Neben der Ruhrbehörde stehen die alliierten Kohle- und Stahlkontrollgruppen sowie die Eingriffsrechte der Alliierten Sicherheitsbehörde und der Alliierten Hohen Kommission in den deutschen Grundindustrien. Davon gilt ungefähr das gleiche wie von der Ruhrbehörde. Der Verzicht auf alle Funktionen dieser Stellen, die künftig in den Zuständigkeitsbereich der Hohen Behörde fallen, ist in dem Briefe des französischen Außenministers vom 18. April bereits eindeutig ausgesprochen worden. Demnach werden sowohl
die Zuständigkeit der Alliierten Hohen Kommission auf dem Gebiete von Kohle und Stahl wie auch insbesondere die Kohle- und Stahl-Kontroll-Gruppe spätestens sechs Monate nach der Ernennung der Mitglieder der Hohen Behörde in Fortfall kommen. Der Fortfall auch des wenigen, das dann an Kompetenzen noch bleibt, wie ihn der Beschluß des Bundesrates verlangt hat, dürfte nur eine Zeitfrage sein, über die bei gutem Willen aller Beteiligten ohne weiteres und unschwer eine Verständigung zu er: zielen sein sollte.
Nicht anders steht es mit den Beschränkungen der Stahlproduktion. Darüber sagt die französische Note, diese Beschränkungen müßten bei dem Inkrafttreten des Schumanplan-Vertrages aufgehoben werden; und es ist eine Eulenspiegelei, dazu zu sagen, das machten aber vielleicht die Amerikaner oder die Engländer nicht mit. Denn alle Welt weiß doch, daß es weniger diese, sondern vor allem die Franzosen waren, die sich bisher gegen die Aufhebung dieser Beschränkungen sträubten.
Mißlicher hat sich bei uns die bisherige alliierte Neuordnungs- und Entflechtungspolitik insofern ausgewirkt, als sie in einer Reihe von Fragen, so besonders der Einzelgestaltung unserer Betriebe, bei dem wichtigen Problem der Verbundwirtschaft und des Deutschen Kohleverkaufs, zu Festlegungen geführt hat, die von der deutschen Wirtschaft als lästige Hemmungen und Bindungen empfunden werden mußten. So sind wir der Ansicht, daß der Verbund von Kohle und Eisen an der Ruhr etwas Naturgegebenes ist, was die Gegenseite bei den Verhandlungen aber zunächst durchaus nicht gelten lassen wollte, obschon die Verbundwirtschaft ja in allen Ländern geübt wird, wo die natürlichen Voraussetzungen dazu vorliegen, und obschon der Montanunion auch Länder angehören werden, die sogar eine Art doppelter Verbundwirtschaft ihrer Eisenindustrie, nämlich sowohl mit der Kohle als mit dem Erz, aufweisen.
Die Praxis in aller Welt spricht eben eine andere Sprache, als die Doktrinäre der Entflechtung es gelten lassen wollten.
Dennoch stießen wir uns in dieser für die Ruhrindustrie so lebenswichtigen Frage an dem Widerstand der Besatzungsstellen. Darüber, daß dann diese Probleme in einen engen Zusammenhang mit dem Schumanplan gerieten, brauchten wir aber eigentlich nicht ärgerlich zu sein. Zwar kann der Umstand, daß bei etwaiger künftiger Abänderung der getroffenen Festlegungen das ausschlaggebende Wort bei der Hohen Behörde liegen soll, uns natürlich nicht voll befriedigen. In bezug auf die Verbundwirtschaft ist es infolge dieses Junktims mit dem Schumanplan und dank der persönlichen Einschaltung des amerikanischen Hohen Kommissars bekanntlich schließlich zu dem Kompromiß gekommen, daß man uns die Verbundwirtschaft für die großen Hüttenwerke wenigstens zu 75 % zugebilligt hat. Das war immerhin eine Art Vorwegerfolg des Schumanplans, wenn auch natürlich kein voller Sieg des Grundsatzes der Verbundwirtschaft. Und einen Grundsatz kann man doch eigentlich nicht nach der Maßgabe von Prozenten als richtig anerkennen.
Herr Kollege Schmid, wenn Sie sagen „Es gibt einen Grenzwert", so würde es mich sehr inter-
essieren, von Ihnen als einem Experten der Kohle- und Eisenwirtschaft zu erfahren,
wo nach Ihrer Ansicht dieser Grenzwert liegt.
Wegen der Frage des Kohleverkaufs hat man in das Übergangsabkommen dann einen besonderen § 12 eingebaut, der die Schaffung neuer ständiger Organe vorsieht, die eine nachteilige Auswirkung der Auflösung des zentralen Kohleverkaufs verhindern sollen. Man wird nun sehen müssen, wieweit man auf diesem Umwege zum Ziele kommen kann. einem Ziele, das uns zu wichtig ist, als daß wir es bei der einfachen Auflösung belassen könnten.
Bedenken hat bei uns in Deutschland weiter die im Schumanplanvertrag vorgesehene Regelung für Investitionen wachgerufen, der man insbesondere nachsagt, sie berücksichtige den starken deutschen Nachholebedarf unzureichend oder gar nicht. Dabei sind auf diesem Gebiete die Befugnisse der Hohen Behörde, die im wesentlichen doch wohl nur der Verhinderung unwirtschaftlicher Produktionen dienen sollen, freilich oft beträchtlich übertrieben worden. Die Hohe Behörde hat keineswegs ein Investitionsmonopol. Auch in Zukunft können sich die Unternehmungen eigene Investitionsmittel beschaffen und sie verwenden; sie sind hierin unbeschränkt. Mit unseren Aussichten, fremdes Kapital für Investitionen in der Bundesrepublik zu gewinnen, steht es heute jedoch noch so schlecht, daß die Erschließung von Geldquellen durch die Hohe Behörde für uns eine wichtige Möglichkeit darstellt, den Auswirkungen unseres katastrophalen Kapitalmangels abzuhelfen. Was wesentlich ist, das ist jedenfalls der Fortfall der alliierten Investitionskontrolle für Kohle und Stahl. Auch die entsprechende Kontrolle der OEEC wird in Zukunft nach anderen Grundsätzen zur Anwendung kommen oder doch auf eigentliche Marshallplangelder beschränkt werden müssen, wenn sich ihre Befugnisse nicht mit denen der Hohen Behörde überschneiden sollen.
Erhebliche Kritik haben dann gerade von seiten der SPD die institutionellen Einrichtungen ausgelöst, die für die Kohle- und Stahlgemeinschaft vorgesehen sind. Weder Zusammensetzung und Befugnisse der Hohen Behörde, noch ,der Ministerrat, noch die Parlamentarische Versammlung haben so, wie sie vorgesehen sind, Gnade in den Augen der Opposition gefunden. Und beim Gerichtshof wird sein sicher sehr bedeutsames Vorhandensein als solches von der Schumanplan-Kritik entweder einfach schamhaft übergangen, oder aber es wird bemängelt, daß er die Würdigung der wirtschaftlichen Tatsachen durch die Hohe Behörde nicht nachprüfen kann.
Was die Hohe Behörde selbst anlangt, so hat man beanstandet, daß ihr nicht mehr als zwei Mitglieder gleicher Staatsangehörigkeit angehören dürfen. Man hat argumentiert, die Bundesrepublik müsse in Anbetracht ihrer Produktionskraft etwa 40 % der Stimmen und des Einflusses in den Schumanplan-Organisationen beanspruchen können. Das verkennt nun freilich gründlich den Sinn der ganzen Institution, die ja übernational und nicht ein Nebeneinander von Vertretern miteinander rivalisierender nationaler Interessen sein soll.
-Gerade das Schwergewicht unserer Produktionskraft ist geeignet, uns in stärkerem Maße als die
kleineren Partner davor zu schützen, daß wir mit unseren besonderen deutschen Belangen im Rahmen des Schumanplans zu kurz kommen könnten. Der Schumanplan-Organismus würde sich geradezu selbst treffen, wenn er die de deutschen Grundindustrien stiefmütterlich behandeln wolle, die einen so wesentlichen Teil seiner gesamten wirtschaftlichen Stoßkraft ausmachen. In ähnlicher Richtung bewegen sich übrigens die Sorgen mancher anderer, z. B. französischer, Kreise, wenn ich auch glaube, daß man in bezug auf die Haltung der französischen Schwerindustrie nicht so weit gehen kann, wie das eben der Herr Bundeskanzler getan hat.
Jedenfalls gehen die Besorgnisse der Industrien anderer Länder ebenfalls dahin, daß wir Deutschen gerade wegen dieses Schwergewichts unserer Grundindustrien zu einer beherrschenden Rolle im Rahmen der Montanunion gelangen könnten. Das ist natürlich auch falsch gedacht, wie denn überhaupt das ganze Denken dieser Art letztlich das Überbleibsel einer vom nationalen Eigeninteresse ausgehenden Betrachtungsweise ist, die die Gemeinschaft gerade überwinden will, indem sie die Teilinteressen der Einzelnen zum Gesamtinteresse erhebt.
Zeigt sie sich dieser Aufgabe gewachsen, so kann kein Raum mehr sein für ein Ausspielen der Gewichte gegeneinander. Freilich erfordert das eine europäische Denkweise, zu der wir uns alle erst erziehen müssen. Man muß aber den Nationalismus schon stark in. den Knochen stecken haben, wenn man glaubt, daß etwas Derartiges nicht erreichbar sei.
Den Sozialisten aller Länder, denen soviel an der von oben her geplanten und gelenkten Wirtschaft liegt, müßte im übrigen die Hohe Behörde doch eigentlich ein Kind so recht nach den Wünschen ihres Herzens sein.
Aber nein, wir hören die Befürchtung, sie könnte eine „Institution von Managern" werden, wie denn überhaupt von der gleichen Seite her die Sorge sich zu Wort gemeldet hat, der Schumanplan-Organismus könne die Vergesellschaftung, cl. h. die Sozialisierung, in den einzelnen Ländern hemmen.
Nun, Sozialisierungsparolen konnte der Schumanplan freilich nicht auf seine Fahnen schreiben. Die Hohe Behörde wird es mit sozialisierten und mit privatwirtschaftlich geleiteten Unternehmungen zu tun haben, und niemand weiß, wie sich die Strukturformen der westeuropäischen Wirtschaft in den nächsten 50 Jahren weiterentwickeln werden.
Den Schumanplan-Organimus da von vornherein auf eine bestimmte Wirtschaftstheorie festlegen zu wollen, das war allerdings nicht gewollt und wäre gewiß auch ein verfehltes Unterfangen gewesen.
Weit eher berechtigt erscheint die Sorge, daß die Hohe Behörde sich allzu leicht in ein Instrument des Dirigismus, wie man in Frankreich sagt, d. h. bürokratischer Kommandowirtschaft von oben her, verwandeln könnte. Ich gestehe Ihnen gerne, daß auch wir keineswegs frei von dieser Besorgnis
sind. Die Hohe Behörde mit ihrer vielleicht etwas zu freigebigen Ausstattung mit weitreichenden Vollmachten und Befugnissen läuft ohne Frage Gefahr, zu einem mehr oder weniger bürokratischen Organismus zu erwachsen. Ein solcher Organismus neigt nur allzu leicht dahin, dann die Wirtschaft zu gängeln und zu bevormunden.
In der Wirtschaft besteht aber ,nun einmal der —
von Nichtwirtschaftlern vielleicht als anmaßend
empfundene — Glauben, daß bessere Ergebnisse
erzielt werden, je weniger die Bürokratie hineinredet.
Wenn die Internationale Handelskammer in einer Erklärung zum Schumanplan unlängst sagte, die Hohe Behörde solle möglichst wenig Zwang und Sanktionen anwenden und sich gewöhnlich auf Beratung und Veröffentlichung beschränken, so hatte sie, glaube ich, recht. Der Vertrag enthält dann ja auch wenigstens Bestimmungen, die einem zu weitgehenden Dirigismus entgegenwirken sollen. Grundsätzlich sind in ihm wirtschaftslenkende Befugnisse der Hohen Behörde die Ausnahme; im Normalfalle bleibt sie auf eine mehr koordinierende und regulierende Aufgabe beschränkt.
Wenn ich in diesem Zusammenhange einen Wunsch anmelden darf, so ist es der, daß sich die Hohe Behörde möglichst weitgehend den Art. 48 Abs. 2 des Vertrages zunutze machen möge, der vorsieht, daß sie sich bei der Durchführung der ihr übertragenen Aufgaben der regionalen Verbände bedienen soll, die von den Unternehmen auf der Grundlage der Freiwilligkeit gebildet werden können. Dies scheint mir wichtig, um die Hohe Behörde in möglichst enge Verbindung mit der Wirklichkeit der Industriewirtschaft zu. bringen. Denn sie kann nicht nur gleichsam über den Wolken thronen, um nur hin und wieder zu diesem oder jenem Unternehmen einen Weltraumboten zu entsenden. Sie bedarf notwendigerweise der Bindeglieder, wenn sich zwischen ihr und den Einzelunternehmen ein ständiger und lebendiger Kontakt entwickeln soll, was im Interesse des Gelingens des ganzen Werkes unerläßlich erscheint. Das alles aber nur von einer einzigen Zentralstelle aus bewältigen zu wollen, das ginge über Menschenkraft und müßte notwendigerweise zu einer unzulässigen Aufblähung dieser Zentrale führen, eine Versuchung, der wir die Hohe Behörde schon ganz und gar nicht ausgesetzt sehen möchten.
Was den Ministerrat und die Parlamentarische Versammlung anlangt, so scheinen mir beide sehr wichtige Funktionen zu erfüllen, um einer Omnipotenz der Hohen Behörde vorzubeugen und einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten den Weg zu ebnen. Den Ministerrat als einen „Triumph des nationalstaatlichen Egoismus" abzutun, das- scheint mir doch eine recht abwegige Übertreibung zu sein. Ebensogut könnte man bei uns den Bundesrat mit einer ähnlich liebevollen Charakterisierung bedenken.
Daß die Parlamentarische Versammlung kein echtes parlamentarisches Regiment führen kann, sondern sich mit den ihr zugebilligten Kontrollbefugnissen begnügen muß, dürfte zwangsläufig daraus folgen, daß es ja nicht in Frage kommen konnte, heute schon im Rahmen des Schumanplans einen Überstaat zu schaffen. Man kann wirklich nicht auf der einen Seite lamentieren, daß der Schumanplan-Vertrag den Mitgliedern zuviel von ihrer wirtschaftspolitischen Selbständigkeit raube, auf der anderen Seite aber in seinem Rahmen Institutionen fordern, die ihn zum Überstaat erheben würden. Gerade die richtig ausgewogene Mischung von Souveränitätsverzicht und von Schonung der Selbständigkeit der Mitgliedstaaten war das, worauf es beim Abschluß des Vertrages ankam. Die Unterhändler scheinen mir gerade in dieser Hinsicht einen geeigneten Mittelweg gefunden zu haben.
Schließlich noch ein Wort zum Gerichtshof. Selbstverständlich muß sich seine Zuständigkeit grundsätzlich auf die Rechtsfragen beschränken, und er kann nicht zum Richter über rein wirtschaftspolitische Erwägungen bestellt werden. Er stellt aber doch ein sehr positives Element des Gesamtaufbaus der Organe des Schumanplans gegenüber allen Vergewaltigungsbefürchtungen dar, die bei den Vorsichtigen und Ängstlichen so häufig laut werden. Er sollte deshalb auch als solches bewertet und keineswegs als wertlos abgetan oder beiseite gelassen werden.
Schließlich wird die Haupttrumpfkarte ausgespielt, nämlich der Schumanplan schaffe ein Superkartell. Just für dieses Argument legt übrigens die Sowjetpresse eine besondere Vorliebe an den Tag, wobei dann natürlich der westliche Monopolkapitalismus im gleichen Atemzuge möglichst nicht fehlen darf.
In den Reihen unserer Opposition wird das etwas abgewandelt. Da ist dann von „klerikalem, konservativem und kartellistischem Kapitalismus" die Rede, wobei man offenbar glaubt, daß sich hinter dieser Häufung des Buchstaben X automatisch auch eine entsprechende Ansammlung von Geist verberge.
Zunächst ist nun ein Kartell eine Verständigung unter Produzenten, die durch Beschränkung und geeignete Verteilung der Produktion auf die Absatzmärkte die Erzielung hoher Preise anstrebt. Der Schumanplan aber stellt gerade umgekehrt die Produzenten unter Kontrolle; er will im Interesse der Verbraucher höchstmögliche Produktion zu möglichst niedrigen Preisen sicherstellen,
und er untersagt ausdrücklich alle Kartellbindungen der eben gekennzeichneten Art. Mit dieser Argumentation ist also, bei Licht besehen, nicht viel anzufangen. Im übrigen verrät aber gerade die von der Opposition geltend gemachte Forderung nach einer unserer Produktionsquote angemessenen höheren Stimmenzahl in der Hohen Behörde eine bemerkenswerte Befangenheit im alten Kartelldenken.
Bei diesem waren in der Tat — —
— Einen Augenblick! Hören Sie mich bitte bis zu Ende an, denn jetzt wird es interessant!
Bei diesem waren in der Tat die Produktionsquoten für das Stimmengewicht maßgebend. Würde
ein böser Monopolkapitalist das Stimmenverhält-
nis bei der Hohen Behörde in dieser Weise angegriffen haben, so würde er gewiß von der Linken sofort schonungslos verurteilt,
während sich die gleiche Linke heute mit dem Klagelied des Gretchen aus Goethes „Faust" bescheiden muß:
Wie konnt ich sonst so tapfer schmälen,
wenn tät ein armes Mägdlein fehlen!
Hinter allen diesen Argumenten, meine Damen und Herren steht letztlich eines: Man will die Verwirklichung des Schumanplan-Vertragswerks politisch nicht. Offenbar paßt es nicht in das politische Gesamtkonzept. Denn die dafür im einzelnen geltend gemachten politischen Gründe sind, wie ich gleich ausführen werde, zu schwach, als daß man ihnen ernsthaft ein Eigengewicht zubilligen könnte. Das war einmal das bekannte „Kleinsteuropa"-
Argument. Die Montanunion, heißt es da, vollziehe sich ja gar nicht in einem wirklich europäischen Rahmen und könne so auch nicht als wegweisend für eine Einigung Europas gelten. Nun, Einwendungen gegen Kleinstlösungen kann und soll man gewiß erheben, aber doch eigentlich und vor allem nur dann, wenn man etwas Besseres zu bieten hat. Aber wo sind auch nur die leisesten Ansätze dazu? Gerade in Straßburg, diesem wichtigen neuen Mittelpunkt der europäischen Meinungsbildung, hat sich bisher doch eines deutlich herausgestellt, daß nämlich eben nur der Weg der sogenannten Kleinstlösungen, der Schaffung übernationaler Organe unter den dazu bereiten Staaten gangbar ist, wenn Fortschritte erzielt werden sollen.
Der Einwand bleibt so im rein Negativen stecken. Im übrigen ist diese sogenannte Kleinstlösung im vorliegenden Falle doch gar nicht so klein; denn es bedeutet schon sehr viel, einen großen einheitlichen Markt für Kohle und Stahl für immerhin 150 Millionen Menschen zu schaffen oder — nach der neuesten Auszählung durch den Herrn Bundeskanzler — sogar für 167 Millionen Menschen.
Natürlich bedauern auch wir das Fernbleiben Großbritanniens und hoffen lebhaft, wie es vorhin schon der Herr Bundeskanzler zum Ausdruck brachte, daß es in loserer Form doch noch irgendwie organisch mit der Kohle- und Stahlgemeinschaft in Verbindung kommt. Aber die Engländer mit ihrer Blickrichtung auf die Ozeane und den weltweiten Beziehungen ihres Commonwealth haben ihre besonderen Gründe, eine allzu enge wirtschaftliche Verflechtung mit dem festländischen Europa als Beeinträchtigung ihrer überseeischen Bindungen zu vermeiden. Alle diese Gründe passen für uns hier in der Bundesrepublik, die wir im Herzen des Kontinents sitzen, in keiner Weise. Wir müssen uns mit dem jeweils Erreichbaren zufrieden geben; denn hier gilt der Satz, daß das Bessere des Guten Feind ist.
— Mit nickten, meine Herren von der äußersten Linken! Sie können sich wirklich mal eine neue Grammophonplatte zulegen!
Nichts wäre weniger angebracht, als voller Ungeduld in der Europafrage die These des „Alles oder gar .nichts" zu verfechten. Es geht nun einmal nur in Etappen voran, und Ungeduld ist ein schlechter Ratgeber.
Dabei vollziehen sich die Entwicklungen heute wirklich mit erstaunlicher Schnelligkeit.
Wer hätte denn bei der durch die Abmachungen vom Petersberg endlich erzielten Beendigung der alliierten Demontagepolitik daran gedacht, daß wir heute schon, also kaum l'/2 Jahre später, über die Ratifizierung eines Vertrages beraten, der uns mit den anderen westeuropäischen Ländern auf die gleiche Stufe stellt!
Wer hätte bei Erlaß des Besatzungsstatuts erwarten können, daß heute schon nicht nur seine Revision, sondern seine Abschaffung zur Debatte steht?!
Diese Schnellebigkeit unserer Tage darf uns aber nicht dazu verführen, nun geradezu mit Überschallgeschwindigkeit der Entwicklung noch vorauseilen zu wollen und wertvolle -Ansätze zur Schaffung eines geeinten Europas nur deshalb abzulehnen, weil sich dessen restlose Verwirklichung dabei noch nicht vollständig abzeichnet.
— Hoffentlich auch für Sie!
Es gibt, so will mir scheinen, besonders zwei Gefahren für einen gesunden Fortschritt bei der Entwicklung unserer politischen Beziehungen zur Umwelt und vor allem zu unseren Nachbarn im Westen: die schon erwähnte Ungeduld und dann das Mißtrauen, das besonders der französischen Politik gegenüber jedwede fruchtbare Zusammenarbeit zur Erreichung gemeinsamer Ziele immer wieder in Frage stellt. Was soll man denn davon halten, wenn wir zu hören bekommen, durch den Schumanplan würden Besatzungsrecht und Besatzungsmacht für 50 Jahre Bestandteil des deutschen Rechts?
Eine der für uns positivsten Seiten des Schumanplans liegt ja gerade darin, daß er für die deutschen Grundindustrien das Besatzungsrecht durch das neue Recht der Kohle- und Stahlgemeinschaft ersetzt, das für alle Mitgliedstaaten das gleiche ist. Oder glaubt man, Frankreich oder die Niederlande oder irgendeines der anderen Unionsländer seien bereit, sich freiwillig einem neuen Besatzungsrecht zu unterwerfen, bei dessen Ausübung dann auch die Deutschen mitbestimmend sind?
Gewiß, der Schumanplan-Vertrag läßt nicht automatisch sämtliches Besatzungsrecht bei uns verschwinden, aber er bahnt doch der Ersetzung des Besatzungsrechts durch Vertragsrecht mit den Weg. Die Alternative zur Schumanplan-Regelung ist ja nicht ein völlig freies und unabhängiges, ein in sich selbst ruhendes Deutschland, sondern der Fort-
bestand der bisher bestehenden Bindungen und Kontrollen.
Das geflissentlich zu übersehen, heißt die Tatbestände verwirren und erinnert auch an das bekannte Verhalten des Vogels Strauß.
Was nun die 50 Jahre anlangt, so ist es auch hier das ewige Mißtrauen, das eine solche Festlegung auf mehrere Jahrzehnte scheut. Auch beim preußisch-deutschen Zollverein von 1834 hat sich — so sehr er zunächst befehdet wurde - der zugrunde liegende Kerngedanke in dem seither verflossenen Zeitraum doch so vollständig durchgesetzt, daß man heute für das dereinstige Bestehen von Zollgrenzen, z. B. zwischen Hannover und Oldenburg, nur noch ein mildes Lächeln haben kann.
— Das haben die Zeitgenossen, Herr Kollege Schmid, damals genau so gesagt.
— Die Quellen sind Ihnen zugänglicher als irgend jemandem.
Ich empfehle Ihnen eine gründliche Lektüre!
Umstellungen so grundsätzlicher Art, wie der Schumanplan sie vorsieht, kann man einfach nicht nur auf ein paar Jahre befristen wollen, die dann gerade von den Anfangs- und Übergangsschwierigkeiten angefüllt sein werden
und deshalb unmöglich einen verläßlichen Maßstab für die Bewährung des Ganzen abgeben können. Deshalb bin ich durchaus gegen den Abstrich der Null in der Geltungsdauer des Vertrages,
den der Kollege Dr. Baade mit mehr beredter als überzeugender Feder vor wenigen Tagen in der Presse empfohlen hat.
Den Schumanplan als Instrument der französischen Machtpolitik hinzustellen, in ihm die Weiterführung der französischen Sicherheitspolitik auf deutsche Kosten mit modernen Mitteln sehen zu wollen,
ist schließlich gleichfalls nichts anderes als eine aus Mißtrauen geborene Verzeichnung des wahren politischen Sachverhalts. Darin spukt die alte Schulmeister-These von der sich seit Richelieus Tagen gleich gebliebenen französischen Politik der Spaltung und Niederhaltung Deutschlands. Gewiß, die französische Politik zeigte in den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkriege eine nicht unbedenkliche Neigung des Verharrens in Gedankengängen und Zielsetzungen vergangener Zeiten; das ist nicht zu leugnen. Nach den Kostproben deutschen Verhaltens im Zeichen der Hitlerpolitik war das, wenn auch nicht gerade weitsichtig, so doch weiß Gott die verständlichste aller Reaktionen.
Aber gerade darin besteht ja die Bedeutung des
Schumanplans, daß er das deutsch-französische
Verhältnis nun auf ein völlig neues und ganz anderes Gleis zu schieben sucht,
nachdem schon vorher Frankreich entschlossen den Europagedanken als politische Zielsetzung aufgegriffen hatte. Zu erklären, die Franzosen sagten zwar Europa, meinten aber doch nur Frankreich und dessen eigene Interessen, das ist wirklich ein zu einfaches Verfahren, um die alte RichelieuThese angesichts solch bewußten Einlenkens der französischen Politik in neue Bahnen dennoch am Leben zu erhalten. Wir sollten uns vielmehr freuen, daß Frankreichs Politik nicht in den alten eingerosteten Gleisen steckengeblieben ist, sondern daß es uns die Hand zur Zusammenarbeit im Schumanplan geboten und damit eine der großen Initiativen entwickelt hat, denen epochemachende Bedeutung in der Geschichte zukommen kann.
„Aber die Saar!" höre ich Sie schon einwerfen. Gewiß, die französische Saarpolitik der letzten Jahre wurde in jener ersten Nachkriegszeit eingeleitet, die ich eben kurz skizzierte, und sie trägt ihren Stempel. Sie wurde urbi et orbi kundgetan, fand, wenn nicht die Billigung, so doch die Hinnahme der USA-Regierung und derjenigen Englands, j a bis zu einem gewissen Grade deren Unterstützungszusage. So etwas läßt sich nicht so leicht von heute auf morgen einfach wieder abschreiben.
Das ginge vielleicht in einem totalitären Regime, das bekanntlich zu jeder Schwenkung um 90 oder auch 180 Grad stets fähig ist,
aber nicht in einer Demokratie, wo sich jeder Kurswechsel erst einmal nach unten hin, im eigenen Volke, durchsetzen und Billigung finden muß.
Wenn hier eine Aussicht auf einen französischen Sinneswandel besteht, auf eine Revidierung des ursprünglichen, eindeutigen Abtrennungsbestrebens und auf die Bereitschaft zu jener „Entente zwischen Paris und Bonn über die Saar", von der gerade jetzt, am 22. Juni, der General de Gaulle gesprochen hat, so ist klar,
daß sich dies nur im Zuge der sich entfaltenden Europapolitik, im Zuge des Zusammenwirkens in der Kohle- und Stahlgemeinschaft und durch Schaffung einer Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens erreichen läßt, nicht aber, indem man den Franzosen gegenüber ohne Unterlaß ein abgrundtiefes Mißtrauen bekundet.
Der Schumanplan entnationalisiert bekanntlich die Grundindustrien des Saargebiets, die bei dem ganzen Streit für die Franzosen das wesentliche Objekt bilden, jedenfalls in dem Sinne, daß sie fortan nicht mehr nur rein deutschen oder nur rein französischen Interessen dienen sollen, wie auch immer die Eigentumsfragen geregelt werden. Das muß sich über kurz oder lang auch auf die Haltung Frankreichs zu dem ganzen Problem der Saar auswirken.
— Wie sagen Sie?
— Herr Kollege Schmid, was Sie in diesem Punkte betreiben, das ist — —
— das fällt unter das alte Sprichwort: „Blinder Eifer schadet nur!"
Meine Damen und Herren! Wie alles braucht auch das seine Zeit. Es kann deshalb schwerlich als der letzte Schluß staatsmännischer Weisheit betrachtet werden, wenn man sich ausgerechnet die Saarfrage ausgesucht hat, um sich ihrer als Sturmbock gegen den Beitritt zum Europarat, als Sturmbock gegen den Schumanplan zu bedienen. In der Kette von lauter schwachen Punkten in dem Kampfe gegen das nun einmal auf den Index gesetzte Schumanplan-Vertragswerk
ist das Argumentieren mit der Saarfrage wohl einer der schwächsten. Der Gedanke liegt nahe, daß es bei seiner Erfindung nach dem alten lateinischen Sprichwort zugegangen sein mag: „Interdum dormitat et bonus Homerus" — manchmal schläft auch der große Homer!
— Sie habe ich mit dem Homer nicht gemeint.
Aber die Sache wird nicht dadurch besser, daß man
sich immer tiefer in den begangenen Fehler verstrickt, die Bundesregierung wegen ihrer wohlüberlegten Haltung in dieser Frage der Pflichtverletzung gegenüber dem deutschen Volk zeiht und androht, uns hier jede Woche eine Saardebatte zu bescheren. Dadurch ruft man in Frankreich nichts
als Widerstände auf den Plan und erschwert nur
den schon in Gang gekommenen Umstellungsprozeß
der Weltmeinung in dieser Frage. Was man mit
dieser Taktik erreichen kann, sind keine Erfolge in
einer uns Deutschen allen ans Herz gewachsenen
Sache, sondern man richtet damit nur Scherben an.
Wir müssen uns schon herausreißen aus dieser
Grundhaltung des ewigen Mißtrauens, mit der nicht
weiterzukommen ist. Denn auch wir können nur
dann Vertrauen erwarten, wenn wir uns selbst
nicht ständig von Mißtrauen übermannen lassen.
Gewiß konnte die gleich nach dem Kriegsende verkündete französische Zielsetzung auf Heraustrennung des Ruhrgebiets aus dem deutschen Staatsverband und weiter dann die französische Saarpolitik unser Mißtrauen wachrufen. Gewiß kränkt es uns, wenn in Paris bei den Erörterungen über die Möglichkeiten eines deutschen Verteidigungsbeitrags immer wieder Gesichtspunkte laut werden, die ein tiefes Mißtrauen verraten. Wenn Mißtrauen aber nur mit Mißtrauen erwidert wird, ja wenn sich dahinter die ständige Furcht vor hinterlistigen Absichten des Partners verbirgt, dann freilich können wir alle Hoffnungen auf ein geeintes Europa begraben.
Mit diesem Mißtrauen sollte deshalb auf beiden Seiten jetzt gründlich Schluß gemacht werden.
Das soll natürlich nicht heißen, einer unbegrenzten Vertrauensseligkeit das Wort zu reden. Diese stellt sich zwischen den Völkern so leicht ohnehin nicht ein. Aber es ist zweierlei, ob man eine behutsame und alle Möglichkeiten abwägende Politik betreibt oder ob man durch ständiges Verraten eigenen Mißtrauens einer gleichen Einstellung auf der anderen Seite dauernd neue Nahrung zuführt.
Es ist nicht von ungefähr, wenn ich mich hier so nachdrücklich darum bemühe, vom notwendigen Vertrauen der Völker zueinander zu reden.
Wir können hier den Text des Schumanplan-Vertrags von Anfang bis zum Ende auf das gründlichste durchstudieren; er wird uns doch keine
schlüssige Antwort auf die Frage geben können, ob
die Anwendung seiner Bestimmungen unserem
Volke nur Glück und Wohlstand oder Benachteiligung und Hemmung unserer Kräfte bescheren wird.
Denn dabei kommt es zum wesentlichen Teile bei aller Bedeutung der einzelnen Vertragsklauseln nicht auf den Buchstaben der Bestimmungen an, sondern auf den Geist, in dem sie später gehandhabt werden. Nun verläßt sich jedes Volk zwar gerne, wenn auch vielleicht nicht ganz mit Recht, auf den eigenen Geist und vertraut darauf, daß dieser jedenfalls seine eigenen Interessen am besten wird zu wahren wissen. Aber die Sache wird schwierig bei einem Vertrage, bei dem es auf den Geist ankommt, der eine Mehrzahl von Völkern und deren Exponenten in einer Zukunft beherrschen wird, in die uns jede verläßliche Aussicht versperrt bleibt. Da stellt sich dann heraus, daß wir uns letztlich vor ein , schwieriges völkerpsychologisches Problem gestellt sehen, für dessen Beurteilung wir nur die Erfahrungen der Vergangenheit besitzen. Das aber bringt wiederum die Gefahr mit sich, daß wir nach einem halben Säkulum, in dem im alten Europa mehr Verblendung als Verstand zu regieren schien, einer Skepsis anheimfallen, die vor jedwedem kühnen Versuch und Wagnis, wie es der Schumanplan darstellt, zurückschreckt. Skepsis aber bedeutet Mißtrauen; Versuch und Wagnis hingegen sind in ihrem Gelingen durch das Vertrauen in den Erfolg des Unternehmens bedingt. Damit wird klar, daß das Ja oder Nein zum Schumanplan stärkstens dadurch bestimmt ist, ob wir unser Vertrauen bewahrt haben in die Kräfte und in den gesunden Geist der westeuropäischen Völker, ob wir es durch die Katastrophen der jüngsten Vergangenheit hindurchgerettet haben oder ob wir angesichts der trüben Erfahrungen der Vergangenheit lieber resignieren wollen.
Die Wahl zwischen den beiden darf uns nicht schwerfallen. Wir treiben schließlich nicht für uns, sondern für die Zukunft des deutschen Volkes Politik. Diese Zukunft wird einmal in der Hand unserer heutigen Jugend liegen. Diese Jugend erwartet aber schon das bißchen Mut und Vertrauen von uns,
die dazu gehören, um das Zögern zu überwinden,
mit dem die Mitwelt gewöhnlich allen Anläufen
zum Fortschritt gegenübersteht. Wird unsere
Politik aber von Skepsis und Resignation diktiert,
so wird sich unsere Jugend nicht dafür erwärmen
können. Sie aber soll der Schumanplan als ein
Anfang und erster Anlauf zu größerem Vollbringen anspornen.
Diese Jugend verlangt von uns auch entschlossene Arbeit am Aufbau eines neuen und geeinten Europas. Dies ist eines der wenigen zugkräftigen Ideale, die wir ihr zu bieten haben.
Sie empfindet den heutigen Zustand mit Recht als lächerlich und zeitwidrig. Er ist es auch, sobald wir den Blick einmal über unsere Grundsätzlichkeiten und Streitereien im engen Kreise des alten Europas erheben. Von den USA aus gesehen muß dieses Europa ja so anmuten, wie uns in unseren Jugendtagen einst der Balkan, jener Hexenkessel der nationalen Gegensätze, erschien.
Es ist deshalb auch kein Zufall, daß gerade die amerikanische Öffentlichkeit den Schumanplan voriges Jahr enthusiastisch wie einen plötzlichen, unerwarteten Lichtstrahl begrüßt und daß sich die amerikanische Politik um seine Verwirklichung so sehr bemüht hat. In der Welt draußen hat man sich teilweise gewundert und man hat sich gefragt, was denn just die USA dabei zu gewinnen gedächten. Die Frage ist müßig; denn gewichtiger als jeder Gewinn würde der Verlust an Zukunftsaussichten, ja an jedem Vertrauen in die Zukunft sein, den ein Fehlschlag des großen Anlaufs zur Folge hätte. Der Rückschlag, zu dem ein Scheitern des Schumanplans schon vor einem wirklichen Versuch seiner Durchführung, lediglich infolge der Ablehnung seiner Ratifizierung, führen müßte, könnte für die Welt der freien Volker oder doch zumindest der westeuropäischen Völker leicht tödliche Folgen haben.
Wer zu einem solchen Scheitern beitragen will, erforsche deshalb nur recht ernstlich sein Gewissen, ob er das vor der Geschichte, vor der Jugend unseres Volkes und Europas, die diese Folgen tragen mußte, auch verantworten kann.
Das sind denn auch die Erwägungen, die uns dazu bestimmt haben, in dieser für ganz Europa so wichtigen Frage der Bundesregierung unsere Zustimmung nicht zu versagen. Wir danken es ihr vielmehr, wir danken es vor allem der weitschauenden Politik des Herrn Bundeskanzlers, daß sie durch ihre Haltung so entscheidend zum Gelingen des Werkes beigetragen hat.
Uns erscheint unser Weg klar vorgezeichnet.
Wir haben sogleich bei der Bekanntgabe des Schumanplans in ihm die große und zukunftsträchtige Idee erkannt, die er barg, und wir halten an ihr fest. Gewiß, die Verhandlungen waren nicht einfach und bequem, und sie haben uns auch in manchen Punkten Enttäuschungen gebracht; das Vertragswerk mutet uns manches nicht geringe Opfer zu. Aber wir haben uns doch dazu durchgerungen, unser Ja auszusprechen, weil man fähig sein muß, für die Verwirklichung einer großen Idee auch Opfer in Kauf zu nehmen. Uns leitet dabei der große Gedanke des Zusammenschlusses der freien Völker Europas, diese letzte Hoffnung unseres alten kulturtragenden Kontinents. Nur
durch geschlossenes und vertauensvolles Zusammenstehen vermögen wir die aus dem Osten heraufgezogenen Gefahren zu bannen; das ist unsere letzte Chance,
das ist geradezu die Hauptaufgabe, die unserer Generation gestellt ist.
Die Kohle- und Stahlgemeinschaft aber ist der entscheidende erste Baustein zu diesem Wall, den es zu errichten gilt. Ihm werden weitere folgen müssen. Wenn alle in diesem Geiste an die Verwirklichung des Vertragswerkes herangehen, dann kann dem rechten und mutigen Wollen der Erfolg nicht versagt bleiben. Darauf vertrauen wir.