Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine beiden Vorredner haben den Fragenkomplex bereits eingehend geschildert. Es handelt sich hier um einen Teil des furchtbaren Schicksals des Deutschtums im Südosten nach dem zweiten Weltkrieg. Die Banater Schwaben sind nur ein kleiner Teil der früher mehr als 3 Millionen Deutschen, die in dem Raum des früheren Ungarn und später in den drei Nachfolgestaaten gelebt haben.
Aus einer Wüste ward ein blühend Eden, aus Sümpfen hob sich eine neue Welt.
Man kann wohl sagen, daß diese Donauschwaben, darunter die Banater Schwaben, bestimmt auf der Welt zu den besten Kolonisatoren gehören. Wer diese Gebiete jemals bereist hat, wird einsehen, daß sie zu dem besten Bauerntum auch des gesamten Deutschtums, inklusive Deutschland und Österreich, gehören. Sie haben ihre Aufgabe jahrhundertelang hindurch glänzend erfüllt. Nach dem ersten Weltkrieg wurden sie in drei Staaten aufgeteilt.
Es kam das Zeitalter der Minderheiten in Europa. Es wurden ihnen in Minderheiten-Schutzverträgen internationaler Art, in den Staatsverfassungen ihrer Staaten, in den staatlichen Gesetzen alle möglichen Rechte zugesichert; es wurde ihnen auch das Recht zugestanden, ihre eigenen kulturellen und wirtschaftlichen und politischen Organisationen zu schaffen. Sie haben es getan, und das, was ihnen bewilligt wurde — mit vollem Recht —, das hat man nachher zum Anlaß genommen, um ihr Schicksal radikal nach dem zweiten Weltkrieg zu ändern. Gewiß war die Frage der Einberufung der waffenfähigen Männer in die Waffen-SS heikel. Aber wie ist sie vor sich gegangen? Auch diese sind nur auf Grund von zwischenstaatlichen Verträgen — die die Regierungen ihrer eigenen Staaten mit dem „Dritten Reich" damals abgeschlossen hatten — eingerückt. Was war die Folge? Daß Hunderttausende dieser Menschen nach 1945 buchstäblich vernichtet wurden. Nur ein Teil konnte fliehen. Gerade von den Banater Schwaben, die rund 350 000 ausgemacht haben, sind nur wenige Zehntausende nach Österreich und in das Bundesgebiet gekommen. Der Rest ist zurückgeblieben. Man kann sagen, daß in Rumänien im allgemeinen nicht soviel Menschen umgekommen sind wie z. B. in Jugoslawien, wo fast 40 % der gesamten Bevölkerung deutscher Nationalität das Leben einbüßten. Aber die Banater Schwaben sind dadurch sehr betroffen mit den Siebenbürger Sachsen, die dageblieben
waren, daß Zehntausende von arbeitsfähigen Männern, Frauen und Mädchen nach Rußland verschleppt wurden. Ein Teil von ihnen kehrte nach Deutschland und Österreich zurück, ein Teil auch wieder in die Heimat.
Und nun, nach sechs Jahren Friedenszeit, sechs Jahre nach dem Krieg, beginnt wieder dasselbe Schicksal, und es ist kein Einzelfall. Es beleuchtet blitzartig die Situation, wie sie in diesen Ländern, die soviel von Freiheit und Frieden sprechen, aussieht. Schauen wir doch ein bißchen weiter in den Südosten. Aus Bulgarien werden seit den letzten Monaten laufend Zehntausende Türken nach der Türkei ausgewiesen. Wenn Sie die Zeitungen verfolgt haben, konnten Sie sehen, daß aus Budapest Zehntausende Menschen ausgesiedelt werden, aus der Stadt auf das Land, weil man angeblich diese Elemente nicht wünscht und weil man sie als unzuverlässig erklärt.
In diesen Rahmen fällt auch das Schicksal dieser Banater Schwaben. Entlang der jugoslawischen Grenze in einem etwa 50 bis 60 km breiten Streifen, hat man mit der Aussiedlung nicht nur von Deutschen — das wollen wir offen zugeben —begonnen. Am ersten waren die Serben dran, die geschlossen über die Grenze nach Jugoslawien ausgesiedelt wurden, und dann kamen Deutsche, zum Teil sogar auch Rumänen, auch andere Nationalitäten, sogar Tschechen eingenommen, in die Gebiete östlich und nordöstlich von Bukarest. Mein Vorredner Ott hat eingehend die Art und Weise geschildert, wie das alles vor sich geht.
Dieser Antrag, der hier gestellt ist, stellt uns nun vor die Frage: Was können wir machen oder was sollen wir machen? Auch ich bin der Meinung, daß das, was der Antrag verlangt, berechtigt ist. Er verlangt zunächst Protesterhebung. Das ist richtig, das können wir tun. Wir können in aller Feierlichkeit vor dem Bundestag, vor der deutschen Öffentlichkeit und damit vor der Weltöffentlichkeit Protest gegen dieses Vorgehen erheben. Er verlangt auf der andern Seite die Erhebung einer Klage bei den Vereinten Nationen. Wenn man dieses Problem genau studiert, so ist praktisch kein gangbarer Weg dazu vorhanden. Es ist nicht möglich, daß wir durch die Bundesregierung oder irgendeine andere Stelle dort eine klage erheben. Aber es ist möglich, verschiedene internationale Stellen auf diese Aufgabe aufmerksam zu machen, und darum halten wir es auch für richtig und glücklich, daß wir das Problem hier behandeln.
Auch ich möchte im Namen der FDP, der DP und der Bayernpartei den Antrag stellen, den zur Debatte stehenden Antrag nicht in der vorliegenden Form anzunehmen, sondern ihn dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu überweisen, aber zusätzlich noch an den Ausschuß für Heimatvertriebene, weil wir dort wirklich erörtern wollen, was wir machen können. Wir können in breitester Öffentlichkeit aufklärend wirken. Wir können Hilfe suchen bei allen möglichen internationalen Stellen. Das ist zum Teil geschehen.
Auch bei der Bundesregierung ist dieser Fall seit vielen Wochen bekannt, und das Bundesministerium für Vertriebene hat bereits vor mehreren Wochen einen Beauftragten der Banater Landsmannschaft in die Schweiz gesandt, der dort an verschiedenen Stellen vorgesprochen und um Hilfe nachgesucht hat.
Womit wir aber insbesondere helfen können, ist, daß wir einigen von diesen Menschen die Möglichkeit geben könnten, zu ihren Familienangehörigen ins Bundesgebiet zu kommen. Es gibt eine ganze Reihe von Banater Schwaben, die hier sind. Leider wird gerade die Erteilung der Zuzugsgenehmigungen in den letzten Monaten nicht so gehandhabt, wie es notwendig wäre. Wir wissen, daß bis zum 1. Februar dieses Jahres auf dem Gebiete des Zuzugs über verschiedene Stellen der Alliierten die einzelnen Länder zuständig waren. Bis dahin sind auch laufend aus diesen südöstlichen Gebieten — Ungarn, Rumänien und Jugoslawien — Familienzusammenführungen durchgeführt worden. Jetzt ist es so, daß das Bundesministerium des Innern für diese Frage zuständig ist.
Wir erlebten in den letzten Wochen eine ganze Reihe von Fällen, in denen sich die zuständigen Landesbehörden, nachdem sie den Zuzug erteilt hatten, bereit erklärten, Wohnraum und zum Teil Arbeitsplätze zu bewilligen. Das Bundesministerium hat den Zuzug abgelehnt!
Gerade diese Frage wird geeignet sein, um sich im Ausschuß darüber zu unterhalten, wie wir besonders für diese betroffenen Menschen die Möglichkeit schaffen können, den Begriff der Familienzusammenführung mit Rücksicht auf deren besondere Notlage etwas weiter und breiter zu fassen und ihnen die Möglichkeit zu schaffen, daß mehrere von ihnen herauskommen können. Ich glaube, wir werden im Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten und im Ausschuß für Heimatvertriebene die Möglichkeit haben, uns mit diesen Problemen eingehend zu befassen, und wir werden voraussichtlich auf Grund der Beschlüsse der Ausschüsse zu einer entsprechenden Entschließung des Bundestags kommen.