Rede von
August
Neuburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Man will mit der Offenlegung der Steuerlisten denjenigen, der ein höheres Einkommen kraft seiner Leistung erzielt, diffamieren oder wenigstens der Möglichkeit aussetzen, daß er diffamiert wird.
Das ist der wahre Grund!
Herr Kollege Lausen hat weiter ausgeführt, daß mit der Offenlegung der Steuerlisten der Steuerbetrüger noch vorsichtiger werde. — Ja, nämlich noch vorsichtiger in der Tarnung seiner Steuerhinterziehungen. Da gebe ich ihm voll recht. Auf jeden Fall: die Offenlegung der Steuerlisten bringt keinen unehrlichen Steuerzahler dazu, nun steuerehrlich zu werden.
Ich habe die Presse der letzten Tage gelesen, und es sind mir viele Zuschriften zugegangen.
Eine davon möchte ich verlesen.
Ich kenne den Mann nicht, der sie mir geschrieben hat.
Er schreibt:
Ich darf mir vielleicht die Frage erlauben, ob die betreffenden Abgeordneten mal zu Ende gedacht haben, was bei einem solchen Gesetz herauskommen würde. Für den gewünschten Zweck so gut wie nichts, da sich gerissene Steuerhinterzieher, die selbst das Finanzamt nicht entlarvt, auch dadurch nicht schrecken lassen würden. Auf der anderen Seite aber würde eine allgemeine Bespitzelung und Beschnupperung anheben, daß schließlich kein Einkommensteuerpflichtiger seiner Haut mehr sicher wäre.
Mißgünstige Verwandte, Nachbarn, Geschäftspartner, Kunden, Klienten und andere — sie alle würden sich eine Freude daraus machen, in die Einkommensverhältnisse anderer Menschen Einblick zu nehmen, die normalerweise fremden Augen verschlossen zu sein pflegen. Es würde eine unübertreffbare Atmosphäre von Mißgunst, Intrigen, Verleumdungen geschaffen, die einem geordneten Staatswesen gewiß nicht förderlich sein wird.
Ich habe dieser Charakterisierung der Wirkung der
Offenlegung der Steuerlisten nichts hinzuzufügen.
Im übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir für die Mitwirkung der Öffentlichkeit Sorge getragen. Wir haben im August bzw. im Juli vergangenen Jahres ein Gesetz über Finanzverwaltung erlassen, veröffentlicht am 6. September 1950. Wir haben bei der Beratung dieses Gesetzes uns damals auch über die Offenlegung der Steuerlisten unterhalten und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß sie ein untaugliches Mittel darstellen und ein verwerfliches Mittel noch dazu.
Wir haben -damals die Steuerausschüsse gebildet. Diese sind bei der Festsetzung zuständig. Der Steuerausschuß hat das Recht, jederzeit beratend mitzuwirken bei der Festsetzung der Steuern vom Einkommen und bei der Festsetzung der Vermögensteuer usw., also Einsicht zu nehmen. Ausgenommen sind diejenigen, die dem regelmäßigen Steuerabzug unterliegen, d. h. die Lohnempfänger. Gerade bei der veranlagten Einkommensteuer und bei der Vermögensteuer haben wir demnach bereits die Mitwirkung der berufenen Öffentlichkeit. Die Steuerakten von jedermann können durch die Mitglieder dieses Ausschusses eingesehen werden, und bei der Festsetzung der Steuer können diese Männer mitwirken. Die Steuerausschüsse sind aus Männern zusammengesetzt, die gewählt werden und die ortsbekannt sind, die also das Vertrauen
der Parteien, das Vertrauen der Öffentlichkeit genießen. Die Öffentlichkeit ist also durch ihre berufenen Vertreter in vollem Umfange bereits durch das Gesetz über die Finanzverwaltung vor einem Jahre eingeschaltet worden. Die Steuerakten eines' jeden können überprüft werden. Das ist richtig und das ist ausreichend. Alles andere ist schädlich, schädlich für das Volksleben und insbesondere schädlich für den sozialen Frieden
und trägt in nichts dazu bei, die Steuerhehlerei und die Steuerhinterziehungen auch nur um ein Jota zu bekämpfen.