Rede:
ID0115802300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 32
    1. Wort: 2
    2. daß: 2
    3. Das: 1
    4. hat: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordneter: 1
    7. Dr.: 1
    8. Arndt.\n: 1
    9. —: 1
    10. Meine: 1
    11. Damen: 1
    12. und: 1
    13. Herren,: 1
    14. ich: 1
    15. habe: 1
    16. den: 1
    17. Eindruck,: 1
    18. die: 1
    19. Vorstellungen: 1
    20. über: 1
    21. Hochverrat: 1
    22. so: 1
    23. auseinandergehen,: 1
    24. man: 1
    25. mit: 1
    26. dem: 1
    27. gleichen: 1
    28. hier: 1
    29. sehr: 1
    30. verschiedene: 1
    31. Dinge: 1
    32. bezeichnet.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 158. Sitzung. Bonn, Montag, den 9., Juli 1951 6291 158. Sitzung Bonn, Montag, den 9. Juli 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6292C, 6311C, 6320C, 6332B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Investitionshilfe der deutschen gewerblichen Wirtschaft (Nr. 2450 der Drucksachen) 6292D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6292D Cramer (SPD) 6294B Ausschußüberweisung 6294C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Land Berlin (Nr. 2417 der Drucksachen) 6294C Dr. Bucerius (CDU), Antragsteller 6294C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6295B Ausschußüberweisung 6296C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzen zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von GroßBerlin (West) (Nr. 2451 der Drucksachen) 6296C Ausschußüberweisung 6296C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur einstweiligen Regelung des Treuhandverhältnisses in den Unternehmen des Kohlenbergbaues und der Eisen-und Stahlindustrie (Nr. 2424 der Drucksachen) 6296C Ausschußüberweisung 6296D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker ,(Zuckergesetz) (Nr. 2431 der Drucksachen) 6296D Ausschußüberweisung 6296D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Gebühren durch die Außenhandelsstelle des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 2448 der Drucksachen) 6297A Ausschußüberweisung 6297A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreide- gesetz) (Nr. 2449 der Drucksachen) . . 6297A Ausschußüberweisung 6297A Zweite Beratung des Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes (Nrn. 563, 1307 der Drucksachen); Erster Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2414 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 269, 270, 272, 273) 6297B Dr. Laforet (CSU): als Berichterstatter 6297B als Abgeordneter 6324A Dr. Arndt (SPD): als Berichterstatter 6398B als Abgeordneter . . . . 6303B, 6306C, 6317B, 6325C Fisch (KPD) . 6298D, 6307B, 6311D, 6312B, 6315B, 6316B, 6319D, 6325D Dr. Wahl (CDU), als Berichterstatter 6303C Clausen (SSW) 6306C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 6309A, 6314D Dr. Kopf (CDU): als Abgeordneter . . . . 6309D, 6318D als Berichterstatter 6328B von Thadden (DRP) . . . . 6310D, 6315B, 6316D, 6331A Renner (KPD): zur Abstimmung . . . . 6311A, 6314C zur Sache 6313D Ehren (CDU) 6313C Matthes (FDP) (zur Geschäftsordnung) 6314C Ewers (DP) 6318A, 6324B Neumayer (FDP), Berichterstatter . 6320D Abstimmungen . . . . . . . . 6303C, 6311A, 6312B, 6314C, 6315A, 6316A, C, 6317A, 6320C, 6327C, 6331D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des GrundSteuergesetzes (Nrn. 1787, 1947, 2013 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2408 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 268, 271) . 6332B Dr. Kneipp (FDP), Berichterstatter . 6332B Dr. Bertram (Z) 6337B Morgenthaler (CDU) 6338D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 6339B Abstimmungen 6337B, 6339A, C zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Sicherung der Düngemittel-und Saatgutversorgung (Nr. 2216 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr 2422 der Drucksachen) 6339D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Berichterstatter 6339D Beschlußfassung 6340A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Nrn. 2242, 2362 der Drucksachen); Zweiter Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2407 der Drucksachen; Umdruck Nr. 274) in Verbindung mit der Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 1951 (Nr 2452 der Drucksachen) 6340A Dr. Kneipp (FDP): als Berichterstatter 6340B als Antragsteller 6340D Beschlußfassung 6340D 'Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Antrag beim Bundesverfassungsgericht auf Verbot faschistischer und militaristischer Organisationen (Nr. 2402 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Verfassungswidrigkeit des Verbots der Freien Deutschen Jugend (Nr. 2403 der Drucksachen) 6341B Paul (Düsseldorf) (KPD), Antragsteller 6341B Frau Thiele (KPD), Antragstellerin 6342C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6344A Majonica (CDU) 6344D Übergang zur Tagesordnung 6344D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 259) 6345A Beschlußfassung 6345A Nächste Sitzung 6345C Die Sitzung wird um 14 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Abgeordneter, ich bitte, nicht zu häufig auf das Wort „Ordnungsruf" zurückzukommen. Ich könnte es sonst als eine unangemessene Kritik empfinden, die ich mit weiteren Maßnahmen ahnden müßte.

    (Lebhaftes Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)


    (KPD: Ich zitiere also weiter: Das durch das Grundgesetz zu schaffende Gebilde müsse nach dem ausdrücklichen Willen der beautragten Ministerpräsidenten ein Provisorium sein, das nur so lange dauern soll, bis die endgültige Konstitution der deutschen Bundesrepublik aus freiem Willen des deutschen Volkes erfolgen kann. (Abg. Dr. Wuermeling: Das letztere merken Sie sich mal!)

    Diese Notlösung
    — so heißt es dann schließlich —
    soll lediglich den Übergang zu einer gesamtdeutschen Verfassung vorbereiten und erleichtern.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Auch der Parlamentarische Rat war durchaus bereit, diese Grundsätze als Ausgangspunkt für die Durchführung des Auftrags zu nehmen. Ich möchte hierzu die Ausführungen eines damals sehr g e -w i c h t i g en Mitgliedes des Parlamentarischen Rates zitieren, eines Mannes, der es vielleicht nicht gern hat, wenn man ihn jetzt schon mit Namen nennt oder überhaupt an frühere Reden erinnert. Ich möchte darum vorerst seinen Namen noch für mich behalten.

    (Lachen bei den Regierungsparteien.)

    Aber er hat diese These zur Grundlage auch seiner Aufgabenstellung für die Arbeit im Parlamentarischen Rat gemacht.
    Welches waren nun die Feststellungen dieses gewichtigen Mitgliedes des Parlamentarischen Rates?

    (Abg. Albers: Wer war es denn?)

    Er hat erstens gesagt: Die Besatzungsmächte haben die Ausübung der deutschen Souveränitätsrechte blockiert, und zwar in zweierlei Hinsicht, räumlich und substanziell, räumlich dadurch, daß sie den Auftrag zur Schaffung eines Grundgesetzes nur für einen Teil Deutschlands gegeben haben.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Die Souveränität des Volkes aber ist unteilbar, so sagte er. Weiter heißt es: Es gibt kein westdeutsches Staatsvolk, und darum kann es auch keine westdeutsche Souveränität geben;

    (Hört! Hört! bei der KPD)

    es gibt nur eine deutsche, eine gesamtdeutsche Souveränität. Weiter: Eine gesamtdeutsche konstitutionelle Lösung kann es erst dann geben, wenn eines Tages

    (Zuruf von der Mitte: ... die Verräter im Osten weg sind!)

    eine deutsche, eine gesamtdeutsche Nationalversammlung in voller Freiheit gewählt werden kann.

    (Abg. Dr. Wuermeling: In voller Freiheit, hat er gesagt! — Ironische Bravo-Rufe, Lachen und weitere Zurufe in der Mitte. — Zuruf rechts: Sie lachen ja selber!)

    — Meine Damen und Herren, Sie brauchen gar
    nicht zu gestikulieren; das Wort von der Wahl einer


    (Fisch)

    gesamtdeutschen Nationalversammlung in voller Freiheit ist Ihnen bekanntlich

    (Zuruf von der Mitte: Wird nur von Ihnen verhindert!)

    von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik vorgetragen worden.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Was die darunter verstehen!)

    Ich schließe daraus, daß es sehr wohl eine Möglichkeit, ja angesichts der heutigen Situation für uns alle eine nationale Verpflichtung gibt,

    (Zuruf von der Mitte:... daß Sie verschwinden!)

    eine solche gesamtdeutsche Nationalversammlung nach einem gemeinsam auszuarbeitenden demokratischen Wahlgesetz zu wählen.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Mit der Freiheit des Terrors!)

    Sie wissen, auf welche Weise dieses Angebot der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik von dem Bundeskanzler abgelehnt worden ist. Aber damit ist es nicht aus der Welt geschafft.
    Ich komme auf die Äußerungen des gewichtigen Mitgliedes des Parlamentarischen Rates zurück. Er hat erklärt: Die Souveränitätsrechte sind auch darum nicht anwendbar, weil die Besatzungsmächte für wichtige, ja für entscheidende Sachgebiete ihre Hoheitsrechte und -befugnisse vorbehalten haben; das ergibt sich beispielsweise daraus, daß sie uns auch aufgetragen haben, eine Verfassung zu schaffen, die der Genehmigung durch die Organe der Besatzungsmächte bedarf; es ergibt sich daraus, daß solche wichtigen Komplexe der Politik eines jeden staatlichen Gebildes wie die auswärtige Politik, wie die Wirtschaftspolitik, ja sogar die Gerichtsbarkeit nicht der vollen Souveränität deutscher Organe unterstehen, sondern den Machtbefugnissen, den Befehlen und Direktiven der Besatzungsmächte unterworfen sind.

    (Abg. Majonica: Herr Fisch, wie lange läuft Ihre Schallplatte noch? — Abg. Mayer [Stuttgart]: Er bezieht doch Stundenhonorar!)

    Ich glaube, daß man in einem demokratischen Zeitalter von einem Staat im legitimen Sinne des Wortes nur sprechen sollte, wo es sich um das Produkt eines frei erfolgten konstitutiven Gesamtaktes eines souveränen Volkes handelt; wo das nicht der Fall ist, wo ein Volk sich unter Fremdherrschaft und unter deren Anerkennung zu organisieren hat, konstituiert es sich nicht, es sei denn, gegen die Fremdherrschaft selbst, sondern es organisiert sich lediglich, vielleicht sehr staatsähnlich, aber nicht als Staat im demokratischen Sinne.
    Ich denke, das ist deutlich genug. Aus derselben Überlegung schlußfolgerte der Redner, daß man von einer Verfassung gar nicht sprechen könne. Er meinte: „Die eigentliche Verfassung, die wir halben, ist auch heute noch" — das „heute" war am 8. September 1948 — „das geschriebene oder ungeschriebene Besatzungsstatut."

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Also das, was uns Kommunisten, wenn wir es sagen, als bonwillige Verächtlichmachung der Bundesrepublik bzw. des Grundgesetzes angekreidet wird, wurde hier von einer der tragenden Säulen des Parlamentarischen Rates zum Ausdruck gebracht, namlich: Die eigentliche Verfassung, unter der wir leben und die das Gesetz unseres Lebens entscheidend bestimmt, ist das Besatzungsstatut.
    Wir haben, so wurde weiter erklärt, gar keinen Staat zu schaffen. „Wir haben" — so hieß es wortlich — „unter Bestätigung der alliierten Vorbehalte das Grundgesetz zur Organisation der heute freigegebenen rioheitsbefugnisse des deutschen Volkes in einem Teile Deutschlands zu beraten und zu beschließen. Wir haben nicht die Verfassung Deutschlands oder Westdeutschlands zu machen. Wir haben keinen Staat zu errichten."

    (Abg. Gundelach: Trotzdem Hochverrat!)

    Es wurde auch auf die Möglichkeit hingewiesen, daß eines Tages günstigere Voraussetzungen für die Schaffung einer echten Konstitution fair ganz Deutschland bestünden. Es wurde damals ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine solche gesamtdeutsche Konstitution und ein solcher gesamtdeutscher Staat keineswegs, weder politisch noch staatsrechtlich, von dem auf Veranlassung der Militärgouverneure zustande gekommenen Staatsgebilde in Westdeutschland albgeleitet werden könne; es könne aber auch nicht von diesem Grundgesetz abgeleitet werden, das jetzt geschaffen werde.
    Das Grundgesetz, so hieß es damals, für das Staatsfragment muß gerade aus diesem seinem inneren Wesen 'heraus seine zeitliche Begrenzung in sich tragen. 'Die künftige Verfassung Deutschlands darf nicht durch Abänderung des Grundgesetzes dieses Staatsfragments entstehen, sondern muß „originär" entstehen. Sie sehen also, meine Damen und Herren: damals wurde deutlich erklärt: Auch das, was wir hier zu schaffen veranlaßt wurden, kann und darf niemals Ausgangspunkt einer gesamtdeutschen Lösung sein. Es kann und darf niemals etwa der Anlaß zur Aufforderung an einen anderen Teil Deutschlands sein, sich diesem provisorischen staatlichen Gebilde anzuschließen oder nachträglich dieses Grundgesetz anzuerkennen und auch für sein Territorium zu übernehmen. Vielmehr wurde erklärt: Wir schaffen etwas auf Zeit, etwas, was in d e m Augenblick als definitiv und unabänderlich abgeschlossen und erledigt betrachtet werden muß, in dem „originär", d. h. aus eigener Machtvollkommenheit, durch freien Willen eines frei entscheidenden gesamtdeutschen Staatsvolkes eine gesamtdeutsche staatliche Ordnung zustande kommt.
    Es wurde dann gefragt: „Worum handelt es sich denn eigentlich bei dem Geschäft, ,das wir hier zu bewältigen haben?" — Das Wort „Geschäft" stammt, wie ich betonen möchte, nicht von mir, sondern von dem Redner. — „Es handelt sich nicht um die Verfassung eines souveränen Staates, sondern das Geschäft, das wir hier zu erledigen haben, besteht darin, eine Organisation als staatsähnliches Wesen zu schaffen, eine Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft."
    Sehen Sie, meine Damen und Herren, die „Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft", so wurde damals — und nun will ich


    (Fisch)

    seinen Namen nennen — von Herrn Professor Carlo Schmid das westdeutsche Staatsgebilde bezeichnet.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Es ist klar: ein staatsähnliches Wesen, dessen Organisationsform nichts anderes ist als eine „Modalität der Fremdherrschaft", kann keinen Anspruch darauf erheben, durch Hochverratsbestimmungen geschützt zu werden.

    (Lebhafte Zustimmung bei der KPD.)

    Hochverratsbestimmungen sind dazu da, einen Staat zu schützen, ein Staatswesen, das seine Legitimation aus freiem Entschluß des Staatsvolkes ableitet

    (Sehr richtig! bei der KPD)

    und nicht aus Beschlüssen fremder Mächte, die
    deutsche Ministerpräsidenten bevollmächtigt haben,
    ein provisorisches Organisationsstatut zu schaffen.

    (Lebhafte Zurufe von der KPD: Sehr richtig! Sehr wahr!)

    An diesem Zustand hat sich auch seit dem 8. 'September 1948 nichts geändert, an 'dem Herr Carlo Schmid diese Bezeichnung der westdeutschen Bundesrepublik niederlegte. Es wird daran auch dadurch nichts geändert, daß seitdem gewisse Änderungen in der „Modalität 'der Fremdherrschaft" eingetreten sind. Es wird an dieser Grundtatsache auch dadurch nichts geändert, daß bestimmte Formulierungen des Besatzungsstatuts nun heute in anderer Form wiederkehren, sei es in der Art sogenannter zweiseitiger Verträge oder in der Art freundlicher „Empfehlungen", die vom Peters-berg nach Bonn hinuntergesandt werden. Ich erinnere beispielsweise an die Art und Weise, wie das Problem des westdeutschen „Sicherheitsbeitrags", das Problem der Remilitarisierung 'behandelt wird, und daran, in welcher Weise die Probleme des Außenhandels, der Besatzungskosten, der Rohstoffbewirtschaftung oder der Schuldenregulierung behandelt werden. Daraus ergibt sich ganz klar der Beweis, daß sich an der Grundtatsache, die 1948 bestand, nämlich daran, daß wir hier in einem staatsähnlichen Wesen leben, das nur die Organisationsform einer „Modalität der Fremdherrschaft" darstellt, nicht das Geringste geändert hat,

    (Abg. Dr. Wuermeling: Die Ostzone ist nicht nur die Modalität einer Fremdherrschaft!)

    vielleicht in bestimmten Höflichkeitsfloskeln, aber nicht in dem politischen Inhalt, nicht in den entscheidenden Fragen des politischen und wirtschaftlichen Geschehens.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Darum sind wir der Meinung, daß es gegenüber diesem staatsähnlichen Wesen keinen Hochverrat geben kann.
    Ich befinde mich hierbei in völliger Übereinstimmung mit dem Grundgesetz. Art. 146 besagt ausdrücklich:
    Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Das verhindern Sie ja!)

    Außerdem 'heißt es in der Präambel im letzten Absatz:
    Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.

    (Beifall bei der KPD. — Abg. Renner: Ausgezeichnet! — Abg. Mayer [Stuttgart]: In freier Selbstbestimmung!)

    Das ist der Grundsatz, an den wir uns halten. Wir betrachten uns entsprechend der Präambel weite r-hin als aufgefordert, den Tag herbeizuführen, an dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit seines Staatswesens bestimmt.

    (Lebhafter Beifall bei der KPD. — Abg. Majonica: Herr Fisch, ist Ihnen das Wort „Freiheit" auch genehmigt worden?)

    Ein prominentes Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion, das immer so tut, als habe es in seinem Kopf die Klugheit des ganzen Erdenrunds gesammelt, machte vor kurzem den weisen Ausspruch, die Bundesrepublik sei gar nicht erst 1948 oder 1949 geschaffen worden, nein, die Bundesrepublik bestehe schon seit 1871, sie sei das Deutsche Reich. Nicht wahr, Herr Kollege Dr. Arndt, ich habe Sie doch recht verstanden?

    (Heiterkeit. — Abg. Dr. Arndt: Dazu sind Sie gar nicht fähig!)

    So also glaubt ein prominentes Mitglied der soziaidemokratischen Fraktion die staatsrechtliche Grundlage der Bundesrepublik heute definieren zu dürfen ohne Rücksicht auf die Erkenntnisse, die allen maßgeblichen Fraktionen des Parlamentarischen Rates eigen waren.
    Darum, meine Damen und Herren, ist der Begriff „verfassungsmäßige Ordnung", der in der Vorlage immer wiederkehrt, nicht eine Sache, die mit dem Begriff einer echten Verfassung eines freien Staatswesens in Verbindung gebracht werden kann. „Verfassungsmäßige Ordnung" in diesem staatsähnlichen Gebilde, in dem wir leben, das ist die Zusammenfassung aller jener „Rechtsgrundsätze" und „Rechtsvorschriften", die in diesem Gebiete verkündet werden, aber nicht nur aus diesem Hause heraus verkündet werden, sondern

    (Abg. Dr. Wuermeling: Auch von Moskau!)

    auch vom Petersberg herab. Wir zählen zur „verfassungsmäßigen Ordnung" in erster Linie das Besatzungsstatut. Wir zählen dazu das Ruhrstatut. Wir zählen dazu das demnächst wohl kommende Statut der Hohen Behörde des Schuman-Plans und die ganze Serie anderer alliierter Gesetze, die, wie immer, gegenüber deutscher Gesetzgebung den Vorrang genießen. Das, meine Damen und Herren, und nichts anderes ist die wahre verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik.

    (Sehr richtig! 'bei der KPD.)

    Wir nehmen uns das Recht heraus, im Sinne des Grundgesetzes für die Änderung dieses unwurdigen Zustandes einzutreten.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Wir nehmen uns das Recht und die vaterländische Pflicht 'heraus,

    (lebhafte Rufe: Hört! Hört! — Lachen — Zurufe: Unerhört! — Abg. Majonica: Sie meinen wohl das russische Vaterland!)

    diese sogenannte „Ordnung", die durch die Befehlsgewalt der Militärgouverneure bestimmt


    (Fisch)

    wurde, abzulösen durch die echte, eine demokratische gesamtdeutsche Ordnung eines unabhängigen Staates.

    (Abg. Lücke: Sie haben kein Recht, von „Freiheit" zu reden!)

    Meine Damen und Herren, es ist nicht nur das Recht, es ist die Pflicht,

    (Zuruf rechts: Abzutreten!)

    den gegenwärtigen verfassungsmäßigen Zustand zu kritisieren und nicht nur zu kritisieren, sondern mit allen Kräften dafür einzutreten, daß er bald abgelöst wird durch eine gesamtdeutsche demokratische Republik. Darum, meine, Damen und Herren, weil die Schaffung einer gesamtdeutschen Ordnung im Grundgesetz allen Deutschen zur Pflicht gemacht ist,

    (Abg. Majonica: Allen Deutschen !)

    darum sind nicht diejenigen Hochverräter, die der vorliegenden Fassung eines Hochverratsgesetzes zuwider handeln, sondern gemäß den Beschlüssen im Parlamentarischen Rat und gemäß Sinn und Buchstaben des Grundgesetzes wird jeder ein Hochverräter sein, der den Bestimmungen über den Hochverrat in dieser parlamentarischen Abstimmung seine Zustimmung erteilt.

    (Sehr richtig! und Beifall bei der KPD. — Lebhafte Zurufe von der Mitte und rechts: Unerhört! — Unverschämt!)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Arndt.

(Abg. Dr. Wuermeling: Kein Ordnungsruf, wenn die Abgeordneten als Hochverräter bezeichnet werden?)

— Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß die Vorstellungen über Hochverrat so auseinandergehen, daß man mit dem gleichen Wort hier sehr verschiedene Dinge bezeichnet.

(Zuruf des Abg. Renner.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Adolf Arndt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der Herr Abgeordnete Fisch zwar nicht mich, aber meinen Parteifreund Carlo Schmid verstanden hätte, so würde er sich seine zusätzlichen Ausführungen erspart haben. Der Herr Abgeordnete Fisch tut gut daran, das, was er heute hier zum wiederholten Male getan hat, nämlich eine Rede meines Parteifreundes Schmid im Parlamentarischen Rat zu extemporieren, noch recht oft zu wiederholen. Wenn Sie, Herr Fisch, sich diese Rede immer laut vorsagen, werden Sie vielleicht langsam hinter ihren Sinn kommen!

    (Heiterkeit. — Abg. Renner: Das ist der beste Witz, der hier je gemacht worden ist!)

    Dann werden Sie nämlich auch wissen, daß das, was wir hier verteidigen, kein separater Weststaat ist und niemals sein sollte, sondern daß die Bundesrepublik Deutschland gleichbedeutend ist mit dem, was früher das Deutsche Reich hieß.

    (Sehr gut! bei der SPD und in der Mitte.)

    Daß es im Sinne des Grundgesetzes liegt, dieses Staatswesen gegen Gewalt und gegen Drohung mit Gewalt zu schützen, ergibt sich 'bereits aus dem Grundgesetz selbst; denn in Art. 143 des Grundgesetzes ist schon eine entsprechende Vorschrift aufgenommen. Das werden Sie aber nicht begreifen. Ihnen liegt ja an etwas ganz anderem, und ich
    glaube, Sie haben jetzt die Begründung gegeben, die bisher noch gefehlt hat: Ihnen selbst und Ihren Freunden liegt daran, die Legitimität der freien Demokratie in Deutschland zu bestreiten und durch ein sowjetzonales Gewaltsystem zu ersetzen!

    (Sehr gut! und Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.)