Rede von
Wilhelm
Mellies
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Wenn der Bundeskanzler und der Außenminister in einer Person vereinigt sind, besteht natürlich die Gefahr, daß bei der Beratung des Haushaltsplanes in erster Linie über die Außenpolitik gesprochen wird, vor allen Dingen dann, wenn sich das Auswärtige Amt im Aufbau befindet. Es könnte sein, daß wir heute abend noch mehr derartige Bußpreditgen hörten. wie sie Herr von Campe soeben hier vom Stapel gelassen hat. Aber ich glaube, Herr von Campe, man sollte, wenn man Buße predigen will, zunächst an das Wort denken: „Wir sind allzumal Sünder." Was die Auswirkung auf die Außenpolitik betrifft, so haben Sie da in Ihrer Partei nach dem niedersächsischen Wahlkampf und nach Ihren Bemühungen, jetzt in Niedersachsen eine Regierung von Gnaden der SRP zu bilden, allerlei zu tun.
- Ach, Herr Mühlenfeld, Sie berichten es ja sogar in der Zeitung, Sie wissen es ganz genau.
— Ihre Partei. Wenn Sie Ihren Leuten die Anweisung geben, eine Regierung ohne Sozialdemokratie zu bilden, dann wissen Sie ganz genau, daß Sie sie nur bilden können, wenn Sie von Gnaden der SRP in Niedersachsen leben. Soweit sollten Sie die Dinge auch schon kennen.
— Sie bestätigen mit dem ja nur das, was ich ausgeführt habe. Mehr wollte ich nicht sagen. Ich wollte nur Herrn von Campe bitten, seine Bußpredigten zunächst zu unterlassen und erst einmal Buße im eigenen Lager zu tun. Das wäre, glaube ich, auch im Sinne unserer Außenpolitik eine viel verdienstvollere Tätigkeit.
Meine Damen und Herren! Es ist aber doch notwendig, daß heute nicht nur über Kap. 3, sondern auch über Kap. 1 des Haushaltsplanes des Bundeskanzleramtes einiges gesagt wird. Das soll meine Aufgabe sein — in wenigen Minuten —, während zu den außenpolitischen Fragen mein Fraktionskollege Luetkens Stellung nehmen wird.
Nach Art. 65 des Grundgesetzes bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik und trägt er dafür die Verantwortung. Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, diese Richtlinien der Politik haben in den letzten Wochen und Monaten nur aus einem einzigen Satz bestanden, nämlich aus dem Satz: Laßt die Dinge laufen! Welche Auswirkungen das gehabt hat, hat mein Fraktionskollege Koch heute nachmittag in der Finanzdebatte klar und deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich will nach der Richtung hin nichts wiederholen. Aber wenn der Kollege Wellhausen dann gesagt hat, es sei doch einiges geschehen, vor allen Dingen seien auch Gespräche zwischen den Regierungsparteien
und der Regierung geführt worden, dann darf man doch nicht verkennen, daß durch diese Entschlußlosigkeit der Bundesregierung in den letzten Monaten draußen großer Schaden angerichtet worden ist. Sie brauchen nur einen Blick in die Presse — auch in die den Regierungsparteien nahestehende Presse — zu tun, um das jeden Morgen lesen zu können, und es wird Ihnen genau so gehen wie uns auch, daß Sie draußen im Lande immer sehr besorgt gefragt werden: Was geschieht nun eigentlich in Bonn, was hat die Regierung eigentlich vor?
Der Bundeskanzler war offenbar nicht in der Lage, hier die Richtlinien der Politik zu bestimmen. Weil er das nicht konnte oder nicht wollte, sahen sich die Minister veranlaßt, sich zunächst in aller Öffentlichkeit einmal gehörig zu raufen, — geistig selbstverständlich. Der Wirtschaftsminister beklagte sich in aller Offenheit darüber, daß der Finanzminister im Kabinett die Finanzlage des Bundes nicht klar und deutlich darlegte. Der Finanzminister erklärte darauf wieder, daß die Vorschläge des Wirtschaftsministers undurchführbar wären. Schließlich kam dann noch der Minister für die Angelegenheiten des Marshallplans, und damit war das Durcheinander wirklich nach jeder Richtung vollkommen.
Der Herr Bundeskanzler ist ja bei der Bildung der Bundesregierung hinsichtlich der Einrichtung von Ministerien nicht gerade sehr sparsam gewesen. Wir von der sozialdemokratischen Fraktion haben immer wieder darauf hingewiesen, daß das zu erheblichen Kompetenzüberschneidungen führen müßte, und wir haben denn auch wiederholt das sicher nicht sehr würdige Schauspiel erlebt, Herr Bundeskanzler, daß sich Minister in den Ausschüssen des Bundestages offen gegen Kabinettsvorlagen aussprachen. Es wird Ihnen wahrscheinlich auch bekanntgeworden sein, daß z. B. einer Ihrer Herren Minister vor einigen Wochen an einer wichtigen Debatte im Bundestag nicht teilnahm, weil er der Auffassung war, daß e r zu einer bestimmten Angelegenheit sprechen müßte und nicht der Herr Innenminister. Wir haben heute im Ältestenrat gehört, daß in einem Ministerium der Minister krank ist und der Staatssekretär sich frisch und fröhlich auf Auslandsreisen begeben hat, daß das Ministerium also jetzt verwaist ist und daß der Herr Bundeskanzler von diesem etwas merkwürdigen Tatbestand offenbar gar keine Nachricht bekommen hat. Ich glaube allerdings auch nicht, Herr Bundeskanzler, daß Sie uns jetzt sagen werden, Sie hätten, was ja eigentlich erforderlich wäre, diesem Herrn Staatssekretär telegraphisch Nachricht gegeben, daß er sofort zurückzukehren hätte. Für dieses Durcheinander, das wir sehen und erleben, trägt letzten Endes der Herr Bundeskanzler die Verantwortung, der Herr Bundeskanzler, von dem man gelegentlich einmal sagt, daß er ein starker Mann sei.
Meine Damen und Herren, 'die neue Geschäftsordnung des Kabinetts ist jetzt endlich verabschiedet. Sie ist wohl auch von dem Herrn Bundespräsidenten unterschrieben. Ich hoffe, daß der Bundestag die Geschäftsordnung noch in dieser Legislaturperiode einmal in die Hand bekommen wird. Man darf wahl annehmen, daß seit ihrer Verabschiedung im Kabinett . bereits praktisch danach verfahren worden ist. Wenn dieses Durcheinander und Gegeneinander in der Bundesregierung vielleicht eine Folge der neuen Geschäftsordnung ist.
dann werden wir nach der Richtung hin sehr g wahrscheinlich allerlei erleben können. Allerdings scheint es so, als wenn der Bundeskanzler wenigstens auf einem Gebiet eine neue Ara — wenn ich einmal so sagen darf einleiten will. Sie kennen wohl alle die etwas humorvolle Feststellung, daß die Entwicklung der Menschheit vom Matriarchat zum Patriarchat und von da zum Sekretariat gegangen ist. Ich glaube, der Herr Bundeskanzler will jetzt noch für die Bundesrepublik den Weg zum Kommissariat zeigen. Wenn Ihr alter Freund Renner, Herr Bundeskanzler, gestern hier nicht so böse Worte gegen Sie gefunden hätte, würde ich beinahe annehmen, ihm müßte ob dieser Entwicklung das Herz im Leibe lachen, und vielleicht kommen Sie beim Kominform aus diesem Anlaß doch auf die Liste der reuigen Sünder.
Aber im Ernst: Wir haben vor einigen Monaten in den Zeitungen lesen können, daß' verschiedene Kommissare in die Bundesregierung berufen worden sind. Ich habe von dieser Stelle schon einmal darauf hingewiesen, daß wir im Bundestag davon offiziell keinerlei Kenntnis bekommen haben. Wir können uns ja überhaupt nicht darüber beklagen, daß der Herr Bundeskanzler den Bundestag zu gut informiert. Dazu ist ihm die parlamentarische Arbeit 'in mancher Beziehung wahrscheinlich auch wohl zu fremd. Ich will gar nicht über die haushaltsrechtliche Seite sprechen; denn man würde mir wahrscheinlich kurzerhand sagen: die Besoldung erfolgt aus Tit. 1 und 4 der einzelnen Haushaltspläne, und das übrige liegt in der Organisationsgewalt der Bundesregierung. Aber, Herr Bundeskanzler, ich glaube doch, der einfache Respekt vor dem Parlament hätte Sie veranlassen sollen, hier auf diese Tribüne zu kommen und dem Bundestag von dieser Berufung der Kommissare Mitteilung zu machen. Denn wer von uns weiß etwas davon, was diese Kommissare eigentlich zu tun haben? Vielleicht Ihre Freunde in der Regierungspartei, aber niemand sonst im Hause! Haben Sie diese Kommissare berufen, damit Sie eine Unterstützung gegen Ihre Minister haben, oder sind die Kommissare berufen, weil die Minister mit ihrer Arbeit nicht fertigwerden können, oder wollen Sie mit diesen Kommissaren bereits ein Schattenkabinett aufrichten, das Sie uns dann eines Tages präsentieren können? Der Herr Wirtschaftsminister hat bei der zweiten Beratung seines Haushaltsplanes hier eine Rede gehalten, die sehr aufschlußreich war. Ich hoffe, daß Ihnen wenigstens einiges daraus mitgeteilt worden ist; denn Sie werden angesichts Ihrer Belastung als Bundeskanzler und als Außenminister selbstverständlich nicht die Möglichkeit haben, diese Rede selber nachzulesen. Aber ich glaube, wir alle sollten Wert darauf legen, daß solche Willkürlichkeiten endlich einmal aufhören und daß man auch in der Bundesregierung bei aller Anerkennung der Organisationsgewalt, die sie hat, doch vor dem Parlament soviel Respekt hat, es über solche Neueinrichtungen zu unterrichten.
Die Wahlen, die in den letzten Wochen und Monaten stattgefunden haben, haben eine deutliche Sprache gesprochen.
— Ach, Herr Brentano, daß Sie noch so unschuldig
fragen müssen, hätte ich allerdings nicht erwartet!
5770 Deutscher Bundestag — 145. Sitzurig. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1051
Aber wenn das Volk besser darüber unterrichtet wäre, wie die Dinge in Bonn liegen — und das wäre es ohne Frage, wenn es nicht mit seinen eigenen Sorgen und Nöten, die zum großen Teil auf die Schuld der Bundesregierung zurückzuführen sind, belastet wäre —, dann würde das Urteil doch in mancher Beziehung noch anders ausgefallen sein.
Die Bundesregierung will die Bevölkerung durch die Bundespressestelle unterrichten. Sie wissen alle, daß die Bundespressestelle vor Monaten einmal sehr heftig unter einem Dementifieber gelitten hat. Dieses Fieber, — das muß man objektiv feststellen —, ist etwas zurückgegangen. Dafür betätigt sich die Bundespressestelle jetzt auf einem anderen 'Gebiet. Sie hat diese Schrift herausgegeben, die Ihnen alien zugegangen ist: „Sechs Jahre danach - Vom Chaos zum Staat". Wenn Sie einmal sehen wollen, wie sorgfältig die Bundespressestelle arbeitet, dann schlagen Sie bitte die Seite 27 auf. Dort werden Sie feststellen, daß dieser Bundestag am 15. Juli 1949 gewählt worden ist.
Herr Bundeskanzler, das sollte einer Bundespressestelle nicht passieren!
- Mein lieber Herr Wuermeling, wenn wir mit Flugblättern anfangen wollen, dann lassen Sie sich erst einmal von dem Herrn Bundeskanzler erzählen, was Ihnen passieren kann, wenn man die Flugblätter der Opposition beanstandet. Ich glaube, dann werden Sie in Zukunft vorsichtig werden.
— Ja, und die von Hessen auch, Herr Brentano. Die kennen Sie wahrscheinlich nicht. Aber lassen Sie sich von dem Herrn Bundeskanzler etwas darüber erzählen!
Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesverkehrsminister Seebohm hat in der letzten Woche in der Presse einen sehr temperamentvollen Artikel gegen die Darstellung in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht, daß die Regierung Dönitz eine legale Regierung gewesen sei. Er sah sich zu diesem Artikel, wie ich eben schon sagte, durch die Ausführungen in mehreren Zeitungen veranlaßt, die gemacht worden waren, weil jetzt die Erinnerungen, ich glaube, des Adjutanten des Herrn Dönitz erschienen sind. Aber Herr Seebohm brauchte nicht auf die Zeitungsnachrichten zu warten; er hätte zunächst einmal 'das Buch durchlesen sollen. Denn darin, Herr Bundeskanter, kann man von dem deutschen Staatsoberhaut Dönitz lesen, und in diesem Buch kann man auch von dem ordnungsmäßigen Außenminister Schwerin-Krosigk lesen. Wenn ich es recht im Gedächtnis habe, haben Sie sich gestern auf die Äußerung der Pressestelle einer anderen Staatsregierung berufen. Ich glaube, Sie kommen eines Tages in eine nicht angenehme Lage, wenn sich verschiedene Leute einmal auf das berufen, was in diesem Buch festgelegt ist. Auf die anderen Dinge will ich nicht eingehen; zu der mehr als oberflächlichen Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse ließe sich einiges sagen. Sie sollten sich überlegen, ob es nicht zweckmäßig wäre, den Rest, der jetzt noch vorhanden ist, einzustampfen
und dafür zu sorgen, daß nicht durch das Buch ein großes Unheil angerichtet wird.
Meine Damen und Herren, ich glaube, der Bundestag sollte sich wirklich sehr überlegen, ab für der, artige Leistungen der Bundespressestelle Geld ausgegeben werden soll.
Nun hat man vielleicht die eine Entschuldigung, daß die Bundespressestelle noch keinen hauptamtlichen Leiter hat, und ich will nicht ungerecht sein: daß dieser hauptamtliche Leiter bisher nicHt gefunden ist, liegt sicherlich nicht nur daran. daß es verhältnismäßig schwer ist, fähige Menschen für derartige Ämter zu finden. Kein fähiger Mensch wird sich bereit finden, die Leitung der Bundespressestelle zu übernehmen, wenn er weiß, daß er seine Aufgabe, nämlich das Volk oder zunächst einmal die Presse zu informieren, ideshalb nicht erfüllen kann, weil er selbst nicht informiert wird. Wir wissen, Herr Bundeskanzler, daß Sie ein Freund einsamer Beschlüsse sind. Das ist uns von Ihren Freunden von der Tribüne dieses Hauses wiederholt gesagt worden. Aber ich glaube, wenn Sie schon 'einmal diese einsamen Beschlüsse gefaßt haben, müßten Sie wenigstens Ihre Bundespressestelle oder deren Leiter informieren. Sie werden keinen Mann finden, solange man vom Palais Schaumburg weiß, daß dort Informationen nicht zu bekommen sind.
Ich will aber noch ein Wort zu den sonstigen etwas sehr eigenartigen Methoden sagen, die nicht nur dem Bundespressechef, sondern auch anderen Mitarbeitern in der Bundespressestelle die Freude an der Arbeit verderben. Das ist nicht nur bei der Bundespressestelle so, Herr Bundeskanzler, sondern auch in manchen anderen Dingen im Bundeskanzleramt. Es ist noch in den letzten Jahren manches geschehen, was man unter das Wort stellen kann: „Ihr laßt den Armen schuldig werden, dann überlaßt ihr ihn der Pein." Wenn Sie darüber etwas Näheres wissen wollen, dann lassen Sie sich in einer ruhigen Stunde einmal von dem Herrn Ministerialdirektor Globke etwas davon 'erzählen. Er würde Ihnen sehr viel darüber berichten können, wie man auch heute noch durch Intrigen und Rankünen die politische Entwicklung beeinflussen kann. Wenn ich recht unterrichtet bin, haben Sie ja von Ihren eigenen Parteifreunden vor nicht allzu langer Zeit sehr ernsthafte Vorstellungen über gewisse Dinge bei Ihnen gehabt. Es ist schon bezeichnend', 'daß dieser Herr Globke nur 'deswegen seine Ernennung zum Ministerialdirektor bekommen konnte, weil der Herr Bundespräsident über die Haltung der sozialdemokratischen Fraktion zu Herrn Globke falsch informiert wurde.
Ich kann leider nur dieses Wort gebrauchen; denn wenn ich das Wort gebrauchen würde, das 'in diesem Falle eigentlich nur gebraucht werden kann, dann würde ich damit gegen die Würde des Hauses verstoßen.
Meine Damen und Herren! Es ist wiederholt darauf hingewiesen worden, daß der Kommentar über die Rassengesetze im Dritten Reich den Namen des Herrn Globke mitträgt. Auf Seite 23 dieses Kommentars können Sie — und ich bitte, darauf zu achten, daß die Zeit nach den ersten beiden Sätzen wechselt — folgendes lesen:
Der einzelne war nicht Gemeinschaftsglied, sondern Gegenspieler des Staates. Das Verhältnis der einzelnen Person zum Staat war von der Person aus bestimmt und begünstigte die Stellung des einzelnen zum Nachteil der Gesamtheit.
So weit die Vergangenheit! Und jetzt die Gegenwart! :
Nach nationalsozialistischer Anschauung sind dagegen nicht einzelne Menschen. sondern Rassen, Völker und Nationen die tatsächlichen Gegebenheiten der gottgewollten Ordnung dieser Welt.
Herr Bundeskanzler! Ein Mann, dessen Name auf dem Buch steht, in dem diese schwere Häresie enthalten ist, ist von Ihnen zu Ihrem engsten Mitarbeiter berufen worden, von Ihnen, der Sie immer wieder betonen, daß Sie Ihre Politik aus christlicher Verantwortung heraus treiben. Ich bin überzeugt, daß die Ernennung dieses Mannes zu Ihrem engsten Mitarbeiter einmal eine schwere Belastung vor der Geschichte für Sie sein wird.
Sie dürfen überzeugt sein, daß die sozialdemokratische Fraktion diese Dinge nicht zur Ruhe kommen lassen wird und nicht zur Ruhe kommen lassen kann, schon deshalb nicht, well das Ansehen der deutschen Bundesrepublik durch die Ernennung des Herrn Globke zum Ministerialdirektor außerordentlich gelitten hat. Sie dürfen auch davon überzeugt sein, daß wir die Tätigkeit, die Herr Globke entfaltet, sehr aufmerksam beobachten und jederzeit Gelegenheit nehmen werden, öffentlich von dieser Stelle aus das Notwendige dazu zu sagen. Herr Globke hat z. B. in der letzten Zeit eine neue Methode entwickelt, wenn er einen Bewerber in einer höheren Beamtenstelle nicht haben möchte. Er sagt dann dem Betreffenden oder läßt ihm sagen: „Ja, es wird Schwierigkeiten mit Ihrer Ernennung geben, weil die sozialdemokratische Fraktion damit nicht einverstanden ist." Dabei wird die sozialdemokratische Fraktion in solchen Fällen keineswegs gefragt, ganz abgesehen von der Tatsache, daß es sich allmählich herumgesprochen hat, daß man in der Bundesregierung wirklich wenig Wert darauf legt, ob ein Kandidat ;für einen höheren Beamtenposten der sozialdemokratischen Fraktion angenehm ist oder nicht.
Und nun noch eine Bemerkung zu der Tätigkeit des Bundespresseamtes. Das Bundespresseamt veröffentlicht ja sehr viele Auszüge und Mitteilungen aus der ausländischen Presse. Es veröffentlicht vor allen Dingen alle Beschimpfungen, die gegen die Sozialdemokratische Partei im besonderen oder gegen die Opposition im allgemeinen gedruckt werden. Nun hat diese Bundespressestelle am 3,0. April aus der Zeitung „La libre Belgique" vom 24. Januar einen Artikel veröffentlicht, aus dem ich Ihnen mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten folgende Stellen vorlesen werde:
Wir halten es für unerläßlich, daß die Alliierten keine Gelegenheit ungenutzt lassen, auf das nachdrücklichste und in aller Form auf die Handlungen des zweifelhaften Demagogen hinzuweisen, der sein 'Land den ernstesten innerpolitischen Komplikationen ausliefert, ohne zu bedenken, daß er die Stabilität ganz Westeuropas gefährdet. Die Alliierten müßten den Deutschen sagen, was sie über Schumacher
denken, in der Erwartung, daß die Regierung in Bonn es weitergibt. Diese übrigens wird nicht verfehlen, das zu tun. Es ist notwendig, daß autorisierte und entschiedene Stimmen laut werden, die die Aufmerksamkeit der deutschen breiten Masse 'auf 'die Gefahren hinlenken, die Schumacher ihrer Sicherheit bereitet. Wie wir hören, sind die sozialistischen Roboter nicht alle der Meinung ihres Führers; aber was bedeutet das schon, wenn sie zu seinen Füßen kriechen wie weiland Hitlers Paladine zu dessen Füßen lagen, seine Minister, seine SA und SS, auch seine Parlamentarier, alles wegen eines Stückchens Brot, und die auch nicht mehr Ja-Sager waren als die 130 kleinen Mitläufer Schumachers im Bundestag in Bonn.
— Ich hoffe, daß Sie auch dann noch. wenn ich mit meinen Zitaten zu Ende bin, sehr zustimmende und freudige Zurufe machen.
Meine Damen und Herren! Wenn die Bundespressestelle es schon für notwendig hält. der deutschen Bevölkerung derartige infame Beleidigungen der Opposition zu unterbreiten, dann sollte sie, glaube ich, der Objektivitäthalber schon nicht darauf verzichten, auch die ausländischen Pressestimmen zu verbreiten, .die ein Lob der Regierung und des Bundeskanzlers verkünden. So wäre es z. B., wenn man diesen Gesichtspunkt walten lassen will, für die deutsche Bevölkerung sehr aufschlußreich gewesen, die Feststellung der französischen Zeitung „Combat" zu erfahren, die in einem Artikel über die Grande der Industrie-Erleichterung schreibt:
Der erste dieser Gründe ist wahrscheinlich die Notwendigkeit, Bundeskanzler Adenauer zu unterstützen, der ein. treuer Anhänger der alliierten Politik ist.
Meine Damen und Herren, damit bin ich am Schluß. Der Bundeskanzler, der für die' Richtlinien der Politik 'die Verantwortung trägt und damit auch di=e Verantwortung für das gegenwärtige Durcheinander in 'der Wirtschafts- und Finanzpolitik, der Bundeskanzler, der durch die Berufung von Globke eine Personalpolitik getrieben hat, die das deutsche Ansehen mindert, und ein Bundeskanzler, der durch seine Bundespressestelle eine wirkliche Information der Bevölkerung verhindert, wird nicht erwarten, daß die Opposition seinem Haushalt zustimmt.