlandsgebühren im europäischen Verkehr — das muß man ohne weiteres
zugeben — hat natürlich für die einzelnen europäischen Staaten zunächst — ich sage: zunächst — beträchtliche Minderungen an Einnahmen zur Folge. Für die Deutsche Bundespost würden sie sich allein im Verkehr mit Frankreich jährlich auf schätzungsweise 260 000 DM — das sind 35 bis 40 % der bisherigen Auslandsgebühren, die wir im Verkehr mit Frankreich vereinnahmen — belaufen. Nun gebe ich ohne weiteres zu, daß das kein ins Gewicht fallender Betrag ist. Die Dinge bekommen aber schon ein anderes Gesicht, wenn man den gesamten Europaverkehr berücksichtigt. Der Einnahmenausfall für die deutsche Post würde dann etwa 13 Millionen, für Österreich 6 Millionen, für Belgien 8 Millionen und für Frankreich sogar etwa 22 Millionen, in D-Mark umgerechnet, betragen. So versteht man die eben erwähnten Bedenken der französischen Regierungsstellen gegen die beabsichtigten Maßnahmen.
Bei der technischen Durchführung ist noch zu berücksichtigen, daß die Gewichtsstufen und die Gebührentarife in den einzelnen Ländern im innerstaatlichen Verkehr nach ganz verschiedenen Grundsätzen aufgebaut sind. Es wäre deshalb zunächst einmal nötig, in diesen Punkten eine Einheitlichkeit herzustellen, was aber meines Erachtens nicht auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen dürfte.
Zur Erreichung des erstrebten Zieles bedarf es übrigens nicht des Abschlusses von Staatsverträgen, also von förmlichen Verträgen zwischen den beteiligten Staaten, sondern Abkommen zwischen den Postverwaltungen der beteiligten Länder würden genügen, vorausgesetzt natürlich, daß die nach innerstaatlichem Recht zuständigen Organe der Herabsetzung des Auslandsportos auf die Inlandsätze zustimmen würden.
Trotz des zunächst für die Deutsche Bundespost zu erwartenden Gebührenausfalls im Briefverkehr mit den europäischen Ländern wird sich die Bundespost — das zu erklären bin ich ausdrücklich beauftragt — mit Nachdruck für die Verwirklichung des mit dem vorliegenden Antrag Drucksache Nr. 2705 verfolgten Ziels einsetzen. Zwei Gründe sind dafür maßgebend: Erstens: Der Gebührenausfall wird nach unserer Auffassung bei dem zu erwartenden gesteigerten Verkehr voraussichtlich allmählich ausgeglichen werden. Zweitens ist diese Maßnahme wie kaum eine andere dazu angetan, die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Beziehungen zwischen den europäischen Ländern zu fördern, zu festigen, und — last not least — auch dem Mann im Volke vor Augen zu führen, daß ganz Europa eine Einheit bildet. Auf einem — gewiß nicht allein ausschlaggebenden — Gebiet würde die Einführung des Inlandsportos ein wesentliches Glied in der Verwirklichung einer natürlich nur schrittweise durchführbaren Gesamteuropapolitik bedeuten, zu der auch die europäische Postunion gehört.
Nun komme ich zu dem Abänderungsantrag der SPD. Dieser Antrag — Umdruck Nr. 361 — ist erst während dieser Sitzung verteilt worden. Ich kann dazu im einzelnen natürlich namens der Bundesregierung keine abschließende Erklärung abgeben. Die Grundgedanken dieses Antrags decken sich ganz mit den Absichten unseres Herrn Ministers und werden — wie ich schon erklärt habe — von der Bundesregierung begrüßt. Sie decken sich durchaus mit ihren Absichten. Einzelheiten — ich kann im Augenblick natürlich nicht beurteilen, was der in dem Antrag angeführte italienischfranzösische Postvertrag im einzelnen enthält — wären wohl am besten im Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen zu behandeln.