Rede von
Dr.
Ludwig
Schneider
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der Meinung, daß wir über den Antrag der kommunistischen Fraktion auf Drucksache Nr. 2554 schon viel zu lange diskutiert haben.
Denn dieser Antrag enthält j a kein echtes Anliegen im Sinne seiner Formulierung. Er ist aus ganz anderen Motiven gestellt worden. Ich will auf das Strafrechtsänderungsgesetz heute nicht mehr eingehen. Herr Kollege Fisch, Sie und ich, wir haben uns ja in der Nachtsitzung hier eingehend auseinandergesetzt, und meine Meinung über Ihre Auffassung habe ich Ihnen damals zum Ausdruck gebracht. Dem habe ich gar nichts hinzuzufügen. Wenn Sie nun heute wieder damit kommen, daß hier angeblich ein Grundsatz verletzt ist, nämlich der der Gleichheit, so wundere ich mich. Ich kann nur das wiederholen, was ich damals gesagt habe, daß nämlich ausgerechnet Sie glauben, sich jetzt darum kümmern zu müssen, daß in der westdeutschen Bundesrepublik der Grundsatz der Gleichheit verletzt sei. Ich glaube, es wäre Ihre erste Aufgabe, sich einmal darum zu kümmern, wie im Osten die Gleichheit täglich mit Füßen getreten wird.
Ich möchte mich jetzt ausdrücklich nur mit dem Antrag auf Drucksache Nr. 2554 befassen. Sie sagen: die Gleichheit ist durch dieses amerikanische Gesetz Nr. 62 verletzt. — Jawohl, der Auffassung sind wir auch. Aber der Weg, den Sie vorschlagen, scheint mir absolut falsch zu sein. Er ist von Ihnen auch gar nicht ehrlich gemeint. Sie nehmen dieses Gesetz Nr. 62 nur zum Anlaß, um ein Ihnen absolut unangenehmes Gesetz in seiner Totalität zu beseitigen. Das wäre ein großer Erfolg für Sie, und das würde Ihnen so passen, denn in diesem Gesetz sind j a Bestimmungen, gegen die Sie früher oder später höchstwahrscheinlich verstoßen werden und bei denen Sie eben Angst haben, daß sie gegen Sie angewandt werden müßten.
Ich bin deshalb der Meinung, daß dieser Weg absolut falsch ist und daß wir einen andern Weg gehen müssen, damit die Gleichheit, die hier tatsächlich verletzt ist, wiederhergestellt wird, nämlich auf dem Wege, wie es mit dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Umdruck Nr. 344 versucht wird: Die Bundesregierung wird ersucht, bei den Oberkommissaren energisch vorstellig zu werden, daß dieses Gesetz Nr. 62 verschwindet.
Zu diesem Gesetz Nr. 62 möchte ich nur ein Wort sagen. Die Alliierten waren meines Erachtens
sehr schlecht beraten, als sie dieses Gesetz erließen und in diesem Augenblick die psychologischen Grundlagen für die Änderung des Gesamtverhältnisses zwischen uns und ihnen belasteten.
Sie hätten zweifellos etwas anderes tun müssen, wenn sie die Politik, die sie doch angeblich verfolgen, nämlich eine grundsätzliche Änderung unseres Verhältnisses zu ihnen, die Beseitigung des Besatzungsstatuts, hätten fördern wollen. Das wäre der richtige Weg gewesen.
Weil dem so ist, wird meine Fraktion dem Antrag auf Umdruck Nr. 344 zustimmen.