Rede von
Marta
Schanzenbach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich muß zuerst etwas richtigstellen, was von Frau Thiele angeführt worden ist.
Sie erwähnte, daß Frau Wächter eine alte Sozialdemokratin sei. Ich glaube, daß Frau Wächter für die KP nur deshalb interessant ist, weil man ihr nachsagt, sie sei eine alte Sozialdemokratin, und weil man glaubt, daß man dieses Argument im propagandistischen Feldzug der KP sehr gut verwerten könne. Mir selbst ist nur bekannt — ich glaube, ich kenne Frau Wächter viel genauer als Frau Thiele —, daß Frau Wächter seit 1945 in der SPD war und vor längerer Zeit wegen ihres propagandistischen Auftretens für die KP aus der Sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen worden ist.
Außerdem muß ich auf folgendes hinweisen: Man
sagt hier, daß Frau Wächter 20 Angehörige verloren habe. Gewiß war sie in der Nazizeit eine der
Leidtragenden in bezug auf Verlust von Angehörigen, aber in dem einen Flugblatt, das von der
KPD herausgegeben worden ist, redet man von 15,
in einem anderen von 20. Es kommt also nicht auf
den Wahrheitsbeweis an, sondern es kommt darauf
an, daß eben etwas drinsteht. Außerdem glaube ich,
Frau Thiele, wäre es viel richtiger, wenn Sie sich
persönlich dafür einsetzten, daß die 19 sächsischen
Schüler, die in der Ostzone zu 130 Jahren Zuchthaus verurteilt worden sind, freigelassen würden
und daß alle die Menschen, die in Konzentrationslagern und noch in russischer Kriegsgefangenschaft sind, wieder der Freiheit übergeben würden.
Frau Thiele, wir haben es nicht nötig, daß wir Frauen nach Korea schicken, damit sie sich überzeugen, wie die Scheußlichkeiten eines Krieges o sind. Wir alle in Deutschland, besonders wir Frauen, haben den Krieg in aller Grausamkeit hier erlebt.
Ich glaube, daß sich die Frauen von Berlin noch sehr genau daran erinnern können, welche Scheußlichkeiten sie miterleben mußten, als die Russen in Berlin einzogen.
Es besteht gar keine Veranlassung, daß man sich hier für Frau Lilly Wächter einsetzt; denn es geht nicht um Frau Lilly Wächter, sondern es geht um eine Propagandaaktion der Kommunistischen Partei.
Wir beantragen deshalb, daß die von der KPD gestellten Anträge den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden.