Rede von
Dr.
Max
Becker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Nachdem der Herr Minister dargelegt hat, worin die Verzögerung in einzelnen Fällen gelegen hat, und nachdem er mit Recht und zur Befriedigung des Hauses zugesagt hat, daß, wenn irgendwann einmal, gleich, aus welchem Grunde, weitere Verzögerungen entstehen, die beiden Häuser sofort benachrichtigt werden, wird es in diesem Zusammenhang nur darauf ankommen, einige grundsätzliche Bemerkungen zu der vom Herrn Interpellanten an sich mit Recht angeschnittenen verfassungsrechtlichen Frage zu machen.
Die grundsätzliche Frage ist die: soll man in die Verfassung eine Bestimmung hineinbringen, wo-
Dr. Becker [Hersfeld])
nach die Verkündung von Gesetzen innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen soll? Wir haben die Frage hin und her erörtert. Wir waren der Meinung, man könne es, da andere Verfassungen eine gleiche Bestimmung enthalten, auch bei uns für nötig ansehen, eine solche Bestimmung zu schaffen. Dann haben wir aber die Dinge nochmals besprochen und sind dabei davon abgekommen, einen solchen Antrag zu stellen, und zwar aus Gründen, mit denen wir uns, glaube ich, mit dem Interpellanten und auch mit den Ausführungen des Herrn Ministers in Übereinstimmung befinden. Wir sind der Auffassung, daß die Regierung grundsätzlich verpflichtet ist, unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Verzögern, die jeweils rette beschlossenen Gesetze dem Herrn Bundespräsidenten zur Veröffentlichung vorzulegen. Die Einführung einer Frist würde gegebenenfalls nur die Möglichkeit einer weiteren Verzögerung begründen können, nämlich in den Fällen, in denen unter Umständen nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes eine sehr schnelle Publizierung gewünscht bzw. als notwendig erachtet wird.
Wir sind ferner der Überzeugung — und das möchte ich besonders betonen —, daß die Regierung, ehe sie die Gesetze dem Herrn Bundespräsidenten vorlegt, auch ihrerseits zu prüfen hat, nicht nur, ob diese Gesetze formell richtig zustande gekommen sind, sondern auch, ob ihr Inhalt nicht gegen die Verfassung verstößt.
Das ergibt sich allein schon aus der Eidesleistung der Minister und aus dem Inhalt des Eides.
— Bitte, sie haben die Möglichkeit, ihre Bedenken vorher zu äußern. Werden diese Bedenken vom Bundestag überstimmt, so ist damit noch längst nicht gesagt, daß die Mehrheit die Bedenken durch ihren Beschluß aus der Welt geschafft hat. Die gleichen Grundsätze gelten für die Prüfung durch den Herrn Bundespräsidenten. Ich lege Wert darauf, diese unsere grundsätzliche Meinung hiermit in aller Form festgestellt zu sehen.