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ID0115405900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 154. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Juni 1951 6105 154. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. Juni 1951. Geschäftliche Mitteilungen 6106B, 6129B, 6132C, 6139C Eintritt des Abg. Dr. Hoffman (Lübeck) in den Bundestag 6106C Beschlußfassung des Bundesrats zum Gesetz über eine Bundesbürgschaft für Kredite zur Finanzierung über Lebensmittelbevorratung 6106C Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes 6106C Gesetz über eine Bundesbürgschaft zur Abwicklung von Saatenkrediten für die Ernten bis zum Jahre 1949 6106C Ergänzung der Tagesordnung 6106C Beratung der Interpellation der Fraktion der CDU/CSU betr. Fall Kemritz (Nr. 2345 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Verfahren gegen Rechtsanwalt Dr. Kemritz in Bad Homburg (Nr. 2337 der Drucksachen), ferner mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit (Nr. 2344 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der FDP betr. Verfahren gegen Rechtsanwalt Dr. Kemritz, Bad Homburg (Nr. 2359 der Drucksachen) 6106D Dr. Arndt (SPD), Antragsteller . . . 6106D Dr. Weber (Koblenz) (CDU), Interpellant und Antragsteller 6110A Euler (FDP), Antragsteller: zur Sache 6111B zur Abstimmung 6122A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 6113A Dr. von Merkatz (DP) 6115C Renner (KPD): zur Sache 6116C zur Geschäftsordnung 6121C Dr. Reismann (Z) 6118A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6118D Brandt (SPD) 6119B Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 6120D Ausschußüberweisung 6122B. Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der neuen deutschen Filmproduktion (Spielquotengesetz) (Nr. 2336 der Drucksachen) 6122C Dr. Vogel (CDU), Antragsteller 6122C, 6128D Brunner (SPD) 6124C Dr. Mende (FDP) 6127A Ewers (DP) 6128A Ausschußüberweisung 6129A Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Überleitung von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund (Zweites Überleitungsgesetz) (Nr. 2326 der Drucksachen) 6129B Ausschußüberweisung 6129B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 108 Abs. 2 des Grundgesetzes (Nr. 2268 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Auwschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2341 der Drucksachen) 6129C Lausen (SPD), Berichterstatter . . . 6129C Dr. Besold (BP) 6130C, D, 6131D Abstimmungen 6131C, 6132B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Wahl von Beisitzern für den Spruchsenat beim Hauptamt für Soforthilfe (Nr. 2339 der Drucksachen) 6132C Beschlußfassung 6132D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Gebührnisansprüche ehemaliger deutscher Kriegsgefangener in Norwegen (Nrn. 2313, 828 der Drucksachen) 6132D Merten (SPD): als Berichterstatter 6133A als Abgeordneter 6134C Kohl (Stuttgart) (KPD) 6134A Ausschußüberweisung 6135A Beratung des Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Mehs, Kemper u. Gen: betr. Wiederaufbau des Pleiner Viaduktes (Nrn. 2324, 2067 der Drucksachen) . . 6135A Beschlußfassung 6135B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der DP betr. Fahrpreisermäßigung für Freiwillige des Internationalen Zivildienstes (Nrn. 1929, 1891 der Drucksachen) . . . 6135B Cramer (SPD), Berichterstatter . . . 6135C Beschlußfassung 6136B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Berlin (9. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der WAV betr. Sitzungen des Deutschen Bundestages in Berlin (Nrn. 2322, 1963 der Drucksachen) 6136C Brandt (SPD), Berichterstatter . . . . 6136C Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 6137D Loritz (WAV) 6138D Beschlußfassung 6139A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf eines Teilgeländes der ehemaligen Munitionsanstalt in Moelln an die Moellner Textilwerke GmbH (Nr. 2343 der Drucksachen) . . 6139A Ausschußüberweisung 6139 C Nächste Sitzung 6139C Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Johann Cramer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns heute wieder mit einer Vorlage zu beschäftigen, die sich mit Fahrpreisermäßigungen befaßt, die die Bundesbahn bzw. die Bundespost an eine bestimmte Personengruppe gewähren soll. Alle derartigen Anträge sind bis heute vom Bundestag abgelehnt worden, selbst wenn es sich um Personengruppen wie die Schwerbeschädigten oder die Heimatvertriebenen handelte. Der Bundestag hat dabei jedesmal zum Ausdruck gebracht, daß der Bahn und der Post über die bisher gewährten Ermäßigungen hinaus weitere Belastungen nicht zugemutet werden dürfen. Es darf dabei nicht übersehen werden, daß jetzt bereits bei der Bundesbahn zwei Drittel aller Reisenden zu ermäßigten Preisen fahren.

    (Zuruf rechts: Leider!)

    Bei der Bundespost gibt es allerdings nicht so viel Arten von Ermäßigungen; dafür fährt aber die Bundespost noch zu Preisen, die schon vor dem Kriege festgesetzt wurden. Wir würden also einer allgemeinen Übung des Hauses folgen, wenn wir auch den heute vorliegenden Antrag Drucksache Nr. 1891 ablehnen würden.
    Die beiden an der Beratung dieses Antrags beteiligt gewesenen Ausschüsse haben mich aber beauftragt, einige Worte besonders zu dem vorliegenden Antrag zu sagen. Wir haben uns selbstverständlich im Ausschuß die Frage vorgelegt, wem denn diese Fahrpreisermäßigung zugute kommen soll. Es heißt im Antrag: „Fahrpreisermäßigung für Freiwillige des Internationalen Zivildienstes". Wir konnten uns kein Bild darüber machen, wer hinter dieser Organisation steht, und haben deshalb die antragsteilende Fraktion gebeten, uns das mitzuteilen. Die Fraktion war zunächst nicht dazu imstande. Später hat sie dann geantwortet, Herr Mathes habe die Unterlagen irgendeinem Ministerium geschickt, wisse aber nicht mehr, wohin.
    Inzwischen haben wir festzustellen versucht, wo diese Unterlagen waren. Sie waren nirgends eingegangen. Wir haben für Ersatz gesorgt und haben dann etwas über diesen internationalen Zivildienst erfahren. Darüber heißt es:
    Sinn und Zweck des Zivildienstes ist:
    a) Freiwillige werktätige Hilfe zum Wohle der Allgemeinheit unter Ausschluß aller Arbeiten, die zu einem Wettbewerb mit bezahlter Arbeit oder zu Streikbrecherei führen könnten;
    b) über die von Menschenhand geschaffenen Grenzen und Schranken hinaus durch gegenseitige und gemeinsame Hilfe den neuen Geist unter den Völkern zu fördern, der schon den Gedanken daran, mit bewaffneter Hand in ein anderes Land einzufallen, zur moralischen Unmöglichkeit macht usw.
    In diesem Sinne geht es fort. Es wird also nur
    etwas über Sinn und Zweck des Zivildienstes ge-


    (Cramer)

    sagt. Wir haben aber nichts darüber in Erfahrung bringen können — das konnte auch die antragstellende Fraktion nicht sagen —, ob es in Westdeutschland bereits eine solche Organisation gibt bzw. wo diese Organisation Arbeitsstellen unterhält.
    Weil diese Angaben nicht gemacht werden konnten, haben sich beide Ausschüsse auf den Standpunkt gestellt, daß der Antrag schon aus diesem Grunde abzulehnen sei. Wenn keine Organisation und keine Arbeitsstellen vorhanden sind, auf denen solche Dienstgruppen tätig sind, besteht auch nicht die Notwendigkeit, Fahrpreisermäßigung zu gewähren. Von antragstellender Seite wurde darauf hingewiesen, daß man doch im Laufe eines Katastropheneinsatzes Fahrpreisermäßigung gewähren müsse. Ich glaube, dem ist nur entgegenzuhalten: wenn es zu einem Katastropheneinsatz kommt, dann brauchen die Einsatzwilligen nicht erst eine Fahrkarte zu lösen und eine Gebührenermäßigung zu beantragen, dann werden sie auch auf Kosten des Staates oder Landes dorthin befördert, wo sie eingesetzt werden sollen.
    Ich habe deshalb so ausführlich über diesen Antrag gesprochen, weil ich darauf hinweisen möchte, daß in sehr vielen Fällen von einzelnen Fraktionen in leichtfertiger Weise hier Anträge auf den Tisch des Hauses gelegt werden, mit denen sich dann die Ausschüsse manchmal in stundenlangen Beratungen beschäftigen müssen, sie müssen den ganzen Apparat der Verwaltung in Bewegung setzen, Auskünfte und Stellungnahmen einholen, und zum Schluß stellt sich heraus, daß hinter einem solchen Antrag gar nichts steckt als nur irgendeine Fiktion. Ich möchte deshalb im Namen beider Ausschüsse alle Fraktionen bitten, in Zukunft doch bei ihren Anträgen zunächst einmal die Frage zu prüfen, ob sich ein solcher Antrag überhaupt lohnt, und sich genau zu überlegen, wer hinter diesem Antrag steht, damit den Ausschüssen die Arbeit erleichtert wird.
    Ich habe Ihnen nun, meine Damen und Herren, im Auftrage des Verkehrsausschusses, der in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen gehandelt hat, den Antrag zu unterbreiten:
    Der Bundestag wolle beschließen,
    den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei — Nr. 1891 der Drucksachen — abzulehnen.


Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Eine Aussprache über den Bericht sollte nach dem Vorschlag des Ältestenrates nicht stattfinden.

(Abg. Schoettle: D'as ist bedauerlich, Herr Präsident! — Abg. Dr. Krone: Sie waren doch dabei!)

- Es ist so beschlossen worden, Herr Abgeordneter Schoettle.

(Abg. Schoettle: Ich habe nichts dagegen! Es ist trotzdem bedauerlich, weil die Beschlüsse auf falschen Voraussetzungen beruhen! Abg. Dr. Horlacher: Es ist beschlossen!)

Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 1929. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die 'Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei
wenigen Enthaltungen im übrigen einstimmig angenommen. — Sie haben sich enthalten oder dagegen gestimmt, Herr Schoettle? Ich möchte kein falsches Protokoll machen.

(Abg. Schoettle: Ich habe dagegen gestimmt!)

— Also gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe auf den nächsten Punkt der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Berlin (9. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der WAV betreffend Sitzungen des Deutschen Bundestages in Berlin (Nrn. 2322, 1963 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Brandt. Bitte, Herr Abgeordneter!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willy Brandt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Als der Antrag gemäß Drucksache Nr. 1963 im Ausschuß für Berlin behandelt wurde, ergab sich, daß der dem Antrag zugrunde liegende Gedanke, zum Teil in weitergehender Form, schon von den im Ausschuß vertretenen Fraktionen erörtert worden war. Es ergab sich zweitens, daß eine der im Antragstext getroffenen Feststellungen schon überholt war, nämlich die, es sollten außer dem Berlin-Ausschuß auch andere Ausschüsse von Fall zu Fall in Berlin tagen. Nach den Mitteilungen, die dem Ausschuß vom Büro des Hauses gemacht worden sind, haben im bisherigen Verlauf der Wahlperiode dieses Hauses der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie der Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films je eine Sitzung, der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen zwei Sitzungen in Berlin abgehalten, und der Ausschuß für Berlin war im Laufe der Wahlperiode bisher dreimal in Berlin.
    Im übrigen waren alle Mitglieder der Meinung, daß es richtig wäre, dem Hause oder den Ausschüssen zu empfehlen, bei Erörterung von Berliner Fragen und von Fragen grundsätzlicher gesamtdeutscher Bedeutung in Berlin zu tagen.
    Drittens ergab sich, daß der Ausschuß einmütig die bereits früher erwogene Möglichkeit befürwortete, bei besonderen Anlässen Plenarsitzungen des Bundestages in Berlin abzuhalten. Die im Antrag vorgeschlagene Formel, jährlich mindestens eine solcher Sitzungen durchzuführen, wurde jedoch nicht für zweckmäßig gehalten.
    Der dem Berlin-Ausschuß überwiesene Antrag sprach von der Betonung der Zusammengehörigkeit Westdeutschlands mit Berlin. Im Berlin-Ausschuß wird über die Betonung einer solchen Zusammengehörigkeit hinaus als deutsche Rechtsauffassung vertreten, daß Berlin nicht nur irgendwie mit dem Bunde verbunden ist, sondern rechtens zum Bunde gehört. Dem Ausschuß für Berlin war auch im Zusammenhang mit der heute dem Haus zu unterbreitenden Empfehlung daran gelegen, ein erneutes Bekenntnis zur Hauptstadt des gesamtdeutschen Staates und zu dem, wenn auch nicht gleichgestellten und durch äußere Gewalt schwer bedrängten Lande Berlin abzulegen. Eine solche Unterstreichung erscheint besonders angebracht, nachdem in den vergangenen Tagen wieder durch äußere Gewalt Schikanen angewendet wurden, um den Handel und Verkehr zwischen Berlin und dem westlichen Bundesgebiet zu beeinträchtigen.


    (Brandt)

    Es handelt sich nach Meinung des Ausschusses hierbei heute nicht eigentlich um ein Problem der Berlinhilfe, wenngleich die sichtbare und tätige Verknüpfung zwischen Bonn und Berlin zweifellos eine wichtige moralische Stütze für ganz Berlin und für die Bevölkerung der Berlin umgebenden sowjetischen Besatzungszone darstellt. Jedes Auftreten der verfassungsmäßigen Organe des Bundes in Berlin, jedes Wirken des Bundestages oder von Ausschüssen des Bundestages in Berlin unterstreicht den Anspruch der Bundesrepublik auf das ganze Deutschland, auf Freiheit für das ganze Deutschland. In der Empfehlung des Berlin-Ausschusses, Drucksache Nr. 2322, kommt nicht nur ein Bekenntnis und eine Aufforderung zu einer gesamtdeutschen Manifestation zum Ausdruck. Der Ausschuß möchte, daß gesamtdeutsche Manifestationen in einem angemessenen Verhältnis zu sachlicher Arbeit im gesamtdeutschen Sinne stehen.
    Die Vertrautheit mit der Berliner Problematik und von dort aus auch mit der sowjetzonalen Problematik ist für die Arbeit und die Entscheidungen dieses Hauses und seiner Ausschüsse aber sicherlich nicht ohne Belang. Mehrere Ausschüsse — in den letzten Tagen der Ausschuß für Presse, Rundfunk und Film — haben auf Tagungen in Berlin wertvolle Eindrücke und Anregungen gewonnen. Die verstärkte Weiterführung der bisherigen Praxis der Ausschüsse ist im Interesse der Arbeit dieses Hauses zu befürworten. Eine solche Praxis wird dazu beitragen können, daß der gesamtdeutsche Aspekt bei der laufenden gesetzgeberischen Tätigkeit hier in Bonn nicht verlorengeht.
    Der Ausschuß möchte mit seiner Empfehlung zugunsten gelegentlicher Plenarsitzungen keine falschen Eindrücke erwecken. Er möchte einer Enttäuschung in Berlin und in Mitteldeutschland vorbeugen, die dann kommen müßte, wenn die heutigen Erörterungen so verstanden würden, daß der Bundestag nun im Begriff stünde, nach Berlin aufzubrechen, während vielleicht noch einige Monate bis zur ersten Plenarsitzung der hier in Aussicht genommenen Art vergehen können. Mancher in diesem Hause mag der Meinung sein, der Bundestag hätte schon einmal den Weg nach Berlin antreten sollen. Die Meinung des Ausschusses für Berlin ging aber dahin, daß der Zeitpunkt und der Anlaß künftiger Sitzungen dieser Art sehr genau überlegt sein wollen. Bei entscheidenden nationalpolitischen Manifestationen und bei besonders wichtigen Entscheidungen gesamtdeutschen Charakters dürfte jedoch das in Berlin gesprochene Wort der deutschen Volksvertretung ein besonderes Gewicht haben, und zwar für das ganze deutsche Volk über den gegenwärtigen Geltungsbereich des Grundgesetzes hinaus sowie auch für die von Deutschland anzusprechende Umwelt.
    Der Berlin-Ausschuß möchte die von ihm unterbreitete Empfehlung so aufgefaßt wissen, daß dieses Hohe Haus sich prinzipiell bereiterklärt und seinen zuständigen Vertretungskörperschaften die Vollmacht erteilt, bei einer sich sicherlich noch in diesem Jahr bietenden nationalpolitischen Gelegenheit eine erste Plenarsitzung in Berlin durchzuführen. Es versteht sich von selbst — das ist auch im Ausschuß zum Ausdruck gekommen —, daß in Berlin und nicht nur in Berlin die Hoffnung lebt, daß einer ersten Sitzung weitere folgen mögen und daß das deutsche Parlament und die deutsche Regierung eines Tages wieder in Berlin ihren Sitz nehmen werden.
    Die praktischen Fragen, die sich aus dem hier empfohlenen Antrag ergeben, sind nicht unlösbar. Die Schwierigkeiten des Verkehrs zwischen dem westlichen Bundesgebiet und Berlin werden vielfach übeischätzt. Die Probleme der Unterbringung und eines geeigneten Tagungsortes in Berlin sind zu meistern.
    In diesem Zusammenhang wurde im Ausschuß für Berlin auch das Problem des alten Reichstagsgebäudes zur Sprache gebracht. Dem Herrn Minister für gesamtdeutsche Fragen, der vor geraumer Zeit einen Wiederaufbau dieses Gebäudes von Bundes wegen angekündigt hatte, ist durch den Ausschuß nahegelegt worden, die Voraussetzungen und Möglichkeiten des Aufbaus, Umbaus oder Neubaus dieses Gebäudes sachkundig klären zu lassen. Im Ausschuß ist dabei die Auffassung vertreten worden, daß eine nationale Verpflichtung für jenes Gebäude gegeben sei, das als Arbeitsstätte des Reichstages der Weimarer Republik von den Nationalsozialisten angesteckt und dann durch Kriegseinwirkungen schwer mitgenommen Wurde und vor dem — in unmittelbarer Nähe des sowjetischen Sektors — während der letzten Jahre einige der großartigen Freiheitskundgebungen stattgefunden haben. In diesem Zusammenhang ist auch der Gesichtspunkt mit in den Kreis der Betrachtungen einbezogen worden, daß dem künftigen gesamtdeutschen Parlament, wenn es wieder in Berlin tagen kann, eine würdige Arbeitsstätte geschaffen werden sollte.
    Meine Damen und Herren, ich habe die Ehre, Sie im Auftrage des 9. Ausschusses zu bitten, dem Bericht des Ausschusse gemäß Druckache Nr. 2322:
    Ausschüsse des Bundestages sollen bei Erörterungen von Berliner Angelegenheiten und bei Fragen von grundsätzlich gesamtdeutscher Bedeutung in Berlin tagen.
    Ebenso sollen nach Möglichkeit bei besonderen Anlässen Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages in Berlin stattfinden.
    Ihre Zustimmung geben zu wollen.