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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 161. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juli 1951 6497 161. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. Juli 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6498A, 6559C Beschlußfassung des Deutschen Bundestags zum Gesetz über steuerliche Behandlung von Tabakerzeugnissen besonderer Eigenart 6498A Gesetz zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen 6498A Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen . 6498A Zolltarifgesetz 6498A Gesetz über eine Bundesbürgschaft zur Abwicklung von Saatenkrediten für die Ernten bis zum Jahre 1949 6498A Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts 6498B Gesetz zur Durchführung des Art. 108 Abs. 2 des Grundgesetzes 6498B Vorlage des Entwurfs einer Verordnung PR Nr. 50/51 — Kohle — II/51 — zur Änderung von Preisen für Steinkohle, Steinkohlenkoks und Steinkohlenbriketts aus den Revieren Ruhr, Aachen und Niedersachsen sowie zur Sicherstellung der Deckung des Bedarfs an festen Brennstoffen 6498B Anfrage Nr. 198 der Abg. Strauß u. Gen. betr. Auslieferung deutscher Wertpapiere (Nrn. 2355, 2483 der Drucksachen) . . . 6498B Mitteilung der Bundesregierung betr. Beratung des Gesetzentwurfs über die Investitionshilfe der deutschen gewerblichen Wirtschaft (Nr. 2450 der Drucksachen) 6498B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 6498D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2401 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Fortgang der Beratungen über den Gesetzentwurf betr. den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Nr. 2484 der Drucksachen) 6499C zur Geschäftsordnung: von Thadden (DRP) 6498B zur Sache: Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 6499C Dr. Henle (CDU) 6502B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 6510C Euler (FDP) 6521C Dr. Bertram (Z) 6525D Albers (CDU) 6532A Henßler (SPD) 6535A Dr. von Merkatz (DP) 6539D Dr. Seelos (BP) 6542B zur Geschäftsordnung: Arndt (SPD) 6545A zur Sache: Dr. Preusker (FDP) 6545B Reimann (KPD) 6547B Tichi (BHE-DG) 6552C Löfflad (WAV) 6553D Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 6554C zur Geschäftsordnung: Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 6555B Erler (SPD) 6555B Strauß (CSU) 6555C Ewers (DP) 6555C Ollenhauer (SPD) 6555D zur Abstimmung: Mellies (SPD) 6556A Dr. Preusker (FDP) 6556A Ausschußüberweisungen 6556B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 108 Abs. 2 des Grundgesetzes (Nrn. 2268, 2341, 2432, 2499 der Drucksachen) . 6556C Dr. Spiecker, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen, Berichterstatter 6556D Beschlußfassung 6557A Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Nrn. 2130, 2316, 2433, 2501 der Drucksachen) 6557A Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 6557A Beschlußfassung 6557B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln (Teuerungszulagengesetz) (Nrn. 2463 und zu 2463 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) 6557C Dr. Hammer (FDP), Berichterstatter 6557D Freidhof (SPD) 6558B Renner (KPD) 6558B, 6558D Abstimmungen 6558A, B Rückblick auf die zweijährige Tätigkeit des Deutschen Bundestags und Wünsche für die Parlamentsferien: Vizepräsident Dr. Schäfer 6559D Nächste Sitzung 6559D Die Sitzung wird um 9 Uhr 7 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz, das Ihnen zur Beratung und zur Beschlußfassung vorgelegt Wird, ist sehr kurz; aber seine Bedeutung ist im Hinblick auf die ihm beigefügte Anlage außerordentlich groß. Ich glaube, ich kann ohne zu übertreiben sagen, daß sich der Bundestag bisher noch mit keinem Gesetzentwurf hat beschäftigen können, der an Bedeutung diesen Gesetzentwurf übertrifft.
    Wenn Ihnen dieser Gesetzentwurf mit dem Antrage vorgelegt wird, der Ratifikation des Schumanplans, des Vertrags über die Montanunion zuzustimmen, so lassen Sie mich einige allgemeine Bemerkungen formell-rechtlicher Natur vorausschicken. Dieser Vertrag ist nach monatelanger Beratung durch Delegationen von sechs europäischen Ländern zustande gekommen, die sich ihrerseits wieder mit einer ganzen Anzahl von Sachverständigen laufend beraten haben. Es sind von diesen Delegationen eine Reihe von Punkten bis zu einer Konferenz der Außenminister der sechs Länder zurückgestellt worden. In dieser Außenministerkonferenz, die sich ebenfalls über eine Reihe von Tagen erstreckt hat, ist eine Einigung erzielt worden, die Ihnen nunmehr vorliegt.
    Es ist wohl ohne weiteres klar, daß eine solche Verständigung unter sechs europäischen Ländern, die verschiedene Interessen und verschiedene Ansichten haben, erst nach sehr langen Beratungen und auf dem Wege eines gegenseitigen Ausgleichs, einer gegenseitigen Angleichung der Interessen und auf dem Wege der Überzeugung zustande kommt. 'Bei einem solchen Vertragswerk liegt es in der Natur der Sache, daß keiner der Beteiligten seine Ansicht allein hundertprozentig durchsetzen kann. Er darf auch gar nicht davon ausgehen, daß nur seine Ansichten hundertprozentig durchgesetzt werden müßten. Wie jeder Vertrag, so ist dieser Vertrag unter sechs Teilnehmern im Ergebnis ein Kompromiß. Keiner derjenigen, die an den Verhandlungen teilgenommen haben, wird behaupten wollen oder behaupten können, daß das Ergebnis


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    der Verhandlungen hundertprozentig richtig sei und ihn hundertprozentig befriedige. Man darf bei einem solchen Vertragswerk nicht die Einzelheiten zu sehr für sich betrachten, sondern man muß den zugrunde liegenden Gedanken, den Zweck, der mit dem ganzen Vertragswerk verfolgt wird, betrachten, und muß dann untersuchen, ob die konstruktive Anlage des Ganzen geeignet erscheint, diesen Zweck — wenn man ihn bejaht — zu erreichen.
    Meine Damen und Herren, ich glaubte diese Bemerkungen voranschicken zu können, um Ihnen und mit Ihnen der deutschen Öffentlichkeit klarzulegen, warum es bei solchen Verträgen nicht möglich ist, Abänderungsanträge zu diesem oder jenem Artikel oder zu diesem oder jenem Absatz anzubringen. Ich bitte, sich doch vorzustellen, daß in den sechs Parlamenten der beteiligten sechs europäischen Länder vielleicht zu anderen Punkten, aber ebenfalls genau wie das hier der Fall sein wird, Beanstandungen zu diesem oder jenem kommen werden. Wenn auf Grund dieser Beanstandungen die Ratifizierung in der vorgesehenen Frist unterbleiben würde, würde das ganze Vertragswerk nicht nur gefährdet, sondern höchstwahrscheinlich völlig erledigt sein.
    Genau wie Sie, meine Damen und Herren, genau wie dieses Hohe Haus stehen die anderen Parlamente vor der gleichen, vielleicht für Europa schicksalhaften Frage: sollen wir unter Zurückstellung dieser oder jener Bedenken zustimmen, oder aber — meine Damen und Herren, das ist nach meiner Meinung die Entscheidung, die Sie zu fällen haben — sollen und können wir die Verantwortung dafür auf uns nehmen, daß dieses Werk scheitert. Ich bitte Sie, von vornherein unter diesem Gesichtspunkt an Ihre ganze Arbeit heranzutreten. Ich bitte Sie weiter, davon überzeugt zu sein, daß die Delegationen und die verschiedenen Organisationen, mit denen die Delegationen aller Länder — aber ich spreche jetzt vornehmlich für die deutsche Delegation — Fühlung genommen haben, während der ganzen Monate den größten Ernst und die größte Gewissenhaftigkeit auf ihre Arbeit verwendet haben. Es liegt mir daran, allen diesen deutschen Stellen, deren Hingabe an die Aufgabe jedes Lob verdient, auch von der Tribüne dieses Hauses den herzlichsten Dank auszusprechen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es liegt mir weiter daran, beim Eintritt in die Verhandlungen dem bisherigen französischen Außenminister, Herrn S c h u m a n, zu danken, weil er im Mai 1950 die Kühnheit gehabt hat, mit diesem Vorschlag an Deutschland und an die europäische Öffentlichkeit heranzutreten.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn ich sage: die Kühnheit gehabt hat, so habe ich diesen Ausdruck wohl überlegt gebraucht. Man vergißt nur zu schnell in dieser Zeit, die fast jeden Tag große Veränderungen bringt, wie der Zustand, wie das Ansehen Deutschlands in der Welt noch im Mai des Jahres 1950 gewesen ist. Ich bitte, in Ihre Erinnerung zurückrufen zu dürfen, daß der damalige Vorschlag Herrn Schumans nicht nur in der Welt das größte Aufsehen erregt hat, sondern daß er auch in Deutschland fast uneingeschränkt mit der lebhaftesten Genugtuung begrüßt worden ist.

    (Beifall bei der CDU Und bei einem Teil der FDP.)

    Es liegt mir auch daran, beim Eintritt in diese Verhandlungen den anderen beteiligten Ländern gegenüber eine Dankespflicht zu erfüllen. Denn die Vertreter der Bundesrepublik sind bei diesen ganzen Verhandlungen in absolut fairer Weise als Gleichberechtigte behandelt worden.

    (Beifall bei . der CDU.)

    Das, meine Damen und Herren, war im Jahre 1950
    noch nicht eine solche Selbstverständlichkeit, mit
    der wir es heutzutage zu betrachten gewohnt sind.

    (Abg. Rische: Heute muß man Deutschland für den Krieg haben!)

    Wer sich in den Vertrag vertieft — und es gehört Vertiefung dazu —, der wird erkennen, daß der Aufbau des ganzen Werkes wohl überlegt und in konstruktiver Weise erfolgt ist, daß man bei dem Aufbau nicht lediglich daran gedacht hat, eine Union für Kohle, Eisen und Stahl zu schaffen, sondern daß man daran gedacht hat, hier auch ein Vorbild für etwaige zukünftige weitere Integrationsverhandlungen in Europa zu geben.

    (Zuruf von der KPD: Landwirtschaft!)

    Überall finden Sie in den einzelnen Artikeln durchscheinend den Antrieb zur Weiterentwicklung, zur Weiterentwicklung auch was den Kreis der beteiligten Länder angeht. Alle Unterzeichner dieses Vertrages — das ist wiederholt und in sehr nachdrücklicher Weise zum Ausdruck gekommen — würden es begrüßen, wenn auch Großbritannien sich in irgendeiner Form diesem Vertragswerk anschließen würde. Ich bin auch davon überzeugt, daß Großbritannien das tun wird. Ich kann Ihnen sagen, daß mir schon vor längerer Zeit von der britischen Regierung die offizielle Mitteilung gemacht worden ist, daß sie der Montanunion mit größtem Wohlwollen gegenüberstehe und daß sie, sobald der Vertrag ratifiziert sei, untersuchen werde, in welcher Form es für Großbritannien möglich sein würde, mit dieser Montanunion zusammenzuarbeiten.
    Die dynamische Natur des ganzen Vertragswerkes bitte ich nicht zu übersehen. Es handelt sich — ich kann das nur nochmals betonen — um eine Konstruktion von dynamischer Natur, die bestimmt ist, über den unmittelbaren Kreis des Teiles der Wirtschaft, der hier geordnet ist, hinauszuwirken. Man ging davon aus, daß, wenn diese sechs europäischen Länder erst einmal gelernt hätten auf einem so außerordentlich wichtigen" wirtschaftlichen Gebiet zusammenzuarbeiten, dann aus dieser gemeinsamen Arbeit sich der Antrieb von selbst ergeben würde, auch auf weiteren Gebieten der Wirtschaft eine Zusammenarbeit herbeizuführen.
    Über die wirtschaftliche Natur dieses Vertrags ist von den verschiedenen Seiten verschieden geurteilt worden. Den hundertprozentigen Anhängern einer freien Wirtschaft — ich spreche jetzt nicht von Deutschland, sondern ich spreche ganz allgemein —, den hundertprozentigen Anhängern einer freien, absolut freien Wirtschaft enthielt der Vertrag zuviel Bindung, er enthielt ihnen zuviel von Planung und Möglichkeiten, in die Wirtschaft einzugreifen; denjenigen aber, die für eine hundertprozentige Planung sind, waren die Ansätze zu einer gewissen Lenkung zu gering, sie wollten viel mehr an Planungsrechten. Wenn Sie so die ganzen Stimmen der Kritik, die laut geworden sind, die namentlich auch in Frankreich von seiten der französischen Schwerindustrie laut geworden sind, verfolgen, dann werden Sie sehen, daß dem einen das zuviel, dem andern das gleiche zuwenig ist, so daß man doch wohl glauben darf: es ist denen, die dieses Werk gearbeitet haben, gelungen, das zu finden,


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    was gefunden werden mußte: ein guter Ausgleich zwischen einander entgegengesetzten Anschauungen.
    Ich habe eben von der französischen Schwerindustrie gesprochen. Es ist in der Tat so, daß die französische Schwerindustrie — oder wenigstens maßgebende Teile der französischen Schwerindustrie — mit großer Intensität gegen die Montanunion Sturm laufen und daß sie, wie mir berichtet worden ist, in den letzten Tagen versucht haben, schwerindustrielle Kreise auch der anderen europäischen Länder zusammenzubringen, damit von den Schwerindustrien sowohl Frankreichs wie Deutschlands dieses Werk verneint wird. Ich hoffe, daß die deutschen Kreise sich nicht verlocken lassen, auf diese Rufe der französischen Schwerindustrie zu hören.

    (Unruhe bei der SPD.)

    Ich sage diese Worte nicht ohne Grund und ohne bestimmten Anhalt dafür. Diejenigen, die auf französicher Seite ausführen, die französische Wirtschaft werde der deutschen Hegemonie ausgeliefert,

    (Lachen bei der SPD)

    gehen mit diesen Behauptungen in ihrem Lande hausieren. Bei Deutschen sagen sie natürlich etwas anderes. Ich bin der Auffassung und des Glaubens, daß die Parlamente der sechs europäischen Länder, die sich mit dieser Montanunion zu beschäftigen haben werden, genau erkennen, worum es sich handelt, daß sie insbesondere auch erkennen, daß der politische Zweck, die politische Bedeutung der Montanunion noch unendlich viel größer ist als der wirtschaftliche Zweck.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    So sehr ich auch die wirtschaftliche Bedeutung bejahe, so sehr ich es als gut empfinde, daß für Kohle, Eisen und Stahl in einem Gebiete, das von 167 Millionen Menschen bewohnt wird, ein freier Markt geschaffen wird, so sehr ich es begrüße, daß auf dem Gebiete, das die Montanunion in sich schließt, die Zollschranken fallen, so sehr ich der Auffassung bin, daß dadurch ein wirtschaftlicher Impuls allerersten Ranges und von größter Kraft ausgehen wird, — über alles dies scheint mir die politische Bedeutung noch unendlich viel größer zu sein.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Als im Mai des Jahres 1950 Herr Schuman diesen Vorschlag machte,

    (Zuruf von der KPD: Washington machte ihn!)

    ging es ihm in erster Linie darum, die althergebrachten Gegensätze zwischen Frankreich und Deutschland dadurch aus der Welt zu schaffen, daß auf dem Gebiete der Grundstoffindustrien gemeinsam gearbeitet, und daß dadurch jeder Gedanke, einer wolle gegen den andern rüsten, unmöglich würde. Es handelte sich auch darum, psychologisch zu wirken. Wir müssen uns darüber klar sein, daß französische Bevölkerungskreise vielfach noch immer in dem Gedanken leben, daß Deutschland ein eventueller zukünftiger Gegner sein würde. Die psychologische Bedeutung, die Frage der Beruhigung solcher Befürchtungen im eigenen Lande- und die Erweckung des Gefühls der Zusammengehörigkeit zwischen Deutschland und Frankreich waren die politischen Gründe, die Herrn Schuman damals geleitet haben. Aber wie bei wirklich konstruktiven Gedanken hat sich im Laufe der Entwicklung gezeigt, daß in diesem Vorschlag eine solche lebendige Kraft lag, daß man über den ursprünglichen Zweck jetzt schon weit hinausgekommen ist.
    Man hat seit dem Mai 1950 erkannt, daß die Integration Europas für alle europäischen Länder eine absolute Notwendigkeit ist, wenn sie überhaupt am Leben bleiben wollen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Man hat weiter erkannt, daß man die Integration Europas nicht mit Reden, mit Erklärungen herbeiführen kann, sondern daß man sie nur herbeiführen kann

    (Zuruf von der KPD: Durch Panzerdivisionen!)

    durch gemeinsame Interessen und durch gemeinsames Handeln.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Darin liegt die ganz große Bedeutung dieses Vertrages. Dieser Vertrag nötigt die europäischen
    Länder, die ihm angehören, zusammen zu handeln.
    Etwas weiteres hat sich im Laufe der Verhandlungen ergeben. Ich glaube, daß wohl zum ersten Mal in der Geschichte, sicher der Geschichte der letzten Jahrhunderte, Länder freiwillig und ohne Zwang auf einen Teil ihrer Souveränität verzichten wollen,

    (Zuruf von der KPD: An die Rüstungsherren!)

    um diese Souveränität einem supranationalen Gebilde zu übertragen.

    (Zuruf von der KPD: Den Amerikanern unterstellt werden! — Zurufe in der Mitte: Ruhig! — Gegenrufe von der KPD: Das gefällt Ihnen nicht!)

    Das ist — ich betone das nachdrücklich —, wie mir scheint, ein Vorgang von welthistorischer Bedeutung, ein Vorgang, der das Ende des Nationalismus in all diesen Ländern bedeutet.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bin der festen Überzeugung, daß, wenn dieser Anfang einmal gemacht worden ist, wenn hier sechs europäische Länder, wie ich nochmals betone: freiwillig und ohne Zwang einen Teil ihrer Souveränität

    (Zuruf von der KPD: Wer lacht denn da?)

    auf ein übergeordnetes Organ übertragen, man dann auch auf anderen Gebieten diesem Vorgang folgen wird und daß damit wirklich der Nationalismus, der Krebsschaden Europas, einen tödlichen Stoß bekommen wird.

    (Sehr gut! und Bravo! bei den Regierungsparteien.)

    Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, über aller Kritik am einzelnen — ich möchte jetzt auf Einzelheiten nicht eingehen und mir vorbehalten, je nachdem, was hier vorgebracht wird, darauf zurückzukommen — immer im Auge zu halten, daß es sich hier um eine Entscheidung handelt, wie sie in Europa bisher noch niemals getroffen worden ist.

    (Erneute Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Ein Wort lassen Sie mich noch zum Ruhrstatut und all dem sagen. Es ist eine absolute Selbstverständlichkeit, daß dieser Vertrag nicht ratifiziert wird, ehe bindende Erklärungen der beteiligten Länder — jetzt meine ich nicht die Länder, die den Vertrag unterschrieben haben, sondern überhaupt die am Londoner Abkommen beteiligten Länder - vorliegen, die der Bundesrepublik dieselbe Mög-


    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    lichkeit geben, frei in diese Montanunion einzutreten, wie den anderen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Das ist eine absolute Selbstverständlichkeit. Ich möchte hier betonen, daß bei den Verhandlungen der Außenministerkonferenz in Paris Frankreich und ebenfalls die anderen Länder, die dort vertreten waren, diese Forderung als berechtigt anerkannt haben und daß die beiden Länder, die auch noch zur Aufhebung dieser Beschränkungen zustimmen müssen, Großbritannien und die Vereinigten Staaten, mir sofort nach meiner Rückkehr von der Pariser Außenministerkonferenz die Mitteilung haben zugehen lassen, daß sie durchaus für unsere Forderung seien. Die Verhandlungen unter diesen Ländern haben in der Zwischenzeit begonnen. Wir werden von dem Fortgang der Verhandlungen dauernd unterrichtet.
    Ich betone nochmals, meine Damen und Herren: Verwenden Sie auf diese Frage nicht zu viel Zeit, denn es ist eine absolute Selbstverständlichkeit, daß ohne Erfüllung dieser Forderung der Vertrag von der Bundesregierung dem Herrn Bundespräsidenten, nicht unterschrieben werden wird.

    (Bravo! bei der FDP.)

    Vorläufig möchte ich damit schließen. Ich möchte mich nicht zu sehr in Einzelheiten hineinbegeben, weil ich den Blick der Öffentlichkeit und dieses Hauses nicht von dem großen Ziel, von dem großen Zweck, der mit diesem Vertrag verfolgt wird, ablenken möchte: von dem Ziel der Schaffung eines einheitlichen Europas.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien und bei der BP.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Besprechung der ersten Beratung und gleichzeitig die Besprechung des Antrages der Fraktion der SPD, 'der nachher, wie ich annehmen darf, von dem Redner der SPD begründet werden wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Henle.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Günther Henle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Wenn ich hier für die Fraktion der CDU das Wort ergreife, um in dieser so überaus bedeutsamen Aussprache über die Frage der Billigung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl unseren Standpunkt darzulegen, so lassen Sie mich eine Feststellung gleich vorweg treffen. Die in der Regierung vertretenen Parteien in diesem Hause sind sich im vollen Bewußtsein ihrer Verantwortung völlig einig in der Erkenntnis des großen Zieles, um das es sich bei der Verwirklichung des Schumanplanes handelt, und in der Entschlossenheit, diese Verwirklichung, soweit es an uns liegt, auch sicherzustellen. Was von den Sprechern der einzelnen Regierungsparteien heute hierzu gesagt wird, gilt daher grundsätzlich für alle Fraktionen der Koalition und in deren aller Namen, ohne daß damit jede Gruppe auf jede einzelne Formulierung festgelegt werden soll. In allem Wesentlichen aber stehen wir einmütig zusammen.
    Das bedeutet nicht, daß wir alle hundertprozentige Lobredner des Vertragswerkes sind, das uns vorliegt. Darum handelt es sich auch nicht, sondern es geht um die schicksalsschwere Frage, ob die deutsche Bundesrepublik bereit ist, mit Hand anzulegen bei der Verwirklichung des wohl kühnsten Versuches, der bisher unternommen wurde, um die althergekommene Aufspaltung Europas in nationalstaatliche Einheiten, deren jede bei sich unbedingt Herr im eigenen Hause sein will, zu
    überwinden. Diese Überwindung soll dadurch angebahnt werden, daß zunächst einmal auf dein höchst wichtigen wirtschaftlichen Teilgebiet von Erz, Kohle und Stahl dem Grundsatz der Aufspaltung der Grundsatz der Zusammenfassung, dem Gedanken der Gegensätzlichkeit jener der Gemeinsamkeit übergeordnet und damit eine wesentliche Änderung der bisherigen Ordnung der Dinge in Europa angebahnt und herbeigeführt wird. Gewiß ist ein solcher Versuch ein Wagnis, aber wir bekennen uns zu der Notwendigkeit eines solchen Wagnisses. Freilich, gerade weil wir so denken, sind wir nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, genau zu untersuchen, ob die Voraussetzungen des Gelingens in dem uns vorliegenden Vertragstext in höchst erreichbarem Umfange vorliegen.
    Dieser Vertragstext ist ein kompliziertes und umfangreiches, für den Nichtfachmann und damit für die weiten Kreise des Volkes schwer lesbares und in bezug auf die Tragweite der einzelnen Bestimmungen nicht leicht zu durchschauendes Werk. Man erwartet natürlich im Lande draußen mit Recht von uns, daß jedenfalls wir Abgeordneten uns diese Bestimmungen sehr genau ansehen und sie auf die Goldwaage legen, um so zu einem verläßlichen Gesamturteil zu kommen. Es ist selbstverständlich, daß wir der uns so obliegenden Pflicht nur gerecht werden können, wenn wir nicht sozusagen von vornherein alles und jedes für restlos befriedigend erklären, was die Unterhändler erreicht und festgelegt haben, sondern auch Kritik üben, wo immer Bestimmungen zu Zweifeln an dem Erfolge des Ganzen Anlaß geben. Eine solche Kritik ist nicht negativ, sondern Kritik im Interesse eines Gelingens des Gesamtwerkes.
    Ich betone das, weil sich gerade in dieser Hinsicht, zumal im Ausland, oft Mißverständnisse einstellen. Wir haben das noch dieser Tage deutlich bei der Bewertung der Forderungen gesehen, die der Bundesrat in seiner Sitzung vom 27. Juni im Rahmen des Schumanplanes erhoben hat. Ein Teil der Auslandspresse hat darin eine Opposition gegen die Montanunion als solche oder doch zumindest ein Verzögerungsmanöver sehen wollen. Das scheinen mir irrtümliche Interpretationen zu sein. Weit zutreffender war es, wenn die „New York Times" in einem Leitaufsatz dazu schrieb, der Bundesrat habe ein gutes Beispiel gegeben und seine Vorbehalte seien vom alliierten Standpunkt aus nur von geringerer Bedeutung, da ja die Gleichstellung Deutschlands und die Aufhebung der alliierten Kontrolle wesentliche Elemente des Schumanplanes seien. Um so größere Bedeutung hätten sie freilich, so fügte das große New Yorker Blatt hinzu, vom innerdeutschen Standpunkt aus, um die Opposition gegen den Schumanplan zu überwinden, die — wie das Blatt weiter schreibt — nicht nur von einigen unentwegten Ruhrindustriellen, sondern besonders von den deutschen Sozialisten herrühre.
    Was die Ruhrindustriellen anlangt, so glaube ich sagen zu können, daß diese es von vornherein an grundsätzlich positiver Einstellung zum Schumanplan nicht haben fehlen lassen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Was die Haltung der SPD anlangt, so hat diese freilich die Bekämpfung des- Schumanplan-Vertragswerkes nun leider einmal zur Parteiparole, um nicht zu sagen, zum Dogma erhoben. Dabei ist, wie einer kürzlichen Meldung der der SPD


    (Dr. Henle)

    nahestehenden Zeitung „Die Welt" zu entnehmen war, — —

    (Große Heiterkeit bei der SPD. — Zuruf des Abg. Schoettle. — Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Das war ein Scherz! — Abg. Mellies: Sie sind wohl gestern vom Himmel gefallen! — Unruhe bei der SPD. — Glocke des Präsidenten.)

    — Meine Herren, sind Sie so sicher, daß alle Mitarbeiter der „Welt" den Vermerk in der 'Oberschrift von der „Überparteilichkeit" auch gelegentlich einmal selber lesen?

    (Beifall bei der CDU. — Abg. Dr. Schumacher: Die „Welt" ist ein reines Regierungsblatt! — Andauernde Unruhe bei der SPD.)

    — Ich wollte Ihnen mit dieser Bemerkung ja in
    keiner Weise zu nahe treten, Herr Dr. Schumacher!

    (Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren! Wie dem auch sei, jedenfalls war einer Meldung dieser Zeitung zu entnehmen, daß es auch bei dem internationalen Kongreß der sozialistischen Parteien in Frankfurt bei dieser Stellungnahme geblieben ist, von dem man vielleicht am ehesten eine gewisse Auflockerung dieser dogmatischen Erstarrung erhoffen konnte. Um die Rolle, die sich die SPD damit selbst zudiktiert hat, ist sie nun freilich nicht zu beneiden. Aber das enthebt uns nicht der Notwendigkeit, uns mit den Argumenten ernsthaft auseinanderzusetzen, die von der linken Seite dieses Hauses gegen die Montanunion ins Feld geführt werden. Wir kennen sie schon im voraus; denn dank der Redekampagne des Herrn Dr. Schumacher füllen sie ja schon einen ganzen Katechismus.

    (Lachen bei der SPD. — Abg. Dr. Schumacher: Lesen Sie das noch aus der „Welt" vor oder ist das aus Ihrem Manuskript?)

    — Nein, ich verhake mich nicht so lange in ein und denselben Gegenstand, Herr Schumacher.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Kritik am Schumanplan ist natürlich in allen beteiligten Ländern laut geworden. Die Koordinierung der Grundindustrien in sechs verschiedenen Staaten mit recht unterschiedlichen Voraussetzungen kann sich nicht ohne Ausgleichsmaßnahmen und Sonderbestimmungen vollziehen, die Kompromisse erfordern, wie das der Herr Bundeskanzler eben bereits ausgeführt hat. Jedes Kompromiß bedeutet aber ein Zurückstecken gegenüber dem für jeden einzelnen Partner an sich Wünschbaren. Ebenso erfordern gemeinsame Anstrengungen zur Erreichung eines bestimmten Zieles auch mancherlei Opfer, die natürlich nach einem, objektiven, für alle Partner gleichmäßig zur Anwendung gelangenden Schlüssel verteilt werden müssen. Das sind an sich Selbstverständlichkeiten.
    Was für uns Deutsche die Verwirklichung des Schumanplans in mancher Hinsicht besonders erschwert hat, das .ist unsere heute noch gegebene Unfertigkeit als selbständiger Staat nach dem totalen Zusammenbruch von 1945. Denn diese Unfertigkeit dokumentiert sich für die Grundindustrien besonders in dem Fortbestehen der alliierten Neuordnungs- und Kontrollmaßnahmen innerhalb der Bundesrepublik.
    Dabei wirkt sich noch weiter erschwerend aus, daß wir es bei diesen Fragen im Rahmen der Schumanplan-Verhandlungen nur mit Frankreich zu tun hatten, das verständlicherweise nicht in der Lage war, dabei zugleich für seine nicht zur Montanunion gehörenden Partner in den Neuordnungs- und Kontrollorganen verbindliche Erklärungen abzugeben. So war es eine zwangsläufige Folge, daß es in dieser Hinsicht noch eine Reihe offener oder bisher noch nicht abschließend geklärter Punkte gibt. Diese haben dann ja in dem Beschlusse des Bundesrats vom 27. Juni die Hauptrolle gespielt.
    Da ist einmal die Ruhrbehörde. An sich gibt es, glaube ich, kaum einen eindrucksvolleren Beweis, in welch starkem Ausmaß uns gerade unser positives Eingehen auf den Schumanplan-Vorschlag vorangebracht hat, als die Tatsache, daß von uns heute schon mit Fug und Recht das Verschwinden der Ruhrbehörde verlangt werden konnte. Gerade von der französischen Regierung selbst, die seinerzeit diejenige war, die die Schaffung der Ruhrbehörde durchsetzte, ist uns die Beseitigung dieser Institution jetzt zugesagt worden.
    Man hat dagegen eingewandt, diese Zusage sei nicht endgültig und somit letztlich auch nicht bindend. Demgegenüber möchte ich glauben, daß sich die französische Regierung mit ihrem Briefe an den Herrn Bundeskanzler vom 18. April tatsächlich im Maximalausmaß dessen festgelegt hat, was ihr ohne Verhandlungen mit Washington und London möglich war. Das hat man ihr in London bekanntlich sogar etwas verübelt. Durch den Brief vom 18. April sind die Franzosen im Sinne eines Außerkrafttretens des Ruhrstatuts nach der Errichtung des gemeinsamen Marktes für Kohle, d. h. also spätestens sechs Monate nach Ernennung der Mitglieder der Hohen Behörde, durchaus bindend festgelegt. Von dieser Festlegung könnte sie nur ein Widerspruch ihrer außerhalb der Montanunion stehenden Partner befreien. Was diese Partner anlangt, so wissen wir bereits aus den Mitteilungen des Herrn Bundeskanzlers im Bundesrat und auch in diesem Hause, daß sie die Zusage gegeben haben, der Auflösung der Ruhrbehörde auch ihrerseits zustimmen zu wollen. So steht deren baldiges Verschwinden in sicherer Aussicht.
    Bei dieser Sachlage ist es wohl angezeigt, in die Erinnerung zu rufen, wie heftig Ende 1948 das Aufbegehren in ganz Deutschland war, als die Ruhrbehörde geschaffen wurde

    (Abg. Dr. Schumacher: Bei Ihnen nicht! Sie haben zugestimmt!)

    — wir waren damals ja hier noch gar nicht versammelt —,

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Ich erinnere Sie an Bernkastel, Herr Henle!)

    ja, wie heftig es teilweise — das bezieht sich jetzt auf Sie, Herr Kollege Schmid — noch kritisiert wurde, als sich dann im Zusammenhang mit den Abmachungen vom Petersberg die Bundesregierung bereit fand, deutsche Vertreter in die Ruhrbehörde zu entsenden. Darin wollte manch einer eine Art Kapitulation sehen,

    (Zuruf von der SPD: Sehr richtig!) während der Ablauf der Dinge bewiesen hat, meine Damen und Herren von der Linken, daß wir damit dem Schumanplan-Gedanken und darüber hinaus dem Schritt ins Freie den Weg ebneten.


    (Beifall in der Mitte. — Zuruf des Abg. Dr. Schumacher. — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Man macht es sich wahrlich etwas zu bequem, wenn
    gegen all das jetzt eingewendet wird, an die Stelle
    der Ruhrbehörde solle nun eben die Hohe Behörde


    (Dr. Henle)

    treten, um die Bevormundung des Ruhrgebiets für weitere 50 Jahre zu gewährleisten. Dabei wird denn doch auf ein allzu schlechtes Erinnerungsvermögen spekuliert. Wie hieß es doch 1948? Es hieß, wenn die gesamte westeuropäische Grundindustrie wie ein großer internationaler Pool zusammengefaßt würde und dann alle der gleichen Kontrolle unterworfen würden,

    (Sehr richtig! in der Mitte — Zurufe von der SPD)

    ja, dann ließe sich nicht nur darüber reden,

    (Zuruf des Abg. Dr. Schumacher)

    sondern darin würde sogar ein entscheidender Schritt nach vorwärts liegen;

    (Abg. Dr. Schumacher: Sehr richtig!)

    aber die völlig einseitige Unterwerfung Deutschlands unter solche Kontrollen sei untragbar.

    (Abg. Dr. Schumacher: Sehr richtig!)

    Ja, Herr Dr. Schumacher, so weit sind wir jetzt dank der Politik, die wir betrieben haben, gekommen.

    (Beifall in der Mitte. — Zuruf des Abg. Dr. Schumacher. — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Natürlich war diese einseitige Unterwerfung Deutschlands auf die Dauer untragbar. Wenn sie nun heute aufgehoben werden soll, so ist es nicht der laute Entrüstungssturm gewesen, der eine solche rasche Entwicklung bewirkt hat, sondern die überlegene und kluge Behandlung der ganzen Frage durch den Bundeskanzler Herrn Dr. Adenauer,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    der allein schon damit eine staatsmännische Leistung von historischem Ausmaß vollbracht hat.

    (Erneuter Beifall.)

    Die Hohe Behörde mit ihrem übernationalen Charakter und mit der Anfechtbarkeit ihrer Entscheidungen vor einem eigens dazu geschaffenen Gerichtshof ist etwas von der Ruhrbehörde dem Wesen nach so vollkommen Verschiedenes, daß, wer behauptet, sie laufe in der Wirkung auf dasselbe hinaus, die Dinge in ihrem wirklichen Zusammenhang entweder nicht zu übersehen vermag oder sie einfach nicht sehen will.

    (Abg. Dr. Schumacher: Das ist Robert Schuman, der das gesagt hat! Herr Schuman hat das gesagt! — Gegenrufe von der Mitte. — Erregter Wortwechsel zwischen dem Abg. Dr. Schumacher und Abgeordneten der Mitte. — Große Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)