Rede von
Fritz
Schuler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Patentausschuß hat eine Entscheidung nach dem Rechtsstandpunkt getroffen, was ich durchaus anerkenne. Aber ich darf auf die Patentinhaber hinweisen, die durch einen Notstand, hervorgerufen durch Einberufung zum Wehrdienst während des Krieges und durch den Rohstoffmangel nach dem Kriege, ihre Patente nicht haben auswerten können. Der Patentinhaber hat zum Beispiel 1936 das Patent erworben. Dann kam eine Anlaufzeit, dann kam' der Krieg, nach dem Kriege Materialmangel, und jetzt sind schon 15 Jahre verflossen, so daß er nur noch drei Jahre Ausnutzungsfrist hätte. Das ist zu wenig. Die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Möglichkeiten für eine Verlängerung der Schutzrechte reichen keineswegs aus. Das würde zu dem Ergebnis führen, daß die freien, angestellten und handwerklichen Erfinder mit ihren alten Patentrechten vollkommen an die Wand gedrückt werden. Die Industrie mag mehr oder weniger ausschließlich daran interessiert sein, daß nur solche Altpatente verlängert werden, die von dem früheren Reichspatentamt nicht mehr veröffentlicht oder bekanntgemacht werden konnten. Dagegen sollen die Altpatente, die während des Krieges nicht ausgewertet werden durften, aus nicht zu rechtfertigenden Gründen einfach unter den Tisch fallen. Dabei haben gerade diese Patente nicht nur mindestens das gleiche Recht, sondern
nach meiner Auffassung darüber hinaus sogar noch einen weit höheren Anspruch auf eine Verlängerung des Schutzes.
Es ist doch ganz offenkundig, daß bei der jetzt vorgesehenen Regelung die Inhaber von Patenten, die während des Krieges und in der Nachkriegszeit aus den eben geschilderten Gründen nicht ausgewertet werden konnten, schwere Einbußen erleiden müssen. Das Handwerk und der gewerbliche Mittelstand weisen einen beachtlichen Teil gerade solcher Patentanmelder auf. Für diese Kreise ist eine Verlängerung der Schutzdauer für Altpatente über die vorgesehenen 18 Jahre hinaus um mindestens weitere fünf Jahre, wenn nicht sogar um zehn Jahre angebracht und geboten.
Ich will Ihnen aus den Schreiben von Handwerksbetrieben, die in großer Zahl vorliegen, nur drei Beispiele bekanntgeben. Die Strickerei Alois Elender in Rosenheim erklärt:
Die Fabrikation mußte während des Krieges
eingestellt werden, da Reparaturarbeiten für
die Wehrmacht ausgeführt werden mußten. Schmiedemeister Wilhelm Wiemer in Rheidt im Siegkreis schreibt:
Die Jahre 1940 bis 1947 brachten mir in der Anfertigung des Handwendepfluges eine vollkommene Betriebsruhe.
Die Schlosserei Karl Wallenreiter in Ausgburg teilt mit:
Das Patent konnte während der Kriegszeit wegen der Kriegsbewirtschaftungsmaßnahmen und auch während der Nachkriegszeit bis zur Währungsumstellung nicht verwendet werden.
Meine Damen und Herren, so sehen die Fälle in der Praxis aus. Sie werden aber durch den Gesetzentwurf bisher überhaupt nicht berücksichtigt. Dabei muß darauf hingewiesen werden, daß durch eine Verlängerung der Schutzdauer für Altpatente, deren Auswertung durch Kriegs- und Nachkriegsfolgen unmöglich war, niemand geschädigt würde. Auch nach dem ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 wurden sämtliche Schutzrechte um fünf Jahre verlängert.
Wenn im übrigen der Einwand erhoben werden sollte, daß die Nachprüfung der infolge der Kriegsverhältnisse nicht ausgenutzten Patente zu große Schwierigkeiten bereite, so muß ich entgegenhalten, daß dieser Einwand nicht stichhaltig ist. Etwaige Schwierigkeiten im Einzelfalle wiegen jedenfalls in keiner Weise die Tatsache auf, daß es sich um viele Hunderte, wenn nicht sogar Tausende wirtschaftlich wertvoller Patente handelt, deren Auswertung durch Kriegs- und Nachkriegsfolgen vollständig oder in erheblichem Umfang verhindert werden würde, wenn Sie den vorgelegten Gesetzentwurf jetzt annehmen. Auch ist zu berücksichtigen, daß es sich hierbei meistens um die Erfindungen von Handwerkern handelt, die für den Bedarf der Bevölkerung durchaus von großer praktischer Bedeutung sind.
Schließlich muß darauf hingewiesen werden, daß das Gesetz Nr. 8 der Alliierten Hohen Kommission für ausländische Besitzer deutscher Patente die Verlängerung der Schutzdauer um 10 Jahre bereits vorschreibt. Aus welchem Grunde sollen unsere deutschen Altpatentinhaber schlechter gestellt werden? Nur die Anpassung an das Gesetz Nr. 8 der Alliierten Hohen Kommission kann eine angemessene Lösung bringen. Hierbei müßte allerdings die Einschränkung gemacht werden, daß die
Verlängerung nur für die Zeit zugestanden wird,
in der die Patente nicht ausgenutzt werden konnten. Es ist wichtig, daß die gesetzliche Festlegung möglichst der Regelung im gesamten Westeuropa angepaßt wird. Schon im Hinblick auf das zu erwartende gesamteuropäische Patentamt sollte man sich heute bereits darauf einstellen.
Unser Abänderungsantrag für die zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Dauer bestimmter Patente lautet:
I. In § 1, Abs. 1 wird als Ziffer 3 angefügt:
3. Patente, die am 1. 9. 1939 in Kraft waren oder zwischen dem 1. 9. 1939 und dem 1. 10. 1949 angemeldet wurden und aus Gründen des Kriegszustandes nicht in normalem Umfang ausgewertet werden konnten.
II. § 2, Abs. 1 erhält folgende Fassung:
In den Fällen des § 1, Abs. 1, Ziffern 1 und 2 hat die Verlängerung die Wirkung, daß der Zeitraum vom 8. Mai 1945 bis einschließlich 7. Mai 1950 nicht auf die Patentdauer angerechnet wird.
In § 2 wird als Abs. 1 eingefügt:
In den Fällen des § 1, Abs. 1, Ziffer 3 beträgt die Dauer der Verlängerung 8 Jahre. In § 2 wird der bisherige Abs. 2 Abs. 3; der bisherige Abs. 3 wird Abs. 4.
Ich bitte das Hohe Haus, unserem Abänderungsantrag zuzustimmen.