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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Oktober 1951 6997 170. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen 6998D Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abg. Fischer 6999B Glückwunsch zum 70. Geburtstag des Abg. Dr. Kleindinst 6999B Anfrage Nr. 211 der Zentrumsfraktion betr. Preise für Kohle und Eisen (Nm. 2636, 2700 der Drucksachen) 6999A Anfrage Nr. 212 der Zentrumsfraktion betr. Einführung einer Produktionssteuer (Nrn. 2637, 2712 der Drucksachen) 6999A Anfrage Nr. 213 der Zentrumsfraktion betr. Abweithung vom Umsatzsteuerrecht bei der Durchführung der Entflechtung (Nrn. 2638, 2718 der Drucksachen) 6999A Änderung der Tagesordnung 6999C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Stundung von Soforthilfeabgabe und über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe (Soforthilfe-Anpassungsgesetz) (Nr. 2708 (neu) der Drucksachen) 6999C Ausschußüberweisung 6999C Beschlullfassung über zusätzliche Ausschußüberweisung des Antrags der SPD betr. Erhöhung aller Unfallrenten (Nr. 2622 der Drucksachen) 6999D Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Vertragsentwurf über die Organisation einer gemeinsamen Verwaltung des Hafens von Kehl (Nr. 2594 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Wiederbesiedlung der Stadt Kehl (Nrn. 1493, 2713 der Drucksachen) . . . 6999D Maier (Freiburg) (SPD), Interpellant 6999D Gengler (CDU), Berichterstatter . . 7002B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 7003D Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 7006B Dr. Kopf (CDU) 7009A Niebergall (KPD) 7010D Rümmele (CDU) 7012A Renner (KPD) (zur Abstimmung) . 7012C Abstimmungen 7012D Ersatzwahl für den Bundesschuldenausschuß 7013A Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Gewährung von Winterbeihilfen (Nr. 2642 der Drucksachen; Antrag Nr. 2724 der Drucksachen) 7013B Frau Korspeter (SPD), Interpellantin 7013B Bleck, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 7014D Frau Niggemeyer (CDU) 7016A Dr. Kneipp (FDP) 7016C0 Renner (KPD) 7016D, 7018D Frau Dr. Brökelschen (CDU) 7017C, 7019D Frau Nadig (SPD) 7018B Mellies (SPD) 7019C Ausschußüberweisung 7020B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Sorge für die Kriegsgräber (Kriegsgräbergesetz) (Nr. 2667 der Drucksachen) 7020C Ausschußüberweisung 7020C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung vom 22. Februar 1951 (Nr. 2643 der Drucksachen) 7020D Horn (CDU), Antragsteller 7020D Dr. Preller (SPD) 7022D Kohl (Stuttgart) (KPD) 7023D Frau Kalinke (DP) 7024C Arndgen (CDU) 7026A Ausschußüberweisung 7026D Erste Beratung des von den Abg. Jacobi, Mellies, Dr. Dresbach, Lücke, Dr. Reismann, Ewers, Dr. von Merkatz u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung (RVO) (Nr. 2676 der Drucksachen) 7026D Ausschußüberweisung 7026D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll und drei Zusatzvereinbarungen (Nr. 2683 der Drucksachen) 7027A Ausschußüberweisung 7027A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Bundesarbeits- und Sozialgerichte (Nrn. 2634, 2331 der Drucksachen) . . 7027A Sabel (CDU), Berichterstatter . . . 7027B Ludwig (SPD) 7028A Kohl (Stuttgart) (KPD) 7028B Beschlußfassung 7028C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Ott, Frau Wessel und Fraktion des Zentrums betr. Erhöhung der Beträge für alle Unterstützungsempfänger (Nrn. 2631, 1863 der Drucksachen) 7028D Freidhof (SPD), Berichterstatter . 7028D Beschlußfassung 7029A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films (34. Ausschuß) über die Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP und BP betr. UFI-Auktion in Wiesbaden (Nrn 2668, 1590 der Drucksachen) 7029A Dr. Vogel (CDU): als Berichterstatter 7029B als Abgeordneter 7030A Hennig (SPD) 7031A Mende (FDP) 7032B Ewers (DP) 7032D Gundelach (KPD) 7033C Mayerhofer (BP) 7034A Jacobs (SPD) 7034B Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 7034D Beschlußfassung 7035A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Bau- und Bodenrecht (36. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Entwurf eines Gesetzes auf Aufhebung des Gesetzes zur Ergänzung der Kleingarten- und Kleinpachtordnung vom 26. Juni 1935 (Nrn. 2651, 1859 der Drucksachen) 7035B Winkelheide (CDU), Berichterstatter 7035B Beschlußfassung 7035C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung, ob durch die Personalpolitik Mißstände im Auswärtigen Dienst eingetreten sind (Nr. 2680 der Drucksachen) . . . . . 7035C Beschlußfassung 7035C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (Nr. 2694 der Drucksachen) 7035C Pannenbecker (Z), Antragsteller . 7035D Ewers (DP) (zur Geschäftsordnung) 7036A Dr. Arndt (SPD) 7036B Beschlußfassung 7037A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. GARIOA-Kredit für die deutsche Presse (Nr. 2671 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 343) . . . . 7037A Vogel (CDU), Antragsteller . 7037A, 7038D von Thadden (Fraktionslos) . 7037B, 7038D Renner (KPD) 7037D Beschlußfassung 7039A Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 338) 7039C Beschlußfassung 7039C Nächste Sitzung 7039C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, ich darf annehmen, daß die Urlaubsgesuche, soweit der Urlaub über eine Woche hinausgeht, von Ihnen genehmigt sind.
    Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
    Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 17. Oktober 1951 die Anfrage Nr. 211 der Fraktion des Zentrums betreffend Preise für Kohle und Eisen — Drucksache Nr. 2636 — beantwortet. Die Antwort ist als Drucksache Nr. 2700 verteilt.
    Der Herr Bundesminister der Finanzen hat
    die nachstehenden Anfragen beantwortet:
    am 15. Oktober 1951 die Anfrage Nr. 212 der Fraktion des Zentrums betreffend Einführung einer Produktionssteuer, Drucksache Nr. 2637,
    am 16. Oktober 1951 die Anfrage Nr. 213 der Fraktion des Zentrums betreffend Abweichung vom Umsatzsteuerrecht bei der Durchführung der Entflechtung, Drucksache Nr. 2638.
    Die Antworten werden als Drucksachen Nr. 2712 bzw. Nr. 2718 verteilt.
    Vor Eintritt in die Tagesordnung

    (die Abgeordneten erheben sich)

    I gedenke ich der Tatsache, daß am 21. Oktober unser Kollege, der Abgeordnete der SPD-Fraktion des Bundestags Herr Willy Fischer, in Fürth im Alter von 47 Jahren einem schweren Leiden erlegen ist. Der Kollege Fischer ist 1904 in Fürth geboren. Er gehörte seit 1918 der Sozialdemokratischen Partei an und war seit 1919 in den Gewerkschaften tätig. Wegen Verdachts der Vorbereitung zum Hochverrat mußte er 1934 sieben Monate in Untersuchungshaft verbringen. 1946 wurde er Mitglied der verfassunggebenden Landesversammlung Bayerns. 1948 übernahm er den Vorsitz des SPD-Bezirks Franken. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1946 bis 1949 an. Er ist in den Bundestag als Abgeordneter des Wahlkreises Fürth-Stadt, NürnbergWest gewählt worden. In diesem Hause ist Herr Abgeordneter Fischer Mitglied des Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung, des Ausschusses für Außenhandelsfragen, des Ausschusses für Arbeit, des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge und des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens gewesen.
    Wieder einmal ist einer unserer Kollegen in der Blüte der Jahre hinweggerafft worden. Ich bin überzeugt, daß alle Mitglieder dieses Hauses — nicht nur die Mitglieder seiner Fraktion — der vielseitigen und hingebungsvollen Arbeit des Kollegen Fischer in Dankbarkeit gedenken werden. — Sie haben sich zu seinen Ehren von den Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.
    Meine Damen und Herren, ich habe dem (leider zur Zeit nicht anwesenden) Herrn Dr. Kleindinst zum 20. Oktober zu seinem 70. Geburtstag die Glückwünsche des Hauses ausgesprochen und darf das hier auch ausdrücklich wiederholen.

    (Beifall.)

    Zur heutigen Tagesordnung habe ich folgendes zu sagen. Gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung erweitert werden um die erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Stundung von Soforthilfeabgabe und über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe (Soforthilfe-Anpassungsgesetz), Nr. 2708 neu der Drucksachen. — Ich darf annehmen, daß das Haus mit der Erweiterung der Tagesordnung einverstanden ist.

    (Zustimmung.)

    Ich schlage Ihnen vor, diesen Punkt der Tagesordnung — nach einer mir bekanntgewordenen Vereinbarung der Fraktionen ohne Aussprache — an den Ausschuß zu überweisen; und zwar sofort zu Beginn der Tagesordnung. Sind Sie damit einverstanden?

    (Zustimmung.)

    Ich rufe also den bereits zitierten Gesetzentwurf auf:
    Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Stundung von Soforthilfeabgabe und über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe (Soforthilfe-Anpassungsgesetz) (Nr. 2708 [neu] der Drucksachen).
    Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf unter Verzicht auf eine mündliche Begründung und auf eine Aussprache sofort dem Ausschuß für den Lastenausgleich zu überweisen. — Das Haus ist damit einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
    Dann eine weitere Mitteilung. In der 169. Sitzung — also der letzten — ist der Antrag der Fraktion der SPD betreffend Erhöhung aller Unfallrenten dem Ausschuß für Arbeit überwiesen worden. Im Einverständnis mit den Beteiligten schlage ich Ihnen vor, die Federführung an den Ausschuß für Sozialpolitik zu geben, der hier allein zuständig ist. Ich darf annehmen, daß das Haus auch mit dieser Änderung einverstanden ist.
    Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
    a) Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Vertragsentwurf über die Organisation einer gemeinsamen Verwaltung des Hafens von Kehl (Nr. 2594 der Drucksachen);
    b) Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Wiederbesiedlung der Stadt Kehl (Nrn. 1493, 2713 der Drucksachen).
    Zunächst hat zur Begründung der Interpellation der SPD das Wort der Herr Abgeordnete Maier.
    Maier (Freiburg) (SPD), Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Laufe des Monats August hat eine Reihe deutscher und französischer Zeitungen in Berichten oder kritischen Stellungnahmen die deutsche Öffentlichkeit von dem bevorstehenden Abschluß eines vertraglichen Abkommens zwischen der badischen Regierung und dem Präfekten von Straßburg als der für den Straßburger Hafen zuständigen Stelle über die gerneinsame Inbetriebnahme des seit dem militärischen Zusammenbruch stillgelegten Kehler Hafens unterrichtet. Nach diesen Pressemeldungen sollen zwischen den Vertragspartnern seit zwei Jahren Verhandlungen mit dem Ziele geführt worden


    (Maier [Freiburg])

    sein, eine deutsch-französische, paritätisch zusammengesetzte Organisation zu schaffen, die auf Grund eines Statuts nicht etwa die beiden Häfen Straßburg und Kehl, sondern nur den deutschen Hafen Kehl verwalten sollte.
    Weder die Abgeordneten des badischen Landtags noch die Mitglieder des Deutschen Bundestages sind während dieser zwei Jahre über die Absichten rer Regierung des Landes Baden oder über eine Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem für die gesamte Bundesrepublik bedeutsamen Projekt unterrichtet worden, obwohl die Frage der Stadt und des Hafens Kehl schon zur Zeit der Beratungen des Grundgesetzes und später bei den Außenministerkonferenzen der Alliierten eine für die Bundesrepublik bedeutsame Rolle gespielt hat.
    Kehl war bekanntlich die einzige deutsche Stadt, die nicht nur wie das übrige Bundesgebiet besetzt, sondern darüber hinaus unter französisches Recht gestellt war. Französischerseits war Kehl nach 1945 aus dem Katalog der badischen Gemeinden ausgeklammert und von der französischen Besatzungsmacht 1946 offiziell zum französischen Gebiet erklärt worden. Damit sollten die französischen Aneignungsbestrebungen, die schon auf das Jahr 1679 zurückgehen und die diesen rechtsrheinischen Brückenkopf siebenmal, zum Teil jahrzehntelang, unter französische Herrschaft gebracht haben, ihre endliche Krönung erfahren. Ähnliche Bestrebungen nach 1918, bei denen man sich separatistischer Bewegungen, wie etwa des mißglückten Versuchs der Gründung einer selbständigen Republik Legelshurst im Kreise Kehl bediente, sind trotz der elfjährigen Besetzung von 1919 bis 1930 an dem entschlossenen Widerstand der Kehler Bevölkerung und der damaligen deutschen Reichsregierungen gescheitert. Neben dem strategischen Ziel der Erlangung eines rechtsrheinischen Brückenkopfes gingen auch damals schon die französischen Bestrebungen auf die Beherrschung des Hafens von Kehl. Von 1921 bis 1928 war der Hafen einer französischen Direktion unterstellt, und damit war Kehl zeitweise verkehrsmäßig vom Reichsgebiet abgeschnürt. Weder die erwähnten Maßnahmen noch die Anstrengungen kultureller Art, die Bevölkerung zum Abfall vom Reich zu bewegen, führten zum Erfolg. Die Heimattreue der Kehler war stärker als alle Drohungen oder Verlockungen. Das Reich hat diese Treue durch größere finanzielle Zuwendungen aus dem damaligen Grenzlandfonds gelohnt.
    Wie schon erwähnt, hat die französische Politik auch nach 1945 die gleichen Absichten wie nach dem ersten Weltkrieg verfolgt. Sie hoffte, ihr Ziel diesmal um so leichter zu erreichen, als die Bevölkerung der Stadt Kehl beim Einzug der Besatzungstruppen evakuiert war, keine Reichsregierung die Interessen der Stadt und des Hafens zunächst wahrnehmen konnte und eine Landesregierung nicht das politische Gewicht hatte, eine rasche Entscheidung zugunsten der verloren scheinenden Stadt und ihrer Bevölkerung herbeizuführen. Die französischen Absichten wurden erst vereitelt, als es bei der Washingtoner Deutschlandbesprechung der Außenminister vom 6. bis 8. April 1949 zu dem Abkommen über Kehl kam, das bestimmte, daß Kehl in Etappen während vier Jahren von der französischen Bevölkerung geräumt und die Stadt selbst nach und nach der deutschen Verwaltung zurückgegeben werden sollte.
    Seitdem sind Teile der Stadt freigegeben worden und einige tausend ihrer Bewohner in ihre teilzerstörten und völlig ausgeräumten Wohnungen zurückgekehrt. Die alte Brückenkopfstrategie dürfte man im Zeitalter europäischer Unionsbestreljungen und im Zeichen deutsch-französischer Verständigung nicht mehr weiter verfolgen können, wenngleich der noch heute den deutschen vom französischen Teil trennende Stacheldrahtzaun nicht gerade als Symbol der Völkerverständigung und Freundschaft angesehen werden kann.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Hinsichtlich der erzieherischen und kulturellen Bestrebungen, die Bevölkerung zu beeinflussen, dürfte man auch nicht mehr Glück haben als in der Zeit nach 1918.
    Es bleibt nur die Hoffnung auf Erreichung der wirtschaftlichen Zielsetzungen; und dabei nimmt der Kehler Hafen den ersten Rang ein. Wenn man auch mit Rücksicht auf die seit 1949 eingetretene Entwicklung die 1921 noch geübten Methoden nicht mehr in Anwendung bringen kann, so zeigt doch der nach Pressemeldungen inzwischen unterzeichnete Vertrag, dem das Bundeskabinett seine Zustimmung erteilt hat, daß sich die Methoden zur Erreichung wirtschaftsegoistischer Zielsetzungen zwar verfeinert haben, die Tendenz aber die gleiche geblieben ist.
    Wir hätten durchaus nichts dagegen einzuwenden gehabt, wenn im Zeichen der Europaunion eine gemeinsame Verwaltung für die beiden benachbarten Häfen von Straßburg und Kehl angestrebt worden wäre. Wir haben auch Verständnis dafür, daß alles geschieht, um durch die Wiederinbetriebnahme des Kehler Hafens der Stadt Kehl, die so unendlichen Schaden gelitten hat, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu helfen. Meine Fraktion ist bereit, jede Maßnahme zu unterstützen, die auf dem legalen Wege und im Geiste echter Verständigungsbereitschaft zum Erfolg führt. Wir wenden uns aber mit aller Entschiedenheit dagegen, daß von einer nach unserer Auffassung für den Abschluß eines so bedeutsamen Vertrages mit dem Ausland unzuständigen Stelle ein Abkommen abgeschlossen wurde, das in vielen Punkten gesamtdeutsche Wirtschaftsinteressen verletzt und das, wie ein 34 Seiten umfassendes Rechtsgutachten des Professors Ernst Forsthoff von der Heidelberger Universität feststellt, über den Zuständigkeitsmangel hinaus auch eine Verletzung des Art. 98 der badischen Verfassung darstellt.
    Das Abkommen sieht vor, daß ein Verwaltungsapparat geschaffen wird, der künftig die Geschicke des Kehler Hafens bestimmen soll. In einer Vereinbarung sind Bedingungen niedergelegt, wonach die Kehler Hafenverwaltung verpflichtet wird, bei ihrer Gebühren- und Tarifpolitik Kehl nicht günstiger zu stellen als Straßburg. Hätte diese Bestimmung nur eine friedliche Wettbewerbsregelung zur Absicht, dann wäre sie zu begrüßen. Leider handelt es sich aber um eine einseitige Festlegung für die Kehler Hafenverwaltung, während Straßburg in seinen Entschlüssen vollkommen frei bleibt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Straßburger Verwaltung kann also ihre Tarife und Gebühren nach eigenem Ermessen festsetzen, so daß die einseitige Konkurrenzklausel ausschließlich die deutsche Wirtschaft belastet.
    Noch nachteiliger aber wirkt sich für Deutschland der Aufbau der Organisation des Kehler Hafens aus. Während der autonome Straßburger Hafen vom Vertrag unberührt bleibt und keine deutsche Stelle bei seiner Verwaltung auch nur


    (Maier [Freiburg])

    ein beschränktes Mitspracherecht hat, wird der deutsche Hafen Kehl einer gemischten Verwaltung unterstellt, bei der das Schwergewicht der Kompetenzen bei einem zwar paritätisch zusammengesetzten Verwaltungsrat liegt, dessen französischer Präsident aber bei Stimmengleichheit den Stichentscheid gibt.

    (Hört! Hört! links.)

    Zwar stellt die deutsche Seite in der Hafendirektion den leitenden Direktor, der französische Partner den Vizedirektor; aber alle wichtigen Beschlüsse dieses Direktoriums erfordern die Zustimmung des Verwaltungsrats. Dieser wird also letzten Endes über die Festsetzung der Gebühren und Tarife, über die Regelung des Betriebs, also über die wirtschaftliche Funktion, zu beschließen haben. Es genügt nach dem Abkommen der Einspruch des französischen Vizedirektors gegen eine Maßnahme des Hafendirektors, um den Verwaltungsrat entscheidend tätig werden zu lassen.
    Nun geht aus einem Schreiben des Herrn Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, Professor Hallstein, an den Vorsitzenden des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten, Professor Carlo Schmid, hervor, daß nach einem Briefwechsel des badischen Staatspräsidenten Wohleb mit dem Direktor des autonomen Hafens von Straßburg der Stichentscheid des französischen Verwaltungspräsidenten sich ausschließlich auf Fragen beschränke, die den Durchgangsverkehr betreffen, und daß für alle Fragen, die mit dem in Kehl abzuwickelnden Binnenverkehr und mit dem Import und Export nach dem deutschen Hinterland von Kehl zusammenhängen, die Stichentscheidbefugnis dein deutschen Vizepräsidenten zukommt.
    Dasselbe gilt auch für die übrigen Fragen des Hafenbetriebs mit der Einschränkung, daß die französische Seite nachweise, daß durch sie dem Hafen von Straßburg auf dem Gebiete des Durchgangsverkehrs eine unfruchtbare Konkurrenz erwachse. Damit hat § 14 Ziffer 4 des Abkommens durch die Interpretierung der Worte „die Grundsätze oder den Geist des Abkommens" eine Einengung erfahren. Es bleibt aber immer noch der dehnbare Begriff „unfruchtbare Konkurrenz" neben einer Reihe von Bestimmungen, die den Vertrag in seiner jetzigen Gestalt unerwünscht erscheinen lassen. Es besteht zwar für Streitfälle aus diesen Vertragsbestimmungen nach Art. 9 eine Schiedskommission aus je einem Vertreter beider Teile und einem von diesen benannten Dritten als Schiedsrichter; aber auch nach dieser Bestimmung erfolgt bei Nichteinigung die Benennung des Obmannes wieder durch einen Franzosen, den Generalsekretär des Europarates, und es ist kaum anzunehmen, daß im Falle einer solchen Berufung französische Interessen ohne Einfluß bleiben werden.
    Wenn schon davon gesprochen wurde, daß in dem Abkommen, das der badische Staatspräsident noch vor dem für die Südweststaatabstimmung vorgesehenen 16. September unter Dach und Fach bringen wollte, um in der Propaganda mangels innerpolitischer Erfolge wenigstens einen außenpolitischen nachweisen zu können, gesamtdeutsche Interessen verletzt sind, so gilt das noch in ganz besonderem Maße für die Stadt Kehl und ihre Bevölkerung, die man während der fast zweijährigen Verhandlungsdauer weder angehört hat noch über den jeweiligen Stand unterrichtete. In einer einstimmig gefaßten Entschließung hat nach Bekanntwerden des Abkommens über den Kehler Hafen als unmittelbar Betroffener der Kehler Stadtrat Stellung genommen, indem er sich über das Verhalten der badischen Landesregierung beschwerte, die die Stadt weder über den Vertragsentwurf unterrichtete noch in einer für die Lebensinteressen des Gemeinwesens so außerordentlich wichtigen Frage um eine Stellungnahme ersucht habe. Art. 98 Abs. 2 der badischen Verfassung sieht bei wichtigen Entscheidungen das Anhören der Gemeinden vor. Im weiteren wendet sich der Stadtrat gegen eine die Stadt Kehl in ihrem Lebensnerv treffende Bestimmung, nach der sich das Land Baden verpflichtet, Grundstücke und Gebäude, die zum Hafenbetrieb notwendig sind, zu erwerben und an die Hafenverwaltung zu verpachten. Damit besitzt ein Organ, auf welches die Stadt gar keinen Einfluß hat, das Monopol des Grunderwerbs im Kehler Hafengebiet. Durch diese Bestimmung wird die Entwicklungsmöglichkeit der Stadt und ihre wirtschaftliche Existenz schwerstens gefährdet. Endlich sollen im Hafengebiet in erster Linie gemischte deutsch-französische Unternehmen tätig werden, was eine Ansiedlung kapitalstarker deutscher Industrieunternehmungen wenig wahrscheinlich macht und damit eine Industrieansiedlungspolitik der Stadtverwaltung fast ausschließt. Hinzu kommt noch, daß die Hafenverwaltung nach der Satzung berechtigt ist, staatlichen Grundbesitz an Private weiterzuveräußern.
    Am 29. August äußerte sich die Industrie- und Handelskammer Mittelbadens in einem der Kehler Resolution ähnlichen Schreiben gegen den Vertragsentwurf. Anläßlich der Etatsberatungen im badischen Landtag nahm die aus SPD und FDP bestehende Opposition in heftigen kritischen Ausführungen zu dem Abkommen über den Kehler Hafen Stellung. Eine große Zahl angesehener deutscher politischer und wirtschaftlicher Zeitungen lösten mit ihren kritischen Betrachtungen eine rege öffentliche Diskussion über das Kehler Hafenproblem aus. Weiter soll nach Pressemeldungen auch der Herr Bundeskanzler anläßlich seiner Rückreise aus der Schweiz in Freiburg Station gemacht und dem badischen Staatspräsidenten einige Zurückhaltung in der Kehler Vertragsangelegenheit empfohlen haben. Schließlich hat meine Fraktion die heute zur Beratung stehende Interpellation Drucksache Nr. 2594 eingebracht, um die Stellungnahme der Bundesregierung zu dem ihr damals als Entwurf zur Genehmigung vorliegenden Kehler Abkommen zu erfahren. Dabei hegten meine Freunde noch die Hoffnung, daß die Bundesregierung schon im Hinblick auf die zahlreichen verfassungsrechtlichen Zweifel, die dem Vertragstext anhaften, aber auch mit Rücksicht auf die bei Außerkraftsetzung des Besatzungsstatuts entstehende veränderte Rechtslage eine Entscheidung mindestens so lange zurückstellen werde, bis sie dem Bundestag über den Stand der Dinge berichtet und ihre Auffassung dazu dargelegt haben würde. Statt dessen hat das Hohe Haus wieder einmal mehr erfahren müssen, mit welcher Geringschätzung die Bundesregierung über eine Interpellation einer großen Fraktion in einer für die Bundesrepublik wichtigen außenpolitischen Frage hinweggeht, indem die Bundesregierung ihre Zustimmung zum Kehler Abkommen erteilt hat, ehe die Interpellation der SPD-Fraktion im Bundestag beantwortet wurde. Meine Fraktion verwahrt sich aufs schärfste gegen diese neuerliche Mißachtung des Parlaments, das man


    (Maier [Freiburg])

    selbst unter Außerachtlassung des politischen Takts vor vollendete Tatsachen stellt.
    Nach neuesten Mitteilungen hat das Abkommen über derf Kehler Hafen durch die in einem feierlichen Akt vollzogene Unterschrift der Partner am 18. Oktober in Straßburg Rechtskraft erlangt, nachdem zuvor durch den Briefwechsel des Staatspräsidenten Wohleb mit dem Direktor der Straßburger Hafenverwaltung die Bedenken der Bundesregierung nach ihrer Meinung ausgeräumt waren. Wir stellen demgegenüber fest, daß die in dem der Bundesregierung vorliegenden Rechtsgutachten des Professors Forsthoff dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken nach unserer Meinung durch den Briefwechsel nicht beseitigt sind. Die Rechtsmängel, die dem Vertrag anhaften, werden durch die Zustimmung der Bundesregierung nicht nur nicht geheilt; die Bundesregierung verstößt vielmehr, wenn sie einem Vertrag, den ein Land unter Verletzung der Zuständigkeitsvorschriften des Grundgesetzes oder der eigenen Landesverfassung abgeschlossen hat, zustimmt, selbst gegen das Grundgesetz. Nach dem zur Angelegenheit vorliegenden Rechtsgutachten liegt nach dem heutigen Stand der Dinge eine doppelte Verfassungsverletzung vor: einmal hat die badische Regierung gegen das Grundgesetz und gegen die badische Verfassung verstoßen und damit verfassungswidrig gehandelt, zum andern hat die Bundesregierung, indem sie einen gegen das Grundgesetz und die badische Verfassung zustande gekommenen Vertrag genehmigt, selbst gegen das Grundgesetz verstoßen. Meine Fraktion wird deshalb in eine Prüfung der Tatbestände eintreten und gegebenenfalls eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeiführen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Da wir beide Punkte verbunden haben, darf ich vorschlagen, daß wir zunächst die Berichterstattung des Herrn Abgeordneten Gengler zum Punkt 1 b hören, obwohl eine sachliche Beziehung außer dem Namen Kehl nicht unbedingt gegeben ist. Herr Abgeordneter Gengler, darf ich bitten!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Gengler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meinne Damen und Herren! Abweichend von der durch meinen Vorredner begründeten Interpellation befaßt sich mein Bericht nur mit den wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten der Stadt Kehl.
    Die mit dem Antrag Drucksache Nr. 1493 der CDU/CSU betreffend Wiederbesiedlung der Stadt Kehl zusammenhängenden Fragen haben den Deutschen Bundestag bereits in der 22. Sitzung vom 9. Dezember 1949 und in der 104. Sitzung vom 6. Dezember 1950 beschäftigt. Auf Grund des gestellten Antrags, der die Gewährung bestimmter Zuschüsse verlangt, hat sich der Haushaltsausschuß in seinen Sitzungen vom 17. und 24. Oktober 1951 erneut mit den ganz besonders gelagerten Verhältnissen der Stadt Kehl befaßt. Von den Antragstellern wurde darauf hingewiesen, daß die Lage von Kehl ebenso exzeptionell sei wie die der Stadt Berlin.
    Im Gefolge crer Besetzung durch französische Truppen im April 1945 entstand in Kehl der Zustand einer von Frankreich annektierten Stadt, die vorher von der deutschen Bevölkerung völlig geräumt war. Das Gebiet wurde, wie bereits mein Vorredner in seiner Interpellation angeführt hat,
    durch Stacheldraht vom deutschen Gebiet völlig abgesperrt.
    Nachdem die Stadt vor der Besetzung monatelang den Beschießungen ausgesetzt war, wurde sie nach der Besetzung teilweise zerstört. In größerem Umfange wurden von der Besatzungsmacht Sprengungen und Abbrüche vorgenommen. Unter anderem wurden, um zwischen der Straßenbrücke Straßburg-Kehl und der Hauptstraße von Kehl eine freie Durchfahrt zu schaffen, ganze Häuserblocks niedergelegt. Ferner wurden von der Stadtverwaltung Straßburg zur Wiederherstellung beschädigter Anwesen in Kehl nicht nur teilgeschädigte Anwesen, sondern auch unbeschädigte Gebäude abgerissen, um daraus Baumaterial für Straßburg zu gewinnen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Darüber hinaus war den Kehlern durch das bis zum Washingtoner Abkommen im Jahre 1949 streng durchgeführte Verbot der Rückkehr in die Heimatgemeinde jede Möglichkeit genommen, in "der Zeitspanne von der Räumung der Stadt im November 1944 bis zum Beginn der teilweisen Wiederbesiedlung im Sommer 1949 an Ort und Stelle für ihr Hab und Gut zu sorgen und ihre häusliche Existenz wiederaufzubauen. Die ab 1949 zurückkehrenden Kehler haben in ihrer Stadt außer den nackten Wänden, sofern diese überhaupt noch standen, nichts mehr von ihrem Eigentum vorgefunden. Während im übrigen Bundesgebiet die Wirtschaft nach Einstellung der Kampfhandlungen, wenn auch langsam, mit dem Wirtschaftsaufbau beginnen konnte, war das Wirtschaftsleben in Kehl tot.
    Das Kernstück der Kehler Wirtschaft ist naturgemäß der Kehler Hafen. Ohne diesen ist die Stadt nicht lebensfähig, und ohne diesen werden der Wiederaufbau und die Wiederbesiedlung der Stadt ihren Sinn verfehlen. Der Hafen ist jedoch seit 1945 praktisch nicht mehr benutzt worden. Die technischen Einrichtungen sind weitgehend demontiert oder zerstört worden. Die Hafenbecken selbst sind versandet und daher im jetzigen Zustand nicht verwendbar.
    Nach Sachverständigenschätzungen ist damit zu rechnen, daß allein zur Wiederherstellung der landeseigenen Hafenanlagen und zur Ausbaggerung der Hafenbecken 11 Millionen DM aufgewendet werden müßten. Die Kosten für die Wiederherstellung des früheren Zustandes der in Privateigentum stehenden technischen Einrichtungen und Gebäude des Hafens werden auf 20 Millionen DM geschätzt. Bei diesem Finanzbedarf sind nicht die sehr hohen Kosten für die Remontage der demontierten Fabrikanlagen und auch nicht die Aufwendungen für die Erfüllung kommunaler Aufgaben und Ausgaben berücksichtigt, die u. a. für die Wiederherstellung der Kanalisation, des Straßenbaus, der Straßenbeleuchtung und der sonstigen Baulichkeiten entstehen. In gewissem Sinne haben wir es hier mit einer ganz neuen Stadtwerdung zu tun.
    Für den Wiederaufbau der Stadt Kehl und des Hafens hat das Land Baden wesentliche Teile des seinerzeitigen Notopfers Berlin-Kehl verwendet. Nach dem Übergang dieses Notopfers an den Bund als Notopfer Berlin wurde von Baden beantragt, daß im Rahmen der bisherigen Mittel durch das Notopfer des Landes Baden weiterhin die Bedürfnisse der Bevölkerung der Stadt Kehl und des gesamten Wiederaufbaus berücksichtigt werden. Der Herr Bundesfinanzminister hat in der 22. Sitzung des Deutschen Bundestags seine Bereitwilligkeit


    (Gengler)

    erklärt, eine solche Nothilfe aus Bundesmitteln weiterhin zu geben. Nach den von dem Herrn Bundesfinanzminister gegebenen Auskünften hat die Bundesregierung diese besondere Hilfe für Kehl auf dem Wege über den horizontalen Finanzausgleich durchgeführt. Unter ausdrücklicher Benennung der Stadt Kehl wurde in den horizontalen Finanzausgleich eine Bestimmung hineingenommen, nach der dem Lande Baden im Jahre 1950 ein Ausgleichsbetrag von 2 Millionen DM gewährt wurde.
    Zu der Frage weiterer Hilfe sowohl als verlorener Zuschuß als auch als Darlehen hat der Haushaltsausschuß die Bundesregierung um eine Stellungnahme gebeten. Diese Stellungnahme wurde in der heutigen Sitzung des Haushaltsausschusses gegeben. Das diesbezügliche Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 23. Oktober 1951 an den Haushaltsausschuß des Bundestages lautet:
    Betreff: Wiederbesiedlung der Stadt Kehl
    Bezug: Antrag der Fraktion der CDU/CSU vom 19. Oktober 1950 — Nr. 1493 der Drucksachen -.
    Die sich aus der Sperrung der Stadt Kehl ergebende Belastung des Landes Baden wird im Finanzausgleich 1950 mit einem Ausgleichsbetrag von 2 Millionen DM zugunsten des Landes Baden berücksichtigt. Ein gleicher Betrag ist auch im Finanzausgleich 1951 vorgesehen.
    Im Haushaltsjahr 1951 ist die Bereitstellung von Bundesmitteln für die Wiederbesiedlung der Stadt Kehl nicht möglich. Es ist jedoch beabsichtigt, im außerordentlichen Haushalt 1952 einen Betrag von 5 Millionen DM als Darlehen an das Land Baden für produktive Investitionsmaßnahmen bei der Wiederbesiedlung der Stadt Kehl einzusetzen.
    Ich darf mir für die Sitzung des Haushaltsausschusses am 24. Oktober nähere Erläuterungen dazu vorbehalten.
    Gezeichnet: Schäffer.
    Dieses Schreiben des Herrn Bundesministers stellt an sich eine anerkennenswerte feste Zusage zur Hilfe für Kehl dar. Bei der Aussprache über diese Stellungnahme des Bundesfinanzministers wurde zur Frage der Leistungen des Landes Baden aus dem früheren Notopfer Berlin-Kehl im Ausschuß vermerkt, daß dieses nur aus dem Aufkommen eines halben Jahres genommen werden konnte und die Leistungen des Landes dadurch beschränkt waren. Die Größenordnung des Notopfers gäbe aber, auf ein Jahr gerechnet, statt 8 Millionen DM Aufkommen ein solches von 14 bis 15 Millionen DM; dementsprechend wäre auch der Rückfluß höher anzusetzen.
    Im ganzen handelt es sich, so wurde im Ausschuß betont, um die Rückkehr der Stadt und des Hafens in das deutsche Hoheitsgebiet. Bei der Wiederbesiedlung und dem Wiederaufbau der Stadt Kehl, die nach Maßgabe der Räumung erfolgen, handelt es sich auch nicht um Investitionen im üblichen Sinne, sondern vielmehr um Wiederherstellung. Der Ausschuß war sich darin einig, daß für diese Wiederherstellung der Stadt Kehl und insbesondere des Hafens neben Darlehen auch verlorene Zuschüsse oder Beiträge gegeben werden sollen. Aus etatsrechtlichen Gründen glaubte der Haushaltsausschuß aber, der Festsetzung im Haushalt 1952 nicht vorgreifen zu können; er hat sich hierzu auf die Aufstellung des Grundsatzes beschränkt und von der Nennung eines bestimmten Betrages abgesehen. Dieser Betrag ist im Verhandlungswege mit dem Lande Baden zu klären und dann im neuen Haushalt vorzusehen.
    Es wurde betont, daß die Wiederherstellung von Hafen und Stadt Kehl über die Leistungsfähigkeit eines Bundesstaates hinausgehe und daß es sich hier um eine gesamtdeutsche Angelegenheit handle. Im Falle Kehl — das muß ich besonders hervorheben — handelt es sich auch um einen ausgesprochenen Sonderfall, wie er im übrigen Bundesgebiet nicht zu verzeichnen ist.
    Bezüglich der Ziffer 2 des Antrags auf Drucksache Nr. 1493 war der Ausschuß der Auffassung, daß diese durch die im horizontalen Finanzausgleich gewährten Beträge berücksichtigt sei und daß damit dieser Teil des Antrages als erledigt angesehen werden könne.
    Im Auftrage des Haushaltsausschusses habe ich dem Hause folgenden Antrag zu unterbreiten. Er ist als Drucksache Nr. 2713 vervielfältigt und lautet:
    Der Bundestag wolle beschließen,
    den Antrag Nr. 1493 der Drucksachen durch die Erklärung der Bundesregierung vom 23. Oktober 1951 für erledigt zu erklären mit der Maßgabe, daß die Bundesregierung beauftragt wird, die für die Wiederbesiedlung der Stadt Kehl und für die Wiederbelebung ihrer Wirtschaftskraft erforderlichen Beträge gemeinsam mit dem Land Baden zu ermitteln und im Haushalt 1952 die erforderlichen Teilbeträge als Darlehen und Zuschüsse einzustellen.
    Ich darf noch darauf hinweisen, daß unter „Wiederbelebung ihrer Wirtschaftskraft" insbesondere verstanden wird, daß der Hafen Kehl hier mit einbegriffen ist.
    Namens des Ausschusses beantrage ich Zustimmung zu diesem im Haushaltsausschuß einstimmig gefaßten Beschluß.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)