Rede von
Dr.
Heinrich
von
Brentano
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Die letzte Stellungnahme des Herrn Kollegen Ollenhauer zwingt mich zu einer Erwiderung.
Zunächst einmal: In dem ersten Teil der Erklärung, die Herr Kollege Ollenhauer hier abgegeben hat, hat er sich — und ich glaube, daß das für uns alle etwas erstaunlich war — dagegen verwahrt, daß der Herr Bundeskanzler und wir die Äußerungen des Herrn Luetkens falsch verstanden haben könnten, und er hat uns unterstellt, daß das nur böser Wille sei. Nun, meine Damen und Herren, die Tatsache, daß er anschließend für seine Partei und Fraktion Herrn Luetkens eine Mißbilligung ausgesprochen hat, scheint mir doch dafür zu sprechen, daß auch bei Ihnen diese Erklärung nicht richtig verstanden worden ist.
Und die zweite Stellungnahme: Ich habe kein Verständnis dafür, wenn Herr Ollenhauer dem Herrn Bundeskanzler und uns das Recht abspricht, die Politik der SPD zu kritisieren,
wobei ich doch nicht den Eindruck habe, daß etwa die sozialdemokratische Fraktion in der Kritik so zurückhaltend ist, wie sie das von uns erwartet.
Das dritte aber, meine Damen und Herren, hätte vielleicht der Kollege Ollenhauer besser nicht gesagt.
Er hat uns jetzt gesagt, Herr Bundeskanzler Adenauer habe bei seiner Rede in Berlin auch die Frage der Oder-Neiße-Linie angesprochen, und das sei in dem Zusammenhang nicht gut gewesen. Meine Damen und Herren, ich finde, es wäre vielleicht gut, wenn Herr Ollenhauer die Reden des Herrn Dr. Schumacher läse.
Am 8. Oktober hat der Bundeskanzler in Berlin das wiederholt, was in zwei Diskussionen hier im Bundestag Herr Dr. Schumacher gesagt hat, nämlich daß es keine deutsche Regierung geben dürfe, die eine deutsche Einheit anstrebe, ohne die Beseitigung der Oder-Neiße-Linie zu verlangen. Am 9. Oktober hat der SPD-Pressedienst geschrieben — und diesen Artikel können Sie auch mit der Überschrift „Es bleibt ein böser Zweifel" in der Presse finden —, Herr Dr. Adenauer habe in Berlin die Frage der Oder-Neiße-Linie angeschnitten, und man habe den peinlichen Eindruck, daß er das getan habe, um damit die Wiederherstellung der deutschen Einheit als solche zu verhindern. Am gleichen 9. Oktober hat Herr Dr. Schumacher in Hamburg gesprochen — seine Rede ist durch das Radio übertragen worden —, und dort hat er gesagt: Ich begrüße es, daß der Bundeskanzler Adenauer in Berlin auch die Frage der Oder-Neiße-Linie aufgegriffen
und damit
die Regierung — Herr Kollege Schumacher, lesen Sie Ihre Rede nach, wenn Sie sie vergessen haben! — die Konzeption übernommen hat, die die SPD ihr vorgeschrieben hat.
Meine Damen und Herren! Da kann ich nur wiederholen, was ich im Rundfunk am Freitag sagen wollte und was der Rundfunk in Frankfurt mir in seiner „Überparteilichkeit" zunächst herausgeschnitten hat: