Rede:
ID0114504000

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    Vokabeln: 7
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    5. Herr: 1
    6. Bundesminister: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag; den 31. Mai 1951 5709 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 5710A, 5744C Zur Tagesordnung 5710A, 5747C Freudenberg (FDP) 5747C Mellies (SPD) 5747C Schröter (CDU) 5747D Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt- und KSt-Änderungsgesetz 1951 (Nrn. 1982, 2212, zu 2212 der Drucksachen); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Umdruck Nrn. 186, 191, 192, 193, 195, 196, 197, 199, 200) 5710B Zur Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 5710B Schröter (CDU) 5710C Zur Sache: Dr. Koch (SPD) . . . 5710D, 5729D, 5733A, 5734B, 5737D, 5744C Dr. Ringelmann, Staatssekretär im Bayerischen Finanzministerium . . 5713B 5718C Müller (Frankfurt) (KPD) 5715C, 5720A, 5736C Dr. Wellhausen (FDP) 5717A Dr. Bertram (Z) . . . 5719B, 5727D, 5732B Neuburger (CDU) 5720C, 5731D, 5737B, 5742A Kurlbaum (SPD) 5720D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5721C, 5725B, 5731A, 5733C, 5739D Frau Wessel (Z) 5722D Dr. Greve (SPD) 5723C Frau Lockmann (SPD) . . . 5724A, 5737A Farke (DP) 5726B Frau Dr. Weber (Essen) ,(CDU) . . 5726D Loritz .(WAV) 5727C Pelster (CDU) 5729A Horn (CDU) 5729C Dr. Dr. Höpker-Aschoff '(FDP). . 5732D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 5738B Lausen (SPD) 5740C Ewers (DP) 5743A Dr. Bucerius (CDU) 5746A Zur Abstimmung: Dr. Koch (SPD) 5746B Müller (Frankfurt) (KPD) 5747A Abstimmungen: . 5719A, 5722B, 5733C, 5737C, 5738A, 5740A, 5744D, 5747B Fortsetzung der zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (Nr. 2061 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (il. Ausschuß) (Nrn. 2213, 2286 der Drucksachen) 5747C, 5748A Freudenberg (FDP) (zur Geschäftsordnung) 5747C Dr. Povel (CDU), Berichterstatter . 5748A Mertins (SPD) 5748C Abstimmung 5749D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2245 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 108 Absätze 1, 2 und 4 des Grundgesetzes (Nr. 2268 der Drucksachen) 5747C, 5750A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5750B, 5754D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5752B Lausen (SPD) 5753A Renner (KPD) 5756B Ausschußüberweisung 5758A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das -Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan IV - Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts - (Nr. 1904 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr.172) in Verbindung mit Einzelplan IV b - Haushalt für Angelegenheiten des Europarats und verwandter Gebiete - (Nr. 1927 der Drucksachen) 5758A, C, 5764A Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5758B Mellies (SPD): zur Geschäftsordnung . . 5758B, 5765A zur Sache 5768C Dr. Blank (Oberhausen) (CDU), Berichterstatter 5758C, 5764A Dr. Wuermeling (CDU): zur Geschäftsordnung 5764C zur Sache 5772C Dr. von Campe (DP) 5765B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 5771D, 5778C, 5800D Dr. Luetkens (SPD) . . . . 5773D, 5801D. Fisch (KPD) 5782C Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) (zur Geschäftsordnung) . . 5785A, 5788D Dr. Bertram (Z) (zur Geschäftsordnung) 5785A, 5789A Loritz (WAV): zur Geschäftsordnung 5785A zur Sache 5785B, Dr. von Brentano (CDU) (zur Geschäftsordnung) 5789A Dr. Reismann (Z) 5789C Fürst zu Oettingen Wallerstein (BP) 5793C Dr. Vogel (CDU) 5794Ç Ollenhauer (SPD) 5797B von Thadden (DRP) 5802A Abstimmungen 5802C Nächste Sitzung 5803B, D Die Sitzung wird um 13 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Gertrud Lockmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Mein
    Herren und Damen! Ich freue mich außerordentlich, daß Frau Wessel die von mir in der zweiten Lesung vorgebrachten Argumente heute so außerordentlich gut unterstützt hat. Wir wiederholen heute unseren Antrag mit Nachdruck. Ich hatte das vorige Mal versäumt zu sagen, daß dieser Antrag im Finanzausschuß bereits angenommen war. Der Bundestag konnte sich aber zur Annahme nicht entschließen.
    Ich möchte annehmen, daß die Diskussionen, die in der vorigen Lesung geführt wurden, noch in der Erinnerung der Abgeordneten lebendig sind. Sie haben in der Öffentlichkeit — nicht etwa nur bei den Frauen, sondern ebenso bei den betroffenen Männern — einen außerordentlich lebhaften Protest ausgelöst.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Soweit bekanntgeworden ist, besteht in der Öffentlichkeit — einschließlich der Frauen der politischen Parteien — die einhellige Meinung, daß die Aufhebung des § 43 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung nicht nur einen Schritt zurück zum Kochtopf, sondern auch, wie das hier in der zweiten Lesung schon ausgeführt wurde, einen Schlag gegen die Gleichberechtigung der Frau bedeutet. Man werfe nur einen Blick in die Leserbriefe und Leitartikel der Tageszeitungen! Ich beziehe mich auch auf die Resolutionen und Telegramme der Frauenorganisationen, der Gewerkschaften, ja sogar der Bürgervereine, die inzwischen auch dem Bundestag, dem Bundeskanzler und dem Herrn Bundesfinanzminister zugegangen sind.
    Meine Herren und Damen, Sie werden mir doch zugeben, daß nicht alle diese Kreise, die Protest eingelegt haben, der Sozialdemokratie unbedingt nahestehen.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Widerspruch in der Mitte.)

    Die allgemeine Meinung geht dahin, daß Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit oberster Grundsatz des Steuerrechtes sein müssen, daß aber in diesem Falle der Grundsatz verletzt wird.

    (Abg. Euler: Das stimmt ja gar nicht!)

    Was können denn die Befürworter dieser Maßnahme an Argumenten vorbringen? Die CDU, die durch Frau Dr. Weber vertreten wurde, ließ vortragen, daß die Voraussetzung für eine christliche Ehe die Haushaltsbesteuerung sei.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Essen] : Das ist ja nicht wahr! — Weiterer lebhafter Widerspruch in der Mitte.)

    In der Zusammenveranlagung glaubt man also eine bessere Grundlage für die christliche Ehe zu haben

    (Zurufe von der CDU.)

    Es ist nachzuweisen, daß sich aus der Zusammenveranlagung gerade ein Zustand entwickelt, den niemand von den in diesem Hause vertretenen Parteien begrüßen könnte und den herbeizuführen sich auch niemand anschicken sollte.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Dann würde nämlich die billigere Lebensgemeinschaft vor der Ehe bevorzugt, also die Lebensgemeinschaft, die im Volksmunde die wilde Ehe genannt wird. Man würde also bereit sein, auf die Ehe zu verzichten, weil diese andere Lebensgemeinschaft nicht dem gleichen steuerlichen Druck wie die Ehe ausgesetzt wäre, obgleich die erstere wirtschaftlich keine geringere Stärke hätte.
    Ein zweiter Gesichtspunkt wäre, aus steuerlichen Gründen, besonders bei wirtschaftlicher Notlage, eine Scheinscheidung herbeizuführen, die sich schon in wenigen Monaten bezahlt machen würde.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Diese materielle Bewertung der Ehe kennen wir nicht! — Lachen und Gegenrufe bei der SPD. — Abg. Dr. Greve: Sie gehen ja in anderen Kreisen spazieren, nicht bei uns!)

    — Herr Wuermeling, die Praxis! — Der Herr Finanzminister hat in einem mir bekanntgewordenen Brief vom 29. August 1950 gesagt, die Zusammenveranlagung erkläre sich ideell durch das Wesen der Familiengemeinschaft, wirtschaftlich durch die erhöhte Leistungsfähigkeit. Ich muß jetzt den Herrn Minister fragen: Hält er denn die andere Gemeinschaft, die Lebensgemeinschaft, im Volksmund „wilde Ehe" genannt, etwa für ideell oder gar für ideal? Als Beweis dafür nehme ich auf einen Leserbrief Bezug, aus dem ich eine Stelle wörtlich vortrage:
    Wie tröstlich ist es doch, daß der Staat, der vor 10 Jahren die Eheleute steuerlich so brutal getrennt hat, sie nun nach den Opfern und Verlusten des Krieges in trauter ehelicher Steuereinheit wieder verbindet.

    (Lachen.)

    Welch ein Symbol!

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Ach Gott! — Zuruf rechts: So ein Quatsch! — Weitere Gegenrufe rechts.)

    Auf die Ungerechtigkeit der Zusammenveranlagung habe ich in der zweiten Lesung hingewiesen. Die Öffentlichkeit hat auch folgerichtig darauf reagiert. Steuerlicher Gerechtigkeit kommt das amerikanische Steuerrecht am nächsten, weil es zu einer echten Begünstigung der Ehe führt. In den USA werden die Eheleute getrennt veranlagt. Wenn sich aber der amerikanische Steuergesetzgeber durch eine gesunde Steuergesetzgebung in die Lage versetzt, über so ausreichende Steueraufkommen zu verfügen, daß davon über die Mittel des Marshallplans erhebliche Gelder an Deutschland gegeben werden können, so wäre es Pflicht


    (Frau Lockmann)

    des deutschen Gesetzgebers, sich gleichfalls einer gesunden und vor allem gerechten fortschrittlichen Besteuerung zu befleißigen.

    (Anhaltende Unruhe.)

    Wenn in der Debatte gesagt worden ist, daß steuerpolitisch gesehen gar kein Interesse daran bestünde, die Ehefrau zu begünstigen, da noch so viele Arbeitslose vorhanden seien, dann dokumentiert die Regierung damit, daß sie sich selbst als unfähig erkennt, die Arbeitslosen von der Straße zu bringen, und andere werden dafür bestraft.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Wuermeling: Das ist ja lächerlich! Hat denn das noch mit Logik zu tun? — Weitere Zurufe von der Mitte und rechts.)

    — Es kommt auf das Maß an, das man anlegt,
    Herr Wuermeling!

    (Zuruf des Abg. Renner. — Anhaltende Zurufe links.)

    Die Vergangenheit lehrt, daß man so weitgehende Ermächtigungen nicht geben soll, wie sie in § 51 vorliegen, die die Auslegung von Gesetzen in das Ermessen der Verwaltung stellen, anstatt sie, wie es der rechtsstaatliche Gedanke verlangt, der Rechtsprechung zu überlassen. Wir haben es 1934 schon einmal erlebt, daß durch eine unüberlegte Gesetzesermächtigung Rechtsprechung, Verwaltung und Gesetzgebung praktisch in eine Hand gelegt wurden. Gerade aus diesen Gründen, um dieser Unsicherheit zu begegnen, beantragen wir, daß der § 43 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung nicht etwa nur aufrechterhalten wird, sondern darüber hinaus Gesetzesfunktion erhält.
    Es ist anzunehmen, daß, wenn unser Antrag nicht angenommen wird, beherzte Vertreter einer gerechten und gleichmäßigen Besteuerung einmal den Versuch unternehmen werden, einen Musterprozeß beim Finanzgericht anzustrengen. Darüber hinaus — das hat mein Freund Greve schon vorgetragen — wird sich auch das Bundesverfassungsgericht mit der Frage zu beschäftigen haben.
    Ich habe daher im Namen aller berufstätigen Frauen hier vorzutragen.

    (Zurufe von der Mitte: Nicht alle! — Große Unruhe.)

    daß diese Steuervorlage nur die Ärmsten und Begabtesten, nämlich diejenigen trifft, die aus innerem oder aus äußerem Zwang arbeiten, d. h. aus Liebe zum Beruf. Ich appelliere daher an die männlichen Kollegen der CDU und der Parteien weiter rechts, die ja durch ihre Mehrheit in diesem Hause die Entscheidung herbeiführen. Die fortschrittlichen Kollegen sitzen auf der linken Seite!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Lachen in der Mitte und rechts. — Zuruf rechts: Natürlich!)

    Meine Herren der Rechten, die Ablehnung unseres Antrags — glauben Sie es mir — könnte dazu führen, daß Sie einen großen Teil von Frauensympathien in Deutschland einbüßen werden.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

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    Rede von Fritz Schäffer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst muß ich eine sachliche Berichtigung vornehmen. Aus den Vorreden hat es so herausgeklungen, als ob die Reden gegen böse Vorschläge einer bösen Bundesregierung gehalten werden müßten. Ich stelle zunächst fest, daß zu diesem Punkt überhaupt keine Vorschläge der Bundesregierung vorliegen.

    (Zuruf von der SPD: Vorsichtig!)

    Ich stelle fest, daß lediglich im Laufe der Debatte davon gesprochen worden ist, ob § 43 der Steuerdurchführungsverordnung beibehalten werden soll, und daß ich erklärt habe, daß nach meiner Überzeugung der § 43 der Steuerdurchführungsverordnung nicht beibehalten werden kann. Er wird für dieses Jahr noch laufen, aber eine Änderung vom Jahre 1952 ab muß erfolgen.
    Nun bitte ich, bei Steuergesetzen nicht sofort in allgemeine Debatten über allgemeine Prinzipien einzutreten, sondern sich zu überlegen, was die Steuergesetze wollen und wieweit sie eine wirkliche Anwendung auf diese Prinzipien darstellen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich bin mit der Rednerin des Zentrums wohl darin einig, daß wir uns in unserem politischen Leben die Aufrechterhaltung von Ehe und Familie als Ziel setzen sollten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das Grundprinzip der Ehe und das, was sie heiligt, ist 'das Kind.

    (Abg. Renner: Und die Kinder lassen Sie verhungern!)

    Wenn wir die Ehe aufrechterhalten wollen, müssen wir überlegen, ob die Steuergesetze, die auf die Eheleute Anwendung finden, die kinderreichen Familien benachteiligen oder nicht.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr gut!)

    Die jetzige Handhabung des § 43 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung führt dazu, daß ein Ehepaar mit 5 Kindern, wo der Mann verdient, weil die Frau ihre mütterlichen Pflichten erfüllt und nicht in Arbeit gehen kann, mehr Steuern zahlt als zwei Doppelverdiener, die kinderlos sind, wenn sie getrennt veranlagt werden.

    (Hört! Hört! und Beifall in der Mitte und rechts. — Abg. Dr. Greve: Das Grundgesetz! — Abg. Dr. Wuermeling: Unhaltbarer Zustand! — Unruhe links.)

    Wenn ich also die Ehe aufrechterhalten will und wenn ich in der Ehe den Zweck sehe, das Kind großzuziehen, und wenn ich an die kinderreiche Familie denke, dann müssen Sie mir zugeben, daß eine solche steuergesetzliche Bestimmung revisionsbedürftig ist.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte.)

    Ich darf weiter daran erinnern, daß der Hinweis auf die Vereinigten Staaten von Amerika weder vom sozialen Standpunkt noch vom Standpunkt der Ehe und Familie glücklich gewählt gewesen ist.

    (Abg: Dr. Wuermeling: Sehr gut!)

    Er ist vom Standpunkt der Ehe und Familie nicht glücklich gewählt, weil Amerika zu diesem System nur gekommen ist, da einzelne Staaten — insbesondere im Süden der Vereinigten Staaten — ein Güterrecht kennen, das unserer Auffassung von der Ehe vollkommen widerspricht, indem nicht wie bei uns in der Ehe nach dem Grundsatz unseres bürgerlichen Güterrechts alles, was die Eheleute an gemeinsamem Vermögen haben, in Verwaltung und Nutznießung als eine Einheit gilt, sondern dort der Grundsatz der reinen Trennung des Vermögens der beiden Eheteile ausgesprochen ist. Um hier die Durchführung in allen Ländern einheitlich


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    zu gestalten, haben sich die Vereinigten Staaten zu diesem System des splitting entschlossen. Und wer läuft dagegen Sturm in den Vereinigten Staaten? Es sind die Gewerkschaften, die Trade Unions, die dagegen Sturm laufen und mit Recht dagegen Sturm laufen, weil sie sehen — es würde sich übrigens auch bei uns so auswirken —, daß den Vorteil des splitting nicht die Wenig-Verdienenden, sondern die Hoch-Verdienenden haben. Denn es wirkt sich um so mehr aus, je höher die Steuerprogression ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wenn ich den Eventualantrag im Umdruck Nr. 199 ansehe, dann scheint mir darin schon eine Erkenntnis über das Zutreffende des eben Gesagten zu liegen, weil ja hier schon davon ausgegangen ist, daß die Trennung nur für die Fälle aufrechterhalten bleiben soll, in denen ein bestimmtes Mindesteinkommen nicht überschritten wird. Darin liegt doch wohl die Erkenntnis, daß bei den höheren Einkommen der Vorteil ungerechtfertigt hoch ist.
    Weiter darf ich noch sagen — weil vom Art. 3 des Grundgesetzes gesprochen worden ist —: Wir haben ja heute schon praktisch den Zustand, daß zwei nur Lohnsteuerpflichtige, die nicht veranlagt werden, wenn sie verheiratet sind und Kinder haben, beide die Kinderermäßigung genießen. Das Grundgesetz Art. 3 geht gewiß von der Gleichberechtigung der Frau aus, es geht aber nicht von der Behauptung aus, daß sowohl Mann wie Frau Kinder kriegen würden.

    (Große Heiterkeit. — Abg. Dr. Greve: Dahin werden Sie gewiß noch kommen, wenn Sie so weitermachen!)

    Diese Änderung des Naturgesetzes bringt auch unser Grundgesetz nicht zustande.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Ich muß also feststellen, daß der Art. 3 des Grundgesetzes mit dieser Handhabung sehr wenig zu tun hat.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich halte es für notwendig, daß wir den § 43 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung mit seinen verschiedenen Nachteilen — insbesondere für die kinderreiche Familie — einer Revision unterwerfen. Die Bundesregierung würde dabei daran denken, für die in nichtselbständiger Arbeit Stehenden unter einer bestimmten Einkommensgrenze, insbesondere soweit sie nicht veranlagungspflichtig sind, die getrennte Veranlagung beizubehalten, aber über eine gewisse Grenze hinaus besteht keine Veranlassung dazu, und vor allem muß die Benachteiligung der kinderreichen Familien aufgehoben werden.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Damit Sie aber der Bundesregierung die Möglichkeit geben können, diese Einkommensteuer-Durchführungsverordnung § 43 zu ändern; müssen Sie ihr die Freiheit lassen. Deswegen bitte ich, die Abänderungsanträge abzulehnen.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Dr. Greve: In Karlsruhe sehen wir uns wieder, Herr Minister!)