Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich für den Bundesratsfinanzausschuß einige Ausführungen zu dem Ihnen vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes mache.
Der Bundesrat hat bekanntlich bereits am 16. Februar 1951 zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Seine Stellungnahme liegt Ihnen als Anlage 2 der Drucksache Nr. 1982 vor. Mit den nunmehr in Drucksache Nr. 2212 enthaltenen Anträgen Ihres Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen hat sich der Bundesratsfinanzausschuß in der letzten Woche befaßt. Er vertritt folgende Anschauung. Wenn der Gesetzentwurf in der im Umdruck Nr. 186, also in der neuesten Zusammenstellung vorliegenden Fassung angenommen wird, wird die Einkommen- und die Körperschaftsteuerveranlagung nicht vereinfacht, sondern zum Teil noch erschwert, so daß der Entwurf wohl nicht mehr als ein Gesetzentwurf zur „Vereinfachung" des Einkommen- und des Körperschaftsteuergesetzes bezeichnet werden kann.
Er vertritt weiter die Anschauung, daß das auch im Interesse der Finanzen des Bundes und der Länder erwartete Mehraufkommen an Einkommen- und an Körperschaftsteuer nicht erreicht werden wird. Ich darf hierzu bemerken, daß dieses Mehraufkommen bereits bei einer Reihe von Verhandlungen in Rechnung gestellt wurde. Der Bund und die Länder stehen insbesondere vor sehr großen Erhöhungen ihrer Besoldungs-, Vergütungs- und Lohnausgaben. Ich komme soeben von den Verhandlungen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, die sich mit der Frage der Neuregelung der Angestelltenbezüge und der Erhöhung der Arbeiterlöhne befaßt. Nach der bisherigen Entwicklung der Verhandlungen kann ich berichten, daß mit ganz erheblichen Mehrbeträgen zu rechnen ist, für die zumindest die Länder — auch die reichen Länder — voraussichtlich keine ausreichende Deckung haben werden.
— Die Verringerung der Zahl der Angestellten würden wir sehr gern vornehmen, wenn sie möglich wäre.
Auch die Aufgaben, die diese Angestellten wahrzunehmen haben, würden wir gerne gleichzeitig verringern. Unser Bestreben geht ja — das darf ich wohl für alle Länder sagen — dahin, die Aufgaben so rasch als möglich abzubauen. Auf der anderen Seite müssen wir aber die Wahrnehmung machen, daß uns fast täglich neue Aufgaben überbürdet werden, zu deren Erfüllung wir einen Apparat brauchen, für den das derzeit vorhandene Personal unter Umständen nicht einmal ausreicht. Ich denke nur daran, welche Personalvermehrungen für die Intensivierung der Steuerveranlagung, der Steuerprüfung und der Steuerfahndung notwendig sind. Wenn man alle diese Ausgaben berücksichtigt, so besteht kein Zweifel, daß die Finanzdecke für die Länder nicht zureicht.
Ich darf nun nach diesem Exkurs auf die Ihnen im Umdruck Nr. 186 vorliegende Zusammenstellung zurückkommen. Hierzu darf ich folgendes bemerken.
Trotz Ablehnung durch den Bundesrat ist § 1 Nr. 3 des Entwurfs, der eine Neufassung des § 7 a des Einkommensteuergesetzes bringt, nicht nur beibehalten, sondern durch Einfügung eines Abs. 3 in § 7 a noch erweitert worden. Der Bundesrat hat von der völligen Streichung des § 7 a mit seinen Bestimmungen über die Bewertungsfreiheit für Ersatzbeschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter eine wirksame Vereinfachung der Veranlagung und auch eine ganz erhebliche Verbesserung des Steueraufkommens erwartet. Er erachtet auch ein Bedürfnis für die von der Bundesregierung vorgesehene teilweise Aufrechterhaltung der Bewertungsfreiheit für die politisch und rassisch Verfolgten sowie für die Heimatvertriebenen als nicht gegeben. Aber selbst wenn man sich mit § 7 a Abs. 1 und 2 in der Fassung der Regierungsvorlage abfinden könnte, so kann man doch nicht verschweigen, daß der vom Bundestag eingefügte Abs. 3 auch in der Fassung, die er durch die Umdrucke Nr. 179 Ziffer 1 und Nr.
178 erhalten soll, vom Standpunkt der Vereinfachung der Gesetzgebung und Verwaltung als außerordentlich bedenklich erscheint. Zunächst muß betont werden, daß dieser Abs. 3 einen Ausgleich für Schäden vorsieht, deren Regelung ausschließlich dem Lastenausgleich vorbehalten bleiben sollte. Die Einfügung dieses Ausgleichs in die Bestimmungen der Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzgebung über die Bewertungsfreiheit für bewegliche Wirtschaftsgüter zugunsten der Kriegs- und der Demontagegeschädigten würde die Lastenausgleichsgesetzgebung weiterhin komplizieren. Der Abs. 3 brächte aber auch gegenüber dem früheren Zustand eine weitere Komplizierung der Steuerveranlagung.
Der § 7a mit seinen Absätzen 1, 2 und 3 würde endlich den durch § 7 a — bisherige Fassung — bedingten Steuerausfall so wenig herabmindern, daß es wohl überhaupt keinen Zweck hätte, den neuen Paragraphen durch komplizierte Vorschriften zu ersetzen. Der Bundesrat glaubt nicht, daß es zweckmäßig ist, diesen § 7a — neue Fassung — überhaupt in das Gesetz aufzunehmen. Er hält es aber für ganz bedenklich, nunmehr auch diesen Abs. 3 bezüglich der Fliegerschäden und der Demontagegeschädigten aufzunehmen; denn praktisch ist das, wie gesagt, nichts anderes als eine teilweise Vorwegnahme des Lastenausgleichs, die sich bei der Lastenausgleichsgesetzgebung zweifellos durch eine Erschwerung der Verhandlungen rächen wird.
Auch gegen die vom Bundestag eingefügte Bestimmung des § 7 c Buchstabe e, d. h. gegen die zusätzliche Vergünstigung für solche freie Wohnungsunternehmungen, die wirtschaftlich vom Steuerpflichtigen unabhängig sind und sich hinsichtlich der Verwendung der empfangenen Zuschüsse und Darlehen der Prüfung durch einen wohnwirtschaftlichen Verband unterwerfen, hat der Bundesratsfinanzausschuß Stellung genommen. Nach dem noch in Kraft befindlichen § 7 c Buchstabe e des Einkommensteuergesetzes ist die Hingabe von Zuschüssen oder von verzinslichen Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaues auch dann begünstigt, wenn der Zuschuß- oder das Darlehen an andere als gemeinnützige Unternehmen einschließlich der privaten Bauherren gegeben Wird. Der Regierungsentwurf wollte diese Vergünstigung dadurch einschränken, daß er die Abzugsfähigkeit nur noch dann zuläßt, wenn die geförderten Wohnungen für den Steuerpflichtigen selbst, seine Arbeitnehmer oder für seine Angehörigen bestimmt sind. Auf diese Weise sollten die bisher beobachteten zahlreichen Mißbräuche beseitigt werden. Der 11. Ausschuß des Bundestags hat aber nunmehr eine zusätzliche Vergünstigung für die soeben genannten freien Wohnungsunternehmungen vorgesehen. Wenn in der zweiten Lesung nach Umdruck Nr.
179 Ziffer 2 noch nähere Bestimmungen einer Rechtsverordnung vorbehalten wurden, durch die die zu befürchtenden Mißbräuche in gewissem Umfang eingeschränkt werden könnten, so kann doch von der vom Bundesrat vertretenen Anschauung nicht abgewichen werden, daß kein Bedürfnis anerkannt werden kann, privaten Bauunternehmungen, die nach ihrer Stellung im Wirtschaftlichen Leben als reine Erwerbsunternehmungen anzusprechen sind und ihre Tätigkeit nicht auf soziale Zwecke, sondern auf Gewinnerzielung" abstellen, steuerliche Vergünstigungen zu gewähren. Die von den freien Wohnungsunternehmungen handelnde Bestimmung, die dem §7 c als Buchstabe e eingefügt werden soll, bitte ich namens des Bundesrats daher zu streichen.
Nach dem neu eingefügten § 10b sind für Ausgaben zur Förderung der mildtätigen, kirchlichen, religiösen und wissenschaftlichen Zwecke und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke bis zu 5% der Einkünfte abzugsfähig. Nach dem Beschluß des Bundestages in Umdruck Nr. 167 Ziffer 1 erhöht sich der zulässige Abzug von Spenden für wissenschaftliche Zwecke um weitere 5 % der Einkünfte. Dieser Beschluß hätte zur Folge, daß auf dem Gebiet der Sonderausgaben entgegen dem ursprünglichen Entwurf . der Bundesregierung überhaupt keine Erhöhung des Steueraufkommens mehr zu erwarten wäre, sondern daß sogar mit einer Verminderung des Steueraufkommens gerechnet werden müßte. Die erwartete Beschneidung der Abzugsfähigkeit für Sonderausgaben ist nicht eingetreten. Infolge Wegfalls einiger Höchstbeträge ist die Abzugsfähigkeit vielmehr sogar erweitert worden. Selbst die mit der Herausnahme der Spenden aus den für die anderen Sonderausgaben maßgebenden Höchstbeträgen und mit der einheitlichen Behandlung aller Spenden beabsichtigte Vereinfachung der Veranlagung wird durch die Sonderbehandlung der Spenden für wissenschaftliche Zwecke wieder hinfällig. Auf diese Weise würden die §§ 10 und 10 b ein Musterbeispiel dafür sein, wie die von den Finanzverwaltungen angestrebten Beschränkungen der Sonderausgabenabzüge und die Verwaltungsvereinfachung, die man anstrebt, sich gegenteilig auswirken.
Was nun den § 26 Abs. 3 über die Haushaltsbesteuerung anlangt, so muß ich darauf verweisen, daß nach dieser Bestimmung die Ehegatten zusammenveranlagt werden, solange beide unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Bei der Zusammenveranlagung werden die Einkünfte der Ehegatten zusammengerechnet. Entgegen dieser gesetzlichen Regelung hat nun § 43 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung bestimmt, daß Einkünfte nichtselbständiger Art der Ehefrau in einem dem Ehemann fremden Betrieb bei der Zusammenveranlagung ausscheiden. Diese Bestimmung der Durchführungsverordnung ist in einer Zeit entstanden, in der der Staat ein Interesse daran hatte, daß möglichst viele Ehefrauen in den Produktionsprozeß eingeschaltet wurden. Die Finanzverwaltungen der Länder und auch das Bundesfinanzministerium schlugen vor, den § 43 wegen des Widerspruchs zu § 26 des Gesetzes und auch wegen des damit verbundenen Steuerausfalls so bald wie möglich zu beseitigen. Der 11. Ausschuß des Bundestags schlug demgegenüber vor, die bisher nur in der Durchführungsverordnung enthaltene Bestimmung nunmehr auch gesetzlich zu verankern. Dies soll durch Einfügung eines Abs. 3 in den § 26 des Gesetzes geschehen. Der Finanzausschuß des Bundesrates hat beschlossen, diesen Abs. 3 aus den vorerwähnten Gründen aus dem Entwurf wieder zu streichen. Es wurde darauf hingewiesen, daß ein Bedürfnis nach einer derartigen Regelung, die nur als Kriegsmaßnahme gerechtfertigt war, nicht mehr besteht. Außerdem wurde ausgeführt, daß die Vorschrift ein Privileg für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstelle, während Einkünfte aus freier Berufstätigkeit zusammengerechnet werden müßten. Endlich wurde darauf hingewiesen, daß der Steuerausfall bei der Annahme des Abs. 3 im Rechnungsjahr 1951 40 Millionen, im Rechnungsjahr 1952 rund 100 Millionen DM betragen würde.
Was schließlich noch den § 32b des Einkommensteuergesetzes anlangt, der die Anwendung des
0 Körperschaftsteuergesetzes auf Einkommensteuerpflichtige vorsieht, so ist hervorzuheben, daß nach übereinstimmender Auffassung des Finanzausschusses und der von ihm gehörten Steuersachverständigen die Durchführung des vom 11. Ausschuß vorgeschlagenen § 32 b sowohl für die Finanzverwaltung als auch für den Steuerpflichtigen mit großen Schwierigkeiten verbunden sein würde. Ob sich bei der Bindung auf drei Jahre und bei der vorgesehenen Nachversteuerung der nichtentnommenen Gewinne für den Steuerpflichtigen tatsächlich ein Anreiz ergibt, von diesen schwer zu handhabenden Vorschriften Gebrauch zu machen, erscheint dem Bundesratsfinanzausschuß fraglich. Auch die Festsetzung einer angemessenen Vergütung für die Tätigkeit im Unternehmen würde zweifellos zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Es tritt hier sofort die Frage auf, wer entscheiden soll, und die weitere Frage, nach welchen Grundsätzen diese Streitigkeiten im Rechtsmittelverfahren weiterbehandelt werden sollen.
Ein besonderes Bedenken besteht noch darin — auch das ist im Interesse der Steuervereinfachung beachtlich —, daß für die Zwecke der Gewerbesteuer in diesen Fällen eine besondere Veranlagung erfolgen müßte. Anderseits muß noch berücksichtigt werden, daß bei der kurzen Lebenszeit der heutigen Steuergesetzgebung nicht damit zu rechnen ist, daß derartige Vorschriften wirklich drei Jahre bestehen bleiben. Dann werden sich aber aus der Abwicklung der einzelnen Fälle weitere Komplikationen ergeben. Die Durchführung des bisherigen § 32 a des Einkommensteuergesetzes hat beispielsweise einen Fragebogen von vier Seiten erforderlich gemacht. Der neue § 32b würde bestimmt nicht weniger verwickelt sein.
Es wurde ferner darauf hingewiesen, daß gegen den vorgeschlagenen § 32 b auch sozialpolitische Gründe sprechen, weil dadurch nur Steuerpflichtige mit einem Einkommen von mehr als 300 000 DM begünstigt würden. Der Finanzausschuß des Bundesrates ist deshalb einstimmig der Auffassung, daß § 32 b des Entwurfs schon im Interesse der Finanzverwaltung zu streichen sei und daß gleichzeitig der Beschluß des Bundesrates auf Streichung des § 32 a aufrechterhalten bleiben solle. Hierbei wurde im Bundesrat auch zum Ausdruck gebracht, daß, wenn dieser § 32 b bestehen bleiben sollte, wohl damit zu rechnen ist, daß der Bundesrat Einspruch einlegen und damit sich nun leider wieder eine Verzögerung in der weiteren Behandlung des Gesetzentwurfes ergeben würde. Die Länder haben aber alles Interesse daran, daß dieses Änderungsgesetz zum Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz möglichst bald verabschiedet wird. Man darf sagen: jeder Tag bringt Steuerausfälle,
bzw. die Erhöhung des Steueraufkommens zieht sich hinaus.
Es liegt dem Bundesrat fern, in dieser Angelegenheit irgendwelche Schwierigkeiten zu machen, aber sein Grundgedanke ist — das wurde im Bundesratsfinanzausschuß von allen Seiten betont —: wir müssen einmal nach einer Vereinfachung unserer Steuergesetzgebung streben; die Behörden sind sonst nicht in der Lage, mit der gebotenen Schnelligkeit die Steuergesetze zu vollziehen. Wir müssen aber unter dem Druck der Finanznot in Bund und Ländern zum anderen auch darnach streben, daß das Aufkommen aus diesen wichtigen Steuern so groß wie möglich wird. Unter dem Druck dieser
Not müssen wir alles beiseite stellen, was nicht geeignet ist, die Mehrung des Steueraufkommens, die die Bundesregierung in dankenswerter Zusammenarbeit mit dem Bundesrat anstrebt, auch tatsächlich zu gewährleisten.