Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben zu Ziffer 8 des Umsatzsteuergesetzes einen Antrag vorgelegt, der in seinem Abs. 1 vorsieht, daß es statt der Worte „Der Bundesfinanzminister kann eine Belastung der mehrstufigen Betriebe herbeiführen" heißen soll: „Der Bundesminister der Finanzen hat Maßnahmen zum Ausgleich der verschiedenen Umsatzsteuerbelastung der einstufigen und der mehrstufigen Unternehmen zu treffen".
Durch die Abstimmung, die eben hier vorgenommen worden ist, ist die zusätzliche Belastung von mehrstufigen Unternehmen, die in der Form einer einzigen juristischen Person geführt werden, gefallen, was den Sektor des Einzelhandels anbetrifft. § 8 des Umsatzsteuergesetzes hat schon immer — früher dem Reichsfinanzminister bzw. jetzt dem Bundesfinanzminister — die Möglichkeit gegeben, mehrstufige Betriebe mit mehrfacher Umsatzsteuer zu belasten. Von dieser Möglichkeit ist nur bei den Spinnwebern Gebrauch gemacht worden, bei allen übrigen Betrieben dagegen nicht. Wenn beispielsweise ein Stahlwerk eine eigene Drahtzieherei hat und ihren Walzdraht an ihre eigene Drahtzieherei liefert, wenn sodann die Drahtzieherei die Drähte an ein eigenes Drahtverarbeitungswerk eine Drahtflechterei, liefert und es von dort dann an einen eigenen Großhändler weitergeht, so brauchen alle diese Umsätze nicht umsatzsteuerlich belastet zu werden. Vollziehen sich die gleichen Lieferungen aber durch Umsatz an vier selbständige Firmen, dann zahlen diese vier selbständigen Firmen viermal 4 % Umsatzsteuer; d. h. Sie können nicht sagen: 16 %, weil natürlich die Umsatzsteuerbelastung in der ersten Stufe wesentlich geringer ist als 4 % des Endwertes der gesamten Produktionskette. Aber bei einem vierfachen Umsatz ist eine zusätzliche Umsatzsteuervorbelastung der selbständigen Betriebe gegenüber den Konzernen von 11 % bereits gegeben. Diese Umsatzsteuervorbelastung hat nichts mit einer echten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu tun, sondern sie stellt nichts anderes dar als ein Geschenk des Staates an die Konzerne. Dieses Geschenk des Staates soll nach § 8 des Umsatzsteuergesetzes beseitigt werden. Bisher war dies eine Kann-Vorschrift, und die zahlreichen Finanzminister, die wir bisher gehabt haben, haben von dieser Vorschrift keinen Gebrauch gemacht.
— Ich sage doch nicht, daß der Herr Bundesfinanzminister Schäffer bisher keinen Gebrauch davon gemacht hat, sondern ich sage: alle seine Vorgänger im Amt haben von dieser Bestimmung nur Gebrauch gemacht
'
bezüglich der Spinnweber. Daraus kann man schließen, daß sie der Bundesfinanzverwaltung tatsächlich recht wenig sympathisch ist.
Nun hat der Bundesfinanzminister eben erklärt, er beabsichtige, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten oder entsprechende Verordnungen zu erlassen, aber, wenn ich ihn richtig verstanden habe, nur dann, wenn die Ware das Fabriktor verläßt und über den Handel abgesetzt wird. Das trifft also nicht den Fall, daß mehrere Verarbeitungsbetriebe hintereinandergeschaltet werden, wie ,es beispielsweise bei den Spinnwebern der Fall ist. Der Fall der Spinnweber würde nach der Auskunft, die der Bundesfinanzminister eben gegeben hat, gar nicht getroffen werden. Deshalb haben wir, um diese Frage einmal zu klären, die Formulierung vorgesehen: Der Bundesminister der Finanzen hat entsprechende Maßnahmen zu treffen. Das ist ein gesetzlicher Befehl. Ich bitte Sie daher, diesem Antrag zuzustimmen.
Wir haben ferner in den Absätzen 2, 3 und 4 unseres Antrages Einzelheiten dargelegt. In Abs. 2 haben wir vorgeschlagen, daß die einzelnen innerbetrieblichen Produktionsstufen von der Grundstofferzeugung bis zur Fertigwarenindustrie der Umsatzsteuer unterliegen sollen, soweit ein- und mehrstufige Betriebe in Wettbewerb stehen.
Endlich Abs. 3:
Unternehmungen, die im eigenen Unternehmen
erzeugte Waren an Einzelhandeisverkaufsstellen
oder an nichtgewerbliche Letztverbraucher abgeben, haben die für die Umsätze in Betracht
kommenden Steuersätze gemäß § 7 Umsatzsteuergesetz zu zahlen. Das Nähere regelt der
Bundesfinanzminister durch Rechtsverordnung. Wenn wir diesen Antrag annehmen, dann haben wir erreicht, daß durch die Steuer eine wirtschaftliche Gleichbehandlung wirtschaftlich gleicher Vorgänge herbeigeführt wird. Jetzt werden wirtschaftlich gleiche Vorgänge durch die Steuer ungleichartig belastet, und die Konzerne erhalten hier durch die Steuer eine außerordentliche Begünstigung. Die Steuer ist nicht dafür da, die Wettbewerbsbedingungen zu verschieben, sondern sie muß gleiche Startbedingungen für alle am Wirtschaftsleben Teilnehmenden schaffen. Das ist letzten Endes das Ziel unseres Antrages.
Ich bitte, unserm Antrag zuzustimmen.
— Ich weiß nicht, ob. Sie das, wenn ich es kürzer gesagt hätte, verstanden hätten.