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ID0115301300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 153. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Juni 1951 6075 153. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. Juni 1951 Geschäftliche Mitteilungen 6076A Änderungen der Tagesordnung 6076B Anfrage Nr. 190 der Fraktion der DP. betr finanzielle Lage des Rundfunksenders „Radio Bremen" (Nrn. 2272, 2342 der Drucksachen) 6076B Beratung der Interpellation der Abg. Strauß u. Gen. betr. ERP-Mittel für den Fremdenverkehr (Nr. 1990 der Drucksachen) 6076C Strauß (CSU), Interpellant 6076C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6078D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nrn. 2320, 2089 der Drucksachen) . . . 6076B, 6079C Dr. Preusker (FDP), Berichterstatter 6079C Beschlußfassung 6080B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1951/52 (Nr. 2328 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn), Faßbender, Tobaben, Fürst zu Oettingen-Wallerstein, Dr. Glasmeyer, Donhauser u. Gen. betr. Entwurf eines Gesetzes über die Zahlung von Frühdruschprämien (Nr. 2340 der Drucksachen) 6076B, 6080D Ausschußüberweisung 6080D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2303 der Drucksachen) 6080D, 6090D Beratung abgesetzt 6090D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Regelung der Bereitstellung von Bauland (Zweites Wohnungsbaugesetz) (Nr. 2281 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Lücke u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschaffung von Bauland (Baulandbeschaffungsgesetz) (Nr. 2300 der Drucksachen) 6081A Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 6081A Funk (CDU), Antragsteller 6082C Meyer (Bremen) (SPD) 6083D Wirths (FDP) 6085B Dr. Leuchtgens (DP) . . 6087B Dr. Reismann (Z) 6087D Dr. Brönner (CDU) 6089C Ausschußüberweisung 6090C Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 86 Abs. 1 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) (Nr. 2288 der Drucksachen) 6090D Ausschußüberweisung 6090D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Dauer bestimmter Patente (Nr. 1730 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (16. Ausschuß) (Nr. 2299 der Drucksachen) 6091A Hoogen (CDU), Berichterstatter 6091A, 6092D Schuler (CDU) 6091D Dr.-Ing. Decker (BP) 6092D Abstimmungen 6093C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Dr. 2130 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2316 der Drucksachen) 6093D Tenhagen (SPD) : als Berichterstatter 6094A als Abgeordneter . . . 6096B, D, 6098B Dr. Dresbach (CDU) 6097B Strauß (CSU) 6098A Dr. Wellhausen (FDP) (zur Abstimmung) 6098C Abstimmungen 6096A, D, 6098B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Protest gegen Beschlagnahme (Nr. 2235 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Annullierung aller Verpflichtungen der Bundesregierung betr. Remilitarisierung (Nr. 2238 der Drucksachen) . . . 6099A, D Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 6099A Frau Strohbach (KPD), Antragstellerin 6100A Strauß (CSU) 6102C Renner (KPD) 6102D Übergang zur Tagesordnung 6103A Beratung der Übersichten Nr. 30 und Nr. 31 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nrn. 204, 225) 6103C Beschlußfassung 6103C Nächste Sitzung 6103C Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Friedrich Funk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits vor einem Jahr, am 28. März 1950, hat der Bundestag in einer Entschließung zum Ausdruck gebracht, daß die Enteignung von Grundstücken zugunsten des Wohnungsbaues beschleunigt gesetzlich geregelt werden müsse. Über die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes besteht kein Zweifel. Die Schwierigkeit der Materie brachte es aber mit sich, daß die Vorverhandlungen sich immer wieder in die Länge zogen. Draußen im Land war der Schrei nach Bauland wahrzunehmen, Siedlungen sollten und wollten gebaut werden, die Städte warteten auf Wiederaufbau, und in zahlreichen Fällen fehlte es an notwendigem Bauland.
    Bei dieser Sachlage hat sich eine Gruppe meiner politischen Freunde, nachdem die Fertigstellung des Regierungsentwurfs sich fast ein Jahr verzögerte, entschlossen, einen Gesetzentwurf zur Beschaffung von Bauland auszuarbeiten. Unsere Arbeit begann etwa vor einem halben Jahr. Nach unserer Meinung muß die Baulandenteignung so geschehen, daß sie nichts anderes ist als eine Weiterentwicklung der bisherigen Enteignungsgesetze.
    Grundsätzlich muß gesagt werden, daß die Schaffung von Wohnraum ein Anliegen der Allgemeinheit ist, so daß sie den Eingriff in das Privateigentum durchaus rechtfertigt. Es war dabei zu berücksichtigen, daß der Bauwillige es nicht allein in der Hand haben darf, das Verfahren auf ein Grundstück zu lenken, das ihm gerade als das richtige erscheint. Vielmehr soll die Enteignungsbehörde, die schließlich zu einer vernünftigen Lenkung der Bautätigkeit in Richtung auf geignetes Gelände mitberufen ist, die Möglichkeit haben, auch ein anderes, besser geeignetes Grundstück zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.


    (Funk)

    Im Vordergrund steht für uns der Bauwillige. Sein Bauvorhaben ist zunächst einmal zu prüfen. Es muß unter allen Umständen zuerst geklärt werden, ob nicht andere Wege, insbesondere der freihändige Grundstückskauf oder die Hilfe der öffentlichen Hand, zum Ziele führen würden. Erst dann entsteht die Frage, ob das vom Bauwilligen begehrte Grundstück der Enteignung unterliegen soll. Wir legen Wirt darauf, daß zunächst Gelände an anbaufähigen Straßen oder wenigstens solches Gelände erfaßt wird, das bereits verplant ist. Bei der Heranziehung anderer Grundstücke, deren Baulandeigenschaft immerhin nicht mehr selbstverständlich ist, muß sich die Enteignungsbehörde mit anderen behördlichen Stellen ins Benehmen setzen. Die Grundsätze vernünftiger Planung müssen unter allen Umständen eingehalten werden, schon um volkswirtschaftlich verfehlte Investitionen zu vermeiden. Die Einschaltung anderer Behörden wird naturgemäß manchmal das Verfahren recht erschweren. Wir haben jedoch durch das Setzen von Fristen dafür gesorgt, daß derartige Vorfragen beschleunigt geklärt werden.
    Wir haben uns bemüht, unseren Entwurf in einzelne kurze Vorschriften aufzugliedern, vielfach unter Verzicht auf die Regelung von Teilfragen, zu deren Entscheidung sich die Enteignungsbehörde an den von uns am Anfang des Entwurfs herausgestellten Begriff der Baulandenteignung halten muß. Auf jeden Fall darf eine Baulandenteignung immer nur im Rahmen des allgemeinen Wohles zulässig sein.
    Von entscheidender Bedeutung ist die Frage der Entschädigung. Die Entschädigung muß unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten festgesetzt werden. Das wird nicht immer leicht sein. Keinesfalls darf es dahin kommen, daß die Baulandenteignung ein bevorzugtes Mittel wird, um wesentlich billiger als im freien Erwerb ein Grundstück in die Hand zu bekommen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Hier muß gleiches Recht für alle gelten.
    Die Entschädigung muß angemessen sein. Der Begriff der angemessenen Entschädigung ist anerkanntermaßen in der bisherigen Rechtsprechung zum Enteignungsrecht bereits weitgehend geklärt. Dem Enteigneten soll nicht ein ihn einseitig belastendes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt werden; andererseits darf er aber auch sein Eigentumsrecht nicht rücksichtslos ausnützen. Die Entschädigung soll für beide Teile einen billigen und gerechten Ausgleich ihrer Interessen schaffen. Nur so wird dem Grundgesetz Genüge getan. Die Enteignungsbehörde, die schließlich eine Instanz mit besonderer Sachkunde sein soll und sein wird, müßte hier die Funktion der Preisbehörde wahrnehmen.
    Um das Enteignungsverfahren nicht übermäßig in die Länge zu ziehen, haben wir Fristen vorgesehen, die zu einer Straffung und Beschleunigung des Verfahrens führen sollen. Auf jeden Fall müßte nach unserer Auffassung die Höhe der Entschädigung durch das ordentliche Gericht im Einklang mit Art. 14 des Grundgesetzes geprüft werden können. Um eine Zweigleisigkeit zu vermeiden, schlagen wir vor, bei den Landgerichten eine Kammer, für Baulandsachen zu bilden. Diese müßte unserer Auffassung nach mit zwei Richtern des Landgerichts und einem Verwaltungsrichter besetzt sein. In zweiter Instanz entscheidet das Oberlandesgericht, das unter bestimmten Voraussetzungen die Angelegenheit auch vor den Bundesgerichtshof bringen kann.
    Wir glauben, daß allein das Vorhandensein der Möglichkeit, in das Privateigentum durch Baulandenteignung einzugreifen, in vielen Fällen dazu führen wird, daß sich ein Grundstückseigentümer, der sich bisher weigerte, sein Gelände herzugeben, nunmehr bereitfinden wird, das Grundstück freihändig zu verkaufen, wenn er es nicht selbst bebauen kann. Wir erhoffen von diesem Gesetz also vor allen Dingen eine solche mittelbare Wirkung.
    Meine Damen und Herren, ich bin selbst Landwirt. Diesen Entwurf hat eine ganze Reihe meiner bäuerlichen Freunde mit unterschrieben. Wir sind der Meinung, daß Eigentum verpflichtet. Seine Verpflichtung zeigt sich besonders da, wo Eigentum zur Schaffung von Wohnraum in andere Hände übergehen muß, um einem großen sozialen Ziel zu dienen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es geht uns hier um die Verwirklichung einer sozialen Forderung, die über den Wohnungsbau hinausreichend unserer weiteren sozialen Gesetzgebung den Weg bereiten soll.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Ich stelle den Antrag auf Überweisung des Entwurfs an den Ausschuß für Bau- und Bodenrecht federführend, gleichzeitig an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich eröffne die allgemeine Besprechung der ersten Beratung.
Das Wort hat der Abgeordnete Meyer (Bremen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Meyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind dem Herrn Bundesminister für Wohnungsbau dankbar, daß er bei der Einbringung des Regierungsentwurfs die Notwendigkeit einer Neuordnung mit einer Darstellung des derzeitigen Zustandes unseres Bau- und Bodenrechts begründet hat. Wir wären dem Herrn Bundesminister für Wohnungsbau noch dankbarer gewesen, wenn er mit Rücksicht auf die Entschließung, die der Bundestag am 28. März vorigen Jahres gefaßt hat, stärkeren Nachdruck darauf gelegt hätte, den Gesetzentwurf wenigstens annähernd zu dem Termin vom 30. September 1950, den der Bundestag in dieser Entschließung festgesetzt hat, einzubringen. Damals hat der Bundestag folgendes beschlossen. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten dem Haus den Text unserer Entschließung in die Erinnerung zurückrufen. Die Bundesregierung wurde ersucht,
    1. bis zum 30. September 1950 einen Gesetzentwurf über die Enteignung von Grundstücken zugunsten des Wohnungsneubaues und für den Wiederaufbau vorzulegen;
    2. in diesem Gesetzentwurf Bestimmungen zu treffen, die gegebenenfalls unter Änderung von Bestimmungen des Grundgesetzes
    — und ich möchte gerade diesen Punkt unserer Entschließung unterstreichen —
    die schnelle, wirksame, endgültige und zu günstigen Preisen mögliche Enteignung von Grundstücken vorsehen.
    Der Herr Bundesminister hat gesagt, daß die Bundesregierung schweren Herzens, aber mit leichter Hand — wir sehen darin eigentlich einen logischen Widerspruch — diesen Gesetzentwurf


    (Meyer [Bremen])

    vorgelegt habe. Wenn wir uns ihn in seinem Inhalt anschauen, müssen wir sagen, daß das schwere Herz und die leichte Hand wahrscheinlich bestimmend dafür gewesen sind, daß trotz der langen Bearbeitung dieser Vorlage eigentlich eine sehr unentwickelte Frucht dabei herausgekommen ist. Obwohl wir inzwischen im Hause Erfahrungen darüber gewonnen haben, daß es oft vorkommt, daß Anträgen des Hauses, die mit Terminen versehen sind, seitens der Bundesregierung nicht, die genügende Beachtung geschenkt wird, glauben wir, daß die Länge der Zeit leider nicht förderlich für den Inhalt, die Form und die Gestalt dieses Gesetzentwurfes gewesen ist. Wenn vielleicht der Zeitraum, den wir für die Bearbeitung gesetzt hatten, stärker beachtet worden wäre, hätten sich die Beteiligten einschließlich der Vertreter des Bundesrats wohl mehr daran erinnert, daß in den letzten Tagen vor der endgültigen Verabschiedung des Ersten Wohnungsbaugesetzes in der gemeinsamen Beratung zwischen den Mitgliedern des Wohnungsausschusses des Bundestages und des gleichen Ausschusses des Bundesrats doch eine fast einmütige Auffassung über die in dieser Frage bestehenden Notwendigkeiten gegeben war. Die Länge der Zeit ist in diesem Zusammenhang, so glauben wir, eigentlich unheilbringend gewesen und hat zu der uns heute vorliegenden Fassung des Gesetzes geführt, die uns leider sehr wenig befriedigt. Auch der Papierverbrauch, der mit dem Zustandekommen dieses Gesetzes verbunden war, hat leider nicht positivere Formulierungen bewirkt, sondern eher das Gegenteil. Es sollen ja wohl acht bis zehn, wenn nicht gar dreizehn Entwürfe zur endgültigen Formung dieser Materie innerhalb der Bundesregierung oder des Bundesministeriums vorgelegt worden sein.
    Doch, meine Damen und Herren, wir wollen uns mit dem Grundsätzlichen dieses Gesetzes beschäftigen. Nach einer allgemeinen Betrachtung fürchten wir sagen zu müssen, daß dieses Gesetz in seiner Formung allzusehr den Interessen des Individuums in einer Überspitzung rechtsstaatlicher Gesichtspunkte bis zur formalistischen Gestaltung seines Inhalts Rechnung trägt. Wir glauben, daß die Kriegszerstörungen in unseren Gemeinden und die Verpflichtung insonderheit der öffentlichen Hand, mit allen Mitteln den Wiederaufbau unseres schwer zerstörten Vaterlandes zu fördern, vor allem aber auch die Interessen unserer heimatvertriebenen Mitbürger in der Formung des Gesetzes stärkeren Ausdruck finden und die Notwendigkeiten des Gemeinwohls mehr in den Vordergrund rücken müssen, als es bei dem Gesetz in seiner jetzigen Fassung der Fall ist. Wir wissen dabei sehr wohl zwischen dem berechtigten Schutz allen echten Arbeitseigentums und dem Besitz, der etwaigen spekulativen Erwägungen dienen soll, zu unterscheiden. Gegenüber den begründenden Ausführungen meines Vorredners möchte ich sagen, wir glauben keineswegs, daß wir ein Bodenrecht zu schaffen haben, das die berechtigten Interessen des Arbeitseigentums außer acht läßt. Bei der Regelung der Entschädigungsbemessung ist es nach unserer Auffassung von entscheidender Bedeutung, daß das gesichert wird, was auf eigener Leistung beruht, und daß bei der Preisfestsetzung alles ausgeschlossen wird, was etwa heute oder früher aus spekulativen Erwägungen bei der Bodenpreisbemessung eingebracht worden ist.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Im übrigen haben wir auch grundsätzlich gegenüber der Formung dieses Gesetzentwurfes Bedenken, weil wir in ihm keine genügenden Vorschriften sehen, um das schwerwiegende Problem, das im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau unserer zerstörten Gemeinden auftritt, nämlich die Sicherung der notwendigen Gemeinbedarfsflächen zugunsten der Gemeinden, durch eine Regelung zu lösen, die für die öffentliche Hand tragbar wäre. Wir müssen sowohl bei der Entschädigungshöhe für etwa enteigneten Grundbesitz als auch bei der Erlangung der nötigen Gemeinbedarfsflächen daran denken, daß unsere öffentlichen Mittel infolge der vielfachen Beanspruchungen, die von allen Seiten an sie herantreten, beschränkt sind. Jede Erhöhung eines Bodenpreises bedeutet eine Vermehrung der Baukosten, die letzten Endes zu Lasten der öffentlichen Hand geht. Wir müssen bei der Preisregulierung das Gemeinwohl in dem Sinne in den Vordergrund stellen, daß zwar das berechtigte Interesse des Grund- und Bodenbesitzers nicht verletzt wird, daß aber auch an keinen eine Zuwendung erfolgt, auf die er nicht aus eigener Leistung Anspruch hat.
    Uns befriedigt auch nicht, Herr Bundesminister, die Regelung, die wegen des Rechtszuges getroffen ist. Wir anerkennen zwar, daß die Bundesregierung sich bemüht hat, eine Vereinheitlichung herbeizuführen. Wir haben jedoch nach wie vor allerschwerste Bedenken dagegen, daß der im Gesetzentwurf vorgeschriebene Weg mit den Baulandkammern bei den Landgerichten beschritten wird, weil wir erstens glauben, daß bei der heutigen Regelung die sachlichen und personellen Voraussetzungen für die Besetzung dieser Kammer nicht gegeben sind, und weil wir zweitens glauben, daß wir im Streitverfahren nicht die schnelle Entscheidung erreichen, die im Verwaltungsverfahren möglich ist. Doch diese Dinge mögen in der Diskussion und in der Ausschußberatung im einzelnen geprüft und vertieft werden.
    Wir haben mit großem Bedauern davon Kenntnis genommen, daß der Bundesrat in seiner Stellungnahme den dritten, vierten und fünften Abschnitt des ursprünglichen Gesetzentwurfes der Bundesregierung kurzerhand gestrichen hat. Bei allem Verständnis, das wir trotz unserer sehr eingeschränkten Zustimmung auch für die berechtigten Interessen der regionalen Verbände unserer Bundesrepublik haben, glauben wir nicht, daß es möglich ist, das Verfahrensrecht etwa den 11 Ländern zu überlassen und den frischfröhlichen Zustand, wie wir ihn bis heute haben, vielleicht auf Dauer und auf Ewigkeit fortzusetzen.

    (Abg. Lücke: Sehr gut!)

    Auch der Entwurf der CDU' befriedigt uns nicht. Wir sehen aber in ihm ebenso wie in dem Gesetzentwurf, den die Bundesregierung vorgelegt hat, eine Grundlage der Diskussion. So will ich mit meinen Ausführungen unsere Bereitschaft bekunden, beide Vorlagen als Beratungsgrundlage zu betrachten. Dabei haben wir die Absicht, wesentliche Veränderungen und, wie wir glauben, Verbesserungen im Interesse des deutschen Wiederaufbaus anzubringen. Wir wollen wirksame Maßnahmen zum Ausschluß aller Spekulationsgewinne aus früheren Jahren und wollen ein einfaches und schnelles Verfahren einführen. Ich stimme mit meinem Vorredner durchaus darin überein, daß das Enteignungsverfahren nur die gesetzliche Androhung gegenüber demjenigen sein kann, der nicht guten Willens ist. Wir sollten versuchen, den für den Wiederaufbau und Neubau unserer deutschen Heimat erforderlichen Boden in möglichst weitem Umfang durch Verhandlungen der Beteiligten zu ge-


    (Meyer [Bremen])

    winnen. Wir sollten gesetzliche Vorschriften schaffen, die denjenigen, die heute den Grund und Boden in der Hand haben, deutlich machen, daß sie nicht mehr als den auf ihren eigenen Leistungen beruhenden Preis fordern können, daß sie jedenfalls im Enteignungsverfahren nicht mehr als diesen Preis bekommen werden.
    Wir wollen mit unserer Mitarbeit und mit unseren Anträgen, die wir in der Ausschußberatung zu stellen haben, den Anforderungen unserer Zeit dienen; wir wollen aber auch den Erkenntnissen dienen, die sich aus moderner Planung für unsere Zeit ergeben. Wir wollen nicht verhehlen, daß wir gegen die vorläufige Regelung, die der Gesetzentwurf vorsieht, allerschwerste Bedenken haben. Es wäre von der größten Bedeutung, das Baurecht einschließlich des Umlegungs- und Planungsrechts grundsätzlich auf bundesgesetzlicher Ebene zu regeln. Aber wir wollen den Weg mitgehen, um das zu erreichen, was vorläufig möglich ist, weil wir andererseits genau wissen, wie schwer es im Schoße dieser Bundesregierung und ihrer Mehrheit sein wird, die mit' dem Enteignungsproblem zusammenhängenden Fragen wirklich in eine Übereinstimmung mit den Notwendigkeiten zu bringen, die sich auf Grund unserer volkswirtschaftlichen Probleme ergeben. Wir wollen dafür gern noch etwas Zeit geben, wenn diese Zeit dazu beitragen könnte, daß wir vor Ablauf der Wahlperiode dieses Hauses ein Baurechtsgesetz verabschieden können. Wir sind nicht der Meinung, daß mit dieser vorläufigen Regelung der Baulandbeschaffung etwa unserem Verlangen Genüge getan ist, das auch unsere Freunde von der anderen Seite des Hauses im Wohnungsausschuß und im Wiederaufbauausschuß einmütig unterstützen. Wir richten in Übereinstimmung mit den anderen Mitgliedern dieser Ausschösse an den Herrn Bundesminister den dringenden Appell, in seinem Ministerium sowohl nach der personellen als auch nach der sachlichen Seite die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß eine Vorlage betreffend das gesamte Baurecht in absehbarer Zeit an den Bundestag herangebracht und zum Abschluß gebracht werden kann.
    Unsere Stellungnahme zu dem Gesetz ergibt sich eindeutig aus der Auffassung, daß Bodenbesitz ein anderes ist denn der Besitz beliebig vermehrbarer Ware. Es ist ein Pfand in den Händen des Bodenbesitzers, das zum Wohle der Allgemeinheit für die Schaffung gesunder Wohnungen, Heimstätten und öffentlicher Anlagen — zum niedrigsten Kostenpreis, der überhaupt möglich ist — eingesetzt werden muß. Es sollte hier keinen Raum geben für die Befriedigung erwerbswirtschaftlicher Erwartungen, sondern das Gesetz sollte nur dienen der Erfüllung gemeinsamer Verpflichtungen aller Deutschen, auf daß wir auch hier die Wunden heilen können, die uns der Krieg und der Wahnsinn derjenigen, die leider auch Deutsche waren, geschlagen haben. Wir brauchen dazu ein Enteignungsrecht, um denjenigen gegenüber, die glauben, daß sie sich den Notwendigkeiten unserer Zeit und unseres Volkes verschließen könnten, das Recht der Gesamtheit unseres Volkes auf Herausgabe desjenigen durchzusetzen, das im Interesse unseres Volkes für den Wiederaufbau benötigt wird.

    (Beifall links.)