Rede von
Georg
Kurlbaum
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure es, daß, nachdem in der zweiten Lesung auf Grund unseres Antrages eine sehr einfache und klare Regelung dieser Angelegenheit getroffen worden ist, nunmehr wieder zwei Änderungsanträge eingebracht worden sind. Ich bedaure das ganz besonders deshalb, weil die von uns vorgeschlagene Regelung eine sehr günstige Reaktion in der Öffentlichkeit gefunden hat. Ich verweise nur auf die Zeitung „Die Welt", die diesen Tag den „schwarzen Tag der Spesenritter" genannt hat.
Ich möchte deshalb die Koalitionsparteien fragen, ob sie etwa die Absicht haben, jetzt die „Spesenritter" wieder in den Sattel zu heben.
Im übrigen möchte ich mich auch auf die Ausführungen von Herrn Staatssekretär Ringelmann beziehen, der wiederholt darauf hingewiesen hat, daß zum Zwecke einer Verringerung der Belastung der Finanzämter eine wirklich einfache Lösung notwendig ist.
Nun zu den einzelnen Anträgen, zunächst zu dem Antrag des Zentrums, Umdruck Nr. 196. Ich anerkenne die Liebe, mit der sich Herr Dr. Bertram diesem Thema gewidmet hat; er hat sozusagen eine
wahre Doktorarbeit über die Spesenverrechnung verfaßt. Aber, meine Damen und Herren, gerade das Einfache, hier eine Lösung zu finden, die die Finanzverwaltung mit einem Minimum an Arbeit belastet, hat er mit seinem Vorschlag bestimmt nicht getroffen. Es würde mich daher außerordentlich interessieren, einmal den Standpunkt des Bundesfinanzministers zu dieser Frage zu hören, der doch auch immer so sehr für wirklich einfache Lösungen eintritt.
Im einzelnen ist zu dem Antrag des Zentrums folgendes zu sagen. Wenn er von dem Durchschnitt der jeweiligen Branche spricht, so möchte ich darauf hinweisen, daß ja leider gerade durch den umfangreichen Mißbrauch dieser Institution der Durchschnitt viel zu hoch liegt.
Zum andern ist in dem Antrag von ausländischen Geschäftsfreunden die Rede. Auch der Deutsche Industrie- und Handelstag hat sich berechtigt gefühlt, gerade im Interesse des Exports hierzu etwas zu sagen. Aber, meine Damen und Herren, ich kenne diese Dinge nun wirklich aus der Praxis. In einem vernünftig geleiteten Unternehmen der Exportindustrie betragen diese Aufwendungen den Bruchteil eines Prozents des Umsatzes. Wenn gestern im Finanzausschuß beschlossen worden ist, nun endgültig dem Plenum das Gesetz zur Förderung der Ausfuhr vorzulegen, und wenn man überschläglich heute schon sagen kann, daß die Exportindustrie auf Grund dieser Bestimmungen ungefähr 10 % ihres Umsatzes auf diesem Wege zurückbekommen wird, dann wird man sich ja wohl auf den Standpunkt stellen müssen, daß diese ganz geringfügigen Aufwendungen für die Bewirtung von ausländischen Geschäftsfreunden, immer bezogen auf den Umsatz, aus diesen 10 % bestritten werden können, wenn sie vernünftigerweise nur einen Bruchteil eines Prozents betragen.
Nun zu dem Antrag Umdruck Nr. 197 der Koalitionsparteien! Dieser Antrag bringt eigentlich überhaupt keine Lösung des Problems. Er beauftragt sozusagen nur den Finanzminister, dieses Problem an Stelle des Bundestages zu lösen, und wir müssen nach wie vor ebenso wie auch bei der Regierungsvorlage beanstanden: Wir sehen noch nicht, wie eine Begrenzung der Ausgaben nach oben "vorgenommen werden soll, und wir sehen zweitens noch nicht, wie eine Kontrolle erfolgen soll, daß diese Ausgaben wirklich für die Zwecke, für die sie vorgesehen sind, ausgegeben werden. All das bleibt offen, und die Formulierung der Koalitionsparteien stellt also eine völlige Blankovollmacht an den Finanzminister dar. Nach den bisherigen Erfahrungen, die wir mit den Vorschlägen gemacht haben, welche von dieser Seite gekommen sind, haben wir mit Recht die Vermutung, daß auch der Bundesfinanzminister auf dem Wege der Rechtsverordnung mit Vorschlägen herauskommen wird, die unsere Billigung nicht finden werden.
— Das genügt uns nicht; wir wollen selber dabei mitwirken. Wir beanstanden, insbesondere, daß diese Vollmacht in keiner Weise eingeschränkt ist. Das zum Sachlichen.
Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß der
Antrag auf Umdruck Nr. 197 sogar Art. 80 des Grundgesetzes widerspricht. In Art. 80 des Grundgesetzes ist bezüglich der Rechtsverordnungen ausdrücklich gesagt: „Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden." Über das Ausmaß, wie hier von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werden soll, ist überhaupt nichts gesagt. Wir stehen also auf dem Standpunkt, daß die von den Regierungsparteien gewählte Formulierung dem Grundgesetz widerspricht, und bitten Sie daher, beide Anträge abzulehnen.