Rede von
Gustav
Gundelach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Bei dem zur Beratung stehenden Gesetzentwurf der Regierung handelt es sich nach meiner Meinung auch wieder nur um ein Flickwerk in Angelegenheiten der Beamtenbesoldung. Die Regierung beschreitet hier den gleichen Weg wie bei der Regelung der Rechte der Beamten, die ebenfalls durch ein Flickwerk an dem Beamtengesetz aus dem Jahre 1937 erfolgt ist. Aus der von der Regierung gegebenen Begründung geht diese Tatsache eindeutig hervor. In der Begründung wird gesagt, daß eine grundsätzliche Neuregelung des Besoldungsrechts erst mit der endgültigen Regelung des Beamtenrechts erfolgen soll. Ich erinnere Sie an die Zeit, als wir hier das Flickwerk des Beamtenrechtsgesetzes behandelt haben. Damals wurde von einer vorläufigen Regelung der Rechte der Beamten gesprochen. Regierung und Regierungsparteien haben damals erklärt, es handele sich um ein Gesetz für eine nur kurze Übergangszeit; ein neues Beamtengesetz werde dem Hause sehr bald zugeleitet werden. Inzwischen ist ein Jahr vergangen. Zwar liegt nunmehr der Entwurf eines neuen Gesetzes vor. Aber ich glaube mich keineswegs zu irren, wenn ich die Vermutung ausspreche, daß ein weiteres Jahr vergehen wird, bis dieses Gesetz vom Hause verabschiedet sein wird. Die Regierungsparteien haben damals alle Anträge, die bei der Beratung der Änderung des Gesetzes von 1937 gestellt wurden und die die berechtigten Forderungen der Beamtenschaft enthielten, mit der Begründung abgelehnt, es sei zweckmäßig, derartige Forderungen bei dem in Kürze zu erwartenden Gesetz zu berücksichtigen.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß ein Jahr vergangen ist und daß ich mich wahrscheinlich nicht irre, wenn ich behaupte, daß ein weiteres Jahr vergehen wird, bis zu den Forderungen der Beamtenschaft in Verbindung mit der Vorlage des Beamtengesetzes endgültig Stellung genommen werden kann. Die Regierung will nach ihrer Begründung zu dem jetzt vorliegenden Gesetz betreffend die Besoldungsreform, die sehr dringlich und erforderlich ist, die endgültige Besoldungsreform ebenfalls hinausschieben, bis das neue Beamtengesetz Tatsache geworden ist. Bis dahin will sich die Regierung mit dem von mir gekennzeichneten Flickwerk begnügen. Das bedeutet, daß die Beamten noch sehr lange auf eine wirkliche, ihren Forderungen gerecht werdende Gehaltsreform warten müssen.
Was die in dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen Gehaltserhöhungen und Zulagen betrifft, so entsprechen diese unserer Auffassung nach keineswegs der durch die Teuerung entstandenen Lage. Die Beamtenorganisationen weisen mit absoluter Berechtigung darauf hin, daß eine Steigerung der Lebenshaltungskosten von 70 und mehr Prozent zu verzeichnen ist. Die geringen Teuerungszulagen und die nunmehr vorgesehene Gehaltserhöhung werden dieser Situation in keiner Weise gerecht. Die Regierungsvorlage sieht nur eine Gehaltserhöhung um ganze 20 % und bei den niedrigen Gehaltsgruppen eine zusätzliche Ausgleichszulage vor. Aber angerechnet werden die inzwischen gewährten Teuerungszulagen, die von der inzwischen eingetretenen Teuerung längst wieder überholt sind. Damit — das ist unsere Auffassung — können sich die Beamten keineswegs zufrieden geben.
Insbesondere besteht unter der gesamten Beamtenschaft eine berechtigte Empörung über die Tatsache, daß selbst bei dieser provisorischen, vorübergehenden Regelung die Altpensionäre nicht berücksichtigt werden sollen. Die Altpensionäre werden auf die später kommende Gehaltsreform vertröstet.
— Herr Wuermeling, ich habe Ihnen früher schon einmal gesagt: Mit so einer Platte kann man doch nichts machen. Wenn Sie ein ernst zu nehmender Politiker sein wollen, dann haben Sie zu der Frage hier im Augenblick in Westdeutschland Stellung zu nehmen. Ich stelle die Frage: Wovon sollen diese Altpensionäre angesichts der fortschreitenden Teuerung leben, die in ihrer Mehrzahl eine sehr bescheidene Pension erhalten? Die Regierungsbegründung sagt darüber nichts aus. In der Begründung der Regierung wird kurz und bündig erklärt:
Der Forderung der Altpensionäre, auch in die Neuregelung einbezogen zu werden, kann im gegenwärtigen Zeitpunkt aus Haushaltsgründen nicht entsprochen werden. Die notwendige Neuregelung der ihrer Versorgung zugrunde zu legenden Dienstbezüge kann erst im Zusammenhang mit der grundlegenden Besoldungsreform vorgenommen werden und bei einer Besserung der Haushaltslage im nächsten Jahr in Kraft treten.
Das ist wörtlich die Begründung der Regierungsvorlage zu der Frage einer Aufbesserung der Ruhegehälter der Altpensionäre. Es gibt, meine Damen und Herren, meiner Meinung nach recht sonderbare Optimisten in der Regierung, wenn, wie geschehen und von mir ausgeführt, von einer Besserung der Haushaltslage im nächsten Jahr gesprochen wird. Wenn davon die Erfüllung der berechtigten Forderung der Altpensionäre abhängig gemacht wird, dann kann man jetzt schon mit Bestimmtheit sagen, daß die Altpensionäre auch im nächsten Jahr keine Besserung ihrer Lage durch die Regierung zu erwarten haben.
Ich stelle die Frage: Wie kann die Regierung von einer Besserung der Finanzlage im nächsten Jahr sprechen, wenn sie bereit ist, uns eine neue Wehrmacht zu bescheren, die mit einem Kostenaufwand von 24 bis 30 Milliarden auf die Beine gestellt werden soll?
Den Beamten und Altpensionären sei gesagt: Remilitarisierung und Besatzungskosten sind unvereinbar mit der Besserung der sozialen Lage der arbeitenden Bevölkerung und damit auch mit der wirtschaftlichen Lage der Beamten und der Behördenangestellten. Wir Kommunisten — das erkläre ich zum Schluß — sind jederzeit bereit, die berechtigten Forderungen der Beamten und Behördenangestellten weitestgehend zu vertreten.