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ID0116303100

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    Deutscher Bundestag — 163. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 18. September 1951 6593 163. Sitzung Bonn, Dienstag, den 18. September 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 6594B, D, 6639C Eintritt des Abg. Funcke in den Bundestag 6594B Änderungen der Tagesordnung 6594C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Behandlung Nordhessens als Notstandsgebiet (Nr. 2434 der Drucksachen) 6594C, 6605D Freidhof (SPD), Interpellant . . . 6594D Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6596B, 6602A Dr. Leuchtgens (DP) 6597D Sabel (CDU) 6598B Dr. Arndt (SPD) 6599C Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 6601A Weickert (BHE-DG) 6605D Ausschußüberweisung 6605D Teilnahme von Mitgliedern des Britischen Parlaments als Gäste an der Sitzung . . . 6602A Präsident Dr. Ehlers 6602A, 6605C Mr. Woodburn, Leiter der britischen Delegation 6603A Erste Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Bewahrungsgesetzes (Nr. 2366 der Drucksachen) 6605D Frau Wessel (Z), Antragstellerin 6606A, 6613B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6608B Ewers (DP) 6608D Frau Korspeter (SPD) 6609C Frau Niggemeyer (CDU) 6611B Frau Thiele (KPD) 6612A Dr. Hammer (FDP) 6612D Ausschußüberweisung 6613C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Sicherung des Kohlenbedarfs der Bevölkerung und der deutschen Friedensindustrie (Nr. 2540 der Drucksachen) 6594C, 6613C Renner (KPD), Antragsteller 6613D, 6621A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6615A Imig (SPD) 6617C Etzel (Duisburg) (CDU) 6619B Dr. Preusker (FDP) 6622B Dr. Bertram (Z) 6623B Ausschußüberweisung 6623D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Nr. 2494 der Drucksachen) 6623D Frau Kipp-Kaule (SPD), Antragstellerin 6623D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6624C Becker (Pirmasens) (CDU) 6624D von Thadden (DRP) 6625B Ausschußüberweisung 6625C Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiete der Sozialversicherung (Nr. 2513 der Drucksachen) 6625C Arndgen (CDU) (zur Geschäftsordnung) 6625D Ausschußüberweisung 6625D Erste Beratung des vom Bundesrat eingegebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Nr 2471 der Drucksachen) 6625D Ausschußüberweisung 6625D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung (Nr. 2526 der Drucksachen) 6625D Ausschußüberweisung 6626A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft (Nr. 2532 der Drucksachen) 6626A Ausschußüberweisung 6626A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Zuckergesetz) (Nr. 2431 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr 2559 der Drucksachen) 6626A Schill (CDU), Berichterstatter . . 6626B Frau Keilhack (SPD) 6627B, D Niebergall (KPD) 6629B Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 6629D Dannemann (FDP) 6631B Loritz: zur Sache 6631C persönliche Bemerkung 6638D Schuster (WAV) 6632A Abstimmungen 6632A Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tarifvertragsgesetzes (Nrn. 2396, 2543 der Drucksachen; Umdruck Nr. 305) 6632C Sabel (CDU) 6632C Ausschußrücküberweisung 6632C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums betreffend Manöverschäden (Nr. 2560 der Drucksachen) 6632C Matthes (DP), Antragsteller . . . 6632D Nowack (Harburg) (SPD) 6633D Niebergall (KPD) 6635A Brese (CDU) 6635B Stegner (FDP) 6635C Beschlußfassung 6635D Beratung des Antrags der Abg. Goetzendorff u. Gen. betreffend Anklage gegen Kroupa (Nr. 2496 der Drucksachen) . . . 6636A zur Geschäftsordnung: Tichi (BHE-DG) 6636A Dr. Richter (Niedersachsen) (WAV) 6636A Goetzendorff (DRP-Hosp.) . . . . 6636B Von der Tagesordnung abgesetzt . . . 6636C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend einmalige Winterbeihilfe (Nr. 2539 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der KPD betreffend einmalige Winterbeihilfen (Nrn. 2469, 1470 der Drucksachen) 6594C, 6636C Kohl (Stuttgart), Antragsteller 6636D, 6637B Schüttler (CDU): als Berichterstatter 6636D zur Geschäftsordnung 6638C Abstimmung 6638C Nächste Sitzung 6639C Die Sitzung wird um 13 Uhr 35 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Maria Niggemeyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Meine Freunde und ich bejahen grundsätzlich den Gedanken eines Bewahrungsgesetzes. Das festzustellen ist eigentlich heute nicht notwendig, da ja die CDU-Fraktion im Einvernehmen mit der CSU, wie der Herr Innenminister heute schon gesagt hat, bereits im Jahre. 1949 den Initiativantrag gestellt hat, die Regierung möge den Entwurf eines Bewahrungsgesetzes vorlegen.

    (Abg. Renner: Dieses Arbeitstempo bei der Regierung!)

    Das ist bedauerlicherweise bis heute nicht geschehen. Ich wiederhole jetzt nur schon Gesagtes, wenn ich noch einmal unterstreiche, daß die einschlägigen Ausschüsse Vorarbeiten zu diesem Gesetzentwurf geleistet haben, daß wir die Stellungnahme aller Verbände der freien Wohlfahrtspflege
    zu diesem Gesetzentwurf gehört haben, daß wir versucht haben, Anstalten kennenzulernen, die auf freiwilliger Grundlage im Sinne eines Bewahrungsgesetzes arbeiten. Es ist mir eine Freude, dabei sagen zu können, daß fast alle Verbände heute schon auf dieser Grundlage arbeiten. Es ist mir weiter eine Freude, in Ergänzung zu den Worten von Frau Wessel sagen zu können, daß es zwar in den zwanziger Jahren eine Frau Neuhaus war, die den Gedanken eines Bewahrungsgesetzes vorangetrieben hat, daß aber ein Herr von Bodelschwingh in seiner Arbeit das gleiche wollte. Vor einigen Monaten konnten wir in Hamburg hören, daß gerade diese Stadt, die j a, wie wir wissen, auf sozialem Gebiet so oft vorbildlich arbeitet, schon in den zwanziger Jahren ein Bewahrungsgesetz für notwendig hielt.
    Mit dem Entwurf der Zentrumspartei, der uns nun heute vorliegt, wird ein Schritt nach vorwärts getan, die Dinge werden vorangetrieben. Das ist begrüßenswert. Ich versage es mir schon wegen der vorgerückten Zeit und wegen des Arbeitspensums, das wir heute noch zu erledigen haben, auf die einzelnen Paragraphen des Gesetzes einzugehen. Die Diskussion, die wir hier jetzt schon um die Frage gehabt haben, hat uns die Schwierigkeiten vor Augen geführt, die einem solchen Gesetz in den Jahren von 1921 bis 1928 entgegengestanden haben, Schwierigkeiten, die auch uns in unseren Ausschußarbeiten begleiten werden. Aber ich freue mich doch, hier aus der Diskussion entnehmen zu können, daß bei der Mehrheit des Hauses empfunden wird, welche Lücke für die Jugendfürsorge sich in unserer Gesetzgebung befindet. Sie ist aber auch darüber hinaus fühlbar. Jeder, der in der praktischen Jugendfürsorgearbeit und in der Fürsorgearbeit überhaupt steht, hat gerade in den letzten Jahren verstärkt und vertieft gespürt, daß hier eine Lücke ist. Darum, meine ich, sollten wir hier auch diesen Schritt nach vorwärts begrüßen und bejahen. Wir sollten sagen: Ja, selbst wenn diesem Gesetzentwurf Mängel anhaften, und selbst wenn er sich an die letzten Entwürfe der Weimarer Zeit anlehnt, kann an ihm und mit ihm gearbeitet werden, und er kann mit Grundlage des Materials sein. Er kann dazu beitragen, daß unsere Regierung uns zumindest recht bald den erwarteten Gesetzentwurf vorlegt, damit wir weiterkommen.
    Auch wir sehen die Probleme. Es wird auch nach unserer Ansicht nicht leicht sein, den Begriff „Bewahrung" festzulegen. Auch wir wissen, daß die Umgrenzung des Personenkreises sehr schwierig sein wird, ebenso die Fragen des Verfahrens sowie der Sicherheit der Freiheit des einzelnen. Als Geringstes sollten wir vielleicht die Kostenfrage ansehen, wenn sie möglicherweise auch die schwierigste sein wird. Darum begrüße ich es, daß der Herr Innenminister betont hat, ehe er uns den Gesetzentwurf vorlege, wolle er in den Verhandlungen mit den Ländern so weit sein, daß wir nicht hinterher Enttäuschungen erlebten. Wir sind der Meinung, daß der vorgelegte Entwurf der Regieiung als Material dienen kann, und bringen erneut den Wunsch zum Ausdruck, daß der Herr Minister uns den Entwurf recht bald vorlegen möge.
    Frau Korspeter, ich kann es mir nicht versagen, auf einige Bemerkungen zurückzukommen, die die jetzige Leiterin des Katholischen Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder zum Bewahrungsgesetz gemacht haben soll. Gewiß hat sie betont: Wenn die Bezirksfürsorgeverbände heute schon auf freiwilliger Grundlage die Kosten übernehmen


    (Frau Niggemeyer)

    würden, könnten wir mehr tun, könnten wir mehr Heime schaffen. Ihre Bemerkung „wir können die Heime heute nicht bauen" ist eben darauf zurückzuführen, daß heute für die Bezirksfürsorgeverbände noch kein gesetzlicher Zwang besteht. Auch der uns zugeleitete Entwurf der Landesjugendverbände der britischen Zone zum Bewahrungsgesetz wie überhaupt die Entwürfe fast aller Verbände und aller mit Fürsorgearbeit betrauten Stellen beweisen, wie dringend notwendig es ist, daß wir hier weiterkommen. Die Fachausschüsse müssen in Zusammenarbeit mit dem Rechtsausschuß ein Gesetz erarbeiten, das die Entwicklung von Fehlleitungen ausschließt, das der Freiheit des Menschen gerecht wird und verhindert, daß mit der Würde des Menschen Mißbrauch getrieben wird. Das sind unsere Wünsche zum Bewahrungsgesetz, mit dem wir recht bald, so hoffe ich, zu arbeiten in der Lage sein werden.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Thiele.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Grete Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es ist außerordentlich bedauerlich, daß die Zentrumsfraktion einen Gesetzentwurf eingereicht hat, der ein ausgesprochenes Kautschukgesetz ist und der Regierung überdies ein Instrument in die Hand gibt, Menschen mundtot zu machen, die unbequem sind.

    (Lachen in der Mitte und rechts.)

    Dieses Gesetz ist keineswegs eine Ausweitung des Jugendschutzgesetzes, sondern bedeutet nach § 2 eindeutig eine Legalisierung der Schutzhaftmethoden, die wir bereits kennengelernt haben.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Essen]: Das haben Sie alles nicht begriffen!)

    Für wen soll das Gesetz gemacht werden? Für Schwachsinnige, für Verwahrloste usw. Dafür gibt es Anstalten, dafür gibt es Einrichtungen; der Staat hat die Aufgabe, weitere Maßnahmen dieser Art zu treffen. Was bedeutet Verwahrlosung? Was ist der Nährboden für eine solche Verwahrlosung?

    (Zuruf rechts: Die FDJ!)

    Zwei Weltkriege haben Millionen von Familien zerstört, unnormale, ja unmenschliche Wohnverhältnisse geschaffen und viele, viele Menschen haltlos gemacht. Eine Regierung, die bereit ist, 24 Milliarden für 12 Divisionen auszugeben, gleichzeitig aber die Zuschüsse für Tuberkulosebekämpfung und für Jugendfürsorge sperrt, schafft den Nährboden für jene Verwahrlosung, die hier in diesem Gesetz angesprochen werden soll, aus dem man dann die Maßnahmen herleitet, um unbequeme Menschen zu beseitigen.

    (Glocke des Präsidenten.)