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ID0114507000

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    Deutscher Bundestag - 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag; den 31. Mai 1951 5709 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 5710A, 5744C Zur Tagesordnung 5710A, 5747C Freudenberg (FDP) 5747C Mellies (SPD) 5747C Schröter (CDU) 5747D Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt- und KSt-Änderungsgesetz 1951 (Nrn. 1982, 2212, zu 2212 der Drucksachen); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nrn. 186, 191, 192, 193, 195, 196, 197, 199, 200) 5710B Zur Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 5710B Schröter (CDU) 5710C Zur Sache: Dr. Koch (SPD) . . . 5710D, 5729D, 5733A, 5734B, 5737D, 5744C Dr. Ringelmann, Staatssekretär im Bayerischen Finanzministerium . . 5713B 5718C Müller (Frankfurt) (KPD) 5715C, 5720A, 5736C Dr. Wellhausen (FDP) 5717A Dr. Bertram (Z) . . . 5719B, 5727D, 5732B Neuburger (CDU) 5720C, 5731D, 5737B, 5742A Kurlbaum (SPD) 5720D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5721C, 5725B, 5731A, 5733C, 5739D Frau Wessel (Z) 5722D Dr. Greve (SPD) 5723C Frau Lockmann (SPD) . . . 5724A, 5737A Farke (DP) 5726B Frau Dr. Weber (Essen) ,(CDU) . . 5726D Loritz .(WAV) 5727C Pelster (CDU) 5729A Horn (CDU) 5729C Dr. Dr. Höpker-Aschoff '(FDP). . 5732D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 5738B Lausen (SPD) 5740C Ewers (DP) 5743A Dr. Bucerius (CDU) 5746A Zur Abstimmung: Dr. Koch (SPD) 5746B Müller (Frankfurt) (KPD) 5747A Abstimmungen: . 5719A, 5722B, 5733C, 5737C, 5738A, 5740A, 5744D, 5747B Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (Nr. 2061 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (il. Ausschuß) (Nrn. 2213, 2286 der Drucksachen) 5747C, 5748A Freudenberg (FDP) (zur Geschäftsordnung) 5747C Dr. Povel (CDU), Berichterstatter . 5748A Mertins (SPD) 5748C Abstimmung 5749D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2245 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 108 Absätze 1, 2 und 4 des Grundgesetzes (Nr. 2268 der Drucksachen) 5747C, 5750A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5750B, 5754D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5752B Lausen (SPD) 5753A Renner (KPD) 5756B Ausschußüberweisung 5758A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das -Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan IV - Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts - (Nr. 1904 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr.172) in Verbindung mit Einzelplan IV b - Haushalt für Angelegenheiten des Europarats und verwandter Gebiete - (Nr. 1927 der Drucksachen) 5758A, C, 5764A Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5758B Mellies (SPD): zur Geschäftsordnung . . 5758B, 5765A zur Sache 5768C Dr. Blank (Oberhausen) (CDU), Berichterstatter 5758C, 5764A Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 5764C zur Sache 5772C Dr. von Campe (DP) 5765B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 5771D, 5778C, 5800D Dr. Luetkens (SPD) . . . . 5773D, 5801D. Fisch (KPD) 5782C Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) (zur Geschäftsordnung) . . 5785A, 5788D Dr. Bertram (Z) (zur Geschäftsordnung) 5785A, 5789A Loritz (WAV): zur Geschäftsordnung 5785A zur Sache 5785B, Dr. von Brentano (CDU) (zur Geschäftsordnung) 5789A Dr. Reismann (Z) 5789C Fürst zu Oettingen Wallerstein (BP) 5793C Dr. Vogel (CDU) 5794Ç Ollenhauer (SPD) 5797B von Thadden (DRP) 5802A Abstimmungen 5802C Nächste Sitzung 5803B, D Die Sitzung wird um 13 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Harald Koch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit unseren Anträgen auf Umdruck Nr. 192 Ziffer 2 und Nr. 193 wiederholen wir zwei Anträge, die wir schon bei der Beratung der Einkommensteuerreform im Frühjahr 1950 gestellt hatten und bei der zweiten Beratung dieses Gesetzes wieder gestellt haben.
    Unsere Anträge enthalten vier Kernstücke. Wir wünschen erstens die Rückgängigmachung der Tarifsenkungen des Vorjahres bei allen Einkommen über 6000 DM jährlich, sodann zweitens die Zerlegung der Einkommensteuer in eine Normalsteuer und eine Zusatzsteuer. Drittens wollen wir die Schaffung wesentlich höherer Freibeträge, als wir sie heute kennen, für Ehegatten und Kinder und
    für den Steuerpflichtigen selbst, und schließlich die Beseitigung der Steuertabelle B.
    Zu Punkt 1 — Rückgängigmachung der Tarifsenkungen des Vorjahres bei allen Einkommen über 6000 DM jährlich — möchte ich kurz das Beispiel wiederholen, das ich in der Diskussion zu Ziffer 10 a vortragen durfte. Wir haben darauf hingewiesen, daß wir neuerdings 118 000 Steuerpflichtige mit einem Einkommen von über 25 000 DM jährlich haben. Vor mehr als einem Jahr waren es nach den uns vorliegenden Berechnungen erst 86 000 Steuerpflichtige. Inzwischen sind es mehr geworden. Unsere neue Ziffer stammt aus dem Mai 1950. Wir könnten wahrscheinlich bei der Steigerung der Nominaleinkünfte und Nominallöhne mit wesentlich höheren Ziffern rechnen, als wir es jetzt in unserer Berechnung zur Begründung unserer Anträge tun. Ich gehe also von diesen 118 000 Steuerpflichtigen mit einem Einkommen von mehr als 25 000 DM im Jahr aus. Sie haben ein Durchschnittseinkommen von 48 000 DM.

    (Zuruf rechts: Die Ziffer stimmt nicht!)

    Die Steuersenkung beträgt 6500 DM für jeden Steuerpflichtigen; d. h. Sie haben durch Ihre Beschlüsse vom vergangenen Jahr nunmehr Jahr für Jahr auf einen Steuerbetrag von mehr als 700 Millionen DM bei nur 100 000 Steuerpflichtigen verzichtet. Dafür gibt es keine durchschlagenden Gründe.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat uns bei der Beratung der Steuerreform im Jahre 1950 selbst erklärt, daß er mit ganz beträchtlichen Steuerausfällen rechne. Diese Steuerausfälle sind im letzten Jahre eingetreten, und in diesem Jahre werden noch wesentlich mehr Ausfälle kommen. Wenn der Herr Bundesfinanzminister im vergangenen Jahr mit einem Steuerausfall von 900 Millionen DM rechnete, dann berücksichtigte er dabei nicht den Trend der Einkommensteuer, die allgemein steigende Tendenz. Wir behaupten, daß uns die Steuerreform des vergangenen Jahres jährlich 11/2 bis 2 Milliarden DM kostet.
    Die Rückgängigmachung dieser Tarifsenkungen begründen wir auch damit, daß sich die Hoffnungen, die man an diese Tarifsenkungen seinerzeit geknüpft hat, nicht erfüllt haben. Diese Tarifsenkungen haben zu unnützen Selbstfinanzierungen in einem allzugroßen Maße geführt. Sie haben nicht zu einer Hebung des Kapitalmarktes beigetragen, dessen wir so dringend bedürfen, insbesondere für die Engpaßindustrien. Sie haben vor allen Dingen auch nicht — und das wird heute ein jeder anerkennen — zu einer Hebung der Steuermoral beigetragen, sondern sie haben die gegenteiligen Folgen gehabt. Sie haben einen unnötigen Luxuskonsum gefördert; sie haben zu einer allgemeinen Kapitalverschwendung durch Selbstfinanzierung geführt, obwohl wir dringendst die Mittel gebrauchten, um Kohle und Eisen, Energie und andere Engpaßindustrien zu finanzieren.
    Was die Hebung der Steuermoral angeht, so ist es doch wohl ein offenes Geheimnis, daß diese Steuergeschenke nicht dazu beigetragen haben, die Steuermoral irgendwie zu heben. Ich verweise auch in diesem Zusammenhang auf das Sonne-Gutachten, das uns am 21. März 1951 von der Bundesregierung zugänglich gemacht worden ist und in dem es ausdrücklich heißt:
    Steuerermäßigung als Anreiz für Steuerzahlen
    ist niemals ein Ersatz für eine gute Verwaltung.
    Das ist ein Satz, den wir hundertprozentig unterstreichen möchten.


    (Dr. Koch)

    Wenn man von den Steuersenkungen eine Förderung des Kapitalmarktes erwartete, so ist festzustellen: auch diese Hoffnung ist fehlgeschlagen; denn im Jahre 1950 war das Sparaufkommen wesentlich geringer als im Jahre 1949. Die durch Ihre Steuerreform begünstigten Kreise pflegen die Steuergeschenke, die man ihnen gemacht hat, in ihren eigenen Betrieben anzulegen. Diese Beträge kommen dem Kapitalmarkt nicht zugute. Sie haben sich zu einem großen Teil in Fehlinvestitionen verwandelt. Hätte man unseren Vorschlägen Folge geleistet, seinerzeit schon die Freibeträge zu erhöhen, dann hätte man gerade den Kreisen, aus denen sich die klassischen Sparer rekrutieren, die Möglichkeit gegeben, sich wieder Sparkonten zuzulegen. Dann wäre wahrscheinlich eine Hebung des Kapitalmarkts zu verzeichnen gewesen.
    Dieses Sonne-Gutachten, das „zur Eingliederung der Flüchtlinge in die deutsche Gemeinschaft" erstattet worden ist — da wende ich mich insbesondere an die Flüchtlinge und Vertriebenen in den Reihen der Regierungsparteien —, sagt auf Seite 282 das folgende:
    Drei aufeinanderfolgende Ermäßigungen haben seit der Währungsreform 1948 ernsthaft die persönliche Einkommensteuer als eine verläßliche Einnahmequelle unterhöhlt, und die großzügige Ermäßigung für Ersparnisse, die 1949 eingeführt wurde, machte es reichen Leuten möglich, Abgaben bis zu einem Grad von 50 vom Hundert zu vermeiden. Gegenwärtig scheint die Belastung der hohen Einkommensgruppen unverantwortlich gering zu sein.
    Mit diesen Ausführungen eines neutralen Beobachters, meine Damen und Herren, begründen wir
    auch unseren Antrag.
    Aus den Schlußfolgerungen dieses Gutachtens auf Seite 289 nur einen Satz noch:
    Erhöhungen sollten in erster Linie auf die oberen Einkommensgruppen fallen; die niederen
    Einkommensgruppen tragen zurzeit mehr als
    einen gerechten Anteil an der Steuerlast. Hiermit deckt sich ein mir vorliegendes Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung aus Berlin, das ausdrücklich darauf hinweist, daß „der restliche Fehlbetrag des öffentlichen Haushalts grundsätzlich durch neue Steuern oder Steuererhöhungen ausgeglichen werden sollte, wobei allerdings wichtig ist, daß von diesen Maßnahmen vor allem die hohen Einkommen betroffen werden." Denn die niederen Einkommen werden ja in allererster Linie auch durch die indirekten Steuern getroffen, und zwar verhältnismäßig wesentlich schärfer und drückender als die hohen Einkommen durch die direkten Steuern.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das zweite Kernstück unseres Antrages enthält den alten Antrag auf die Zerlegung der Einkommensteuer in eine Normalsteuer und in eine Zusatzsteuer. Diesen Antrag haben wir häufig begründet. Wir wünschen diese Normalsteuer mit einem einheitlichen, die Zusatzsteuer mit einem progressiven Steuersatz. Alle steuerlichen Begünstigungen und Abzugsfähigkeiten wären lediglich bei der Normalsteuer anzurechnen, so daß alle sozialen Ungerechtigkeiten entfallen. Ich darf folgendes Beispiel nennen. Der Staat schießt zu bei einem Einkommensteuerpflichtigen, der im Monat 230 DM verdient, 7.90 DM für ein Kind, aber bei einem Steuerpflichtigen, der 2000 DM verdient, 50 DM für ein Kind. Ich glaube, daß auch diese Gegenüberstellung unseren Antrag rechtfertigt.
    Das dritte Kernstück unseres Antrages ist die
    Schaffung wesentlich höherer Freibeträge, als wir sie heute haben, nämlich einen Freibetrag von 1500 DM für jeden Steuerpflichtigen ohne Rücksicht auf sein Einkommen und 1000 DM für die Ehefrau und jedes Kind.
    Nun komme ich auf einen Vergleich zurück, den der Herr Bundesfinanzminister im letzten Jahr angestellt hatte, nämlich auf den Vergleich mit England. Wir haben diesen Vergleich schon seinerzeit aufgegriffen und darauf hingewiesen, daß in England eine dreiköpfige Arbeiterfamilie — überhaupt eine dreiköpfige Familie — erst dann Steuern zu bezahlen braucht, wenn sie ein Einkommen von 3600 Mark im Jahr hat. Dieser Betrag ist jetzt in der letzten Steuerreform des englischen Schatzkanzlers, obwohl er wegen der Rüstungsausgaben die Einkommensteuer auf allen anderen Gebieten erhöhen mußte, noch erhöht worden, so daß jetzt in England die dreiköpfige Familie einen Steuerfreibetrag von 3900 Mark hat. An diese Beispiele sollten wir uns halten, und ich darf noch einmal den Satz aus dem Sonne-Gutachten wiederholen: ,,... die niederen Einkommensgruppen tragen zurzeit mehr als einen gerechten Anteil an der Steuerlast." — Darum unser Antrag auf die erhöhten Freibeträge.
    Ich komme noch einmal zurück auf die verdienstvollen Ausführungen des Kollegen Bodensteiner in der „Welt der Arbeit". Er hat folgendes berechnet: Während bei einem Einkommensteuerpflichtigen vor der Steuerreform die Lohnsteuer 31 DM im Jahr betrug, betrug sie nach der Steuerreform 7 DM. Die ganze Senkung machte also 24 DM aus. Aber die Verbrauchssteueränderungen, rechnet er aus, haben dazu beigetragen, daß der Einkommensteuerpflichtige im Jahre 1949/50 238 DM seines Einkommens für indirekte Steuern aufbringen mußte, im Jahre 1951/52 aber 372 DM. Diese kleine Steuerschenkung von 24 DM bei diesen Einkommen wird also durch eine Erhöhung der indirekten Steuern um etwa 150 DM vollauf aufgehoben. Der Grund liegt eben darin, daß sich das Verhältnis der indirekten Steuern zu den direkten Steuern im letzten Jahr wesentlich zuungunsten der indirekten Steuern verändert hat. Im Jahr 1949 betrugen die Steuern vom Einkommen 48 %, im Jahre 1949/50 43 % und im dritten Vierteljahr 1950 35 %, während sich in derselben Zeit die Steuern vom Verbrauch von 52 % auf 65% erhöht haben. Wenn der Herr Bundesfinanzminister in einer seiner Reden zu den Steuerreformen erklärt hat, daß „der unbekannte Steuerzahler die Grundlage unserer Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik sein müsse und moralisch und leistungsmäßig betrachtet im Zusammenbruch begriffen sei", dann liegt die Richtigkeit dieser Bemerkung weniger an den direkten Steuern als vor allen Dingen- an dieser Belastung durch die indirekten Steuern.

    (Abg. Euler: Die ganze Rechnung ist falsch!)

    Von unserem Antrag versprechen wir uns — das ist auch wichtig, wir begründen ihn also nicht nur mit diesen sozialen Gesichtspunkten — eine wesentliche Verwaltungsersparnis. Wir hätten Millionen von Steuerpflichtigen weniger. Die Steuerverwaltung sollte sich mit wichtigeren Aufgaben beschäftigen als mit der Veranlagung von Steuerpflichtigen, die geringe Wochen- und Monatslöhne haben. Ich darf Ihnen einmal ein Beispiel nennen: Wochenlohn von 50 DM;

    (Abg. Kunze: Wird ja gar nicht veranlagt!)

    bei 2 Kindern beträgt die Steuer sage und schreibe
    43 Pfennig. Bei einem Wochenlohn von 60 DM


    (Dr. Koch)

    und 3 Kindern beträgt die Steuer sage und schreibe 28 Pfennig. Bei einem Monatslohn in Höhe von 140 DM beträgt die Steuer bei Verheirateten ohne Kinder 55 Pfennig, bei einem Monatslohn von 200 DM bei 2 Kindern 80 Pfennig. Die Finanzbeamten sollten andere und wichtigere Aufgaben erfüllen, als sich mit diesen Pfennigbeträgen zu beschäftigen. Die Tausende von Finanzbeamten, die wir sparen könnten, wenn wir von der Besteuerung dieser kleinen Einkommen durch eine Erhöhung der Freibeträge, wie sie unser Antrag verlangt, abgingen, könnten sich mit den großen und größeren Einkommen beschäftigen. Sie könnten dazu übergehen, nun endlich einmal die Steuererklärungen der Jahre 1949 bis 1950 zu prüfen, während sie heute noch mit der Prüfung der Steuererklärungen für die Jahre 1947 bis 1948 beschäftigt sind und noch nicht einmal an die Prüfung der so wesentlichen D-Mark-Eröffnungsbilanzen herangehen konnten.
    Wir haben, wie ich vorhin schon einmal sagte, von 22 Millionen Erwerbspersonen 6 Millionen, die im Monat unter 100 DM verdienen. Sie zahlen keine Steuern. Das ist in Ordnung; denn sie haben einen Anspruch auf die Hilfe dieser Bundesrepublik. Nun kommt aber die zweite Gruppe. Wir haben 8,3 Millionen Erwerbspersonen, die zwischen 100 und 250 DM verdienen. Ich will einmal unterstellen, daß von diesen etwa 4 Millionen Steuern zahlen, aber in Pfennigbeträgen, wie ich Ihnen vorgerechnet habe. Wir haben 5 Millionen Steuerpflichtige, die ein Einkommen zwischen 250 und 400 DM haben. Wenn wir die von uns vorgeschlagenen Freibeträge in das Gesetz einbauen, dann würden etwa 5 Millionen Steuerpflichtige überhaupt nicht mehr Steuern zu bezahlen brauchen. Eine derartige Steuervereinfachung können wir gar nicht hoch genug anschlagen.
    Ich möchte Sie auch auf ein Schreiben des Bundes der Steuerzahler verweisen, in dem mitgeteilt wird, daß man für das Steuerzahlen, vor allem bei der Lohnsteuer, nicht nur die Finanzämter, sondern auch die Verwaltungen der Betriebe in der gewerblichen Wirtschaft gebraucht. Der Bund der Steuerzahler gibt uns von einem Gutachten des Professors Dr. Schmölders Kenntnis, in dem ermittelt worden ist, daß man die Belastung der Wirtschaft durch diese Steuereinziehung mit etwa 300 bis 350 Millionen DM jährlich veranschlagen kann, eine Belastung der Wirtschaft, weil sie der Helfer der Bundesfinanzverwaltung ist, sich aber bedauerlicherweise vor allem damit beschäftigen muß, in einem allzu großen Umfang lächerlich kleine Beträge von den Steuerzahlern einzubehalten.
    Wir bitten Sie also, aus sozialen Gründen wie auch aus Gründen der Steuervereinfachung unserem Antrage zuzustimmen. Schätzen Sie den Ausfall an Steuern meinetwegen auf eine halbe Milliarde Mark oder auf noch mehr; aber setzen Sie dagegen die Ersparnis in der Bundesfinanzverwaltung oder in den Länderfinanzverwaltungen und in der Wirtschaft. Die Möglichkeiten, die Sie erhalten, wenn Sie alle Steuerbeamten ansetzen können, um dafür zu sorgen, daß die Einkommensteuern ehrlich bezahlt werden und die Steuermoral sich hebt, werden dann zu dem Ergebnis führen, daß der Ausfall nicht gleich Null ist, sondern daß sich dann noch ein wesentliches Plus erwirtschaften läßt.
    Zum letzten Punkt, zur Beseitigung der Steuertabelle B, haben wir schon wiederholt unsere Begründung angegeben. Diese Steuertabelle B ist vielleicht das Unsozialste in unserem ganzen Steuerrecht. Es ist fast völlig unbekannt, daß diese Steuertabelle seinerzeit - ich glaube, schon im Jahre 1932 oder 1933 — eingeführt wurde, weil man die Bürgersteuer in das Einkommensteuerrecht einbauen und diese Bürgersteuer auch bei den kleinen Einkommen erhalten wollte. Wir schleppen mit der Steuertabelle B also auch heute die alte Bürgersteuer in der Einkommensteuer — gerade bei den kleinsten Einkommen — fort. Aus diesem Grunde sollten wir die Steuertabelle B, die wahrscheinlich fast nichts einbringt und lediglich Arbeit macht, beseitigen. Auch das liegt auf der Linie unserer Anträge über die Freibeträge.
    Aus all diesen Gründen, aus sozialen Gründen, aber auch aus Gründen der Steuervereinfachung, bitten wir, unseren Antrag anzunehmen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oskar Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Ich hatte schon letzthin Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß die Entwicklung des Verhältnisses zwischen den direkten und indirekten Steuern immer mehr zu einer Belastung der Massen auf dem Wege der indirekten Besteuerung führt, und ich habe an Hand der Zahlen, die von der Regierung für das Jahr 1950 veröffentlicht worden sind, den Nachweis geführt, daß die Einnahmen, die im vergangenen Jahr im Bund und in den Ländern eingekommen sind, zu 82 % auf dem Wege der Massenbesteuerung aufgebracht wurden. In diese Zahlen hatte ich auch 'die Lohnsteuer mit einbegriffen. Es ist j a erwiesen, daß gerade die Lohnsteuer eines der Mittel ist, die der Regierung die Finanzierung ihrer Politik ermöglichen soll. Dabei muß man — das wurde bereits vor kurzem von meinem Freunde Renner hier ausgeführt — berücksichtigen, daß es im Bereich der Bundesrepublik ungefähr 6,7 Millionen Menschen gibt, die ein monatliches Einkommen von weniger als 100 Mark haben, und rund 8,7 Millionen Menschen, deren Einkommen zwischen 100 und 200 Mark beträgt. Bei diesen Zahlen muß natürlich berücksichtigt werden, daß diese Einkommen eine sehr relative Bedeutung haben, weil die fortgesetzten Preissteigerungen und die indirekte Steuerbelastung zu einer immer schärferen Abwertung der realen Kaufkraft dieser Einkommen führen mußten.
    Nun hat Herr Schäffer von dieser Stelle aus vor kurzem zum Ausdruck gebracht, daß auch nach seiner Meinung ein monatliches Einkommen von 300 Mark das Mindeste dessen sei, was unter den heutigen Verhältnissen zum Lebensunterhalt erforderlich sei. Er und auch die hinter ihm stehenden Parteien hätten daraus die Schlußfolgerung ziehen müssen, bei der Gestaltung der Tarife für die Einkommen- und Lohnsteuer den Tatbestand insgesamt zu berücksichtigen. Das hat er natürlicherweise nicht getan, und das werden logischerweise auch wohl die Regierungsparteien nicht tun, weil ihre Politik ja darauf abgestellt ist, auf dem Wege der Massenbesteuerung die Mittel für die Politik der Bonner Regierung für den Petersberg zu schaffen.

    (Widerspruch bei den Regierungsparteien.)

    Die Schlußfolgerung aber ziehen wir in unserem Antrag, in dem wir zum Ausdruck bringen, daß


    (Müller [Frankfurt])

    wir sämtliche Einkommen bis zu 300 DM monatlich oder 3 600 DM jährlich steuerfrei gestellt wissen wollen, die Einkommen von 3 600 DM bis 6 000 DM in der Höhe besteuert wissen wollen, wie es bis jetzt für die Einkommen bis zu 3 600 DM gilt. Das wäre wenigstens ein Schritt in der Richtung einer Entlastung der Massen. Wir bitten deshalb, diesem unserem Antrage die Zustimmung zu geben.

    (Beifall bei der KPD.)