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ID0116710800

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    6. Schanzenbach.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 167. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Oktober 1951 6819 167. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. Oktober 1951. Geschäftliche Mitteilungen 6820D Änderungen der Tagesordnung . . . .. 6820D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Tätigkeit von Deutschen bei den Besatzungsmächten (Nr. 2577 der Drucksachen) Beratung vertagt 6821A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Einsetzung. eines Untersuchungsausschusses nach Art. 44 des Grundgesetzes (Nr. 2655 der Drucksachen) 6821B Beschlußfassung 6821B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung von Mißständen in der Bundesverwaltung (Nr. 2657 der Drucksachen) 6821B Beschlußfassung 6821C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2500 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XXI — Haushalt der Bundesschuld (Nr. 2616 der Drucksachen) . . 6821C Abstimmung 6821C Einzelplan IX — Haushalt des Bundes- ministeriums für Wirtschaft (Nr. 2610 der Drucksachen) 6821D Dr. Vogel (CDU), Berichterstatter . 6821D Dr. Kreyssig (SPD) 6822A, 6838A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft .. 6825C Niebergall (KPD) 6828C Dr. Preusker (FDP) . . . . 6830A, 6838D Dr. Bertram (Z) 6832A Etzel (Duisburg) (CDU) . . 6833D, 6839B Ewers (DP) 6837A Abstimmung 6839D Einzelplan XII — Haushalt des Bundes- ministeriums für Verkehr (Nr. 2613 der Drucksachen) 6841C Dr. Bärsch (SPD), Berichterstatter . 6841D Beschlußfassung 6843A Einzelplan XIV — Haushalt des Bundesministeriums für Wohnungsbau (Nr. 2614 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 313) 6843B Dr.-Ing. Decker (BP), Berichterstatter 6843B Kalbfell (SPD) 6843C Lücke (CDU) 6845A, 6850D Dr. Reismann (Z) 6847A Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 6847C Dr. Wellhausen (FDP) . . . 6849B, 6851B Wirths (FDP): zur Sache 6849D zur Geschäftsordnung 6851B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6850A Erler (SPD) 6850C, 6851D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . . 6851A Abstimmungen 6851C, D Einzelplan XVI — Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen (Nr. 2615 der Drucksachen) 6852A Blachstein (SPD), Berichterstatter 6852A Beschlußfassung 6852B Einzelplan XXIV — Haushalt der Verteidigungslasten einschließlich Besatzungskosten und Auftragsausgaben; Einzelplan XXV — Haushalt der Auslaufzeit 1950 hinsichtlich der Verteidigungslasten einschließlich der Besatzungskosten und Auftragsausgaben; Einzelplan XXVII — Haushalt der sonstigen Verteidigungslasten (Nr. 2618 der Drucksachen) 6852C Krone (CDU), Berichterstatter . . 6852C Beschlußfassung 6852C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 (Nrn. 2628, 2245, 2391, 2518 der Drucksachen) . . . . 6839D Dr. Klein, Senator von Berlin, Berichterstatter 6840A Seuffert (SPD) 6840D Dr. Wellhausen (FDP) 6841B Beschlußfassung 6841C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Überwachung des Post- und Fernsprechverkehrs (Nr. 2551 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 327) . . . . 6852D Dr. Mommer (SPD), Interpellant 6852D, 6857A Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 6854B Schmitt (Mainz) (CDU) 6854D Kohl (Heilbronn) (FDP) 6855D Müller (Frankfurt) (KPD) 6856B Abstimmung 6857D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (Nr. 2573 der Drucksachen) 6857D Ausschußüberweisung 6857D Erste Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2572 der Drucksachen) 6857D Ausschußüberweisung 6858A Erste Beratung des von der Fraktion der KPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Enteignung und Überführung der Grundstoffindustrien in die Hand des Volkes (Nr. 2571 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Verbot des Umtausches von Aktien der neugegründeten „Einheitsgesellschaften" in der Montanindustrie gegen Aktien aus früherem Aktienbesitz (Nr. 2570 der Drucksachen) 6858A Agatz (KPD), Antragsteller . 6858A, 6862B Schöne (SPD) 6860C Krone (CDU) 6862A Übergang zur Tagesordnung (Nr. 2571 der Drucksachen) 6862C Ausschußüberweisung (Nr. 2570 der Drucksachen) 6862C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Zentrumsfraktion betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Notarordnung für das Land Rheinland-Pfalz (Nrn. 2586, 2171 der Drucksachen) . . . . 6862C Dr. Etzel (Bamberg), Berichterstatter 6862D Dr. Reismann (Z) 6863C Dr. Greve (SPD) 6863D Beschlußfassung 6864B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Zentrumsfraktion betr. Dotationen aus der Nazizeit (Nrn. 2587, 1592 der Drucksachen) 6864B Frau Meyer-Laule (SPD), Berichterstatterin 6864C Beschlußfassung 6865A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Außerkraftsetzung des Strafrechtsänderungsgesetzes (Nr. 2554 der Drucksachen) : Beratung abgesetzt 6865A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über die Interpellation der Abg. Hagge, Steinhörster u. Gen. betr. Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein (Nrn. 2588, 2147 der Drucksachen) 6865A Onnen (FDP), Berichterstatter . . 6865A Beschlußfassung 6865B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Zentrumsfraktion betr. Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Reichsleistungsgesetzes, des Leistungspflichtgesetzes im Lande Hessen sowie des Notleistungsgesetzes in Württemberg-Hohenzollern (Nrn. 2589, 657 der Drucksachen) 6865B Dr. Etzel (Bamberg), Berichterstatter 6865C Beschlußfassung 6866D Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Rückerstattung feststellbaren ehemals jüdischen Vermögens (Restitution) (Nr. 2447 der Drucksachen) 6867A Dr. Laforet (CSU) (zur Geschäftsordnung) 6867A Dr. Etzel (Bamberg) (BP): zur Sache 6867A persönliche Bemerkung 6870C Dr. Greve (SPD) (zur Geschäftsordnung) 6867C Beratung abgesetzt 6868A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Einstellung des Strafverfahrens gegen Frau Lilly Wächter (Nr 2578 der Drucksachen) 6868B Frau Thiele (KPD), Antragstellerin 6868B Frau Schanzenbach (SPD) 6869B Krone (CDU) (zur Geschäftsordnung) 6869D Übergang zur Tagesordnung 6869D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 322) 6870C Beschlußfassung 6870C Beratung der Übersicht Nr. 38 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 323) 6870C Beschlußfassung 6870C Nächste Sitzung 6870D Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Grete Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Am 4. Oktober 1951 wurde Frau Lilly Wächter aus Rastatt, eine deutsche Frau, nach dem Gesetz 14 der Hohen Kommission zu 8 Monaten Gefängnis und 15 000 Mark Geldstrafe verurteilt, weil sie auf Grund ihrer eigenen Erlebnisse vom Grauen des Krieges in Korea und von den unendlichen Leiden des koreanischen Volkes berichtet hat, die durch die amerikanischen Interventionspolitik in Korea entstanden sind.

    (Zuruf von der Mitte: Durch die russische!)

    — Herr Kollege Zwischenrufer, ich denke, Sie dürften andere Sorgen haben, wenn Sie sich an die Vorbehalte erinnern, die in Washington beschlossen worden sind und unsere Souveränität betreffen!

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Frau Lilly Wächter ist eine alte Sozialdemokratin und als solche ein ganzes Leben lang gegen Krieg und Kriegshetze aufgetreten. Im „Dritten Reich" wurde sie verfolgt und hat durch die Maßnahmen der Hitlerregierung allein 20 Angehörige verloren. Ihre Liebe zum Frieden, ihre Sorge, daß Deutschland nicht ein gleiches Schicksal erleide wie Korea, hat sie veranlaßt, mit einer Delegation der Internationalen Demokratischen Frauenföderation aus
    18 Ländern der verschiedenen Erdteile nach Korea zu reisen, um dort zu untersuchen, welche Greueltaten an dem koreanischen Volk geschehen sind. Ihre Tatsachenberichte darüber wurden aber vom amerikanischen Gericht als strafbare Handlung gegen die Interessen der Besatzungsmacht bezeichnet.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    In der Urteilsbegründung heißt es wörtlich: Der Kernpunkt der Anklage ist, daß die Behauptungen über die Grausamkeiten, Brutalitäten
    und Torturen an hilflosen Frauen und Kindern in Nordkorea seitens amerikanischer Soldaten feindselige und respektwidrige Handlungen gegenüber den alliierten Streitkräften darstellen. Dies sind die strittigen Punkte, die in diesem Fall zur Debatte stehen, und nicht die Wahrheit oder Unwahrheit der Behauptungen der Angeklagten

    (Hört! Hört! bei der KPD)

    bezüglich der angegebenen Grausamkeiten und Brutalitäten seitens der amerikanischen Soldaten in Korea.
    So in der Urteilsbegründung.
    Dieses amerikanische Besatzungsgericht stützt sich bei der Anklage und bei der Urteilsbegründung fast ausschließlich auf solche Personen, die im Dienst der amerikanischen Besatzung stehen und mit der Überwachung der Versammlungen beauftragt waren, oder auf solche Personen, die jeder anständige Deutsche nur als Agenten und Spitzel bezeichnen kann. Die Anträge der Verteidigung aber, durch welche zum Wahrheitsbeweis diejenigen geladen werden sollten, die mit in Korea gewesen sind, oder die Koreaner, die das Dokument an die UNO unterschrieben haben, wurden mit der Begründung abgelehnt, daß die Anklagebehörde nicht den Wahrheitsgehalt der Rede von Frau Wächter zum Gegenstand der Verhandlung mache.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Das kann uns allerdings nicht verwundern, denn die Wahrheit über Korea ist gleichzeitig auch die Wahrheit über die Amerika-Politik in Deutschland. Und diese Wahrheit können diejenigen nicht vertragen, die deutsche Menschen als Kanonenfutter gebrauchen wollen, denn diese Wahrheit über Korea rüttelt alle friedliebenden Menschen in Westdeutschland auf, die Kriegspläne abzulehnen und für die Verständigung zwischen Ost und West einzutreten. Diese Wahrheit über Korea zeigt allen Menschen in Westdeutschland auf, was Mr. McCloy gemeint hat, als er vor ungefähr fünf Vierteljahren sagte: Die Aufgaben, die die amerikanischen Besatzungstruppen in Deutschland haben, sind die gleichen Aufgaben, wie sie die Truppen in Korea haben.
    Sehen Sie, darum allein wurde Frau Wächter mit einer so hohen Strafe bedacht.
    Darum allein erhielt sie 8 Monate Gefängnis und 15 000 Mark Geldstrafe. Darum allein wurde dieses Schandurteil gesprochen. Ja, in der Urteilsbegründung heißt es sogar, daß, wenn das Geld nicht sofort eingezahlt wird, Frau Wächter unverzüglich eingesperrt und die Strafe auf ein Jahr Gefängnis verlängert wird.
    Wie zynisch die Einstellung der Richter dieser Kolonialjustiz gegenüber dem deutschen Volk ist, möchte ich Ihnen an einem weiteren Absatz aus dem Urteil beweisen. Hier heißt es:


    (Frau Thiele)

    Es war nicht notwendig, daß sie
    — nämlich Frau Wächter —
    nach Korea ging, um die Furchtbarkeiten und Schrecken des Krieges kennenzulernen und sie den Deutschen mitzuteilen. Es gibt wohl kaum ein Volk in der Welt, das mit den Furchtbarkeiten und Schrecken eines Krieges vertrauter ist als das deutsche Volk, und man kann mit Recht annehmen, daß das deutsche Volk diese Erlebnisse nicht vergessen hat, so daß es nicht notwendig gewesen wäre, eine besondere Reise zu machen, um Informationen über die Schrecken eines Krieges einzuholen.
    Aber sehen Sie, dieses gleiche deutsche Volk soll durch die amerikanische Politik in einen neuen Krieg getrieben werden.

    (Abg. Renner: Sehr gut!)

    Davor zu warnen, daß Deutschland nicht ein zweites Korea werde, hat sich Frau Wächter zur Aufgabe gesetzt.

    (Zuruf von der SPD: Das glauben Sie selbst nicht!)

    Im deutschen Volk hat sich Frau Wächter dadurch eine große Sympathie errungen. Der Richter mußte selbst zugeben, daß eine Flut von Telegrammen und Protestschriften eingegangen sei.

    (Zuruf von der SPD: Haben wir auch bekommen!)

    Diese Sympathien, diese Solidarität und diese Achtung aus allen Kreisen der Bevölkerung gilt der Frau, die aus ihrer ehrlichen, alten sozialdemokratischen Tradition heraus so mutig für die Erhaltung des Friedens eingetreten ist. Ich richte darum an Sie, meine Herren und Damen, als die gewählten Vertreter des Volkes die Bitte und Aufforderung, sich für Frau Wächter einzusetzen, sich für diese deutsche Frau einzusetzen, die sich für Sie, für alle Frauen und Mütter, für den Frieden eingesetzt hat, und gegen dieses Besatzungsurteil Protest einzulegen. Ich richte an Sie die Aufforderung, sich an die Hohe Kommission zu wenden und Aufhebung des Urteils der Militärbehörde gegen Frau Wächter zu fordern.
    Der Ihnen vorliegende Antrag ist infolge des bereits vollzogenen Urteilsspruchs von uns entsprechend abgeändert worden, und ich gestatte mir daher, Ihnen einen Zusatzantrag mit der Bitte um Zustimmung vorzulegen. Hier heißt es:
    Der Bundestag wolle beschließen:
    Die Bundesregierung wird beauftragt, unverzüglich von dem USA-Vertreter bei der Alliierten Hohen Kommission, Herrn McCloy, zu fordern, daß das gegen Frau Lilly Wächter ergangene, auf acht Monate Gefängnis und auf Zahlung von 15 000 DM Geldstrafe lautende Urteil des Militärgerichts der USA-Besatzungsmacht in Stuttgart aufgehoben wird.
    Meine Herren und Damen! Sie haben Gelegenheit, mit Ihrer Zustimmung zu . unserem Antrag der Bevölkerung draußen zu zeigen, daß Sie für deutsche Menschen gegenüber der Militärgerichtsbehörde eintreten. Ich gestatte mir, dem Herrn Präsidenten diesen Antrag zur Beschlußfassung vorzulegen.

    (Beifall bei der KPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Schanzenbach.

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    Rede von Marta Schanzenbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich muß zuerst etwas richtigstellen, was von Frau Thiele angeführt worden ist.
    Sie erwähnte, daß Frau Wächter eine alte Sozialdemokratin sei. Ich glaube, daß Frau Wächter für die KP nur deshalb interessant ist, weil man ihr nachsagt, sie sei eine alte Sozialdemokratin, und weil man glaubt, daß man dieses Argument im propagandistischen Feldzug der KP sehr gut verwerten könne. Mir selbst ist nur bekannt — ich glaube, ich kenne Frau Wächter viel genauer als Frau Thiele —, daß Frau Wächter seit 1945 in der SPD war und vor längerer Zeit wegen ihres propagandistischen Auftretens für die KP aus der Sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen worden ist.
    Außerdem muß ich auf folgendes hinweisen: Man
    sagt hier, daß Frau Wächter 20 Angehörige verloren habe. Gewiß war sie in der Nazizeit eine der
    Leidtragenden in bezug auf Verlust von Angehörigen, aber in dem einen Flugblatt, das von der
    KPD herausgegeben worden ist, redet man von 15,
    in einem anderen von 20. Es kommt also nicht auf
    den Wahrheitsbeweis an, sondern es kommt darauf
    an, daß eben etwas drinsteht. Außerdem glaube ich,
    Frau Thiele, wäre es viel richtiger, wenn Sie sich
    persönlich dafür einsetzten, daß die 19 sächsischen
    Schüler, die in der Ostzone zu 130 Jahren Zuchthaus verurteilt worden sind, freigelassen würden

    (lebhafte Zustimmung im ganzen Hause außer bei der KPD)

    und daß alle die Menschen, die in Konzentrationslagern und noch in russischer Kriegsgefangenschaft sind, wieder der Freiheit übergeben würden.

    (Zustimmung im ganzen Hause, außer bei der KPD.)

    Frau Thiele, wir haben es nicht nötig, daß wir Frauen nach Korea schicken, damit sie sich überzeugen, wie die Scheußlichkeiten eines Krieges o sind. Wir alle in Deutschland, besonders wir Frauen, haben den Krieg in aller Grausamkeit hier erlebt.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Ich glaube, daß sich die Frauen von Berlin noch sehr genau daran erinnern können, welche Scheußlichkeiten sie miterleben mußten, als die Russen in Berlin einzogen.

    (Zustimmung im ganzen Hause, außer bei der KPD.)

    Es besteht gar keine Veranlassung, daß man sich hier für Frau Lilly Wächter einsetzt; denn es geht nicht um Frau Lilly Wächter, sondern es geht um eine Propagandaaktion der Kommunistischen Partei.
    Wir beantragen deshalb, daß die von der KPD gestellten Anträge den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden.

    (Beifall im ganzen Hause, außer bei der KPD. — Abg. Renner: Höher ging's nicht mehr für eine deutsche sozialdemokratische Frau!)