Rede von
Oskar
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Der Grund für diese Vorlage des Bundesrates liegt wohl im wesentlichen in der Tatsache, daß noch keine Klarheit über die Kompetenzen für den Erlaß bzw. die Genehmigung der Erhebung der Lohnsummensteuer zwischen Bund und Ländern geschaffen werden konnte. Ich glaube aber, es wäre besser gewesen, wenn der Bundesrat über einige Fragen des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes seine Meinung geäußert — im Bundesrat sind ja auch eine Reihe sozialdemokratischer Ländervertreter vorhanden — und zu einigen wesentlichen Bestimmungen dieses Gesetzes Stellung genommen und der en Abänderung beschlossen hätte.
Mein Herr Vorredner hat bereits auf den Abs. 4 des § 2 hingewiesen, wonach also eine vorübergehende Unterbrechung eines Betriebes, die in der Art des Betriebes liegt, nicht von der Steuerpflicht befreie. Wir befürchten, daß nicht allein die als Saisonbetriebe bezeichneten Betriebe darunterfallen, sondern daß auch im Zusammenhang mit der Kohlenversorgung eintretende Unterbrechungen — insbesondere bei Kleinbetrieben und Handwerkern — nicht zu einer Befreiung von der Steuer führen werden.
Ein zweites Bedenken — und das scheint mir wesentlicher zu sein — ist gegen die Bestimmung des § 6 Abs. 2 bezüglich der Lohnsummensteuer zu erheben. Die Frage der Lohnsummensteuer spielt vor allen Dingen auch hinsichtlich der Politik eines Unternehmers gegenüber den Beschäftigten eine entscheidende Rolle. Wir haben uns von jeher gegen die Einführung der Lohnsummensteuer gewandt, und zwar deswegen, weil das immer ein Anreiz für die Unternehmer sein wird, angesichts der Höhe der Lohnsumme a) eventuell durch Entlassungen die Lohnsumme zu reduzieren oder b) auf die Lohnhöhe selbst zu drücken. In Hessen war z. B. vorübergehend die Möglichkeit, die Lohnsummensteuer als Bemessungsgrundlage zu nehmen, ausgeschaltet worden.
Aber ich glaube, die Einführung der Lohnsummensteuer und der Möglichkeit, diese zu erheben, hat ihre besondere Bewandtnis darin, daß heute die Länder angesichts der Finanzpolitik des Herrn Schäffer dazu übergehen, alle Möglichkeiten steuerlicher Erfassung für sich und die Gemeinden zi sichern. Dazu bietet dann die in dem Gesetz gegebene Möglichkeit der Einführung der Lohnsummensteuer einen besonderen Anreiz. Jede Gemeinde wird infolgedessen — da nach diesem Gesetz die Möglichkeit gegeben ist und die Gemeindekassen auf Grund der Finanzpolitik des Bundes und der Länder geschwächt sind — dazu gezwungen sein, die Lohnsummensteuer einzuführen. Auch diese Maßnahmen stehen in engstem Zusammenhang gerade mit der Finanzpolitik des Bundes, der ja seine Mittel insbesondere für die Remilitarisierung aufbringen will.
Mit dem § 17 a wird die Mindeststeuer eingeführt. Danach kann jede Gemeinde zur Erhebung einer Mindeststeuer ermächtigt werden, die alle Unternehmer betrifft, die keinen Gewinn erzielt haben und damit Gewerbesteuer nicht zu zahlen hätten. Das waren bereits bisher insbesondere die Kleingewerbetreibenden und ambulanten Händler, deren Gewinn unter der Freigrenze lag. Mit diesem § 17 a wird also den Gemeinden durch die Einführung der Mindeststeuer die Möglichkeit gegeben, auch diese Kleinsteinkommen von Kleinstgewerbetreibenden und ambulanten Gewerbetreibenden zu besteuern.
In den Ziffern 1 und 2 des § 23 des Gesetzes ist die Herabsetzung der Steuergrundlage bzw. die Herabsetzung der Freigrenzen festgelegt worden. Auch dagegen hat der Bundesrat keine Einwendungen erhoben.
Ich möchte diesen Paragraphen gleich mit § 31 in Verbindung bringen. Während in § 31 der Ansatz für den eigenen Lohnanteil der im Betrieb Mitarbeitenden von 6000 auf 10 000 Mark vorgenommen, also praktisch eine etwa 70 %ige Erhöhung durchgeführt wird, und zwar berechtigterweise — zweifellos wird das mit dem allgemeinen Schwund der Kaufkraft begründet —, wird in § 23 die Grenze von 7200 auf 3600 Mark bzw., wo es sich um die gesamte Lohnsumme handelt, von 24 000 auf 12 000 DM herabgesetzt. Damit trifft man nicht nur den kleinen Gewerbetreibenden auf das allerschärfste, sondern man erfaßt auch Kleinstbetriebe, die Ein- und Zweimannbetriebe, und damit wird die gesamte Grundlage der Gewerbebesteuerung heruntergedrückt.
In diesem Zusammenhang verdient noch der § 24 Ziffer 2 erwähnt zu werden, nach dem bei der Berechnung der gesamten Lohnsumme auch die Zuschläge für Mehr-, Sonntags- und Nachtarbeit einzubeziehen sind.
Die gesamte Tendenz dieses Gesetzes ist also die, daß man auch auf dem Wege über die Gewerbesteuer und die durch das Gesetz darin eingeschaltete Einfügung der Lohnsummensteuer nichts anderes bezweckt, als die letzten Möglichkeiten auszuschöpfen, die Gelder für die Finanzen des Herrn Bundesfinanzministers, d. h. für die Aufbringung der Besatzungskosten und der Mittel für die Remilitarisierung hereinzuholen.