Rede von
Dr.
Carlo
Schmid
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Es hat noch e i n Mitglied des Hauses das Recht, f ü r den Antrag zu sprechen. Besteht das Bedürfnis? — Das ist offenbar nicht der Fall.
— Herr Abgeordneter Strauß, nachdem der Antrag gestellt ist, dürfen noch zwei Abgeordnete sprechen, einer dafür und einer dagegen. In Anbetracht des Umstandes, daß ich gestern so freundlich auf die Handhabung der Geschäftsordnung aufmerksam gemacht worden bin, wollte ich mich bemühen, heute nicht wieder einen Fehler zu begehen.
Ich lasse abstimmen. Es ist der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung gestellt. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen die Stimmen der kommunistischen Fraktion angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 12 a und b der Tagesordnung:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei betreffend Inlandsporto im Brief- und Postkartenverkehr zwischen europäischen Staaten .
b) Beratung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei betreffend Europäisches Abkommen über gebührenfreie Benutzung der staatlichen Verkehrsmittel .
Wer begründet den Antrag? — Das Wort hat der Abgeordnete Etzel.
Dr. Etzel (BP), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden Anträge Drucksachen Nrn. 2705 und 2706 bedürfen eigentlich keiner Begründung, sie sprechen für sich selbst. In einer Zeit, die von der Losung der — erlauben Sie mir den wenig ansprechenden Ausdruck — europäischen Integration widerhallt, erscheinen Schritte berechtigt, die geeignet sind, einer europäischen Solidarität, wenn nicht als Realität, so doch als Idee Ausdruck zu geben, auf jeden Fall ihr den Weg bereiten zu helfen. Gewiß ist Deutschland, sind die vorerst beiden Deutschländer noch nicht Mitglieder des Weltpostvereins, sowenig wie der Vereinten Nationen selbst, denen der Weltpostverein als Sonderorganisation angegliedert ist. Wir glauben aber, daß es einem Lande, dessen berühmter Sohn und Generalpostmeister Heinrich von Stephan der geistige Vater des Weltpostvereins war, wohl ansteht, mit einer Initiative hervorzutreten, die einer universellen Fortentwicklung des Weltpostvereinsgedankens wenigstens innerhalb Europas und dem Hochziel einer Annäherung und Verständigung der europäischen Völker dienen soll.
Bei dem Vorschlag eines europäischen Abkommens über die gebührenfreie Benützung der staatlichen Verkehrsmittel leitete uns der Gedanke, daß die Konferenzen und sonstigen Zusammenkünfte der Politiker und Parlamentarier der verschiedenen Länder durch gegenseitige Besuche und Studienreisen ergänzt werden sollten. Sie anzuregen und zu erleichtern, ist der Zweck unseres Antrags. Es dürfte nicht zu bestreiten sein, daß die zunftmäßigen internationalen Kongresse und Aussprachen der Parlamentarier und ihre sonst so verdienstvollen Arbeiten trotz der Hilfe der Presse meist nicht die erhofften, in die Tiefe und die Breite gehenden politischen und psychologischen Wirkungen bei den Völkern selbst haben. Die erleichterte Möglichkeit, sich in den Ländern umzusehen, sie und ihre Bevölkerungen aus eigener Anschauung im persönlichen Verkehr und Gespräch mit Menschen aller Schichten in eindringlicher Unmittelbarkeit, sozusagen aus erster Hand kennenzulernen, wird wesentlich dazu beitragen, Zweifel und Besorgnisse zu zerstreuen und Vorurteile, Voreingenommenheiten, Mißverständnisse und Mißtrauen zu beseitigen.
Wenn schon unsere Anträge praktisch gemeint sind, so dürfen wir doch auch ihren symbolischen Gehalt und Zweck betonen. Wir würden es für besonders wirkungsvoll halten, wenn das Hohe Haus sich entschließen wollte, sie in unmittelbarer Abstimmung zu billigen und zu beschließen.