Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, daß sich das Hohe Haus mit der Frage der UFI-Liquidation befaßt. Ich darf Sie auf die Interpellation Drucksache Nr. 1590 verweisen, in der damals bereits, und zwar von allen Parteien dieses Hohen Hauses, gegen die UFIAuktion in Wiesbaden Stellung genommen worden ist. Die deutsche Öffentlichkeit, vor allen Dingen die deutsche Presse, reagierte damals ungewöhnlich scharf und heftig auf diesen Versuch, Bundeseigentum ohne Mitwirkung der Bundesregierung zu veräußern. In der Zwischenzeit hat sich die Lage insofern verschärft, als sich die Hohe Kommission trotz der damals ausgesprochenen Warnungen und Beschwörungen nicht nur entschlossen hatte, das wertvollste Vermögensobjekt, die Filmstudios der Bavaria-Filmkunst G.m.b.H. in München-Geiselgasteig, im Bundesanzeiger auszuschreiben, sondern auch wenige Wochen später dazu überging, das zweitwertvollste Objekt, die Studios der Afifa in Wiesbaden, gleichfalls zur Auktion zu stellen.
Damit hat die Alliierte Hohe Kommission etwas wahrgemacht, was sie in einem Schreiben an Ministerialdirektor Blankenhorn vom 10. August 1951
zum Ausdruck brachte, in dem sie wörtlich erklärte - ich verlese es hier
Die Alliierte Hohe Kommission nimmt Ihre Besorgnis
— in diesem Zusammenhang: Protest gegen die Auktion —
zur Kenntnis, bedauert jedoch, Ihrer Bitte nicht stattgeben zu können und beabsichtigt, sobald wie möglich die für den Verkauf der betreffenden Vermögenswerte erforderlichen Schritte einzuleiten. Ihre Befürchtungen hinsichtlich der zu erzielenden Beträge werden sich hoffentlich als unbegründet erweisen.
Als der Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films von dieser Ausschreibung des wertvollsten Vermögensbestandteils Kenntnis erhielt, beschloß er, einer Einladung der bayerischen Staatsregierung Folge zu leisten und eine Ausschußsitzung in München abzuhalten und sich gleichzeitig dieses Objekt anzusehen. In dieser Ausschußsitzung fanden ausführliche Beratungen über den Gegenstand statt. Der Ausschuß gelangte zu zwei Beschlüssen, und zwar zunächst einmal, die Bundesregierung zu ersuchen, Schritte gegen die bevorstehende Auktion zu unternehmen, zweitens, den Ausschußvorsitzenden zu beauftragen, auch im Auswärtigen Ausschuß dazu Stellung zu nehmen und dem Herrn Bundeskanzler den Beschluß des Ausschusses mündlich vorzutragen.
Nach einer gemeinsamen Sitzung mit dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß ist es dann zu dem Ihnen unter Drucksache Nr. 2668 vorliegenden Mündlichen Bericht gekommen:
Der Bundestag wolle beschließen,
die Bundesregierung zu ersuchen, bei der Alliierten Hohen Kommission dahingehend vorstellig zu werden, daß von dem Verkauf von Vermögenswerten nach Gesetz Nr. 32, insbesondere von dem angekündigten Verkauf der Bavaria Filmkunst G.m.b.H. bis zu dem Erlaß des der Alliierten Hohen Kommission bekannten deutschen Gesetzes abgesehen wird.
Ich darf Ihnen dazu noch folgendes ausführen. Bereits seit über anderthalb Jahren bemühen wir uns, hier zu einer Einigung zu gelangen. Die Verhandlungen über die sogenannte UFI-Liquidation stellen ja nur einen Teilabschnitt aus den überaus schwierigen Verhandlungen über die Dekartellisierung dar. Ich darf aber bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf verweisen, daß der Ausschuß nicht müde geworden ist, darauf hinzuweisen, daß es sich hier bei der Ufa um einen Komplex handelt, der in keinerlei Zusammenhang zum Beispiel mit dem IG-Farben-Vermögen steht und auf den keinesfalls alle diejenigen Besorgnisse zutreffen, die seinerzeit bei der IG-Farben-Entflechtung von alliierter Seite vorgebracht worden sind. Der Verlauf der bisherigen Verhandlungen ist beinahe eine Tragödie. Ich darf jetzt feststellen — das wurde im Ausschuß ausführlich vorgetragen —, daß bereits im Oktober 1950, also vor genau einem Jahre, der damals eingereichte deutsche Gegenentwurf eines Gesetzes, das das Gesetz Nr. 32 überflüssig machen sollte, von den Alliierten nicht gebilligt und zurückgereicht worden ist. Es ist dann in langwierigen Verhandlungen ein neuer deutscher Entwurf entstanden, der am 20. März 1951 überreicht worden ist. Bis zum 25. Juli 1951 war auch auf diesen Entwurf keine Reaktion erfolgt. Und dann kam es zu dem Schreiben der Alliierten Hohen Kommission vom 10. August 1951, von dem ich Ihnen vorhin
einen Teil vorlesen durfte, das, dazu in einer Tonart, die wir eigentlich nicht erwartet hätten, die deutsche Bitte abschlägig beschied.
Damit sah sich der Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films vor die Frage gestellt, was er seinerseits unternehmen könnte, um im Weiterverfolg der Interpellation Drucksache Nr. 1590 gegen diesen beabsichtigten Verkauf vorzugehen. Er hat dann zusammen mit dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß einmütig den Beschluß gefaßt, der Ihnen vorliegt und den Ihnen der Ausschuß zur Annahme empfiehlt.
Soweit meine Berichterstattung über die Ergebnisse und die Vorgänge im Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films, die ich gleichzeitig auch als Berichterstattung für den Wirtschaftspolitischen Ausschuß aufzufassen bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich jetzt als Sprecher meiner Fraktion noch etwas von unserer Seite hinzufüge. Ich möchte diesen Anlaß benutzen, um in aller Offenheit, aber auch mit allem Ernst an die alliierte Hohe Kommission den Appell zu richten, Dinge zu vermeiden, die nur dazu führen können, das deutsch-alliierte Verhältnis zu trüben und zu erschweren. Das Verhalten der alliierten Hohen Kommission gerade in dieser Frage wird nicht nur mir, sondern, ich glaube, dem ganzen Hohen Hause völlig unbegreiflich erscheinen. Wir können einfach nicht einsehen, warum die Hohe Kommission sich nicht dazu entschließen konnte, dieses UfaVermögen zurückzugeben und es den deutschen Stellen zu überlassen, gemäß dem Gesetz zu verfahren, das ohnehin dem Hause in den nächsten Tagen zugeleitet wird, und das Vermögen zu liquidieren. Es bestehen deutscherseits keinerlei Vorbehalte, diese Dinge so durchzuführen, wie es in dem Gesetz vorgesehen ist und wie es nach unserer Absicht auch durchgeführt werden soll.
Ich möchte noch auf einen anderen Punkt hinweisen, der von den Alliierten in diesem Zusammenhang bis jetzt vielfach übersehen worden ist. Wir haben uns auf deutscher Seite bemüht, ein Gesetz zur Ablösung des alliierten Gesetzes 32 zustandezubringen, das, ich möchte sagen, bis an die Grenze des Erträglichen gegangen ist. Wenn auf der Seite der Westmächte tatsächlich die Absicht bestehen sollte, alliierte Gesetze nur in der Form durch deutsche Gesetze ablösen zu lassen, daß wir praktisch die alliierten Gesetze in Bausch und Bogen übernehmen und nur die deutsche Unterschrift daruntersetzen, so kann ich das nur als ein Verfahren bezeichnen, das wohl allgemein von uns abgelehnt wird. Ein solches Verfahren würde nicht der Würde dieses Hauses entsprechen und könnte auch nur dazu führen, alle diejenigen Vorbehalte antidemokratischer Kreise gegenüber den Westmächten in Deutschland noch deutlicher werden zu lassen, die wir in der Vergangenheit ohnehin so sehr bedauert haben. Ein solches Verfahren müßte automatisch auch zu einer Diskreditierung der gesamten deutschen Gesetzgebung führen und damit, wie ich glaube, auch zu einer Diskreditierung des Begriffs der Demokratie, wie wir ihn alle gemeinsam verstehen. Ein solches Verhalten und Verfahren kann einfach nicht im Sinne der Westmächte liegen, deren oberste Besatzungsziele ja eine Umerziehung des deutschen Volkes einschließen. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, unsere Gesetzgebung der der freien Staaten der Welt anzugleichen. Wir erhalten hier aber einen Anschauungsunterricht, der keineswegs geeignet ist, uns in der Erreichung dieses Ziels zu fördern.
An sich bestehen sehr ernste juristische Zweifel an der Gültigkeit des alliierten Gesetzes Nr. 32. Dieses Gesetz enthält nämlich eine Bestimmung, die gegen das Grundgesetz verstößt. Wir fragen uns, ob ein derartiges alliiertes Gesetz, das von demselben Gesetzgeber erlassen worden ist, der seinerzeit das Grundgesetz mit unterzeichnet hat, Gültigkeit hat. Meines Erachtens dürfte es sehr schwer sein, diese beiden Dinge in Einklang zu bringen.
Die Dinge werden aber dadurch noch fragwürdiger, daß sich in der Zwischenzeit eine zweite Angelegenheit hinzugesellt hat, die ich dem Hohen Hause nicht vorenthalten möchte. In der Zwischenzeit ist nämlich bei dem Gericht in Lage eine einstweilige Verfügung gegen den Ufa-Liquidationsausschuß — vergleiche Gesetz Nr. 32 Art. III — beantragt und erwirkt worden. Durch die einstweilige Verfügung wurde dem Ufa-Liquidationsausschuß auferlegt, alle Handlungen zu unterlassen, die, wie die beabsichtigte Veräußerung, Vermögenswerte berühren oder Gegenstand der Rückerstattungsansprüche sind. Damit war eine neue Rechtslage, zumindest für die britische Zone, geschaffen worden. Nun geschah folgendes: die britische Hohe Kommission ging gegen das Gericht in Lage (Lippe) vor und hob diesen Gerichtsbeschluß auf.
Also auch hier hat sich eine Rechtsverwirrung ergeben, die auf die Dauer zu untragbaren Verhältnissen führen muß.
Es wäre wirklich im Interesse der Alliierten Hohen Kommission gelegen, wenn diese Dinge endlich einmal ihr Ende finden würden in einer Bereinigung der gesamten Lage. Man hatte mir, als ich in diesem Jahr Gelegenheit hatte, in Washington zu weilen, versichert, daß die amerikanischen Stellen nichts sehnlicher wünschten, als der deutschen Filmwirtschaft kräftige Hilfe beim Wiederaufbau zuteil werden zu lassen. Wenn diese Absicht wirklich in die Tat umgesetzt werden sollte, dann können wir uns nichts Besseres vorstellen, als daß man das Ufa-Vermögen so schnell wie möglich wieder in deutsche Hand zurückgibt und es uns Deutschen überläßt, Ordnung in unsere Filmwirtschaft zu bringen.
— Herr Kollege Schoettle, ich glaube, auf diesem Gebiete haben wir alle die gleichen Befürchtungen, und vielleicht bringt gerade Ihr Zuruf das zum Ausdruck, was wir alle bei dieser hinhaltenden Politik befürchten.
Bei dieser Gelegenheit darf ich noch auf etwas eingehen, was in der letzten Zeit aus Kreisen der Filmproduzenten in München verlautbart wurde. Dort ist von einer maßgebenden Stelle der deutschen Filmproduzenten gesagt worden, und zwar wörtlich, es sei diesen Herren gleichgültig, wer die Bavaria-Filmkunst veräußere. Ich möchte hier mit allem Nachdruck feststellen: Wenn die gleichen Kreise nicht müde werden, ihre Hand hinzuhalten, wenn es gilt, Bundesausfallbürgschaften zu erhalten, dann sollten diese Herren es sich dreimal überlegen, ehe sie einen solchen Ausspruch tun.
Sie haben kein Recht, Schutz für eine deutsche Filmproduktion zu fordern, wenn sie uns auf der anderen Seite in einer Frage, die für uns weiß Gott keine Prestigefrage, sondern eine Grundsatzfrage schlechthin ist, in den Rücken fallen.
Ich möchte meine Ausführungen schließen, indem ich noch einmal an die Vernunft appelliere, indem ich noch einmal bitte, es uns nicht allzu schwer zu machen, in diesen Punkten doch zu einer Übereinkunft zu gelangen. Es würde sich für die alliierte Seite weiß Gott nicht um einen Prestigeverlust handeln, wenn sie sich bereit erklären würde, noch vor dem Inkraftsetzen des deutschen Gesetzes, das demnächst ja dem Haus vorgelegt werden würde, auf die Veräußerung des Ufa-Vermögens zu verzichten. Sie würde damit eine Bereinigung der Lage schaffen. Sie würde uns und sich damit viel unnützen Ärger ersparen, und sie würde damit einen wirklichen Beitrag zu dem Geist von Washington leisten, den wir zumindest in diesen Verhandlungen zutiefst vermißt haben.