Rede von
Alfred
Loritz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(WAV)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Meine Damen und Herren! Nachdem sich unterdes das Haus wiederum zu füllen beginnt
— danke sehr für das Kompliment, daß Sie mir immerhin Aufmerksamkeit zuwenden! —
— sehr „freundlich" von Ihnen —, nachdem sich das Haus wiederum zu füllen beginnt, ist es wohl nicht unnütz, hier den Herren von den Regierungsparteien einige Worte zu sagen, um auf das zu antworten, was der Herr Bundeskanzler Dr. Adenauer uns eben erklärt hat.
Der Herr Bundeskanzler Dr. Adenauer stellte es tatsächlich so hin, als wäre seine Politik die richttige gewesen, indem er das Ruhrstatut akzeptierte, weil er dafür eine ganze Reihe von wertvollen Gegenleistungen einhandeln konnte.
Er hat bekanntlich einen Demontagestopp für 20 oder 30 Fabriken bekommen, jawohl, das steht fest. Er hat eine Zusicherung bekommen, daß wir außenpolitisch irgendwo wieder ein Amt aufmachen dürfen usw. usw. Herr Bundeskanzler Dr. Adenauer, alles das hätten Sie bekommen, ohne die Souveränitätsrechte auf Kohle und Eisen für unabsehbare Zeit preiszugeben und damit den Alliierten das Letzte zu geben, was wir überhaupt noch haben und was wir für den Tag aufbewahren müßten, wo das große europäische Kompensationsgeschäft in politischer Beziehung gemacht werden kann, aber mit uns als gleichberechtigten Partner und nicht etwa als Partner dritten oder vierten oder fünften Ranges innerhalb einer societas leonina, wo die anderen 95% der Rechte haben und wir lediglich 5%, wenn wir die überhaupt noch haben! Damals, als das Ruhrstatut unterzeichnet wurde, habe ich dem Herrn Bundeskanzler im außenpolitischen Ausschuß und auch sonst gesagt: Herr Bundeskanzler, das alles, was Sie heute bekommen haben, diese spärliche Gegenleistung für den Verzicht auf die Souveränität über Kohle und Eisen, werden Sie in sechs bis acht Monaten gratis bekommen, weil nämlich damals jeder, der die außenpolitische Situation klar betrachtet hat, schon sah, daß man nach dem Vormarsch der kommunistischen Truppen in China in kürzester Zeit Westdeutschland und seine Industrie dringend brauchen wird!
Der Herr Bundeskanzler hat, wie ich ihm gestern schon verhielt, unreife Apfel gepflückt!
Und heute haben wir die Bescherung! Fragen Sie, meine Herren, doch Vertreter von der Industrie, fragen Sie doch, bitte, verantwortliche Kreise aus dem Ruhrgebiet, fragen Sie führende Kohlen- und Eisenleute! Die werden Ihnen etwas sagen über das Ruhrstatut und die Ruhrbehörde!
Die fluchen über ,die Ruhrbehörde und über das Ruhrstatut! Die werden Ihnen sagen, daß diese Behörde ein Unglück für unsere ganze Wirtschaft ist.
Über 6 Millionen t Kohle müssen wir jetzt exportieren, und wir können dann diese oder andere Kohle um 120 Mark die Tonne zurückkaufen, damit unsere Fabriken noch arbeiten können;
Kohle, die wir vorher auf Grund dieser Beschlüsse der Ruhrbehörde um nicht einmal den halben Preis ins Ausland liefern mußten! Meine Damen und Herren, w o hier der große Vorteil in dem politischen Geschäft liegt, für ,das auf unserer Seite Adenauer gegengezeichnet hat, das können vielleicht nur Sie mit Ihrer „großen" politischen Weisheit feststellen, wir können das nicht tun, meine Herren von den Regierungsparteien!
Aber wir haben eines getan: wir haben rechtzeitig vor ,dieser Entwicklung gewarnt! Wir von der WAV und ich persönlich haben Sie immer und immer wiedergewarnt.
— Darüber sind die Protokolle da! Da können Sie schreien, soviel Sie wollen, Sie können die Wahrheit doch nicht wegschreien!