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ID0114518100

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    Deutscher Bundestag - 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag; den 31. Mai 1951 5709 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 5710A, 5744C Zur Tagesordnung 5710A, 5747C Freudenberg (FDP) 5747C Mellies (SPD) 5747C Schröter (CDU) 5747D Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt- und KSt-Änderungsgesetz 1951 (Nrn. 1982, 2212, zu 2212 der Drucksachen); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nrn. 186, 191, 192, 193, 195, 196, 197, 199, 200) 5710B Zur Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 5710B Schröter (CDU) 5710C Zur Sache: Dr. Koch (SPD) . . . 5710D, 5729D, 5733A, 5734B, 5737D, 5744C Dr. Ringelmann, Staatssekretär im Bayerischen Finanzministerium . . 5713B 5718C Müller (Frankfurt) (KPD) 5715C, 5720A, 5736C Dr. Wellhausen (FDP) 5717A Dr. Bertram (Z) . . . 5719B, 5727D, 5732B Neuburger (CDU) 5720C, 5731D, 5737B, 5742A Kurlbaum (SPD) 5720D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5721C, 5725B, 5731A, 5733C, 5739D Frau Wessel (Z) 5722D Dr. Greve (SPD) 5723C Frau Lockmann (SPD) . . . 5724A, 5737A Farke (DP) 5726B Frau Dr. Weber (Essen) ,(CDU) . . 5726D Loritz .(WAV) 5727C Pelster (CDU) 5729A Horn (CDU) 5729C Dr. Dr. Höpker-Aschoff '(FDP). . 5732D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 5738B Lausen (SPD) 5740C Ewers (DP) 5743A Dr. Bucerius (CDU) 5746A Zur Abstimmung: Dr. Koch (SPD) 5746B Müller (Frankfurt) (KPD) 5747A Abstimmungen: . 5719A, 5722B, 5733C, 5737C, 5738A, 5740A, 5744D, 5747B Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (Nr. 2061 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (il. Ausschuß) (Nrn. 2213, 2286 der Drucksachen) 5747C, 5748A Freudenberg (FDP) (zur Geschäftsordnung) 5747C Dr. Povel (CDU), Berichterstatter . 5748A Mertins (SPD) 5748C Abstimmung 5749D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2245 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 108 Absätze 1, 2 und 4 des Grundgesetzes (Nr. 2268 der Drucksachen) 5747C, 5750A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5750B, 5754D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5752B Lausen (SPD) 5753A Renner (KPD) 5756B Ausschußüberweisung 5758A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das -Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan IV - Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts - (Nr. 1904 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr.172) in Verbindung mit Einzelplan IV b - Haushalt für Angelegenheiten des Europarats und verwandter Gebiete - (Nr. 1927 der Drucksachen) 5758A, C, 5764A Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5758B Mellies (SPD): zur Geschäftsordnung . . 5758B, 5765A zur Sache 5768C Dr. Blank (Oberhausen) (CDU), Berichterstatter 5758C, 5764A Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 5764C zur Sache 5772C Dr. von Campe (DP) 5765B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 5771D, 5778C, 5800D Dr. Luetkens (SPD) . . . . 5773D, 5801D. Fisch (KPD) 5782C Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) (zur Geschäftsordnung) . . 5785A, 5788D Dr. Bertram (Z) (zur Geschäftsordnung) 5785A, 5789A Loritz (WAV): zur Geschäftsordnung 5785A zur Sache 5785B, Dr. von Brentano (CDU) (zur Geschäftsordnung) 5789A Dr. Reismann (Z) 5789C Fürst zu Oettingen Wallerstein (BP) 5793C Dr. Vogel (CDU) 5794Ç Ollenhauer (SPD) 5797B von Thadden (DRP) 5802A Abstimmungen 5802C Nächste Sitzung 5803B, D Die Sitzung wird um 13 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Fürst zu Eugen Oettingen-Wallerstein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter den Haushaltsplänen, die jetzt zur Debatte stehen, erregt das nunmehrige Auswärtige Amt das allergrößte Interesse, ein Amt, das wir nunmehr aufbauen können, nachdem der dornenvolle Weg zur deutschen Souveränität uns dazu in die Lage versetzt hat, ein Amt, das ich mir genau so gut unter der Bezeichnung „Ministerium der auswärtigen Angelegenheitere" vorstellen könnte. Bei aller Achtung vor Tradition würde dieser Ausdruck vielleicht noch besser .der Tatsache des neuen Staatsaufbaues entsprechen.
    Was den Etat des Auswärtigen Amtes anbelangt, so kann ich natürlich nicht wie mein Vorredner in solche Details einsteigen und soviel aus der Personalpolitik, die ja eigentlich erst im Anlaufen ist, zum besten geben. Meine Freunde und ich sind der Ansicht, daß das Auswärtige Amt nunmehr raschestens aufgebaut werden muß, selbstverständlich ohne übertriebenen Personalaufwand. Wir halten es auch für zweckmäßig und notwendig, daß der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes ständig am Sitz der Bundesregierung weilt und nicht zu stark durch Verhandlungen im Ausland in Anspruch genommen ist. Wir haben zur Kenntnis genommen, daß in diesem Auswärtigen Amt zwei politische Abteilungen geschaffen werden sollen, eine Angelegenheit, die dann wohl gutgehen kann, wenn sie, wie hier heute auch schon angeregt wurde, unter der Leitung eines politischen Unterstaatssekretärs steht. Diese Anregung wurde bereits von meinen Fraktionsfreunden im Ausschuß gegeben.
    Wir sind auch der Ansicht, daß für das Auswärtige Amt entsprechend den besonderen Verhältnissen des auswärtigen Dienstes eine gesonderte Besoldungsordnung bestehen müßte, wie sie früher bestanden hat und wie sie meines Wissens auch in anderen Staaten besteht. Wir sind der Ansicht, daß die wichtigen diplomatischen Posten nunmehr baldigst besetzt werden müssen, und zwar mit Persönlichkeiten, die ohne Rücksicht auf ihre Parteizugehörigkeit nur nach ihrer Eignung ausgewählt werden. Sprachkenntnisse, Weltgewandtheit, Erfahrungen in wirtschaftlichen und sozialpolitischen


    (Fürst zu Oettingen-Wallerstein)

    Fragen und Angelegenheiten müssen dabei den Ausschlag geben.

    (Zurufe von der SPD.)

    Auf keinen Fall können Persönlichkeiten für den Auswärtigen Dienst in Frage kommen, die den Nationalsozialismus gestützt haben oder die sonst aktive Nazis waren.

    (Abg. Renner: Dann müssen Sie 90% abbauen!)

    Meine Freunde von der Bayernpartei werden dem Etat des Bundeskanzleramts und des Auswärtigen Amtes zustimmen,

    (Abg. Renner: Trotz der Nazis!)

    und zwar aus der Erkenntnis, daß wir dank der Politik des Herrn Bundeskanzlers Fortschritte auf dem Wege zur Erringung der deutschen Souveränität und zur Schaffung unserer Existenzgrundlagen gemacht haben. Wir sehen einen Fortschritt in dem Beitritt Deutschlands und der deutschen Regierung zum Europarat als gleichberechtigtes Mitglied und in der Aufnahme der deutschen Regierung in den Ministerausschuß des Europarates. Wir sind uns darüber klar, daß der Weg, der über den Europarat zum -vereinigten Europa führt, ein dornenvoller sein wird, daß er nicht frei von Rückschlägen sein wird und sein kann. Wir sind aber überzeugt, daß das der einzig richtige Weg ist, und wir hoffen in diesem Sinne, daß nunmehr keine europäische Entscheidung ohne Deutschland getroffen werden kann.
    Wir sehen einen Schritt auf dem Wege zur europäischen Einigung und Verständigung auch im Abschluß des Schumanplans, wenn auch sorgenvolle Gedanken diesen Plan begleiten mögen. Dieser Plan und seine Durchführung werden aber unserer Überzeugung nach erst dann für uns von Nutzen sein, wenn, wie es in der Präambel heißt, did Vertragschließenden ehrlich entschlossen sind, an die Stelle der jahrhundertealten Rivalität einen Zusammenschluß ihrer wesentlichen Interessen 'zu setzen und den Grundstein für eine weitere und vertiefte Gemeinschaft unter den Völkern zu legen. Die Durchführung des Schumanplans wird den Grundsatz unter Beweis stellen, und wir müssen erwarten, daß auf dem Wege der Durchführung des Schumanplans, die ja natürlich auch nicht von heute auf morgen abrollen wird, die Ruhrbehörde baldigst ihre Tätigkeit einstellt und daß die Zeit der Demontage, der Entflechtungspolitik sowie der Produktionsverbote endgültig hinter uns liegt.

    (Abg. Loritz: Sie Optimist!)

    Wir verkennen in keiner Weise und haben es immer begrüßt, daß der Herr Bundeskanzler mit aller Deutlichkeit alle Drohungen und alle Ansinnen, die vom Osten kamen, entschieden abgelehnt hat und daß er stets die Zugehörigkeit Deutschlands zum christlichen Abendland betont hat.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wir begrüßen es, daß hinsichtlich der Besatzungskosten und des Besatzungsstatutes, d. h. bezüglich der Umwandlung des Besatzungsstatutes in einen vertragsrechtlichen Zustand zwischen gleichberechtigen Partnern Besprechungen, angebahnt sind, und wir hoffen, daß diese Verhandlungen energisch vorwärtsgetrieben. werden. Auch im Austausch von Ministerbesuchen, insbesondere im Besuch des englischen Außenministers, sehen wir ein sehr begrüßenswertes Zeichen, ganz besonders, da ja von seiten Englands der europäische Gedanke nur zögernd aufgenommen wurde.
    Wenn wir somit dem Herrn Bundeskanzler auf diesem Wege folgen, so erwarten wir ebenso,-daß unsere Erwartungen von seiten der Besatzungsmächte nicht allzu sehr enttäuscht werden,

    (Abg. Loritz: Und ob!)

    und daß das deutsche Volk in allen Lebensfragen, wie der Durchführung des Schumanplanes, den Besatzungskosten und auch den Flüchtlingsfragen, nicht zu sehr enttäuscht wird. Denn tritt eine tiefgehende Enttäuschung ein, dann darf man sich nicht wundern, wenn radikale Strömungen hochkommen
    — mag man sie rechts- oder linksradikal nennen — und Oberwasser bekommen, und wenn sich dann eine Entwicklung anbahnt, die gerade das Gegenteil von dem ist, was wir Anhänger einer europäischen Verständigung anstreben.

    (Lebhafter Beifall bei der BP und bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der KPD: Brauchen Sie noch etwas weiße Salbe?)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einige Bemerkungen zu dem Etat als solchem machen, wobei ich wirklich außerordentlich bedaure, daß mein sehr verehrter Vorredner, Herr Dr. Reismann, sich nicht die Mühe genommen hat, an den Etatsberatungen im Haushaltsausschuß selber teilzunehmen. Er würde dann vielleicht in manchen Dingen zu einem anderen Urteil gelangt sein, vor allem was seine Zahlennennungen anlangt, die er am Schluß über die Besetzung der deutschen Auslandsposten im Vergleich zu früheren Jahren gemacht hat. Insgesamt gesehen haben wir uns eine sehr große Mühe gegeben, gerade diesen Punkt sehr aufmerksam a durchzusehen und dafür zu sorgen, daß keine übermäßigen Planstellen bei, den Auslandsvertretungen 'angesetzt werden. Ich glaube, daß in dieser Beziehung die Regierungskoalition und Opposition sich durchaus einig waren und auch erfolgreich dafür gesorgt haben, daß eine solche Überziehung des Etats nicht stattfand.

    (Abg. Schoettle: Endlich geben Sie der Sozialdemokratie auch eine positive Note!)

    — Herr Schoettle, wir haben doch so vernünftig miteinander zusammengearbeitet.

    (Abg. Schoettle: Sagen Sie das Ihrem Kanzler, dann hält er eine andere Rede!)

    — herr Schoettle, aber wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus; das wissen Sie doch ganz genau. Man darf nicht immer zuerst schießen und man soll dann nicht erwarten, daß die anderen nicht zurückschießen werden. Es ist unchristlich, so etwas zu verlangen.

    (Lachen und Zurufe bei der SPD. — Unruhe.)

    — Unterbrechen Sie mich doch bitte jetzt nicht. Lassen Sie mich bitte zu Ende reden. Ich habe Ihnen doch nichts getan.
    Wir wollen uns zunächst noch mit dem Etat selbst auseinandersetzen, ehe ich noch auf andere Dinge zu sprechen komme. Herr Schoettle, wir waren uns im Ausschuß lange darüber im Zweifel, welche Methode bei dem Aufbau des Auswärtigen Amtes die bessere ist; ob wir uns darauf konzentrieren sollten, den alten Aufbau des Amtes von 1933 mit den sechs Abteilungen wiederherzustellen, oder ob wir in Anbetracht des unbestreitbaren Bedürfnisses der Bundesregierung eine Art von „brain trust", eine Art von Mannschaft schaffen sollten, die dem


    (Dr. Vogel)

    ungeheuren Ansturm an Versammlungen, an Konferenzen, an internationalen Tagungen gewachsen ist. Es ist notwendig, hier festzustellen, daß in den ersten Monaten dem Bundeskanzler bei weitem nicht die Männer zur Verfügung gestanden haben, die notwendig gewesen wären, um bei allen internationalen Konferenzen und Besprechungen den Bund gültig und ausreichend zu vertreten. Es wird unser Anliegen sein — wir glauben, die Frage im Haushaltsausschuß einigermaßen zufriedenstellend gelöst zu haben —, gerade jetzt dem Außenminister eine hinreichend große Zahl von Planstellen zur Verfügung zu stellen, die ihn befähigen, auf den internationalen Konferenzen der nächsten Zeit und bei den europäischen Besprechungen richtig und ausreichend vertreten zu sein. Ich glaube, daß das ein Fortschritt sein wird.
    Meine Freunde und ich haben uns dagegen nicht dazu bequemen können, dem Vorschlag, die Abteilungen II und III unter einen Unterstaatssekretär zu stellen, zuzustimmen, und zwar aus folgendem Grund. Bei der heutigen Überfülle von Konferenzen aller Art muß der Unterstaatssekretär auch zeitweilig abwesend sein. Es ist heute schon so, daß jede der beiden Abteilungen ein solches Übermaß an Arbeit mit sich bringt, daß die direkte Unterstellung unter den Staatssekretär nur dazu geführt hätte, daß die beiden Abteilungen sich vollständig selbständig machen und der Staatssekretär die Kontrolle über sie verliert. Vergessen Sie doch nicht: wir haben es hier mit einem Ministerium zu tun, das zahlenmäßig das weitaus größte aller Ministerien ist und das mit den auswärtigen Vertretungen ungefähr so stark sein wird, wie drei der nächststarken Ministerien zusammengenommen. Schon die bloße Beherrschung des Verwaltungsapparates eines solch großen Ministeriums erfordert einen ungeheuren Aufwand auch an höheren Beamten. Wir haben uns erst nach sehr gründlichen Überlegungen dazu entschließen können, dem Apparat des Auswärtigen Amtes die notwendigen B 4-Stellen zu bewilligen. Infolgedessen halte ich den Antrag der Opposition, eine von den B 4-Stellen, eine Ministerialdirektorstelle, zu streichen, für unzweckmäßig und sachlich nicht ausreichend begründet.
    Nun möchte ich noch zu allen anderen Punkten, die wir im Haushaltsausschuß behandelt haben und die alle angehen, ausführlich Stellung nehmen. Wir haben von seiten der Bundesregierung gehört, daß sie sehr erhebliche Anstrengungen gemacht hat, um ausländischen Missionen in unserem Lande zu einer würdigen und zweckentsprechenden Unterkunft zu verhelfen. Leider haben wir zu unserem Bedauern nicht gehört, daß auch im Auslande entsprechende Anstrengungen zur Unterbringung unserer Leute gemacht worden sind.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ich glaube, wenn wir heute als gleichberechtigte Nation ein solches Entgegenkommen von den anderen erwarten, die bei uns hier in Bonn erscheinen und mit Freude und Freundschaft von uns aufgenommen werden, ist das kein unbilliges Verlangen, und wir hätten gerade in Anbetracht der ungeheuren Wohnungsnot, wie sie in fast allen ausländischen Hauptstädten heute herrscht, durchaus einen Anspruch darauf, nicht nur unsere Gebäude wieder zurückzuerhalten, sondern darüber hinaus auch diejenige Hilfe bei der Unterbringung unseres Personals zu erhalten, die das Gebot der Gastfreundschaft auch den anderen Nationen auferlegen sollte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In diesem Zusammenhang möchte ich noch einen anderen Appell an das Ausland richten. Wir sind, obwohl wir ein Auswärtiges Amt bereits wieder haben, noch nicht im Besitz der wichtigsten Archive und Akten des früheren Auswärtigen Amtes. Wir haben wohl die sehr kostbare Bibliothek des Auswärtigen Amtes in Stärke von ungefähr 60 000 Bänden zurückerhalten, aber wir haben noch nicht die Personalakten zurückbekommen, obwohl ein technisch so ausgezeichnet funktionierendes Amt wie das Foreign Office sich die Fotokopien längst angeschafft haben wird, deren es zu bedürfen glaubt. Ich glaube, daß heute kein Hindernis mehr bestehen sollte, uns diese Archive und Akten zurückzugeben, damit der Geist der Freundschaft und Zusammenarbeit auch an solcher Geste deutlich sichtbar wird.
    Noch ein anderer Punkt. Wir haben längst nicht das Maß an voller Souveränität in der Ausübung unserer Paßrechte, wie wir es alle wünschen würden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir haben von seiten der Regierungsparteien und einer Reihe anderer Parteien, die sich angeschlossen haben, einen Antrag eingebracht — leider hat sich die Opposition diesem Antrag nicht angeschlossen—, mit dem wir die Bundesregierung ausdrücklich gebeten haben, auf eine Revision der sogenannten schwarzen Listen zu drängen. Ich halte die Existenz dieser schwarzen Listen in der jetzigen Form für unerträglich für uns. Ich halte es für unerträglich, daß ohne eine Nachprüfung durch unsere eigenen Behörden ungefähr 15 000 Menschen

    (Zuruf von der SPD: 30 000!)

    — nein, es sind 15 000 —, unter denen sicher manche sein werden, in deren Ablehnung wir uns alle einig sind, kein deutsches Visum erhalten dürfen. Es werden viele Tausende darunter sein, für die eine Paßverweigerung in jedem Fall nicht nur eine unbillige Härte, sondern eine große Ungerechtigkeit bedeutet.

    (Abgeordneter Dr. Schmid [Tübingen] : Die schwarzen Listen fallen doch mit dem Aufheben der Kriegsgesetzgebung weg!)

    — Nein, ich glaube nicht, Herr Professor, daß sie damit wegfallen. Nach meinen Informationen sind sie leider noch in vollem Schwang.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang etwas anderes erwähnen, was vielleicht wenige Menschen wissen. War es notwendig, uns solange die Ausübung unseres Paßrechts vorzuenthalten? War es z. B. in der Schweiz notwendig, mit den sehr großen einkommenden Mitteln dem dortigen Leiter der auswärtigen Stelle, die über die Einreise nach Deutschland verfügt hat und an Stelle der deutschen Bundesrepublik Paßgebühren erhoben hat, ein Jahresgehalt von 230 000 Schweizer Franken auf unsere Kosten auszusetzen? Wir sehen hierin einen Mißbrauch der Mittel, die zugunsten der deutschen Bundesrepublik eingekommen sind. Wir haben leider von diesen Mitteln, die in sehr großem Umfang im Ausland für die Erteilung von Pässen in die Bundesrepublik in unserem Auftrag eingenommen worden sind — es handelt sich hier um viele, viele Millionen —, in unserem Haushalt nur einen Betrag vón 1,17 Millionen DM wiedergefunden. Ich glaube, ich spreche im Namen der überwältigenden Mehrheit dieses Hauses, wenn ich die Forderung erhebe, daß die vielen, vielen anderen Millionen auch noch an uns zurückgegeben werden. Denn sie stehen uns rechtmäßig zu. Wir dürfen mit guten juristischen Gründen eine Rückerstattung dieser Beträge erwarten.


    (Dr. Vogel)

    Lassen Sie mich noch einiges zu den mir unverständlichen Beanstandungen hinsichtlich der etatsmäßigen Eingliederung des Rechtsberaters Professor Kaufmann sagen. Wir haben uns sehr darüber gewundert, daß einer so verdienten Persönlichkeit und einem so ausgezeichneten Kenner des internationalen Rechts — ich möchte beinahe sagen, es ist der letzte, der uns noch geblieben ist — bei der Abstimmung im Haushaltsausschuß von seiten der Opposition derartig viele Schwierigkeiten bereitet worden sind. Selbst wenn man rein etatsrechtliche Bedenken haben" könnte, so sind wir uns, glaube ich, alle darin einig, daß wir dem Bundeskanzler in dem ungeheuer schwierigen rechtlichen Kampf um die Wiederherstellung der deutschen Selbstbestimmung jede nur mögliche Hilfe zuteil werden lassen sollten. Das sollte ein Anliegen sein, das Regierungskoalition und Opposition miteinander vereinigt.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben im Etat zu unserem Erstaunen die Stelle eines Oberregierungsrats vorgefunden, der die Pressebetreuung des Auswärtigen Amtes wahrnehmen sollte. Ich habe in den Etatsberatungen darauf hingewiesen, daß wir die reichliche Ausstattung der Auswärtigen Abteilung des Bundespresse- und Informationsamtes nur unter dem Gesichtspunkt bewilligt haben, daß eine rechtzeitige Verständigung zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundespresse- und Informationsamt über eine gemeinsame Zusammenarbeit stattfinden sollte. Wogegen wir uns mit aller Schärfe' wenden sollten, wäre der Neuaufbau einer neuen zweiten Presseabteilung neben der Bundespresse- und Informationsabteilung im Auswärtigen Amt. Die Bundespresse- und Informationsabteilung ist mit Personal reichlich genug ausgestattet, um diese Funktionen ausüben zu können. Wir wünschen hier keine neue Parallelität. Ich glaube, es liegt durchaus innerhalb der Organisationsgewalt der Bundesregierung, eine solche Regelung beizeiten und in voll ausreichendem Maße herbeizuführen.
    Ich möchte jetzt noch einiges zu dem sagen, was heute innerhalb der — ich glaube doch, zum ersten Mal wirklichen — Debatte in diesem Hause über auswärtige Dinge gesagt worden ist. Ich finde, daß eine solche Debatte überaus belebend wirkt. Ich glaube, wir hatten alle 'den Eindruck, daß trotz der späten Stunde die bewunderungswürdige Frische unseres Herrn Bundeskanzlers und Außenministers für unsere junge Demokratie einen Beitrag geliefert hat, der wahrscheinlich auch der Opposition einige Achtung abnötigen wird. Lassen Sie mich zunächst zu einer Forderung Stellung nehmen, die völlig unbegreiflicherweise von Ihrer Seite aus (zur SPD) hier erhoben worden ist. Es ist von Ihrer Seite der Ruf ertönt: „Wir wollen keinen spanischen Botschafter bei uns sehen." Gestatten Sie, daß ich auf folgendes aufmerksam mache. Wenn Sie konsequent handeln wollen, dann hätten Sie mit dem gleichen Recht dagegen protestieren müssen, daß eine deutsche Handelsmission nach Jugoslawien geht. Ich weiß nicht, welchen Unterschied Sie zwischen einer kommunistischen Tito-Regierung und einer falangistischen spanischen Regierung machen wollen. Ich begreife diesen Unterschied nicht; hier liegt ein Mangel an Logik bei Ihnen vor.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Das kann vorkommen!) Ich möchte hier im Namen meiner Freunde mit allem Nachdruck erklären, daß ein spanischer Botschafter uns willkommen ist.


    (Bravo-Rufe bei den Regierungsparteien.)

    Vielleicht haben viele der Herren, die heute hier so stark gegen das jetzt in Spanien herrschende Regime in die Opposition gegangen sind, dabei eines nicht bedacht. Ich selber habe im Jahre 1936 die rauchenden Kirchen in Malaga, in Cordoba und in anderen Städten gesehen. Ich habe damals gesehen, was die sogenannte republikanische Regierung vorher in diesem Lande geduldet hat. Aber ich habe damals von Ihrer sozialistischen Seite keinen Protest gegen diese rauchenden Kirchen gehört.

    (Zuruf von der SPD: Unverschämt! — Weitere erregte Zurufe von der SPD.)

    Wir wollen uns heute über diese Dinge nicht mehr auseinandersetzen. Ich will heute nur ins Gedächtnis zurückrufen, was damals war. Sie werden aus dem Unrecht kein Recht machen.

    (Weitere Zurufe und Unruhe bei der SPD.)

    Ich möchte jetzt noch zu folgenden Dingen Stellung nehmen. Als wir uns 1948 anschickten, die ersten Grundsteine für die deutsche Bundesrepublik zu legen, kam es zu der historischen Konferenz auf dem Rittersturz.
    Auf dem Rittersturz waren damals als 'die ersten Sprecher der damals noch nicht existierenden deutschen Bundesrepublik die Ministerpräsidenten der 11 deutschen Länder, unter ihnen auch eine ganze Anzahl sozialdemokratischer Ministerpräsidenten, anwesend. Damals auf dem Rittersturz wurden die meisten außenpolitischen Wechsel mit unterzeichnet, die heute eingelöst werden müssen. Herr Professor Carlo Schmid, ich darf mich auf Ihr ausgezeichnetes Gedächtnis berufen. Sie waren es, der damals am Rittersturz die Konsequenz dieses Weges voll erkannte.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Ich habe auch gewarnt!)

    — Aber Sie wissen auch, daß damals die Mehrheit einschließlich Ihrer Fraktions- und Parteifreunde diesem Weg zugestimmt hat, diesem Weg, den Sie vielleicht damals in der Hoffnung gegangen sind, eine sozialistische Mehrheit in diesem Bundestag zu erreichen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wenn diese Hoffnung Sie getrogen hat, dann sollten Sie sich der Inkonsequenz des heute verfolgten Kurses wenigstens bewußt sein. Was man damals einmal bejaht hat, kann man heute nicht auslöschen. Ich fand es, am Rande bemerkt, auch ein wenig komisch, Herr Abgeordneter Luetkens, wenn ich Sie heute als leidenschaftlicher Vorkämpfer der föderativen Paragraphen unseres Grundgesetzes auftreten sah. Da ich die Dinge damals am Rittersturz miterlebt habe, möchte ich hierzu folgendes sagen. Ihre Haltung in der Außenpolitik möchte uns manchmal zu der Annahme führen, als fürchteten Sie beinahe, daß noch in diesem Jahr das Besatzungsstatut durch den Sicherheitsvertrag abgelöst wird und die Unterschrift unter diesen ungeheuren Fortschritt unserer Außenpolitik den Namen Dr. Adenauer tragen könnte.

    (Zustimmung und Beifall in der Mitte und rechts. — Zuruf: So ist es auch!)

    Als wir uns für diese Debatte rüsteten, habe ich Gelegenheit genommen, in unserem leider noch so jämmerlichen Archiv hier die Bände des alten Reichstags aus den Jahren 1921 bis 1932 durchzusehen. - Sie sind leider nicht vollständig da. Ich hatte einige Reden in der Hand, die Hugenberg und andere Herren seinerzeit gehalten haben. Es würde nicht schwer sein, wenn ich diese Bände da


    (Dr. Vogel)

    hätte, heute Parallelen wachzurufen, die für Sie verdammt peinlich wären.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Es tut mir leid: wenn Sie mit diesen Dingen anfangen, muß Ihnen darauf auch entsprechend geantwortet werden. Ich erinnere mich einzelner Reden, die gegen Stresemann in den Tagen von Locarno gehalten worden sind. Ihre Verlesung hier würde wahrscheinlich sehr nützlich sein, und ich behalte mir vor, die entsprechenden Zitate später einmal beizubringen, die man zu mitternächtlicher Stunde angesichts dieses sehr mangelhaften Archivs nicht beibringen kann.
    Ich möchte schließen und Sie nicht eine Minute länger aufhalten, als unbedingt notwendig ist. Wir glauben, daß der Weg, den »wir mit dem Herrn Bundeskanzler gegangen sind, logisch und konsequent war, daß es ein Weg war, den wir alle miteinander gehen mußten. Denn wir hatten seinerzeit, als wir uns 1948 bereit erklärten, auf die Beschlüsse der Londoner Konferenz einzugehen, keine andere Möglichkeit, als diesen Weg Schritt für Schritt voranzugehen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wir wollen uns doch eines gestehen: Hat jemand in diesem Hause, als wir zusammentraten, jemals zu hoffen gewagt, daß wir in zwei Jahren bereits so weit sein werden, die Ablösung des Besatzungsstatuts durch einen Sicherheitsvertrag zu erhoffen? Seien wir doch ehrlich in dieser Beziehung! Niemand von uns wagte damals überhaupt an einen solchen schnellen Fortschritt zu denken.

    (Zuruf von der KPD.)

    — Was Sie da drüben ,,faulen Zauber" nennen, Herr Fisch, das sollten Sie Ihren eigenen Leuten drüben in der Ostzone zu erzählen wagen, Sie Nutznießer der demokratischen Freiheit hier auf unserem Boden.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte. — Zuruf des Abg. Fisch.)

    Ich möchte mit den Worten schließen, daß wir uns sicher alle freuen, daß wir überhaupt wieder ein Auswärtiges Amt haben, daß wir damit in eine neue Epoche eingetreten sind. Lassen Sie mich mit dem Wunsche schließen, daß es dem Herrn Bundeskanzler gelingen möge, noch in diesem Jahre die Verkündung der Beendigung des Kriegszustandes hier in diesem Lande herbeizuführen und die Ablösung des Besatzungsstatuts durch den Sicherheitsvertrag und damit »den entscheidenden Schritt zur Wiedererringung der deutschen Selbstbestimmung zu vollziehen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)