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ID0116301000

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    Deutscher Bundestag — 163. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 18. September 1951 6593 163. Sitzung Bonn, Dienstag, den 18. September 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 6594B, D, 6639C Eintritt des Abg. Funcke in den Bundestag 6594B Änderungen der Tagesordnung 6594C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Behandlung Nordhessens als Notstandsgebiet (Nr. 2434 der Drucksachen) 6594C, 6605D Freidhof (SPD), Interpellant . . . 6594D Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6596B, 6602A Dr. Leuchtgens (DP) 6597D Sabel (CDU) 6598B Dr. Arndt (SPD) 6599C Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 6601A Weickert (BHE-DG) 6605D Ausschußüberweisung 6605D Teilnahme von Mitgliedern des Britischen Parlaments als Gäste an der Sitzung . . . 6602A Präsident Dr. Ehlers 6602A, 6605C Mr. Woodburn, Leiter der britischen Delegation 6603A Erste Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Bewahrungsgesetzes (Nr. 2366 der Drucksachen) 6605D Frau Wessel (Z), Antragstellerin 6606A, 6613B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6608B Ewers (DP) 6608D Frau Korspeter (SPD) 6609C Frau Niggemeyer (CDU) 6611B Frau Thiele (KPD) 6612A Dr. Hammer (FDP) 6612D Ausschußüberweisung 6613C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Sicherung des Kohlenbedarfs der Bevölkerung und der deutschen Friedensindustrie (Nr. 2540 der Drucksachen) 6594C, 6613C Renner (KPD), Antragsteller 6613D, 6621A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6615A Imig (SPD) 6617C Etzel (Duisburg) (CDU) 6619B Dr. Preusker (FDP) 6622B Dr. Bertram (Z) 6623B Ausschußüberweisung 6623D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Nr. 2494 der Drucksachen) 6623D Frau Kipp-Kaule (SPD), Antragstellerin 6623D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 6624C Becker (Pirmasens) (CDU) 6624D von Thadden (DRP) 6625B Ausschußüberweisung 6625C Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiete der Sozialversicherung (Nr. 2513 der Drucksachen) 6625C Arndgen (CDU) (zur Geschäftsordnung) 6625D Ausschußüberweisung 6625D Erste Beratung des vom Bundesrat eingegebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Nr 2471 der Drucksachen) 6625D Ausschußüberweisung 6625D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung (Nr. 2526 der Drucksachen) 6625D Ausschußüberweisung 6626A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft (Nr. 2532 der Drucksachen) 6626A Ausschußüberweisung 6626A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Zuckergesetz) (Nr. 2431 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr 2559 der Drucksachen) 6626A Schill (CDU), Berichterstatter . . 6626B Frau Keilhack (SPD) 6627B, D Niebergall (KPD) 6629B Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 6629D Dannemann (FDP) 6631B Loritz: zur Sache 6631C persönliche Bemerkung 6638D Schuster (WAV) 6632A Abstimmungen 6632A Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tarifvertragsgesetzes (Nrn. 2396, 2543 der Drucksachen; Umdruck Nr. 305) 6632C Sabel (CDU) 6632C Ausschußrücküberweisung 6632C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums betreffend Manöverschäden (Nr. 2560 der Drucksachen) 6632C Matthes (DP), Antragsteller . . . 6632D Nowack (Harburg) (SPD) 6633D Niebergall (KPD) 6635A Brese (CDU) 6635B Stegner (FDP) 6635C Beschlußfassung 6635D Beratung des Antrags der Abg. Goetzendorff u. Gen. betreffend Anklage gegen Kroupa (Nr. 2496 der Drucksachen) . . . 6636A zur Geschäftsordnung: Tichi (BHE-DG) 6636A Dr. Richter (Niedersachsen) (WAV) 6636A Goetzendorff (DRP-Hosp.) . . . . 6636B Von der Tagesordnung abgesetzt . . . 6636C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend einmalige Winterbeihilfe (Nr. 2539 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der KPD betreffend einmalige Winterbeihilfen (Nrn. 2469, 1470 der Drucksachen) 6594C, 6636C Kohl (Stuttgart), Antragsteller 6636D, 6637B Schüttler (CDU): als Berichterstatter 6636D zur Geschäftsordnung 6638C Abstimmung 6638C Nächste Sitzung 6639C Die Sitzung wird um 13 Uhr 35 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Anton Sabel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es besteht die Aussicht, daß mein sehr verehrter Herr Vorredner demnächst einmal auf der andern Seite sitzt.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr gut! — Lachen bei der SPD.)

    Zum mindesten wird ihm der sehr starke Beifall dort sehr sympathisch gewesen sein.
    Zu der vorliegenden Interpellation möchte ich folgendes sagen. Wir haben hier wiederholt Debatten über besondere Notstandsgebiete gehabt, und wir haben schon gesehen: die Dinge wiederholen sich, die Verhältnisse sind ähnlich gelagert. Der nordhessische Raum, um den es geht, ist in weitem Maße Grenzland und hat eben mit all den Schwierigkeiten eines Grenzlandes zu kämpfen. Hinzu kommt noch, daß praktisch auch ein bestimmter Bezirk — Kollege Freidhof hat es angedeutet — im „Dritten Reich" infolge der Verlage- rung der Rüstungsproduktion, sagen wir ruhig: übervölkert wurde. Heute haben wir unsere liebe Not, den Menschen eine erträgliche Existenz zu geben.
    Um Ihnen aufzuzeigen, wie es aussieht, kann ich Ihnen nur die Arbeitslosenziffer nennen. Wir haben im Regierungsbezirk Kassel Ende Juli eine Durchschnittsarbeitslosigkeit von 12,4 % gehabt, während wir im Regierungsbezirk Wiesbaden, der auch zu Hessen gehört, nur eine Arbeitslosigkeit von 4,4 % hatten. Sie sehen also hier die gewaltige Differenzierung der Situation in einem Lande. Die Zahlen über die Arbeitslosigkeit, die Herr Kollege Leuchtgens angeführt hat, stimmen Gott sei Dank nicht. In Nordhessen ist auch der Vertriebenenanteil größer als im Bundesdurchschnitt und im Durchschnitt des Landes Hessen. Und dann die besondere Sorge durch das ständige Einströmen der Ostzonenflüchtlinge, das praktisch jede Erleichterung auf dem Arbeitsmarkt wieder illusorisch macht, weil immer wieder neue Bewerber um Arbeitsplätze in den Vordergrund treten.
    Ich darf darauf hinweisen, daß gerade das engere Grenzgebiet durch die Grenzziehung sehr starke wirtschaftliche Nachteile erlitten hat. Hier sind eben alte Wirtschaftsbeziehungen durchschnitten worden, und es ist sehr, sehr schwer, irgendeinen Ersatz zu schaffen.
    Nun könnte man aus den Darlegungen, die bereits zu dem Thema gemacht worden sind, entnehmen, es sei noch nichts geschehen. Ich möchte hier doch darauf hinweisen, daß wir im Frühjahr des vergangenen Jahres im Rahmen des großen Arbeitsbeschaffungsprogramms auch Nordhessen eingegliedert haben. Es war Gott sei Dank möglich, aus dem 300-Millionen-Fonds einen Betrag von 15 Millionen DM für Nordhessen zur Verfügung zu stellen, und es war weiter möglich, aus dem besonderen Kredit der Bundesbahn für Arbeitsbeschaffungszwecke im Bezirk Nordhessen rund 20 Millionen DM anzulegen. Es muß unbedingt dafür Sorge getragen werden, daß Nordhessen auch in dem augenblicklich anlaufenden Arbeitsbeschaffungsprogramm entsprechend berücksichtigt wird. Sie wissen, dem Bundestag lag in der vergangenen Woche die Vorlage zur Bereitstellung von 200 Millionen DM aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung vor. Sie wissen ferner, daß der Bundesfinanzminister hier schon einmal mit 50 Millionen DM in Vorlage gegangen ist. Von diesen 50 Millionen DM ist bereits ein Teil nach Hessen geflossen. Ich hätte den Wunsch, daß die hessische Regierung diesen für Hessen zur Verfügung gestellten Betrag im wesentlichen in den Notstandsgebieten Nordhessens anlegt. Von den 50 Millionen DM waren bis in der vorigen Woche etwa 2 Millionen DM für Hessen zugeteilt worden. Ich höre, daß auch heute morgen in einer Sitzung, in der man sich mit der Verteilung der restlichen Beträge befaßte, weitere Zuteilungen für Hessen erfolgt sind. Wenn der Einsatz der 200 Millionen DM aus


    (Sabel)

    den Mitteln der Arbeitslosenversicherung erfolgt, muß auch dafür Sorge getragen werden, daß das im wesentlichen dort geschieht, wo wir eine überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit und dadurch eine überdurchschnittliche Not haben.
    Was ist im einzelnen notwendig, um hier zu helfen? Ich glaube, wir müssen gerade in den Grenzgebieten der Industrieansiedlung besondere Bedeutung beimessen und sie besonders schmackhaft machen, da die Grenznähe auf die Niederlassung von gewerblichen und industriellen Unternehmen etwas abschreckend wirkt, d. h. also, daß wir praktisch hier eine erhöhte öffentliche Hilfe benötigen. Ich möchte wünschen, daß diese Notstandsgebiete bei der Verteilung von öffentlichen Aufträgen besser als bisher berücksichtigt werden. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, daß man aus irgendwelchen Gründen — manchmal sind es nur Gründe der Bequemlichkeit — nicht genügend Umschau hält, um solche öffentlichen Aufträge, die man in bestimmte Bezirke verlagern kann, nun auch dort anzusetzen, wo die größte Not ist.
    Ich möchte an ein anderes Problem erinnern: die Frage der Frachtgestaltung für bestimmte Massengüter. Ich darf da ein Beispiel anführen. Wir haben in der hessischen Rhön einige Basaltwerke, die früher fast ausschließlich nach Thüringen geliefert haben. Sie versorgten die Reichsbahn und die Straßenbauverwaltungen in Thüringen, weil sie dort sehr frachtgünstig lagen. Sie haben diesen Absatzraum verloren; und es ist nun sehr schwer, an den Aufträgen in anderen Bezirken teilzuhaben, weil immer wiederum die Frachtsituation eine wirkliche Mitbeteiligung verhindert. Die Betriebe sind in sehr starkem Maße konkurrenzunfähig, und man soll sich allen Ernstes überlegen, ob man hier nicht mit manchmal bescheidenen Mitteln doch eine sehr gute Hilfe leisten kann.
    Ich möchte auch noch an etwas anderes erinnern. Man sollte sich gerade bei der Ansetzung von Betrieben, von Unternehmen in solchen Bezirken auch einmal von gewissen bürokratischen Hemmungen freimachen. Auch hier wiederum ein Beispiel. Wir haben in einer Stadt in Nordhessen die Möglichkeit, ein großes Versicherungsunternehmen, das früher in der Ostzone war, anzusetzen, was zweifellos für die wirtschaftliche Belebung dieses Bezirks beachtlich wäre und was zweifellos wiederum Arbeitsmöglichkeiten für eine ganze Reihe insbesondere kaufmännischer Angestellter schaffen würde, die wir ja so schwerlich in anderen Arbeitsplätzen unterbringen können. Der Ansatz scheitert, weil die zuständige Behörde ein Grundstück, das zum Teil Bundeseigentum ist, nicht zur Verfügung stellen zu können glaubt, weil dort vielleicht ein-. mal ein Zollamt erstellt werden soll.
    Ich glaube, das sind Dinge, die wir vermeiden sollten. Wir sollten alles tun, was eben den Ansatz von solchen Unternehmen in diesem kritischen Raum fördern könnte.
    Nun sind wir uns alle darüber im klaren, daß die Hilfe nicht allein vom Bund erfolgen kann. Über dieses Problem — die Situation in Nordhessen — ist auch schon eindeutig im hessischen Landtag gesprochen worden; und da darf ich sagen, daß dort in sehr starkem Maße darauf hingewiesen wurde, daß man sich in Nordhessen oft als das Stiefkind von Hessen vorkommt. Man übt also dort Kritik an einer unzulänglichen Hilfe des Landes. Wir sind der Meinung, daß beide Teile in der Lage sind, zu helfen. Beide Teile sollten sich bemühen, eben dort zu einem entsprechenden Einsatz der notwendigen Mittel zu kommen. Es hat wohl keinen Sinn, die Hilfe nur von einer Seite zu erwarten und die Maßnahmen, die getroffen worden sind, nur zu kritisieren. Im übrigen ist es nicht gerade zweckmäßig und es dient auch nicht der Sache, wenn man demjenigen, der einem helfen soll, zuvor noch eine kräftige Ohrfeige gibt. Damit kommt man meistens nicht sehr weit; und es ist oft viel klüger, wenn man versucht, im stillen zu wirken und da und dort eine Hilfe durch Verhandlungen mit den entsprechenden Stellen zu erreichen.
    Ich glaube, wir müssen einmal in diesem Hause dazu kommen, die ganzen Probleme der Notstandsgebiete eingehender zu behandeln, und zwar von dem Gesichtspunkt aus, daß alle Maßnahmen, die zu treffen sind, nicht nur eine momentane Hilfe bedeuten dürfen. Das Ziel all der Maßnahmen muß doch sein, die Wirtschaftsstruktur in diesen Notstandsgebieten so zu verbessern, daß eine dauernde Unterstützung solcher Bezirke nicht notwendig ist. Damit möchte ich den Wunsch ausdrücken, daß man eben wirklich von diesem Gesichtspunkt aus in stärkerem Maße diesen ganzen Fragenkomplex behandelt. Im übrigen wünsche auch ich, daß Nordhessen weder ein Stiefkind des Bundes noch ein Stiefkind des Landes Hessen sein möge.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.

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    Rede von Dr. Adolf Arndt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Herrn Kollegen Sabel darf ich doch entgegenhalten, daß Sie, Herr Kollege Sabel, die Frage wohl nicht ganz richtig sehen, wenn Sie meinen, es handle sich hier darum, Ohrfeigen zu verteilen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Das liegt keinem von uns irgendwie im Sinn. Es handelt sich aber auch nicht darum, hier als Bittsteller aufzutreten!

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir sind keine Bittsteller; wir sind die freigewählten Vertreter des deutschen Volkes, die von hier sprechen, auch der Bundesregierung gegenüber,

    (erneuter Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Sabel)

    so daß es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist, für die Wahlkreise, in denen wir gewählt sind — Sie sind direkt gewählt in Fulda, ich bin direkt in Hersfeld, Freidhof ist direkt in Eschwege gewählt —, nun hier einzutreten und doch der Bundesregierung nahezulegen, mehr für diese Gebiete zu tun, die sich in so besonderer Not befinden.
    Denn ich muß leider sagen, daß aus dem, was der Herr Bundeswirtschaftsminister hier vorgetragen hat, ermutigend doch bloß einmal das Anerkenntnis war, daß es notwendig sei, das Kupferschieferbergwerk Sontra als das einzige Kupferbergwerk im Westen Deutschlands — ich glaube, wohl sogar im Westen Europas, abgesehen von Jugoslawien — aufrechtzuerhalten, und daß zweitens der Bund beabsichtige, als Bundesrepublik Deutschland die Option gegenüber dem Mansfelder Kupferschieferbergbau geltend zu machen. Das sind schon zwei kleine Fortschritte.
    Im übrigen aber komme ich nicht umhin, doch zu gestehen, daß meine Fraktion und mich die Antwort des Herrn Bundeswirtschaftsministers leidei wiederum durchaus nicht hat befriedigen können


    (Dr. Arndt)

    Herr Bundeswirtschaftsminister, es ist jetzt über ein Jahr her — es war, glaube ich, im Juni oder Juli 1950 —, daß wir schon einmal interpelliert, daß wir schon einmal gefragt haben, was mit Sontra wird. Damals hatte Ihr Vertreter, Herr Staatssekretär Dr. Schalfejew, geantwortet, es schwebten Verhandlungen darüber, wie es mit Sontra werden würde. Heute, nach 13 oder 14 Monaten, sagen Sie uns, die Verhandlungen seien immer noch nicht abgeschlossen.
    So kann man ein Problem, ein so brennendes Problem wie das Elendsgebiet Sontra, unmittelbar am Eisernen Vorhang, nicht behandeln! Ich muß deshalb doch dringend bitten, hier nun die erforderliche Beschleunigung walten zu lassen, die notwendig ist, damit eine soziale Beruhigung in dem Sontraer Gebiet eintritt.
    Ich habe auch mit großem Bedauern gehört, daß Ihr Haus, Ihr Ministerium, glaubt, nicht empfehlen zu können, den Reichenberg-Schacht wieder aufzumachen. Die Gründe dafür sind mir nicht hinreichend bekannt. Ich glaube nicht, daß es fünf bis sechs Jahre dauert, bis die Kupfererz-Produktion im Reichenberg-Schacht wieder anlaufen kann. Es ist immerhin zu bedenken, daß auch in dem ersoffenen Schacht für ungefähr eine halbe Million D-Mark Maschinen liegen, die noch gerettet werden können, und ich glaube, es sollte doch noch einmal erneut und mit großem Ernst geprüft werden, ob dieser besonders ertragreiche Schacht nicht doch wieder aufgemacht werden kann.
    Doch zu Ihren allgemeinen Ausführungen, Herr Kollege Sabel, die Sie hier gemacht haben, wo Sie so glätten wollen und sagen, das sei alles sehr schwierig und sehr traurig, das wüßten wir alle! Gewiß, das wissen wir alle. Aber ich will Ihnen ein präzises Beispiel dafür geben, daß wesentlich mehr geschehen kann, als bisher geschieht. Sehen Sie, am 15. September — jetzt vor ein paar Tagen — sollte die Kupferrohhütte in Betrieb genommen werden. Die Koksvorräte bis zum 1. Oktober — ich glaube, '700 Tonnen — sind gesichert. Für das vierte Quartal 1951, also für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember, sind 4000 Tonnen Grobkoks notwendig. um die Kupferrohhütte in Betrieb zu nehmen. Vier Tage vor dem Anblasen des Ofens telegraphierte Ihr Ministerium, die 4000 Tonnen Koks wären nicht da,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und dann gibt jede Stelle in Ihrem Ministerium eine andere Auskunft darüber, und es ist eine völlige Verwirrung! Niemand weiß in Sontra, ob der Koks kommt oder ob er nicht kommt. Das hat zur Folge, daß, wenn jetzt diese 4000 Tonnen Koks nicht kommen und die Kupferrohhütte nicht in Betrieb genommen werden kann, allein im vierten Quartal 1951 800 000 DM Einnahmeausfall zu Lasten der öffentlichen Hand entstehen, daß 130 Mann zwangsläufig entlassen werden müssen, die bisher damit beschäftigt waren, den Ofen Nr. 2 zu erstellen und die jetzt in der Kupferrohhütte beschäftigt werden sollten, j a, daß voraussichtlich sogar, da auch der Schacht Schnepfenbusch dann nicht mehr voll betrieben werden kann, weitere 220 Mann vom Schacht Schnepfenbusch entlassen werden müssen. 350 Mann von 1200 Mann Belegschaft im ganzen sind von Entlassung bedroht, weil in Ihrem Ministerium Verwirrung herrscht und man nicht klarkommen kann, ob diese 4000 Tonnen Grobkoks für das vierte Quartal 1951 nun beschafft werden können oder nicht. Das trägt Unruhe hinein, und das ist das, was der Bevölkerung
    das Gefühl oder die Unsicherheit gibt, von Bonn aus nicht genügend beachtet zu werden und daß nicht genug für die Arbeitsbeschaffung geschieht. Ich kann Sie deshalb öffentlich und von dieser Stelle aus nur dringend bitten, sofort dafür zu sorgen, daß der Koks nach Sontra kommt und daß die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Kupferbergwerks in befriedigender Weise geregelt werden.
    Nun noch ganz zum Schluß ein paar Worte über Ihre Bemerkung, daß Eschwege, Rotenburg und Ziegenhain zu Sanierungsgebieten erklärt seien und daß dafür etwa 1,4 Millionen DM aus den 25 Millionen DM für die Sanierungsgebiete zur Verfügung stünden. Zuerst bin ich der Auffassung, daß Nordhessen mit den 1,4 Millionen DM bei dem Kuchen von 25 Millionen DM zu kurz kommt. Ursprünglich war die Zahl auch höher angesetzt. Zweitens haben Sie selbst sagen müssen, daß der Zeitpunkt für die Verteilung der 25 Millionen überhaupt noch nicht feststehe. Ja, so kann man den Menschen, die teilweise seit vier und fünf Jahren arbeitslos sind, nicht helfen! Aber hier zeigt sich auch wieder, wie falsch es war, daß die Mehrheit dieses Hauses neulich das Arbeitsbeschaffungsprogramm oder die Frage dieses Programmes ohne Diskussion in den Ausschuß überwiesen hat; denn dann kann man ja hier gar keine Stellung dazu nehmen.

    (Zuruf von der Mitte: Im Ausschuß!)

    — Ja, im Ausschuß können Sie manches sagen! Hier ist der Bundestag, wo gesprochen werden muß, und nicht im Ausschuß.

    (Abg. Sabel: Sie haben das doch mitbeschlossen!)

    Aber schließlich geht es j a auch nicht an, davon zu reden, daß hier über Jahre hinaus „therapeutische" Maßnahmen erforderlich und nützlich sein würden. Herr Bundeswirtschaftsminister, „therapeutische " Maßnahmen dieser Art haben doch für mich etwas den Geschmack nach wirtschaftspolitischer Naturheilkunde;

    (Sehr richtig! und Heiterkeit bei der SPD)

    denn so geht es nicht, daß man den Menschen, die dort seit Jahren arbeitslos sind, die teilweise pro Kopf und Tag 50 Pfennig zum Leben haben, sagt: ja, wenn einmal die „soziale Marktwirtschaft" in Jahren eine Änderung in Deutschland herbeigeführt hat, dann wird auch für euch eine Stunde schlagen, wo ihr wieder in Arbeit kommt.
    Im übrigen: Mit Sanierungsgebiet ist es ja auch nicht getan. Wir haben j a Notstandsgebiete und anerkannte Notstandsgebiete in Deutschland. Aber zwei Beschlüsse der Bundesregierung sagen, daß diese notleidenden nordhessischen Kreise keine Notstandsgebiete sind, weil sie in ihrem Zusammenhang und in ihrer Bevölkerungszahl nicht groß genug sind, und infolgedessen ist auch Nordhessen nicht als notleidendes Gebiet im Sinne des § 24 der Verdingungsordnung anerkannt. Wenn es sich jetzt also um Aufträge handelt, z. B. um Polizeibekleidung oder ähnliches mehr, so wird immer den Betrieben dort im Landkreis Rotenburg, im Kreis Eschwege, im Landkreis Kassel usw. von den großen zentralen Beschaffungsstellen gesagt: ihr könnt nicht zum Zuge kommen; denn ihr seid zwar Sanierungs-, aber nicht Notstandsgebiet, und die Praxis ist, daß dann die Aufträge woandershin abschwimmen. So geht es nicht. Wir müssen dringend bitten, daß hier in einer anderen Weise Abhilfe geschaffen wird, als es bisher geschehen ist.


    (Dr. Arndt)

    Ich beantrage, die Interpellation dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu überweisen, damit dort insbesondere das Problem Sontra noch eingehender behandelt werden kann.

    (Beifall bei der SPD.)