Rede:
ID0115203100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Dr.: 1
    7. Fink.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 152. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Juni 1961 6025 152. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Juni 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6026A, 6073C Genesung der Abg. Frau Thiele 6026B Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Versorgung mit Hausbrandkohle und Nutzholz (Nr. 2295 der Drucksachen) 6026B Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6026B, 6029A Willenberg (Z) 6027A Frau Thiele (KPD) 6027D Dr. Kreyssig (SPD) 6028C Beschlußfassung 6029C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Verkündung des Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen (Nr. 2263 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten-und Pensionsversicherungen (Nr. 2282 der Drucksachen) 6029C Seuffert (SPD) 6029D, 6031D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 6030D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6031A Ausschußüberweisung 6032A Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Nr 2260 der Drucksachen) 6032A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Antragsteller 6032B, 6051D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6035B Dr. Laforet (CSU) 6038A Dr. Greve (SPD) 6040A Dr. Fink (BP) 6042B Fisch (KPD) 6044A Farke (DP) 6045D Dr. Dresbach (CDU) 6047A( Dr. Bertram (Z) 6048A von Thadden (DRP) 6049C Dr. Jaeger (CSU) 6050C Ausschußüberweisung 6053A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Industriekreditbank Aktiengesellschaft (Nr. 1854 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 2217 der Drucksachen) . . . 6053A Dr. Hoffmann (FDP), Berichterstatter 6053B Beschlußfassung 6054A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Preiß, Neber, Farke, Eichner, Dr. Glasmeyer, Reindl u. Gen. betr. Soforthilfeabgabe am 20. Mai 1951 (Nrn. 2296, 2215 der Drucksachen) 6054B Kunze (CDU), Berichterstatter . . 6054B Beschlußfassung 6054A Beratung des Ersten Berichts des Untersuchungsausschusses zur Prüfung der im Raume Bonn vergebenen Aufträge (42. Ausschuß) (Nrn. 2275, 523 der Drucksachen) 6054D Dr. Hasemann (FDP) : als Berichterstatter 6054D als Abgeordneter 6064D Renner (KPD) 6055D Erler (SPD) 6057C Hoogen (CDU) 6061D Ewers (DP) 6067B Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 6067D Beschlußfassung 6068C Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet (Nr. 2292 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen (8. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Tillmanns u. Gen. betr. Flüchtlingsausgleich zwischen Berlin und der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2312 der Drucksachen) 6068C Dr. Tillmanns (CDU), Berichterstatter 6068D Bielig (SPD), Berichterstatter . . . 6069B Brookmann (CDU) 6069C Dr. Reif (FDP) 6070B Frau Schroeder (Berlin) (SPD) . . 6070C Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 60'71C Beschlußfassung 6072A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Zuckerungsfrist bei Wein (Nrn. 2163 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 2290 der Drucksachen) 6072B Gibbert (CDU), Berichterstatter . 6072B Beschlußfassung 6072C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 19. Dezember 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island (Nr. 2150 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 2293 der Drucksachen) 6072D Lange (SPD), Berichterstatter . . . 6072D Beschlußfassung 6073A Nächste Sitzung 6073C Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Otto Heinrich Greve


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich habe von dem Kollegen Strauß gesagt bekommen, daß das, was ich gesagt habe, eine glatte Verdrehung sei, und ich habe dem Kollegen Strauß darauf geantwortet: darin ist er mir über. Das wiederhole ich auch, wenn mir vorgeworfen wird, daß das, was ich sage, eine Verdrehung sei, während es keine Verdrehung ist. Denn auf das, was der Herr Bundesfinanzminister gesagt hat, ist ja auch durch Zwischenrufe — ich erinnere an den Kollegen von Rechenberg — in genau der gleichen Weise reagiert worden. Ich habe daher keine Veranlassung, von dem, was ich eben gesagt habe, etwas zurückzunehmen.

    (Abg. Dr. Horlacher: Das bedeutet gar nichts!)

    Meine Damen und Herren! ,Ich bin in der sehr seltenen, aber in diesem Falle erfreulichen Situation, mich in völliger Übereinstimmung mit dem Sprecher einer der Regierungsparteien, mit dem Herrn Kollegen Höpker-Aschoff zu befinden.

    (Abg. Dr. Seelos: Sehr bezeichnend!)

    — Ob das bezeichnend ist oder nicht, Herr Kollege Seelos, kann Ihnen doch gleichgültig sein. Sie befinden sich hier einmal in Übereinstimmung mit dem Herrn Bundesfinanzminister, den Sie ja sonst gar nicht so sehr schätzen, Herr Kollege.

    (Heiterkeit. — Beifall bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Das ist auch bezeichnend!)

    Ich kann es mir ersparen, auf viele Einzelheiten einzugehen. Was Herr Kollege Höpker-Aschoff hier zum Ausdruck gebracht hat, ist die Auffassung auch meiner politischen Freunde.
    Lassen Sie mich aber einen kurzen Rückblick auf das tun, was im Parlamentarischen Rat vor sich gegangen ist, um das zu erklären, was wir heute auf dem Gebiete der Finanzverwaltung in der Bundesrepublik haben. Es ist zweifelsohne richtig, daß das gegenwärtige System der geteilten Finanzverwaltung zwischen Bundesfinanzverwaltung und Länderfinanzverwaltung nicht auf deutschem Boden gewachsen ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das ist aber nicht der einzige Grund, weswegen
    wir die ungeteilte Bundesfinanzverwaltung wollen.
    Wir wollen die Bundesfinanzverwaltung, weil wir
    der Auffassung sind, daß sie die einzig mögliche
    Art ist, in Deutschland zu einer einheitlichen Regelung aller derjenigen Dinge zu kommen, die Finanzen und Steuern angehen. Es ist das Verdienst des
    ehemaligen Reichsfinanzministers Erzberger, gerade


    (Dr. Greve)

    durch die Einrichtung einer reichseinheitlichen Finanzverwaltung eine Klammer um das damalige Deutsche Reich gelegt zu haben, die lange gehalten hat. Wenn man von dem Bestand der Bundesrepublik ausgeht, würden wir, glaube ich, durch die Zusammenfassung der Länderfinanzverwaltungen zu einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung auch heute wieder eine sehr starke Klammer um diese Bundesrepublik legen. Die Bundesfinanzverwaltung ist nach unserer Auffassung in anderer Weise geeignet, die Grundsätze, die auf dem Gebiete der Finanzen und Steuern vom Bund her durch die Gesetzgebung festgelegt werden, in der Administration durchzuführen, als es gegenwärtig der Fall ist. Wenn der Herr Kollege HöpkerAschoff darauf hingewiesen hat, daß sich heute die Klagen über eine unterschiedliche Handhabung der Grundsätze auf dem Gebiete des Finanz- und Steuerwesens häufen, so wissen wir alle nur zu gut, daß es heute in der Bundesrepublik Steueroasen und Steuerwüsten gibt. Ich glaube, der Herr Bundesfinanzminister weiß selber, wo die Steueroasen und die Steuerwüsten sind.

    (Abg. Dr. Horlacher: Das ist ja ein Märchen!)

    — Das sind keine Märchen, das sind Tatsachen. Wenn Sie von der Anhörung der Ausführungen des Herrn Finanzministers noch nicht zu dem vorgedrungen sind, was Tatsachen sind, Herr Kollege Horlacher, so kann ich nichts dafür. Ich will hier auch keine Märchen erzählen. Herr Kollege Höpker-Aschoff und ich werden sicher kein Glück mit unseren Küssen haben; denn der Herr Bundesfinanzminister will sich gar nicht küssen lassen,

    (Heiterkeit bei der SPD)

    er will weiterhin das Mädchen bleiben, das hinter Dornenhecken im Verborgenen blüht. Hoffentlich wird er nicht allzu alt dabei, so daß das Mädchen nachher niemand mehr küßt.

    (Erneute Heiterkeit bei der SPD)

    Die Momente, auf die hier hingewiesen worden ist, Steueroasen und Steuerwüstem, lassen sich durch keine Redensarten aus der Welt schaffen. Wir wissen auch, daß durch die Art, wie in einzelnen Ländern gerade Steuerpolitik getrieben wird, die steuerstarken Länder immer stärker und die steuerschwachen Länder immer schwächer werden. Das sind Dinge, auf die wir schon im Parlamentarischen Rat hingewiesen haben. Ich selber habe damals gesagt, daß die Finanzverwaltung sich nicht zu einer Brauchtumspflege eignet. Landsmannschaftliche Eigentümlichkeiten in allen Ehren, aber die Finanzverwaltung ist für die Pflege solcher landsmannschaftlichen Eigentümlichkeiten nicht geeignet. Und wenn der Herr Kollege Dr. Höpker-Aschoff mit Recht darauf hingewiesen hat, daß eine Milliarde mehr an Steuern durch eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung herausgeholt werden könnte, dann sollten wir dieses Moment in einer Zeit sehr ernst nehmen, in der es wirklich auf jeden Pfennig ankommt und in der der Herr Bundesfinanzminister nicht weiß, wo er diese Pfennige herholen soll, meine Damen und Herren. Ich glaube auch, daß die Tatsache, daß zur Zeit des Parlamentarischen Rates es nicht sachliche, sondern politisch-psychologische Momente gewesen sind, die bei einer Zahl von Abgeordneten den Ausschlag gegeben haben, uns doch zum Nachdenken Anlaß geben sollte. Der Herr Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen, daß er im Jahre 1945 Deutschland einen Dienst erwiesen hat dadurch, daß er Bayern beim Reich hielt —, gut, das erkennen wir an. Wir müssen ihm allerdings auch 6 sagen, und das ist zu gleicher Zeit eine Antwort an den Herrn Kollegen Dr. Laforet: keiner von uns hat damals behauptet, noch will er es heute behaupten, daß es Abgeordnete oder Gruppen von Abgeordneten im Parlamentarischen Rat gegeben hat, die darum gebeten hätten, daß die Besatzungsmächte eingriffen. Eingegriffen haben sie, Herr Kollege Dr. Laforet. Der Finanzausschuß und der Hauptausschuß des Parlamentarischen Rates haben die Bundesfinanzverwaltung beschlossen, und dann hat es eine Reihe von Abgeordneten gegeben, die dieses Eingreifen durch die Alliierten sehr gerne gesehen haben, weil es ihrer politischen Konzeption entsprach, während es unserer politischen Konzeption nicht entsprach. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß der Bundesrat, wie er heute ist, seine Existenz dem Umstand verdankt, daß uns auf der anderen Seite die Bundesfinanzverwaltung konzediert worden ist.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Der Bundesrat ist geblieben, und die Militärgouverneure haben die Bundesfinanzverwaltung zerschlagen, meine Damen und Herren. So ist die Wahrheit, und das müssen alle zugeben, die sich der Vorgänge aus der Zeit des Parlamentarischen Rates noch mit der Klarheit erinnern, die notwendig ist, um das Wahre hier wirklich zum Ausdruck zu bringen.
    Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Laforet hat geglaubt, entgegen dem, was Herr Dr. Höpker-Aschoff zum Ausdruck brachte, sich auf den damaligen Finanzminister des Landes Niedersachsen, Herrn Dr. Strickrodt, beziehen zu sollen. Ich glaube, die Berufung auf diejenigen, die uns als Sachverständige gedient haben, von denen Herr Kollege Dr. Höpker-Aschoff sprach, hat mehr Gewicht, und Sie tun sich und auch Herrn Dr. Strickrodt keinen Gefallen, Herr Kollege Dr. Laforet, wenn Sie ihn zum Zeugen dafür anrufen, daß die Bundesfinanzverwaltung nichts taugt. Wer Herrn Dr. Strickrodt damals angehört hat, ist erstaunt gewesen, wie ein Mann in einer derart schwierigen Frage einen derartigen Eiertanz aufführen konnte, Herr Kollege Dr. Laforet. Anders war es doch in Wirklichkeit nicht. Alle, deren Ansicht für uns von Wert war, ob aus der Industrie, aus der Wissenschaft oder aus der Politik, haben sich für die Bundesfinanzverwaltung ausgeprochen. Selbst die Herren Oberfinanzpräsidenten Aprath und Prugger, glaube ich, taten es.
    In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß selbst der jetzige Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums, Herr Hartmann, zum Ausdruck gebracht hat — das ist in dem Protokoll nachzulesen —, daß die Bundesfinanzverwaltung zweifelsohne den Vorzug vor der Länderfinanzverwaltung verdient, nur — er hat auf die in Süddeutschland vorhandenen politisch-psychologischen Momente hingewiesen —,

    (Zuruf des Abg. Strauß.)

    um damit zum Ausdruck zu bringen, daß es nicht allein auf sachliche Gesichtspunkte bei dieser Entscheidung angekommen ist, sondern daß auch neben der Sache liegende Gesichtspunkte — insbesondere bei Ihren Freunden, Herr Kollege Strauß — eine Rolle gespielt haben. Und wir erinnern uns noch der Mühe, die sich damals der ehrenwerte Herr Kollege Laforet und Herr Kollege Schlör, der diesem Hause nicht angehört, gegeben haben, um die Länderfinanzverwaltung zu retten. Sie war, wenn es nach dem deutschen Willen gegangen


    (Dr. Greve)

    wäre, nicht zu retten; sie ist nur gerettet worden durch das Eingreifen der Militärgouverneure, die sich damals noch in trautem Einvernehmen befanden und der Auffassung waren, Deutschland müßte gerade durch die Zerschlagung der Bundesfinanzverwaltung niedergehalten werden. Die Herren Gouverneure oder diejenigen, die verantwortlich für die Politik waren, die sie in Deutschland zu vertreten hatten, wußten nur zu genau, was sie mit der Zerschlagung der Bundesfinanzverwaltung taten. Da, wußten sie, liegt der Angelpunkt zur Organisierung Deutschlands, aber nicht im unitarischen Sinne — wir sprechen nicht von Zentralismus —, sondern in einem System, in dem die deutsche Einheit nicht den Ausdruck finden kann, den sie nach unserer Auffassung in einer unitarischen staatlichen Ordnung haben sollte.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Das sind Argumente, meine Damen und Herren, die meine Freunde und mich veranlassen, dem Antrag, den die FDP auf Änderung des Grundgesetzes eingereicht hat, zuzustimmen. Wir lehnen es ab, so lange zu warten, bis nichts mehr zu retten ist. Ich glaube nicht, Herr Finanzminister — Sie haben selbst keine Zahlen genannt —, daß Sie ernsthaft die Auffassung vertreten können, daß die Bundesfinanzverwaltung teurer ist als die Finanzverwaltung, die wir zur Zeit haben. Wenn Sie selbst — um noch einmal darauf zurückzukommen — auf die Vorzüge des Föderalismus mit sehr viel Temperament hingewiesen haben, auf die Vorzüge desjenigen Systems, das Ihrer politischen Konzeption entspricht, nun, Herr Bundesfinanzminister, glauben Sie nicht, daß die Zeit, die zwischen dem Westfälischen Frieden und dem Reichsdeputationshauptschluß gelegen hat, in Deutschland endgültig vorbei ist? In einer Zeit, in der wir über die Grenzen hinwegsehen und Europa neu organisieren wollen, in einer Zeit, in der wir aus der nationalstaatlichen zu einer internationalen Ordnung in Europa kommen wollen, in einer solchen Zeit sollte 'man mit Argumenten, wie sie hier von den Gegnern des Antrags, den die FDP eingereicht hat, vorgetragen worden sind, nicht operieren.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wir sind aus allgemeinpolitischen, aus finanz-
    und steuerpolitischen Erwägungen der Auffassung, daß hier ein Unrecht wiedergutgemacht werden muß, das der Bundesrepublik Deutschland in der Stunde ihrer Geburt zur Zeit des Parlamentarischen Rates angetan worden ist,

    (Beifall bei der SPD)

    und aus diesem Grunde sind meine Freunde und ich gerade im Interesse der einheitlichen Organisierung unseres Staatswesens in der Bundesrepublik der Auffassung, daß es richtig ist, den Antrag der Freien Demokratischen Partei anzunehmen.

    (Beifall bei der SPD und FDP.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Fink.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Conrad Fink


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einigen Wochen hat hier Herr Kollege Koch einmal davon gesprochen, wir sollten dem Finanzminister bei seinen Plänen und bei seinen Arbeiten nicht in den Rücken fallen. Ähnlich hat sich vor kurzem auch Herr Kollege Lausen geäußert. Ich möchte diese Anregung, die damals gegeben wurde, heute aufgreifen und sagen: wir sollten dem Herrn Finanzminister in dem, was er heute hier ausgeführt hat, und in seinen diesbezüglichen Arbeiten und Planungen wirklich nicht in den Rücken fallen. Wenn er den Weg zu einer friedlichen Lösung in diesen strittigen Dingen gefunden und wenn er wirklich irenische Töne angeschlagen hat, dann glaube ich, könnten wir ihm nicht nur, sondern dann müßten wir ihm hierin beipflichten. Wir sind glücklich darüber, daß heute nicht nur der Herr Finanzminister, sondern auch der Herr Abgeordnete des Wahlkreises Passau von diesem Platz aus gesprochen hat. Nach den Ausführungen des Herrn Finanzministers und Abgeordneten Schäffer, eines solchen Finanzexperten, glaube ich, müßten nun wahrlich auch die düsteren Prophezeiungen und die Ausführungen des ehemaligen preußischen Finanzministers, der auch von diesem Platz aus heute gesprochen hat, in den Hintergrund treten.
    Nun ganz kurz eine Antwort an Herrn Kollegen Greve. Herr Kollege Greve, das Ansehen des deutschen Volkes hat nichts, aber auch gar nichts mit einer unitaristischen Gestaltung der deutschen Verfassung zu tun. Und berühren Ihre heutigen Einwände gegen diese Verfassung, gegen das, was Sie heute in dieser Verfassung nicht als gut und glücklich empfinden und was Sie nun auf die Schuld der Besatzungsmächte zurückführen, nicht etwas merkwürdig? Wir haben im Mai 1949 nichts von solchen Einwänden auf ihrer Seite gehört.

    (Lebhafter Widerspruch bei der SPD.) Damals haben Sie sehr stark die Werbetrommel gerade für diese Verfassung gerührt, und ich glaube, wir „wilden" Bayern waren mit unserem klaren und ehrlichen Nein vielleicht auch damals wieder die besseren Menschen.


    (Zuruf von der SPD.)

    Der uns mit Antrag Drucksache Nr. 2260 vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes muß das tiefste Befremden, aber auch die höchste Aufmerksamkeit und Wachsamkeit aller derjenigen hervorrufen, die darauf achten wollen und müssen, daß das Grundgesetz in seinem an und für sich nicht allzu ausgeprägten föderalistischen Prinzip nicht immer noch weitere Aushöhlungen erleidet. In der Tat liegen dem vorliegenden Antrag solche Absichten klar erkennbar zugrunde.
    Lassen Sie mich auf das Wesentliche der in diesem Antrag gegenüber der bisherigen Fassung vorgesehenen Änderungen eingehen. Art. 108 Abs. 1 Satz 1 erwähnt neben den Zöllen und Finanzmonopolen „die der konkurrierenden Gesetzgebung unterworfenen Verbrauchsteuern, die Beförderungsteuer, die Umsatzsteuer und die einmaligen Vermögensabgaben". Dieser Katalog wird durch den neuen Entwurf beseitigt und soll durch die Fassung „Zölle, Finanzmonopole und die auf Bundesgesetzen beruhenden Steuern" ersetzt werden. Auf den ersten Blick hin mag dies vielleicht unwesentlich und harmlos erscheinen. Aber der Pferdefuß, meine Damen und Herren, der sich schamhaft unter der Verhüllung verbirgt, ist für die durch die Erfahrung Gewitzigten unschwer erkennbar.
    Man vergleiche dazu dann nur Art. 107 des Grundgesetzes, der die endgültige Steuerverteilung auf Bund und Länder spätestens bis zum 31. Dezember 1952 vorsieht, und vergegenwärtige sich, wie großzügig im Hinblick auf die Bundeskompetenz diese Regelung gehandhabt werden kann — entsprechende Anträge kann man, ohne sich besondere prophetische Begabung anmaßen zu wollen, schon vorausahnen —; dann wird man sich über das Ergebnis im klaren sein können.


    (Dr. Fink)

    In dieser neuen, vom bisherigen Text abweichenden, allgemein gehaltenen Fassung von Abs. 1 Satz 1, die jede, aber auch jede Möglichkeit einer unbegrenzten Ausdehnung auf alle jetzt noch den Ländern zustehenden Steuern, eröffnet, ist die Tendenz einer solchen Ausweitung klar ersichtlich. Wenn man z. B. schon darauf hingewiesen hat, daß die gegenwärtige Regelung bei den den Ländern zustehenden Realsteuern eine Änderung erfahren müsse und daß die im Jahre 1936 erfolgte reichsrechtliche Regelung kein nationalsozialistischer Willkürakt gewesen sei, da schon in den zwanziger Jahren das Reichsfinanzministerium an eine diesbezügliche Änderung gedacht habe, so kann dies nicht als Beweis für die Notwendigkeit einer solchen Regelung gewertet werden, sondern nur als Tatsache und Beweis dafür, daß man schon damals mehr und mehr dem Zentralismus gehuldigt hat und nun heute jede Gelegenheit wahrnehmen will, um ihn auch auf diesem Gebiete, das schließlich an den Lebensnerv der Länder greift, endgültig zu verwirklichen.
    Fallen gelassen ist sodann in dem neuen Gesetzentwurf die derzeit geltende Bestimmung, daß der Bund die Verwaltung der einmaligen Vermögensabgaben den Landesfinanzbehörden als Auftragsverwaltung übertragen kann. Wenn man dazu in Betracht zieht, daß die jetzt in Abs. 6 enthaltene Bestimmung über die allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die im neuen Entwurf als letzter Satz von Abs. 1 aufgenommen ist, nunmehr des Zusatzes „und zwar mit Zustimmung des Bundesrates, soweit die Verwaltung den Landesbehörden obliegt", entbehrt, so wird über die Konsequenzen kein Zweifel mehr herrschen können. Wieder einmal soll der Bundesrat, das föderalistische Organ des Bundes, der Bundesrat, der von Ihnen, Herr Dr. Höpker-Aschoff, bezeichnenderweise schon einmal als der „Erzstiefvater des Bundes" bezeichnet worden ist, ausgeschaltet werden. Wie will man das mit Art. 50 des Grundgesetzes in Einklang bringen, demzufolge die Länder durch den Bundesrat bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes mitwirken sollen?
    Interessant war es auch, aus dem Munde von Herrn Dr. Höpker-Aschoff die Apologie der Erzbergerschen Steuer- und Finanzpolitik zu hören, dann sein Eintreten für eine unumschränkte Finanzhoheit des Bundes, was j a nur die Befürchtungen bestätigt hat, die wir hier immer aussprechen.
    Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich Art. 85 Abs. 2 ansehen, durch den bestimmt wird, daß die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen kann, dann müßten Ihnen doch wohl eigentlich schwerwiegende Bedenken verfassungsrechtlicher Natur gegenüber der vorliegenden Neufassung von Art. 108 Abs. 1 des Grundgesetzes kommen; denn in Art. 85 ist doch wohl, der zweifelsfreien Intention des Gesetzgebers entsprechend, sinngemäß und logisch das Wörtlein „nur" zu ergänzen. Also: „Die Bundesregierung kann nur mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen." Will man Art. 108 ändern, dann müßte somit auch eine Verfassungsänderung bei Art. 85 erfolgen. Ohne diese Änderung, vor der man sich aber in dieser Verallgemeinerung doch wohl hüten wird, wäre die hier für Art. 108 vorgesehene Änderung verfassungswidrig.
    In § 1 Abs. 2 des Gesetzentwurfs konnte wohl mit Rücksicht auf Art. 105 Abs. 3 des Grundgesetzes auf die Zustimmung des Bundesrates nicht verzichtet werden. Dafür tritt nun aber an die Stelle der Länder ein Bundesgesetz, wodurch die Ermächtigung des Landesgesetzgebers zur Übertragung der Verwaltung der den Gemeinden zufließenden Steuern auf diese Gemeinden fallen gelassen werden soll.
    Meine Damen und Herren! Wenn wir alle diese jetzt kurz skizzierten und erläuterten Änderungen des vorliegenden Gesetzentwurfes kritisch betrachten und in ihren Konsequenzen überdenken, dann können wir von den Vorteilen, die Herr Dr. Höpker-Aschoff angeführt hat, wirklich nichts wahrnehmen. Und zu dem -von Ihnen gebrachten Zitat: „in omnibus caritas — in allem die Liebe", da ist nicht das sonst im Lateinischen übliche Wort „amor" gebraucht, sondern da ist von der „caritas" die Rede, die auch in unseren deutschen Sprachschatz übergegangen ist. Meine Damen und Herren, ich kann mir nicht helfen, ich weiß nicht, ob es um den amor, um die Liebe im Hause unserer deutschen Brüder wirklich so bestellt ist,

    (Zurufe von der SPD)

    wie wir es nach den Worten des Herrn Dr. HöpkerAschoff eigentlich annehmen sollten, oder ob wir nicht zu fürchten brauchten, daß wir eines Tages nur mehr die Kostgänger des Bundes als CaritasEmpfänger sein würden.

    (Abg. Mellies: Solche gefährlichen Fragen soll man lieber nicht aufwerfen, Herr Kollege! — Weitere Zurufe.)

    Vom föderalistischen Standpunkt aus müssen uns, wenn wir all das betrachten, wirklich schwerste Bedenken gegenüber der vorgeschlagenen Änderung kommen, und wir müssen uns mit aller Entschiedenheit dagegen wenden, daß immer und immer wieder versucht wird, auf dem Wege oder, sagen wir doch lieber gleich ehrlich: auf dem Umwege und durch die Hintertür eine Änderung des Grundgesetzes herbeizuführen, um den Zentralismus schrittweise, aber sicher zu verwirklichen. Kann man es verantworten, diese Versuche so lange fortzusetzen, bis vom föderalistischen Grundgedanken der Bundesverfassung schließlich nichts mehr übrig bleibt als der Name „Bund", der dann zur bloßen Farce wird?
    Unsere Befürchtungen sind nicht grundlos, meine Damen und Herren, denn wir haben diesbezüglich schon genug erlebt. Mit den Methoden zentralistischer Vergewaltigung der Länder sollte nun wirklich einmal ein Ende gemacht werden. Wir können wahrlich sagen: Genug des bösen Spiels, wenn wir beispielsweise an die Anträge anläßlich der Frage der Bundespolizei, der Bundesverwaltung des Kriegsopferwesens, neulich wieder des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen, an das sogenannte Blitzgesetz, -an das Gesetz über den Südweststaat usw. usw. denken. Uns geht es um mehr als den gerade heute wieder zur Debatte stehenden Antrag. Uns geht es um Fragen von. grundsätzlicher Bedeutung. Ich möchte wirklich eine Warnung dahingehend aussprechen, daß es als Untergrabung des Verfassungsgedankens überhaupt angesehen werden muß, wenn jede als opportun erscheinende Gelegenheit wahrgenommen wird, um die Verfassung zu ändern. Wir geben gern dem Bunde, was des Bundes ist. Aber, meine Damen und Herren, geben Sie oder lassen Sie auch den Ländern das, was sie in an und für sich nicht mehr so reichlichem Maße heute noch besitzen!