Rede von
Willi
Lausen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche zum Abänderungsantrag der SPD Umdruck 209 und bitte die verehrten Kolleginnen und Kollegen, um diesen Antrag im Zusammenhang übersehen zu können, auf Seite 3 der Zusammenstellung der Beschlüsse des Ausschusses zum Gesetzentwurf nachzulesen. Die sozialdemokratische Fraktion wünscht in ihrem Antrag, daß hinter „12 c" vor den Worten „die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände" eingefügt wird:
die Umsätze aus der Tätigkeit der Krankenhäuser, Heil- und sonstigen pflegerischen Anstalten öffentlich-rechtlicher Körperschaften sowie,
und dann wird fortgefahren, wie es die Vorlage vorsieht: „die Leistungen der amtlich anerkannten . . .".
Zur Begründung dieses Antrags möchte ich bemerken, daß, wie der Herr Berichterstatter bereits mitgeteilt hat, die Frage der Einbeziehung der kommunalen Krankenhäuser usw. bereits Gegenstand der Diskussion im Ausschuß gewesen ist. Wir haben aber den Eindruck gewonnen, daß die Beratungen des Ausschusses in diesem Punkte nicht ganz konsequent zu Ende geführt wurden, obgleich eine echte Abstimmung stattgefunden hat. Wir sind der Meinung, daß, nachdem das Hohe Haus im Vorjahr bereits einen Antrag angenommen hatte, wonach gemeinnützige Verbände als von der Umsatzsteuer befreit anerkannt sein sollen, logischerweise nunmehr auch die kommunalen Einrichtungen in diese Umsatzsteuerbefreiung einbezogen werden müßten.
Wir meinen, es entspricht zunächst einmal dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Wir meinen weiter aber auch — und ich appelliere hier insbesondere an die Kolleginnen und Kollegen, die aktiv in der Kommunalpolitik tätig sind —, daß es in der Tat eine Reihe von sachlichen Gründen geraten erscheinen läßt, die kommunalen Krankenanstalten einzubeziehen. Ich darf feststellen, daß die kommunalen Krankenanstalten pro Kopf und Tag durchschnittlich mindestens 2 DM Zuschuß zahlen müssen, um ihre Kranken ordnungsmäßig zu verpflegen und unterzubringen. Dieser Satz ist in verschiedenen Städten bei weitem überschritten. Ich kann von Stuttgart sagen, daß der Betrag sich dort auf durchschnittlich 4 DM beläuft. Es ist ferner zu berücksichtigen, daß die Pflegesätze in aller Regel durch die Wirtschaftsministerien der Lander preisgebunden sind, also auch nicht erhöht werden können.
Ich darf weiterhin darauf aufmerksam machen, daß eine Abwälzung der Umsatzsteuer, die im übrigen ihrem besonderen Wesen entspricht, in diesem Fall nicht möglich ist.
Die kommunalen Einrichtungen befinden sich gegenüber den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege in aller Regel außerdem noch in einem Nachteil. Sie sind es, die in erster Linie die ausgesprochen wirtschaftlich schwächsten Kranken aufnehmen müssen. Sie haben in der Regel kaum mehr als 10 % ihrer Bettenzahl für Kranke zur Verfügung, die selbst zahlen bzw. Kranke der 2. Klasse sind. In einer Stadt wie Stuttgart z. B. habe ich festgestellt, daß die privaten Anstalten und die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in aller Regel 40 bis 60 % ihrer Bettenzahl entweder für höhere Verpflegungsklassen oder für Selbstzahler der 3. Klasse zur Verfügung stellen, so daß bei ihnen ein wesentlich besserer Risikoausgleich erfolgen kann als bei den kommunalen Einrichtungen.
Es ist darüber hinaus zu berücksichtigen, daß die gemeinnützigen Krankenanstalten in aller Regel ein wesentlich größeres Einzugsgebiet für ihre Kranken haben und auch dadurch in der Lage sind, einen besseren Risikoausgleich vorzunehmen.
Ich glaube, ich muß auch noch darauf hinweisen, daß die kommunalen Anstalten zusätzlich eine Reihe von Einrichtungen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben führen müssen, was bei den Einrichtungen der Verbände der Wohlfahrtspflege in der Regel nicht der Fall sein wird. Ich erinnere daran, daß die kommunalen Krankenhäuser im allgemeinen Unfallstationen, Bereitschaftsdienste für Notfälle, Infektions- und Tuberkuloseabteilungen, eine pathologische Abteilung, Zentrallaboratorien usw. usw. führen. Schließlich darf ich noch darauf hinweisen, daß bei den kommunalen Verbänden und Einrichtungen in der Regel auch ein größerer Personalaufwand notwendig ist, weil sie ihren Chefärzten kaum das Gehalt reduzieren können, um sie auf die Patienten zu verweisen, die sich im Hause aufhalten, während das bei den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege immerhin eher der Fall sein kann. Wir haben nicht die Absicht, hier eine Kontrastierung herbeizuführen.
Wir sind — das haben wir durch unsere Abstimmung im vorigen Jahr bewiesen — grundsätzlich mit dem Antrag einverstanden, die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege auszunehmen. Wir sind aber auch der Meinung, daß man, wenn man hier schon einmal diese Durchbrechung vorgenommen hat, dann aus Gründen der Steuergerechtigkeit auch die Krankenanstalten der Kommunen einschließen sollte.
Ich bitte deshalb, dem Antrag unserer Fraktion zuzustimmen.