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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 171. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1951 7041 171. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen 7042D, 7043B, '7049D, 7092D Änderung der Tagesordnung 7042D Glückwunsch zum 60. Geburtstag des Abg. Lohmüller 7043A Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Nrn. 2703, 2742 der Drucksachen) 7043B, 7089A Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 7089A Ausschußüberweisung 7043B Beschlußfassung 7089B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Nr. 2675 der Drucksachen) 7043B Leonhard (CDU) 7043C Müller (Frankfurt) (KPD) 7044A Tenhagen (SPD) 7045A Ausschußüberweisung 7045C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr (Nr. 2674 der Drucksachen) 7045C, 7050A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 7045C Günther (CDU) 7050A Dr. Reismann (Z) 7051A Baur (Augsburg) (SPD) 7052C Dr. Hoffmann (Schönau) (FDP) . . 7054B Stücklen (CSU) 7055A Dr.-Ing. Decker (BP) 7055B Ausschußüberweisung . . . . . .. . . 7055D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn (Nrn. 2672, 2159 der Drucksachen) 7055D Rümmele (CDU), Berichterstatter . 7056A Beschlußfassung 7056B Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2500 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XXIII — Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung (Nr. 2617 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 316, 317) in Verbindung mit dem Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) (Nr. 2600 der Drucksachen; Umdruck Nr. 315) . . . 7056B Wacker (CDU), Berichterstatter . . . 7056B Schoettle (SPD), Berichterstatter . 7058A Müller (Frankfurt) (KPD) 7058C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7058C Bausch (CDU) 7059B Abstimmungen 7058D, 7059C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung eines bundeseigenen Motorschiffes im Werte von über 250 000 DM (Nr. 2684 der Drucksachen) 7059D Beschlußfassung 7059D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Müller (Frankfurt) gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 15. August 1951 (Nr. 2669 der Drucksachen) 7059D Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 7060A Frau Thiele (KPD) 7060C Ritzel (SPD) 7061A Beschlußfassung 7061A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen die Abg. Frau Strohbach gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 27. August 1951 (Nr. 2670 der Drucksachen) 7061A Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 7061A Frau Thiele (KPD) 7061C Beschlußfassung 7062A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Außerkraftsetzung des Strafrechtsänderungsgesetzes (Nr. 2554 der Drucksachen); Antrag Umdruck Nr. 344) . 7062A Fisch (KPD), Antragsteller: zur Sache 7062A, 7067B zur Geschäftsordnung 7069A Dr. Greve (SPD): zur Sache 7063C, 7068C zur Geschäftsordnung 7069B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 7064B Dr. Weber (Koblenz) (CDU) . . . . 7066A Dr. Schneider (FDP) 7068A Beschlußfassung 7068D Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Bundespostgesetz (Nr. 2664 der Drucksachen) '7069B Rademacher (FDP), Antragsteller . 7069B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen 7070A, 7071C Cramer (SPD) 7070B Walter (DP) 7071C Kohl (Heilbronn) (FDP) 7071D Beschlußfassung 7072A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einfuhrprogramm zur Deckung lebenswichtigen Bedarfs an Grundnahrungsmitteln (Nr. 2686 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Verordnung über Zolländerungen (Nr. 2687 der Drucksachen) 7072A Kriedemann (SPD), Antragsteller 7072B, 7080A Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 7074A, 7081B Fassbender (FDP) 7074C Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) 7076C, 7081D Niebergall (KPD) 7077C Lampl (BP) 7078B Bauknecht (CDU) 7078D Tobaben (DP) 7079D Ausschußüberweisung 7081D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich (12. Ausschuß) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Stundung von Soforthilfeabgabe und über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe (Soforthilfeanpassungsgesetz — SHAnpG) (Nrn. 2708/neu/, 2743 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 345, 346) 7043A, C, 7050A, 7081D Schütz (CSU), Berichterstatter . . . 7082A Dr. Kather (CDU) 7083B Ohlig (SPD) 7084A Dr. Reismann (Z) 7084C, 7087B Dr. Preiß (FDP) 7085B Dr. Horlacher (CSU) 7086A Kunze (CDU) 7087C, 7088D Frommhold (Fraktionslos) 7087D Müller (Frankfurt) (KPD) 7088B Beschlußfassung 7088A, 7089A Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nrn. 2500, 2600 bis 2619 der Drucksachen), Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Nr. 2734 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 340, 324) in Verbindung mit dem Mündlichen Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (Nr. 2725 der Drucksachen; Umdruck Nr. 342) 7059A, 7089C Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 7090B Bausch (CDU) (zur Abstimmung) . . 7090D Pfender (CDU), Berichterstatter . . 7091B Abstimmungen 7089D, 7090D, 7091D Beratung der Übersicht Nr. 40 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 339) 7092D Beschlußfassung 7092D Nächste Sitzung 7092D Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hans-Christoph Seebohm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir brauchen uns über die Situation, die sich in den letzten Jahren durch die Zunahme der Straßenverkehrsunfälle infolge der Motorisierung ergeben hat, nicht im einzelnen zu unterhalten. Die Zahlen der Statistik über diese Zustände sind Ihnen ja weitgehend aus den Presseveröffentlichungen bekannt. Drei Zahlen sind es, die unsere besondere Aufmerksamkeit erregen: daß wir alle drei Minuten in Deutschland einen Verkehrsunfall haben, daß alle fünf Minuten in Deutschland ein Mensch bei einem Verkehrsunfall verletzt wird und daß am Tage etwa 21 Menschen bei Verkehrsunfällen getötet werden! Es ist dabei auf die Erfahrung aus früheren Zeiten hinzuweisen, daß die Zunahme der Verkehrsunfälle in keinem Verhältnis etwa zu der Zunahme der Unfälle in den gewerblichen Betrieben steht, die durch fortschreitende Mechanisierung hervorgerufen wird. Dabei gilt unsere Sorge nicht nur den Menschen, die im Verkehr gefährdet sind, sondern natürlich auch dem materiellen Schaden, der dabei entsteht und der auf mehrere hundert Millionen D-Mark jährlich geschätzt werden kann.
    Dieses beängstigende Ansteigen der Unfallkurve in den letzten Jahren hat drei Ursachen: einmal liegt sie in dem Zustand unserer Straßen, dann in den technischen Mängeln der Fahrzeuge, insbesondere der überalterten Fahrzeuge, und drittens und sehr wesentlich in der Disziplinlosigkeit der deutschen Verkehrsteilnehmer. Das Absinken der staatlichen Autorität in der Kriegs- und Nachkriegszeit hat im Zusammenhang mit der Überalterung der Fahrzeuge und mit der unzureichenden Überwachung des Straßenverkehrs durch die Polizeiverwaltungen, aber auch im Zusammenhang mit der sehr milden Handhabung der geltenden Vorschriften durch Polizei und Gerichte dazu geführt, daß der Disziplinlosigkeit, die durch die Kriegs-und Nachkriegsverhältnisse eingerissen war, nicht entsprechend entgegengetreten werden konnte. Wir müssen vom Bundesverkehrsministerium aus nachdrücklich darauf hinweisen, daß die Durchführung der Gesetze auf dem Gebiete des Straßenverkehrs und damit die polizeiliche Kontrolle auf der Straße Sache der Länder, und zwar der Innenminister der Länder, ist. Der Bund hat nach dem Grundgesetz auf dem Gebiete des Straßenverkehrs Zuständigkeiten lediglich im Bereiche der Gesetzgebung.
    Hier versucht nun der Ihnen vorgelegte Entwurf besonders in den letzten Jahren klar erkennbar gewordene Gefahrenquellen, die sich bei der Aufarbeitung der Unfalluntersuchungen herausgestellt haben, zu beseitigen. Da ist insbesondere das Fahren mit mehr als zweiteiligen Lastzügen. Da ist die Gefahr, die sich aus dem ständigen Überladen der Lastkraftwagen ergibt, und da ist die dringende,


    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm)

    bisher nicht genügend beachtete Notwendigkeit, die Fahrzeuge periodisch auf ihre Verkehrstauglichkeit zu untersuchen.
    Wir haben gesetzliche Möglichkeiten, einzugreifen: durch eine Änderung des Kraftfahrzeuggesetzes, durch eine Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung und durch eine Umarbeitung der Straßenverkehrsordnung. Aber im Zusammenhang damit müssen auch entsprechende Bestimmungen des Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung geändert werden. Es hat sich deswegen als nötig erwiesen, zu versuchen, diese Materie nicht in verschiedenen Gesetzen zu regeln, sondern sie in Zusammenarbeit der Bundesministerien des Innern, der Justiz und des Verkehrs in einem Entwurf zusammengefaßt zu behandeln, um damit ein gleichzeitiges Inkrafttreten der Bestimmungen durchzusetzen und ferner auch zu erreichen, daß derjenige, der sich mit dieser Materie beruflich oder als Straßenverkehrsteilnehmer zu beschäftigen hat, die entsprechenden Vorschriften in eine m Gesetz findet.
    Das Entscheidende vom Standpunkt des Verkehrsministeriums sind die Änderungen des Kraftfahrzeuggesetzes und der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung. Soweit Änderungen der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung nicht durch Gesetz erforderlich sind, erfolgen sie durch eine Änderungsverordnung zu dieser Straßenverkehrs-Zulassungsordnung, die bereits dem Bundesrat vorliegt und voraussichtlich noch in dieser Woche verabschiedet werden wird, nachdem sein Verkehrsausschuß diesen Änderungsvorschlägen der Bundesregierung zugestimmt hat.
    Wenn Sie das Gesetz in den Ausschüssen beurteilen, dann berücksichtigen Sie dabei bitte, welche Maßnahmen durch die Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung getroffen werden. Man kann beides nur im Zusammenhang beurteilen und als ein Ganzes ansehen.
    Aus dem Gesetzentwurf sind eine Reihe von Besonderheiten zu erwähnen. Ich führe sie ohne Bezugnahme auf die Artikel des Gesetzes an, weil dieses Gesetz selbst ein Konglomerat aus den verschiedensten Bestimmungen darstellt und sich nicht von einem Gesamtgesichtspunkt aus betrachten läßt. Deswegen wird auch in der ersten Lesung die Behandlung für das Hohe Haus nicht einfach sein; die entscheidende Bearbeitung wird hier vielmehr erst dann erfolgen können, wenn nach Beratung in den Ausschüssen zu den einzelnen Abschnitten und Paragraphen des Gesetzes Stellung genommen wird.
    Ich möchte also auf einige Punkte besonders hinweisen: Bisher konnten die Verwaltungsbehörden bei Ungeeignetheit des Führerscheininhabers die Fahrerlaubnis entziehen. Sie konnten es. Nach dem neuen Gesetz müssen sie es.
    Infolge des politischen Druckes ist im Jahre 1937 die Zuständigkeit für Rechtsverordnungen auf dem Gebiete des Straßenverkehrs geteilt worden; nur das Reichsministerium des Innern konnte seitdem jene Vorschriften erlassen, die das Verhalten im Verkehr betreffen. Der Reichsverkehrsminister war ausgeschaltet. Er war nur noch für die Straßenverkehrs-Zulassung zuständig. Das hat zu ganz unsinnigen Folgerungen geführt, die wir am besten darauf erkennen, daß z. B. die Bestimmungen über die Beleuchtung der Fahrräder vorn zum Aufgabengebiet des früheren Reichsverkehrsministers, die Vorschriften über die Beleuchtung der Fahrräder hinten dagegen zum Aufgabenbereich des Reichsinnenministers gehörten.

    (Heiterkeit.)

    Wir haben uns vom Bundesverkehrsministerium aus vom ersten Tage an gegen diese völlig merkwürdigen, sich aus ganz anderen politischen Erwägungen ergebenden Konsequenzen gewehrt und haben nun in eingehenden Verhandlungen mit dem Herrn Bundesminister des Innern durchgesetzt, daß in Zukunft diese sachlich nicht begründete Zuständigkeitsverwirrung beseitigt wird und das Bundesverkehrsministerium auch bei der Straßenverkehrsordnung sachlich allein zuständig ist.
    Wir wollen also durch dieses Gesetz den alten Rechtszustand von vor 1937 wiederherstellen, der uns erst die Möglichkeit gibt, vom Standpunkt des Bundesverkehrsministeriums aus unsere Aufmerksamkeit nun auch der Straßenverkehrsordnung und ihrer Erneuerung zuzuwenden. Ich kann Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, versichern, daß es nach Inkrafttreten des Gesetzes unsere vornehmste Aufgabe sein wird, diese Straßenverkehrsordnung den neuzeitlichen Erfordernissen anzupassen.
    Das Gesetz sieht ferner eine Bestimmung vor, wonach die Inhaber der Fahrerlaubnis der zweiten Klasse, d. h. also jene, die die großen Lastzüge führen, sich wenn sie das Alter von 50 Jahren überschritten haben, einer neuen ärztlichen Untersuchung unterziehen müssen. Erfahrungsgemäß läßt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit in diesem Alter, in dem ich mich ja auch befinde, nach!

    (Heiterkeit.)

    Die Untersuchungspflicht wird durch das Gesetz nicht vorgeschrieben, sondern der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, je nach seinem eigenen Verantwortungsgefühl, das er z. Zt. am besten aus seinem Alter ablesen kann, derartige Vor chriften zu erlassen.
    Aber, meine Damen und Herren, Scherz beiseite: Es i. t wirklich notwendig, daß wir diese Vorschriften erlassen; denn gerade das Führen eines Lastkraftwagens erfordert ein solches Maß von geistiger und körperlicher Bereitschaft, daß man nicht erwarten kann, daß jemand, der seinen Führerschein auf Grund einer ärztlichen Untersuchung etwa im Alter von 20 bis 25 Jahren erworben hat, diese Fähigkeiten unbedingt auch noch im höheren Alter besitzt. Man wird leider insbesondere jene, die zum Beispiel durch Steigerung des Blutdrucks oder durch andere Krankheiten, durch Verminderung der Sehschärfe oder des Gehörs, durch Unfälle usw. schon sehr stark geschädigt sind, aus Gründen der Sicherheit von der Ausübung dieses Berufes ausschalten müssen.
    Ein sehr wesentlicher Punkt des Entwurfs bezieht sich auf die Lastzüge. Das Gesetz verbietet ab sofort das Mitführen eines dritten und weiteren Anhängers.

    (Bravo! rechts.)

    Wir schlagen vor, daß der zweite Anhänger mit dem 1. November 1952 endgültig gekappt wird.

    (Zuruf rechts: Viel zu spät!)

    Wir sind der Meinung, daß mehrteilige Lastzüge gefährlicher sind, insbesondere auf unseren unzulänglichen Straßen. Die zahlreichen Fälle von Kuppelungsrissen sind Beweis dafür, daß der mehrteilige Lastzug eine vermehrte Gefahr in sich birgt. Auch die Einhaltung der Spur des Führwagens ist bei den mehrteiligen Lastzügen nicht


    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm)

    1 gegeben. Wenn wir nicht den Vorschlag gemacht haben, auch den zweiten Anhänger sofort zu verbieten, so nur, um der Industrie und dem Gewerbe Gelegenheit zu geben, sich umzustellen, und um nicht eine erhebliche Anzahl von Beförderungsmöglichkeiten, in denen auch beträchtliches Kapital investiert ist, sofort auszuschließen. Den Termin des 1. November haben wir gewählt, weil wir bedacht haben, daß gerade in den schlechten Zeiten des Herbstes und Winters die Gefahren durch mehrteilige Lastzüge größer sind, und weil wir deswegen schon vom Beginn des nächsten Winters ab diese Gefahren ausschalten möchten.

    (Zuruf rechts: Schon vom nächsten Frühjahr ab!)

    — Darüber können wir uns im Ausschuß noch einmal unterhalten.
    Bei dieser Frage müssen gegenüber der erhöhten Sicherheit auch die berechtigten Interessen des Gewerbes und die Notwendigkeiten, die sich daraus ergeben, abgewogen werden. Es würde natürlich zu Schwierigkeiten führen, wenn sich aus einer zu schnellen Einführung der Neuregelung . etwa Entschädigungsansprüche ergäben, insbesondere dort, wo Konzessionen erteilt sind. Wir müssen also diese Frage im Ausschuß einer eingehenden Prüfung unterziehen. Wir sind der Meinung, daß es der von uns vorgeschlagene Termin ist, den wir bei Abwägung all der verschiedenen Interessen am zweckmäßigsten festsetzen können. Es muß berücksichtigt werden, daß die Automobilindustrie, im besonderen die Lastwagen-Anhänger-Industrie, nun einen Anhänger entwickeln muß, der tatsächlich allen Verkehrserfordernissen des zweiteiligen Zuges entspricht, damit nicht in Zukunft die alten Anhänger weiter als Erstanhänger Verwendung finden, sondern nach Möglichkeit verschrottet werden.
    Weitere Bestimmungen des Gesetzes beziehen sich auf die Ausrüstung der Fahrzeuge, die sich im Verkehr als besonders anfällig für Unfälle erwiesen haben — also der Lastzüge und Omnibusse — mit Fahrtschreibern, und zwar der Lastkraftwagen mit einem Gesamtgewicht von 9 t und darüber, der Zugmaschinen mit einer Motorleistung über 25 PS und der Kraftomnibusse mit mehr als 20 Fahrgastplätzen. Die Fahrtschreiber, die schon im Kriege mit Rücksicht auf. die Materialersparnis eingeführt waren, haben sich sehr gut ausgewirkt. Man kann aus den Fahrtschreibern z. B. auch erkennen, wie lange der einzelne Fahrer am Steuer sitzt und wie er sich in bestimmten Zeiten auf der Fahrt verhalten hat. Sie sind eine ständige Kontrolle des Fahrers und können bei eintretenden Unfällen sehr gut zur Aufklärung der Ursachen des Unfalles dienen. Sie werden natürlich von den Fahrern gerade deshalb nicht gern benutzt. Aber sie sind meiner Auffassung nach gerade deshalb erforderlich, um die Fahrer zu stärkerer Disziplin zu erziehen.
    Endlich wird in dem Gesetz vorgeschrieben, daß nur solche Fahrzeugteile verwendet werden können, die in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sind.
    Das sind die Bestimmungen, die sich auf Kraftfahrzeuggesetz und Straßenverkehrszulassungsordnung erstrecken. Aber auch auf dem Gebiet der Strafrechtspflege schlägt der Entwurf dem Hohen Hause Maßnahmen vor, die gleichfalls dem Ziel einer verschärften Unfallbekämpfung dienen sollen. Da ist zunächst die Einführung der gebührenpflichtigen Verwarnung bei Verkehrsübertretungen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wir haben die gebührenpflichtigen Verwarnungen früher gekannt und mit gutem Erfolg angewandt. Daß sie aufgehoben wurden, war eine Folge der Einstellung der Besatzungsmächte zu den Rechten der Polizei. Wir sind aber der Meinung, daß sich dieses Verfahren deshalb ausgezeichnet bewährt und erzieherisch gewirkt hat, weil die kleinen Verkehrssünder sofort gepackt werden konnten. In einigen unserer Länder ist das Verfahren auch inzwischen mit gutem Erfolg wieder eingeführt worden. Der Entwurf sieht die Einführung einer Verwarnungsgebühr in Höhe von 2 DM allgemein vor und schließt sich damit in der Höhe den allgemeinen Gebührenverordnungen an; wir waren insofern in der Höhe der Gebühr beschränkt. Durch Einzelbestimmungen ist Vorsorge getroffen, daß den rechtsstaatlichen Grundsätzen ausreichend Rechnung getragen wird. Die Erhebung der Gebühr ist nur zulässig, wenn der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit der gebührenpflichtigen Verwarnung einverstanden ist und sich auch zur sofortigen Bezahlung der Gebühr — statt eines Verfahrens vor dem Amtsgericht — bereit findet.
    Neben den Verwaltungsbehörden sollen in Zukunft auch die ordentlichen Gerichte zur Entziehung der Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen befugt sein. Die Gründe dafür sind folgende. Die Beschränkung der Zuständigkeit auf die Verwaltungsbehörden hat sich als ein Hemmnis für eine sachgemäße strafgerichtliche Bekämpfung von Verkehrszuwiderhandlungen erwiesen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis wiegt für den Betroffenen in den meisten Fällen viel schwerer als die Strafe, obwohl sie keine Sühne für die Tat, sondern eine vorbeugende Maßnahme zum Schutze der Allgemeinheit darstellt. Der Richter kann die Strafe für eine Verkehrszuwiderhandlung nach unserer Auffassung nur dann gerecht bemessen, wenn auch die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis in diesen Fällen in seiner Hand liegt. Wir haben es sehr oft erlebt, daß Leuten bei Unfällen die Fahrerlaubnis entzogen wurde, daß sie aber, obwohl sie sich sehr verkehrswidrig verhalten hatten, schon nach wenigen Wochen durch Einspruch bei der unteren Verwaltungsbehörde den Führerschein wieder bekamen. Hinterher kam das Verfahren; sie wurden zu Geldstrafe oder zu Gefängnis verurteilt und wiesen dann in ihren Begnadigungsanträgen darauf hin, daß es doch wohl nicht vertretbar sei, daß sie den Führerschein nach kurzer Zeit wieder bekommen hätten, also fahren dürften, auf der anderen Seite aber eine Gefängnisstrafe absitzen sollten. Diese Diskrepanz soll nun dadurch ausgeglichen werden, daß auch das Gericht in der Lage ist, über die Entziehung der Fahrerlaubnis zu entscheiden.
    Das Gesetz schafft noch weitere Straftatbestände und verschärft die bisher angedrohten Strafen. Insbesondere muß durch die Gerichte gegen alle Verkehrsteilnehmer eingeschritten und schärfer vorgegangen werden, die als Führer eines Fahrzeugs rücksichtslos fahren

    (Zuruf von der FDP: Das ist eine sehr gefährliche Sache!)

    oder die sich geistige Getränke oder andere berauschende Mittel zugeführt haben und dadurch
    in der sicheren Führung des Fahrzeugs behindert


    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm)

    sind, weil in den beiden Fällen durch ein solches Verhalten eine Gefahr für den ganzen Verkehr entsteht. Wir haben bisher den Kraftfahrzeugführer nur dann bestraft, wenn ein Unfall eingetreten ist, nachdem er Alkohol zu sich genommen hatte. In Zukunft möchten wir zur Verschärfung der Disziplin schon einen Verkehrsteilnehmer unter Strafe stellen, der sich Alkohol in entsprechendem Maße zuführt und sich trotzdem verantwortungslos ans Steuer setzt. Das ist ein Straftatbestand, wie er in Schweden und in anderen Ländern mit sehr gutem Erfolg besteht. Ich glaube, wir sollten das auch bei uns einführen; es würde wesentlich zur Besserung der Verkehrsdisziplin beitragen.
    Der Bundesrat hat zu verschiedenen Punkten dieses Gesetzentwurfs Stellung genommen. Ich darf hier gleich noch die Stellungnahme der Bundesregierung zu seinen Abänderungsvorschlägen vortragen. Der Bundesrat wünscht, daß der Bundesminister für Verkehr bei dem Erlaß von Rechtsverordnungen auf dem Gebiete des Straßenverkehrs an das Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern gebunden wird. Wir halten eine solche Bindung, die das Kraftfahrzeuggesetz früher niemals gehabt hat, nicht für erforderlich, ja sogar nicht einmal für erwünscht. Die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium des Innern ist schon ressortmäßig sichergestellt. Die Entscheidung aber muß bei der sachlich zuständigen Behörde und nicht beim Innenministerium liegen. Der Wunsch des Bundesrates ist deshalb ausgesprochen worden, weil in den Ländern die Verkehrsangelegenheiten vielfach im Innenministerium bearbeitet werden. Das spielt aber für die Bundesregierung keine Rolle. Die Länder können ihre Zuständigkeiten in der Ministerialebene verteilen, wie sie wollen. Wir sind der Meinung, daß auf der Bundesebene hierfür ausschließlich der Bundestag und die Bundesregierung zuständig sind.
    Der Bundesrat empfiehlt weiter, es hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis bei dem alten Verfahren zu belassen, bei dem nur die Verwaltungsbehörden zuständig sind. Ich habe schon aus- geführt, daß Strafart und Strafmaß gegen einen Verkehrssünder vielfach davon abhängen werden, ob daneben die Entziehung der Fahrerlaubnis ausgesprochen wird oder nicht. Es ist deshalb eine Forderung der Gerechtigkeit, daß der Richter in einer Verkehrssache nicht nur über die strafrechtlichen Maßnahmen, sondern auch über die Entziehung der Fahrerlaubnis entscheidet. Auch prozeßökonomische Erwägungen fordern zwingend, die in der Regel sehr umfangreichen und eingehenden Ermittlungen des Strafverfahrens für das Entziehungsverfahren nutzbar zu machen. Der erhebliche Aufwand eines besonderen Verfahrens vor den Verwaltungsbehörden ist nach unserer Auffassung angesichts der Notwendigkeit zur Sparsamkeit nicht zu verantworten, wenn der Richter ohnehin zum Zwecke der strafrechtlichen Beurteilung eine umfangreiche Klärung des Sachverhalts vorzunehmen genötigt ist. Bei Entscheidungen der Verwaltungsbehörden spielen ferner Zweckmäßigkeitserwägungen eine viel größere Rolle als bei den Gerichten. Soweit sich auf Grund strafbarer Handlungen die Notwendigkeit einer Entziehung der Fahrerlaubnis ergibt, müssen Rücksichten aus Gründen der Zweckmäßigkeit nach unserer Meinung unter allen Umständen ausscheiden. Außerdem besteht nach den bisherigen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen keine Möglichkeit, die Fahrerlaubnis schon vorläufig zu entziehen. Die Verwaltungsbehörde muß vielmehr abwarten, bis die erforderlichen Ermittlungen angestellt sind. Durch die in dem Entwurf vorgesehene Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte sind dagegen ausreichende Maßnahmen möglich, um einen Verkehrssünder sofort nach Begehung der Tat aus dem Straßenverkehr auszuschließen.
    Bei der Schaffung der neuen Strafvorschriften bestehen zwischen dem Vorschlag der Bundesregierung und dem Änderungsvorschlag des Bundesrates nur Unterschiede in der Formulierung. Wir bitten, diese Unterschiede zu prüfen, sind aber der Auffassung, daß unsere Formulierungen die Tatbestände klarer und eindeutiger fassen als die Formulierungen des Bundesrates.
    Die Bundesregierung versucht, mit diesem Gesetzentwurf und mit der Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung ihren Teil beizutragen, um die Zahl der Verkehrsunfälle auf ein erträgliches Maß zu senken. Es muß nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß es mit der Schaffung neuer gesetzlicher Bestimmungen allein nicht getan ist. Nur wenn diese von den Gerichten und von den Verwaltungsbehörden der Länder in viel schärferem Maße und viel sorgfältiger als bisher durchgeführt werden, kann der gewünschte Erfolg erreicht werden.
    Wir müssen uns weiter darüber klar sein, daß das Problem auch mit Zwangsmaßnahmen des Staates, durch Gesetzgebung und Polizei, und durch die erzieherische Wirkung der Rechtsprechung nicht ausreichend gelöst werden kann. Es wird erforderlich sein, durch großzügige Aufklärungs- und Erziehungsaktionen die Bevölkerung zu disziplinierten Verkehrsteilnehmern zu erziehen. Deshalb ist im vorigen Jahr die Bundesverkehrswacht mit Untergliederungen in den Ländern und in den Kreisen aufgezogen worden. Die Bundesverkehrswacht, die ein Organ der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung sein soll, kann jedoch ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn ihr die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Für die Mittel hat einerseits der Staat, haben andererseits aber auch die zuständigen Industrien zu sorgen. Die letzteren haben sich trotz unserer ständigen Bitten hier nicht in dem Maße eingeschaltet, wie wir das im Interesse der großen Sache ohne weiteres erwarten mußten. Andere ausländische Staaten mit hoher Motorisierung haben gerade hierfür sehr erhebliche finanzielle Mittel eingesetzt. Ich darf Sie nur an das ausgezeichnete Arbeiten der entsprechenden Institutionen in den Vereinigten Staaten erinnern.
    Darüber hinaus sind die Verkehrserziehung der Jugend und die Einführung des obligatorischen Verkehrsunterrichts in den Schulen besonders wichtig, Angelegenheiten, die in der Zuständigkeit der Länder liegen und die wir von hier aus nur immer wieder erneut fordern und der Konferenz der Herren Kultusminister nahelegen können. Unsere Jungen und Mädchen sind auf den Straßen besonders gefährdet, weil es ihnen an der nötigen Erfahrung fehlt. Andererseits sind bei ihnen die Ansatzpunkte für eine erfolgreiche erzieherische Arbeit größer als bei den Erwachsenen, weil sie aufnahme- und entwicklungsfähiger sind. Ich möchte deshalb auch versuchen, diese Aufgabe von der Seite der Freiwilligkeit anzufassen. Es ist beabsichtigt, in allernächster Zeit — die Vorbereitungen sind abgeschlossen — eine Jugendliga für Verkehrssicherheit ins Leben zu rufen. Auch die jetzt durchgeführte Radfahrwoche gehört zu den


    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm)

    Maßnahmen, hier wirklich helfend und fördernd einzugreifen.
    Die bisherigen Kontrollen durch die Straßenverkehrspolizei haben sich, wie Sie wissen, in erster Linie immer auf die Kontrolle des Führerscheins, auf die Kontrolle der Steuerkarte und allenfalls auf die Kontrolle der Geschwindigkeiten erstreckt. Diese Kontrollen sind völlig ungenügend. Wir sind heute auch in der Lage, durch Schnellkontrollen den technischen Zustand der Fahrzeuge auf Beleuchtung, Bremsen, Lenkung, Überladung, Geräusch- und Qualmentwicklung und ähnliches zu prüfen. Die Möglichkeiten sind für fahrende Kolonnen, die entsprechend ausgestattet sind, durchaus gegeben, und wir bedauern es sehr, nicht vom Bunde aus die Möglichkeit zu haben, solche fahrenden Kolonnen auszurüsten und insbesondere auf den großen Verkehrswegen einzusetzen. Alle unsere Bemühungen in den Verkehrsministerkonferenzen, die Länder dazu anzuregen, haben keinen Erfolg gehabt, weil die Länder wegen der dazu erforderlichen Mittel sich nicht haben entschließen können, diese ihnen vorgeführten, insbesondere auch im Lande Nordrhein-Westfalen weit entwickelten Möglichkeiten überall einzusetzen und auszunützen.
    Die Frage der Geschwindigkeitskontrollen hat bereits kürzlich im Hohen Hause eine Rolle gespielt anläßlich der Interpellation der Freien Demokratischen Partei wegen der Überwachung der Geschwindigkeit auf den Autobahnen im amerikanischen Besatzungsgebiet. Wir haben schon vor Jahr und Tag mit den Herren des amerikanischen Besatzungsgebiets darüber verhandelt, daß die von dieser Besatzungsbehörde allein erlassenen Vorschriften über eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf den Autobahnen und anderen Straßen aufgewerden sollten. Sie haben sich diesem Vorschlag auch angepaßt, haben aber darauf hingewiesen, daß damit die vor Ausbruch des Krieges aus Gründen der Verbrauchsersparnis geschaffenen Geschwindigkeitsbeschränkungen wieder gesetzliche Kraft erlangen und daß damit von ihrer Seite aus nicht die Möglichkeit gegeben werden sollte, jene Bestimmung der Straßenverkehrsordnung wieder einzuführen, die — und das ist unserer Ansicht nach das einzig Richtige — die Geschwindigkeit in das Verantwortungsbewußtsein des Straßenverkehrsbenutzers stellt.

    (Sehr gut! bei der DP.)

    In dieser alten Bestimmung ist enthalten, daß jeder so schnell fahren kann, wie es der jeweilige Zustand des Verkehrs ihm gestattet. Sein Verantwortungsbewußtsein hier anzusprechen, scheint uns notwendig. Denn durch Geschwindigkeitsbeschränkungen bekommen Sie nichts anderes als Ärger der Verkehrsteilnehmer. Es ist nach unserer Auffassung völlig unsinnig, auf der Autobahn, wenn sie frei vom Verkehr ist, die Geschwindigkeit zu beschränken und damit dem Fahrer nicht zu erlauben, sein Fahrzeug auszufahren. Auf der anderen Seite verhält sich bei starker Verkehrsbelastung der Autobahn jemand, der die Geschwindigkeitsgrenze bis 80 km ausnützt, so, daß er nach unserer Auffassung straffällig wird.

    (Sehr richtig!)

    Deswegen hatten wir mit den amerikanischen Behörden über diese Fragen gesprochen. Sie haben uns aber damals erklärt: Wenn ihr die ursprünglichen Voraussetzungen der Straßenverkehrsordnung wieder einführt, dann werden wir unter Bezugnahme auf die Sicherheitsbestimmung der Ziffer 2 e des Besatzungsstatuts in unserer Zone
    wieder die Geschwindigkeitsbeschränkungen vorschreiben.

    (Hört! Hört! bei der DP.)

    Sie haben inzwischen erfahren, daß auf die Interpellation, die an die amerikanische Besatzungsmacht herangetragen worden ist, eine Antwort erteilt wurde, die uns nach den eben vorgetragenen Grundsätzen zweifellos nicht befriedigen kann.

    (Zuruf von der FDP: Aber eine sehr zeitgemäße Antwort!)

    Es ist eine Antwort, die uns wundert, weil sie gerade in der Zeit der jetzigen Verhandlungen erteilt wird.

    (Sehr richtig!)

    Es ist sehr interessant, zu dieser Antwort auch einmal die Größenordnung zu kennen, in der Verkehrsteilnehmer durch die Kontrollen der amerikanischen Polizei auf den Autobahnen im amerikanischen Besatzungsgebiet betroffen werden. Nicht weniger als über 5200 Fahrer sind allein wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen in den letzten sechs Monaten angehalten und nach der amerikanischen Methode zur nächsten Polizeistation geleitet worden, wodurch sie nicht nur eine Verzögerung ihrer Reise, sondern einen stundenlangen Verlust an Arbeitszeit erlitten haben. Weiter hat in 1137 Fällen die amerikanische Verkehrspolizei aus anderen Gründen geglaubt, eingreifen zu müssen.

    (Zuruf rechts: Wieviel Amerikaner darunter?) Es ist aber so, daß hier von uns aus wegen der ausdrücklichen Berufung auf die Ziffer 2 e des Besatzungsstatuts im Augenblick wohl wenig erreicht werden kann.


    (Zuruf rechts: Das ist ein Vorwand der Amerikaner!)

    Ich habe in den Verhandlungen ausdrücklich immer wieder darauf hingewiesen, daß wir mit dem Moment, da diese Bestimmung des Besatzungsstatuts fällt, zu unseren alten und bewährten Vorschriften, wie ich sie eben geschildert habe, zurückkehren werden.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Wir sind nach wie vor der Meinung, daß Kontrolle der Geschwindigkeit, Kontrolle des Führerscheins und Kontrolle der Steuerkarten nicht dazu dienen, die Verkehrssicherheit zu heben, sondern daß Maßnahmen, wie wir sie in dem Ihnen vorliegenden Gesetz vorgeschlagen haben und wie wir sie bei der geplanten Änderung der Straßenverkehrsordnung vorschlagen werden, wesentlich mehr dazu beitragen. Man sollte also die Herren der amerikanischen Verkehrsabteilung des Hohen Kommissars dringend bitten, sich doch allmählich auch in diesen Fragen den Gepflogenheiten unseres Landes anzupassen und bereit zu sein, zuzugeben, daß wir es besser verstehen, mit unseren Leuten so zu verfahren, daß in der Diszipliniertheit des Verkehrs wirklich ein Erfolg erzielt wird.

    (Beifall.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Ich habe noch bekanntzugeben, daß der Finanz- und Steuerausschuß um 15 Uhr 30 zusammentritt. Das Haus hatte beschlossen, die Sitzung um 14 Uhr 30 für eine halbe Stunde zu unterbrechen, um das Soforthilfe-Anpassungsgesetz in den Fraktionen beraten zu können.

(Abg. Dr. Wellhausen: Wollen Sie das Zimmer bekanntgeben? Zimmer 12!)

— Also, der Finanz- und Steuerausschuß auf Zim-


(Vizepräsident Dr. Schmid)

mer 12. Ich schlage Ihnen vor, jetzt schon zu unterbrechen, damit nachher die Diskussion nicht zerrissen wird. — Das Haus ist einverstanden.
Ich unterbreche die Sitzung. Das Haus tritt um 15 Uhr wieder zusammen.

(Unterbrechung der Sitzung: 14 Uhr 22 Minuten.)

Die Sitzung wird um 15 Uhr 6 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid wieder eröffnet.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren, wir fahren in der Sitzung fort.
    Die Fraktionen haben beraten. Wie mir gesagt wurde, hat der Lastenausgleichsausschuß heute vormittag die Frage, ob das Soforthilfe-Anpassungsgesetz heute noch behandelt werden soll, von den Beratungen der Fraktionen abhängig gemacht. Sind die Fraktionen damit einverstanden, daß dieses Gesetz als weiterer Punkt auf die Tagesordnung gesetzt wird?

    (Zustimmung.)

    — Kein Widerspruch; damit ist die Tagesordnung insoweit ergänzt.
    Wir werden aber zunächst den schon aufgerufenen Punkt 2 zu Ende führen, die erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr.
    Das Wort hat der Abgeordnete Günther.