Rede von
Ernst
Mayer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vornehme Zurückhaltung der großen Parteien läßt mich überraschend früh zu Wort kommen. Ich werde mich mit diesem Vorzug abzufinden wissen.
Lassen Sie mich beginnen mit einem Zitat aus dem Bericht des Untersuchungsausschusses. Ich meine den Satz in einem 'darin zitierten Briefe des Herrn Kollegen Dr. Besold. Darin wird also der Herr Donhauser bedroht und von verschiedenen Erzählungen gesprochen, die kursierten und bei denen es nur darauf ankomme, „wie man sie auslegt". Mir scheint, daß dieser Satz und die aus ihm sprechende Einstellung sehr bezeichnend sind für das Aufkommen dieser Affäre, für ihre Weiterführung und auch für ihre parteipolitische Ausschlachtung. Nach diesem Satz hat Herr Baumgartner gehandelt, nach diesem Satz haben viele Publizisten gehandelt, und nach diesem Satz wurde heute auch hier bis zuletzt geredet:
Es kommt darauf an, wie man es auslegt! Von dieser Freiheit der Auslegung ist, glaube ich, sehr reichlich Gebrauch gemacht worden.
Nach dem zumindest vorläufigen Abschluß der Affäre, die eine Affäre nicht dieses Parlaments und nicht eine Affäre Bonn-Frankfurt, noch nicht einmal eine Affäre Bayernpartei ist, sondern ganz einfach eine Affäre Baumgartner,
lassen Sie mich im Namen meiner Freunde zunächst einmal Dank sagen den Mitgliedern des Ausschusses,
die in ungezählten Arbeitsstunden dieses sehr unangenehme Geschäft der Untersuchung durchgeführt haben. Lassen Sie mich auch Dank sagen dem Großteil der deutschen Presse, die nach dem ersten Schock über die „Neuigkeit" sehr schnell den Wahrheitsgehalt Baumgartnerscher Gedächtnisprotokolle und das gewichtige parteipolitische Bedürfnis, das hier mitspielte, zu würdigen wußte.
Im ganzen gesehen hat sich die deutsche Presse bei allen Entgleisungen um die Ehre und das Ansehen dieses Hauses besorgter erwiesen als eine ganze Anzahl einer Mitglieder.
Dazu gehört bis in die letzten Tage etwa dies: daß ein Mitglied des Hauses den Bericht des Ausschusses, noch ehe er in Drucklegung gegangen ist, gerade dem Publikationsorgan zur Verfügung stellte, dessen Verhalten im Ausschuß ja auch gerichtet worden ist.
Das zweite, was gesagt werden muß und was sehr deutlich gesagt werden muß: Worum handelt es sich denn bei der ganzen Geschichte? Hier ist von dem Führer einer Partei, dem zur Kräftigung und Festigung seiner Macht in der eigenen Partei und Fraktion und zur Ausschaltung seiner Gegner jedes Mittel recht war, mit dem Ansehen des Parlaments und mit unser aller Ehre in einer Weise Schindluder getrieben worden, die jedes Maß übersteigt.
Weil Herr Baumgartner sich in seiner Macht bedroht fühlte, wurde ein Mann diffamiert, der in der Partei für die Partei so ziemlich das unangenehmste Geschäft besorgte! Weil Herr Baumgartner sich in seiner Macht bedroht fühlte, wurde das ganze Parlament verdächtigt! Herr Baumgartner wußte ganz genau, daß die Hauptstadtentscheidung nicht erkauft worden war. Das geht aus dem Protokoll und aus der Stellungnahme der einzelnen, die vernommen worden sind, eindeutig hervor. Darum ist festzustellen: Die zuerst aufgestellte Behauptung, diese Stimmen für Bonn seien gekauft worden, stützte sich —Herrgott, worauf stützte sie sich denn? - auf die Aussage des sehr ehrenwerten Herrn Kollegen Schmidt und darauf, daß Herr Loritz im Lokal darauf angesprochen worden ist, was die Geschichte denn koste, wenn seine Partei für Bonn stimme. Herr Loritz möge es uns nicht übelnehmen. Er hat uns hier auch schon erzählt, ,daß man in Stadelheim einen Mordversuch an ihm verübt habe.
Ich habe den Mordversuch nicht geglaubt.
Meine Damen und Herren, ich will nicht mißverstanden sein. Ich räume ein, daß die Kollegen der Bayernpartei, die diesen Antrag hier eingebracht haben, ein ehrliches Bedürfnis nach Reinlichkeit hatten. Aber ich widerspreche der Meinung, daß das gleiche Bedürfnis den Herrn Parteivorsitzenden Baumgartner inspirierte.
Es ist schon ein komisches Reinlichkeitsbedürfnis, zunächst alle verfügbaren Wände mit Dreck zu besudeln und dann die zu beschimpfen, die sich bemühen, den Dreck mit der Zahnbürste wieder abzubürsten!
Es ist eine sehr scheinheilige Behauptung, man habe aus Reinlichkeitsbedürfnis eine Aktion in Gang gesetzt, die uns Tausende von Arbeitsstunden, Zehntausende von D-Mark Steuergeldern und ein Kapital an Vertrauen der Öffentlichkeit gekostet hat!
Welches wirkliche Bedürfnis maßgebend war, wurde im Bericht festgestellt. Es ist sehr schade, daß Herr Baumgartner die Stätte seines frühen Ruhms so schnell verlassen hat.
Ich hätte ihm sonst, auch auf die Gefahr eines Ordnungsrufes hin, hier sagen müssen, daß er sich politisch, parteipolitisch und menschlich seinen Fraktionskollegen gegenüber schweinemäßig benommen hat.