Rede von
Dr.
Kurt
Schmücker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Bertram hat einen Antrag hier begründet, der sich im wesentlichen mit dem im Umdruck Nr. 210 deckt. In dieser seiner Begründung hat er allerdings zum Teil andere Motive als die angegeben, die uns bewogen haben, unseren Albänderungsantrag zu stellen.
Schon im vergangenen Jahr haben wir die sogenannte Warenhaussteuer diskutiert; es kann daher im wesentlichen auf die damaligen Ausführungen zurückgegriffen werden. Aber in knappen Sätzen möchte ich doch noch einmal ganz kurz das Wichtigste herausstellen.
Daß die Umsatzsteuer roh ist, wissen wir. Wir möchten sie zu allen schlechten Prädikaten, die sie hier schon erhalten hat, auch noch als mittelstandsfeindlich bezeichnen. Denn die Behauptung über die Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer ist doch eine Theorie, die mit der Praxis nicht in Einklang zu bringen ist.
Nehmen wir einmal einen Umsatz von 50 000 DM und einen Verdienst von 4000 DM. Ja, meine Damen und Herren, wenn einer 4000 DM verdient und muß jetzt 2000 DM Umsatzsteuer bezahlen, dann ist er doch ganz anders belastet als einer, der, sagen wir einmal, einen Gewinn von 100 000 DM hat und dafür eine noch so hohe Umsatzsteuer zahlen muß. Darüber hinaus kommt ja noch die Warenkalkulation hinzu. Ein Mann mit einem riesengroßen Warenlager kann ganz anders kalkulieren als jener kleine Kaufmann auf dem Lande, der mit jeder Ware, die liegenbleibt, die Umsatzsteuer auch noch persönlich trägt. Ich möchte also sagen, daß für die unteren Einkommensstufen im Einzelhandel die Umsatzsteuer, zum großen Teil zumindest, eine persönliche Last ist.
Trotzdem müssen wir die Umsatzsteuer hinnehmen, das wissen wir. Aber wir möchten doch bei aller Roheit oder Grobheit dieses Systems doch der Gerechtigkeit möglichst nahekommen. Das kann nur heißen, daß wir vom Erzeuger bis zum Verbraucher eine möglichst gleiche Besteuerung haben. Hierin unterscheide ich mich wohl vom Herrn Kollegen Bertram; denn ich bin der Auffassung, daß trotz aller Statistiken und Veröffentlichungen die Warenhäuser und, sagen wir, die Umsatzmillionäre, einen kürzeren Weg als die Einzelhändler haben. Den Warenhäusern sind durch den größeren Einkauf ganz andere Möglichkeiten gegeben; sie zahlen praktisch weniger Umsatzsteuer als der Einzelhändler, der nur einen kleinen Laden hat. So dürfen wir mit Fug und Recht behaupten, daß der Fortfall dieser sogenannten Warenhaussteuer eine Begünstigung für die Umsatzmillionäre sein würde.
Meine Damen und Herren, ich sagte vorhin schon, daß wir eine möglichst gleiche Besteuerung vom Erzeuger bis zum Verbraucher 'haben möchten. Deshalb müssen wir auch zu dem § 8 ein paar Worte sagen. Wir sind sehr damit einverstanden, daß eine Phasenbesteuerung oder so etwas Ähnliches kommt; eine Produktionsbesteuerung, wenn sie in vernünftigem Rahmen bleibt. Aber diese Möglichkeiten sind ja noch nicht ausgeschöpft. Solange diese Besteuerungsarten nicht da sind, muß man uns schon zugute halten, daß wir die alten Vorschriften gern in Kraft behalten möchten. Wenn die Möglichkeiten des § 8 ausgeschöpft werden, dann sind wir gern bereit, auf unseren Antrag zu verzichten. Jetzt müssen wir erreichen, daß eine möglichst gerechte Lösung gefunden wird. Die liegt eben darin, daß man die bei den großen Betrieben nicht erfolgte Umsatzbesteuerung dadurch aufholt, daß man die Umsatzsteuer für sie erhöht. Aus diesem Grunde, weil wir ganz genau wissen, daß nicht alle Waren eine Stufe übersprungen haben, sind wir auf eine Erhöhung von nur 3/4 % gekommen. Ebenso wie auch der Herr Kollege Bertram haben wir die sogenannten sozial kalkulierten Lebensmittel aus dem Antrag herausgelassen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, daß diese Argumente und die Ausführungen des Kollegen Bertram Sie doch veranlassen sollten, bei der bisherigen Art der Regelung zu bleiben. Wenn das Gesagte nicht genügt, dann möchte ich hinzufügen, daß es doch ein recht merkwürdiges Bild gibt, wenn Sie den Großunternehmern eine Steuererleichterung gewähren zu einer Zeit, da wir Geld suchen; jenen Großunternehmern, die Straßen aufkaufen, die immer neue Häuser bauen, während sich draußen auf dem Lande der kleine Unternehmer abmüht, sein Geschäft hochzuhalten. Er kann es nur, weil die ganze Familie mithilft und weil er seine Freizeit noch auf dem Acker verbringt.
Meine Damen und Herren! Es ist selten, daß der Mittelstand von diesem Hause etwas geschenkt bekommt — „geschenkt" ist vielleicht zuviel gesagt —, aber es ist doch einmal notwendig, daß wir unsere Sorge, unsere Fürsorge für 'diesen Stand hier kundtun. Das können wir am besten, indem wir diesen Antrag annehmen.
Ein Wort noch zu der Verlautbarung des Einzelhandelsverbandes. Es ist mir bekannt, daß von diesem Verband ein anderer Standpunkt als von uns vertreten wird. Ich kann aber mit Fug und Recht behaupten und auf Grund von Erfahrungen versichern, daß draußen auf dem Lande die Einzelhändler in ihrer Mehrheit anders denken, als der Verband es bekanntgegeben hat.
Ich bitte Sie nochmals, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.