Rede von
Dr.
Richard
Hammer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Die Vorlage der CDU befaßt sich mit einer Verbesserung der Lebensgrundlagen für kinderreiche Familien. Bereits vor etwa einem halben Jahr, anläßlich der Einbringung des sozialdemokratischen Antrages und des ersten Antrages der CDU, haben wir hierzu zustimmende Erklärungen abgegeben. Gestatten Sie mir noch einige Worte zum Grundsätzlichen.
Auf dem Wege zwischen Furcht und Hoffnung, den wir Menschen zeit unseres Lebens zu beschreiten haben, hat uns die Schöpfungsordnung die Herberge der Familie hingestellt. Ich glaube, daß in ihr — und das bestätigen uns vor allem die Forschungen der modernen Psychologen — die Grundlagen unserer ganzen Gesellschaft liegen. Dort in der Familie, zwischen dem Saugen an der Mutterbrust und der Suppenschüssel und dem Brotlaib, kommt es zur ersten, zur entscheidenden Entfaltung der menschlichen Seele, zur Entfaltung der menschlichen Liebesfähigkeit. Dort sind also auch die Wurzeln unseres ganzen sozialen Gemeinschaftslebens. Wer das zerstört, bringt uns in schlechte Verhältnisse. Es ist uns bekannt, daß ein großer Teil der Ehegatten geschiedener Ehen Menschen sind, die aus Einkindehen stammen. Die Erforscher der jugendlichen Seele berichten uns über Erziehungsschwierigkeiten und über Kriminalität als Folge von Erlebnissen der ersten Kinderjahre. In der Familie beginnt die eigentliche menschliche Existenz, dort beginnt eben das Wagnis zum Schicksal. Denn mit der reinen Vernunft ist das Leben nicht zu meistern. Es kommt aus anderen Quellen.
— Zu diesen Grundlagen gehören — da haben Sie völlig recht, Herr Kollege Renner — die ökonomischen Mittel. Aber die zu beschaffen, ist im Augenblick ja unsere Aufgabe.
Meine Damen und Herren! Es ist einer der Größten unserer Partei gewesen, Friedrich Naumann, der schon vor vielen Jahren das Wort geprägt hat, daß die Politik von den Müttern gemacht wird.
— Meine Damen und Herren, wenn einer in diesem Hause das Recht hat, sich auf Friedrich Naumann zu berufen, dann sind wir es.
Wenn der Mensch diese Schule der Familie mit Erfolg durchlaufen hat, dann wird auch er bereit sein, eine Familie zu gründen. Dann wird auch er bereit sein, Kinder zu zeugen, die nun einmal zum Fortbestehen einer Gesellschaft gehören. Als Friedrich Naumann das Wort aussprach: „Politik wird von den Müttern gemacht", hat er zugleich erklärt, daß zu wenig Kinder ein Verlust für die Substanz eines Volkes sind. Wir hoffen, daß mit diesem Gesetz auch hier Gutes gestiftet wird. Es ist eine Lehre jener schrecklichen Vereinfacher der vergangenen Zeit, daß man derartige Dinge mit Zuchtprämien regeln könne. Es gibt sogar heute noch Leute, die aus einer anderen Einstellung heraus diesen Einwand gegen das vorliegende Gesetz erheben.
Wir werden uns die größte Mühe geben, dieses Gesetz in eine richtige und passable Form zu bringen. Das Weitere wird sich im Ausschuß ergeben. Ich will nur auf zwei Dinge hinweisen, die uns im Augenblick nicht gefallen. So ist in § 2 vorgesehen, die Familienausgleichskasse der jeweils zuständigen Unfall-Berufsgenossenschaft organisatorisch anzuschließen. Damit werden wir wahrscheinlich nicht einverstanden sein, wir werden noch an andere Formen genossenschaftlichen Zusammenschlusses denken müssen. Der § 4 bringt sodann den Vorschlag einer sogenannten zentralen Familienausgleichskasse. Ob das in dieser generellen Form das richtige ist, ob nicht ein besseres Auswiegen der kompensatorischen Leistung gefunden werden kann, wird zu prüfen sein. Dieser § 4 erinnert doch sehr an die Idee der Gemeinlast, für die wir in dieser Form nicht zu haben sind, genau so wie wir den Gedanken der Solidarität immer noch als sehr problematisch ansehen.
Wir werden uns, wie gesagt, im Ausschuß die größte Mühe geben, zu einer glücklichen Lösung des Problems beizutragen.