Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht nur, weil es die Pflicht der Bundesregierung ist, eine Interpellation zu beantworten, sondern auch, weil uns der Vorwurf gemacht worden ist, bisher auf verschiedene Fragen nicht geantwortet zu haben, darf ich ganz kurz über den bisherigen Gang der Angelegenheit und über das von uns Veranlaßte berichten. Dabei möchte ich bitten, bei der Betrachtung der Dinge doch eine scharfe Unterscheidung zwischen der Winterbeihilfe einerseits und der Weihnachtsbeihilfe andererseits zu machen.
Bei den bisherigen Diskussionen, namentlich auch im Bundesrat, sind diese beiden Begriffe, die etwas Grundverschiedenes darstellen und etwas Grundverschiedenes wollen, häufig durcheinandergeworfen worden. Es bestünde, wenn wir diese scharfe Sonderung nicht vornähmen, die Gefahr, daß beispielsweise bei der Annahme der in dem Antrag auf Drucksache Nr. 2724 genannten Sätze unter Umständen geringere Leistungen gewährt würden, als sie bei der jetzt von uns getroffenen Regelung gewährt werden.
Meine Damen und Herren! Die Winterbeihilfe — d. h. die Beihilfe, die dazu bestimmt ist, die Winterbevorratung namentlich bei Kohlen und bei Kartoffeln vorzunehmen — ist eine gesetzliche Pflichtleistung der Fürsorge und insofern in dem zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfs erforderlichen Umfange, als gesetzliche und damit Anspruchsrechte verleihende Unterstützung zu gewähren. Das bedeutet, daß jede Festlegung von bestimmten Sätzen unzweckmäßig ist, weil infolge
des Grundsatzes der Individualität der öffentlichen Fürsorge im Einzelfall unter Umständen Sätze erforderlich werden, die geringer sind, unter Umständen aber auch Sätze, die höher sind als die hier genannten.
Da es, soweit es sich um die Deckung des notwendigen Lebensbedarfs und um Kriegsfolgehilfeempfänger handelt, um eine gesetzliche Fürsorgeleistung geht, ist der Bund ohne weitere Regelung mit 85 % der hierfür aufgewandten Kosten erstattungspflichtig. Es hätte deshalb in diesem Jahre auf diesem Teilgebiet einer besonderen Regelung überhaupt gar nicht mehr bedurft, nachdem wir im vorigen Jahre klargestellt hatten, wie die Rechtslage ist. Die Länder wären also auf Grund der ihnen bzw. den Bezirksfürsorgeverbänden obliegenden Fürsorgeverpflichtung ohne weiteres nicht nur in der Lage, sondern auch verpflichtet gewesen, bereits zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt die Vorbereitung zur Auszahlung dieser Winterbeihilfen für den Bevorratungsbedarf der hilfsbedürftigen Bevölkerung in Angriff zu nehmen. Wir haben aber gleichwohl in dem Erlaß vom 9. Oktober, der hier verschiedentlich zitiert worden ist, diese Rechtslage, an der sich nichts geändert hat, noch einmal eindeutig klargelegt.
Ich möchte weiter darauf aufmerksam machen, daß auf derartige Beihilfen nicht nur diejenigen Hilfsbedürftigen einen Anspruch haben, die in laufender Fürsorge stehen, sondern auch solche, bei denen ihr eigenes Einkommen für die Deckung dieses besonderen zusätzlichen Lebensbedarfs nicht ausreicht, und zwar auch dann, wenn dieses Einkommen nicht allzu wesentlich über dem Fürsorgerichtsatz liegt. Alle diese Personenkreise, d. h. also bei Erfüllung dieser Voraussetzungen auch Alfüund Alu-Empfänger, würden also auf Grund der von uns getroffenen, sich aus der Gesetzeslage ergebenden Regelung ohne weiteres in den Genuß der Winterbeihilfen gelangen. — Ich glaube, damit die Fragen unter 1 und 2 der Interpellation beantwortet zu haben.
Nun möchte ich aber zur Ergänzung noch ausführen, daß wir auch bezüglich der Weihnachtsbeihilfen, die also nicht im Rahmen der gesetzlichen Pflichtleistungen der Fürsorge liegen, sondern zusätzliche außerordentliche Leistungen sind, in diesem Jahre — teilweise abweichend vom vorigen Jahr — einige Regelungen getroffen haben. Ich darf dabei auf folgendes aufmerksam machen: Weil es sich um außerordentliche Beihilfen handelt, die nicht der Erfüllung der gesetzlichen Fürsorgepflicht dienen, besteht an sich nach dem Überleitungsgesetz für den Bund eine Verpflichtung zur Erstattung von 85 % nicht.
Wir haben aber ebenso wie im Vorjahre auch für diese Weihnachtsbeihilfen eine Verrechnungsfähigkeit unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen, und zwar ausgehend von der Erwägung, daß ja auch für die übrigen Betreuten der öffentlichen Fürsorge namentlich von den Bezirksfürsorgeverbänden derartige Weihnachtsbeihilfen gezahlt werden und daß wir nicht mitverursacht haben wollen, daß etwa den Kriegsfolgehilfeempfängern deswegen, weil sich der Bund nicht beteiligt, derartige Weihnachtsbeihilfen von den Bezirksfürsorgeverbänden versagt werden. Unser Erlaß geht von folgender Regelung aus und läßt die Verrechnung von 850/o unter folgenden Voraussetzungen zu. Es muß Hilfsbedürftigkeit in dem vorhin umrissenen
Sinne vorliegen. Also auch hier können Alu- und Alfü-Empfänger und Notstandsarbeiter, wenn die Voraussetzungen bei ihnen erfüllt sind, die Weihnachtsbeihilfe bekommen. Die Verrechnungsfähigkeit wird anerkannt, soweit die Beihilfen den Satz von 20 DM für Alleinstehende und für den Haushaltungsvorstand und von 5 DM für jeden hilfsbedürftigen zuschlagsberechtigten Angehörigen nicht überschreiten; und schließlich muß es sich dem Sinn und Zweck des Überleitungsgesetzes und der Kriegsfolgehilfe entsprechend um Empfänger von Kriegsfolgehilfe handeln.
Soweit über diesen Kreis oder über die genannten Sätze hinausgegangen wird, müssen die Länder bzw. die Fürsorgeverbände die Beträge voll übernehmen. Die öffentliche Fürsorge ist nach dem Grundgesetz nun einmal Ländersache. Wir müssen bei der Höhe der Sätze, die wir hier festgelegt haben und mit 85 % auf den Bund übernehmen, auch berücksichtigen, daß wir damit die Länder und die Bezirksfürsorgeverbände zur Zahlung gleicher Sätze für die Nicht-Kriegsfolgehilfeempfänger verpflichten. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Überleitungsgesetz.
Eine gewisse und teilweise recht erbitterte Kritik ist geübt worden, weil in diesem Jahre, in dem wir an sich die Sätze für die allgemeinen Fürsorgeempfänger erhöht haben, die Sätze der Weihnachtsbeihilfe für die Alfu-Empfänger niedriger geworden sind. Ich bitte aber auf folgendes hinweisen zu dürfen: Im Vorjahr war die Regelung so, daß zwar für die Alfu-Empfänger 25 DM gegeben wurden; es war aber, falls sie eine Winterbeihilfe, also eine Bevorratungsbeihilfe erhielten, vorbehalten, die Weihnachtsbeihilfe darauf anzurechnen. Das wird in diesem Jahre nicht geschehen. Es darf vielleicht auch nicht ganz außer acht gelassen werden, daß
durch das Gesetz vom 29. März dieses Jahres die Tabellensätze um 10 % erhöht worden sind, woraus sich doch immerhin eine gewisse Besserstellung des hier in Frage kommenden Personenkreises ergibt.
Meine Damen und Herren, ich glaube, daß damit die Fragen der Interpellation im wesentlichen beantwortet sind. Es ist nicht zu verkennen, daß durch die aus dieser Neuregelung sich ergebende Überprüfung der Hilfsbedürftigkeit für AlfuEmpfänger unter Umständen eine Verwaltungsarbeit nicht ganz unerheblichen Umfanges eintreten wird. Wir erwägen deshalb, um die Angelegenheit auf alle Fälle rechtzeitig vor Weihnachten über die Bühne gehen lassen zu können, eine gewisse Erleichterung dahin eintreten zu lassen und das in einem ergänzenden Erlaß festzulegen, daß eine besondere fürsorgerechtliche Prüfung der Hilfsbedürftigkeit unterbleibt, wenn die Bedürftigkeit im Sinne der Alfu-Bestimmungen gegeben ist. Es würden dann also weitgehend die kommunalen Fürsorgeämter ausgeschaltet sein und die Prüfung den Arbeitsämtern überlassen bleiben können, wobei dann auch erwogen werden kann, ob die Auszahlung durch die Arbeitsämter vorzunehmen ist.