Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben — das möchte ich zur Einleitung dem Herrn Kollegen Renner und seinen Parteifreunden sagen — Verständnis dafür, daß diese Leute, da sie gezwungen sind, um ihren Kopf zu kämpfen, jede Gelegenheit ergreifen, um ihre Bewährung zu erweisen.
Aber ich hätte doch gehofft, daß sie sich in dem Bestreben, immer und immer wieder ihr politisches Hennecke-Übersoll zu schaffen,
einen besseren Anlaß ausgesucht hätten als den, der heute zur Debatte steht.
Meine Damen und Herren, das, was jetzt in Rumänien geschieht, ist, so hoffen wir, das letzte Glied in der großen Kette der Tragödien, die sich seit dem Jahre 1945 abgespielt haben. Nach der Austreibung der Deutschen aus den Gebieten hinter der Oder und Neiße, aus dem Sudetenland, aus Ungarn und Jugoslawien ist nun die Reihe auch an die letzten gekommen, die in Rumänien im Banat noch am Leben geblieben sind. Daß sie eine Heimat haben, das kann man ja wahrhaftig schon nicht mehr behaupten.
Wenn wir hier zum Protest unsere Stimme erheben, so kommt dem eine besondere Bedeutung zu. Als die große Tragödie des Jahres 1945 und die der folgenden Jahre abrollte, gab es kein deutsches Parlament. Jetzt aber ist ein deutsches Parlament geschaffen. Da haben wir die Pflicht, die Stimme dieses Parlaments zur Geltung zu bringen. Wir hoffen, daß diese Stimme auch über die Grenzen dieses Landes hinausdringt.
Ich möchte den Herren von da drüben noch eines sagen. Durch die Austreibung und durch das, was jetzt geschieht, ist etwas vernichtet worden, was auch Sie ein wenig angehen sollte, nämlich eine bodenständige, verwurzelte Arbeiterbewegung.
Ich rede jetzt nicht von dem, was in den Sudeten war,
was in Schlesien und was auch in Ungarn und Jugoslawien gewesen ist. Ich will bei der Sache bleiben. Ich weiß, daß es in diesem von Deutschen bewohnten Teile Rumäniens eine schwache, aber tapfere Arbeiterbewegung gegeben hat. Das, was nach den Efscheinungen des Krieges und der ganzen Politik und der Halb- und Ganzdiktaturen, die auch dort herrschten, noch übrig geblieben ist, das wird nun jetzt noch vernichtet und zugrunde gerichtet.
Wenn wir als deutsche Sozialdemokraten, für die ich zu sprechen die Ehre habe, das Wort nehmen, so können wir uns darauf berufen, daß wir gegen jede Barbarei gekämpft haben, ganz gleich, von wem und gegen wen sie begangen wurde, ganz gleich, in welcher Nation, gegen welche Konfession und gegen welche Rasse.
Ich gebe zu, es können nicht alle, die heute die Stimme zum Protest erheben, das gleiche von sich behaupten.
Das mag traurig und bedauerlich sein im Interesse der Sache, um die es geht. Aber ich erkläre, daß wir deutschen Sozialdemokraten uns mit dem ganzen moralischen Gewicht unserer Partei dem Protest anschließen und daß wir den Appell über dieses Haus hinaus an das deutsche Volk und an die Welt richten, in der Hoffnung, daß endlich die Menschlichkeit so stark sein werde, der Fortsetzung dieser Barbarei ein Ende zu bereiten.
Namens meiner Fraktion schließe ich mich den Anträgen an, diesen Antrag, an den Ausschuß für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten und an den Ausschuß für die Angelegenheiten der Heimatvertriebenen zu überweisen. Diese Ausschüsse mögen dem Hohen Hause die geeigneten Anregungen unterbreiten, damit Maßnahmen ergriffen werden können, um dieser Schande unserer Zeit ein Ende zu bereiten.