Rede von
Dr.
Hermann
Etzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Das Angebot des Herrn Präsidenten, das durchaus den Grundsätzen eines gentleman entspricht, nehme ich gern entgegen.
Von den föderalistischen Grundgedanken des
Grundgesetzes aus erschien einmal die Hoffnung berechtigt, daß der Bund von den ihm in Art. 106 Abs. 3 eröffneten Möglichkeiten keinen Gebrauch machen würde, jedenfalls nicht ohne durch die Lage dazu gezwungen zu sein und nicht schon so bald nach 'dem Inkrafttreten des Grundgesetzes. Dieses unschuldsvoll föderalistische Paradies droht uns immer mehr abhanden zu kommen, nicht nur, weil in der kühnen rechten Mitte dieses Hohen Hauses der atavistische Hang zur zentralistischen Erbsünde
in bedenklicher Weise zunimmt,
sondern weil sogar im Verfassungshimmel der Bundesregierung selbst Lust und Neigung zu wachsen scheinen, sich an einem solchen Sündensturz zu beteiligen.
Daß der Bund glaubt, seine Finanzbedürfnisse nicht auf anderem Wege als dem des Einbruchs in die an sich grundgesetzlich geschützten Steuerreservationen der Länder decken zu können, ist bedauerlich. Ich glaube, hier irrt der Bund. Aber ich möchte diese Fragen im einzelnen; die die Ausgabenseite betreffen und die, weil sie auf außenpolitischem Gebiet liegen, von höchster Delikatesse sind, jetzt nicht weiter berühren. Wenn nun aber schon eine unausweichliche Zwangslage des Bundes angenommen und unterstellt werden will, dann darf sie der Bund nicht dazu mißbrauchen, um auch bei dieser Gelegenheit zentralistische Vorstöße zu unternehmen. Das geschieht jedoch in § 2, der unmittelbar die Finanzämter, die bekanntlich Landesbehörden sind, unter Umgehung der obersten Landesbehörden zur Abführung der Anteile an den Bund verpflichtet oder glaubt verpflichten zu können. Ein solches Verfahren verstieße gegen das Grundgesetz und erweckte den Verdacht, daß hier probiert wird, die Finanzhoheit der Länder auf eine schleichende Manier auszuhöhlen. Es können nur die Länder selbst zu den Abführungen verpflichtet werden.
Auch das Verfahren, den Bund mit einem Durchschnittssatz an dem Aufkommen zu beteiligen, erscheint nicht angebracht. Der Bundesrat hat einen sehr zweckmäßigen und sachlich begründeten, von der Bundesregierung zunächst allerdings abgelehnten Vorschlag gemacht, den Vorschlag nämlich, die Anteile mit 20% des Aufkommens von 1950 und mit 40% des Mehraufkommens im Jahre 1951 festzusetzen. In kassentechnischer Hinsicht halten wir die tägliche Abführung nicht für annehmbar. Schließlich sind die Länder keine Unternehmer wie etwa der Besitzer eines Karussells oder eines Zirkus, der gewohnt und gehalten ist, jeweils am Abend die Tageskasse zu stürzen.
Das Gesetz sieht zunächst eine Beschränkung der Geltungsdauer auf das Jahr 1951 vor. Wir hoffen, daß es bei diesem Charakter eines vorübergehenden Gesetzes sein Bewenden hat und daß die Spuren nicht nur hinein-, sondern auch wieder herausführen werden. Der Herr Bundesfinanzminister hat der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß es in einer loyalen und vertrauensvollen Zusammenarbeit des Bundes und der Länder als finanzieller Partner möglich sein wird, dieses Gesetz in einer wirklich fairen Weise durchzuführen, die dem Bund das gibt, was ihm zugehört, und den Ländern alles beläßt, ohne das sie nicht zu leben und zu bestehen
vermögen. Aber gerade weil eine solche Atmosphäre des Vertrauens, als deren Garanten wir den Herrn Bundesfinanzminister ansehen möchten, auch uns am Herzen liegt, wünschen wir, daß dieser Gesetzesvorlage auf Drucksache Nr. 2245 alle Giftzähne ausgebrochen werden, die einer solchen löblichen Absicht des Herrn Bundesfinanzministers entgegenstehen könnten. Darum möchten wir auch, daß vor allem das Gesetz, dessen Entwurf als Drucksache Nr. 22 68 vorliegt, in den Ausschußberatungen sehr sorgfältig daraufhin geprüft wird, daß solche Konfliktsmöglichkeiten von vornherein ausgeräumt werden, und wir möchten insbesondere, daß der § 3 Über die Betriebsprüfung eine Fassung erhält, nach der darauf verzichtet wird, den Bund sozusagen zum Generalinspekteur der Einkommen- und der Körperschaftsteuer der Länder zu machen, daß überhaupt Abstand davon genommen wird, Möglichkeiten, die an sich vielleicht in Art. 85 Abs. 4 und in Art. 106 Abs. 4 enthalten sein können, voll auszuschöpfen, gerade im Hinblick auf die, ich wiederhole es, von uns allen aufrichtig gewünschte vertrauensvolle und reibungslose Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern als finanziellen Partnern.