Rede von
Dr.
Eduard
Wahl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorlage der Drucksache Nr. 2236 , über die ich die Ehre habe dem Hohen Hause namens des Rechtsausschusses zu berichten, betrifft ein Gesetz, durch das nunmehr auch durch die deutschen Gesetzgebungsinstanzen die diskriminierende Behandlung der kriegführenden Staaten und ihrer Staatsangehörigen aufgehoben wird. Natürlich hatten die Besatzungsmächte alsbald nach der Besetzung die Maßnahmen außer Kraft gesetzt, die von deutscher Seite während des Krieges gegen die Alliierten und ihre Verbündeten ergriffen worden waren. Aber es ist wichtig, daß nun auch die deutsche Gesetzgebung formell • die Kriegsgesetze außer Kraft setzt, weil nach dem Stand der Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Alliierten ein solcher Gesetzgebungsakt die Voraussetzung dafür bildet, daß entsprechende Gesetze in den alliierten Staaten zur Aufhebung der Beschränkungen für die deutsehen Staatsangehörigen ergehen.
Der Rechtsausschuß war nicht in der Lage, im einzelnen nachzuprüfen, ob der Katalog der fn der Regierungsvorlage enthaltenen Gesetze vollständig ist. Insoweit muß er sich auf die Vorarbeiten des Bundesjustizministeriums verlassen, das auch die aus der Drucksache ersichtliche Einfügung der Verordnung vom 13. Juli 1943 angeregt hat. Der Rechtsausschuß hat das von der Bundesregierung vorgeschlagene Datum, auf das die Aufhebung der Kriegsvorschriften zurückbezogen wird, nämlich das Datum des 8. Mai 1945, in seiner Berechtigung geprüft und schließlich gutgeheißen. Nach unserer Auffassung ist der sogenannte Wirtschaftskrieg, der mit Hilfe dieser diskriminierenden Vorschriften geführt wird, mit der Kriegführung selbst, den sogenannten Feindseligkeiten, den Kriegshandlungen aufs engste verbunden, und es schien richtig, die Maßnahmen des Wirtschaftskrieges mit der Einstellung der Feindseligkeiten aufzuheben.
Wie aus der Begründung der Regierungsvorlage hervorgeht, hat die Regierung nur einem Verlangen der drei westlichen Besatzungsmächte entsprochen, als sie dem Entwurf folgende Präambel voranstellte:
Um der Beendigung des Kriegszustandes zwischen Deutschland und den alliierten Staaten im innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Ausdruck zu geben, hat der Bundestag das folgende Gesetz beschlossen:
Gegen diese Fassung der Präambel waren schon im Bundesrat von dem Herrn Ministerpräsidenten Zinn erhebliche Bedenken angemeldet worden, weil sie der Auslegung Raum geben könnte, als ob der völkerrechtliche Kriegszustand zwischen Deutschland und den Alliierten schon zu Ende sei, "was mangels eines Friedensvertrages und mangels der Wiederaufnahme, normaler diplomatischer Beziehungen nur dann der Fall sein könnte, wenn das Deutsche Reich im Jahre 1945 untergegangen wäre Diese Bedenken erschienen dem Rechtsausschuß äußerst schwerwiegend. Er schlug deshalb in der Drucksache Nr. 2236 alter Ausgabe eine Fassung vor, die zu einer solchen Auslegung keine Handhabe geboten hätte. Da unser Land das größte Interesse daran hat, eines Tages als Partner für den Friedensvertrag über alle deutschen Probleme anerkannt zu werden, hätte der Bundestag nie sein Einverständnis mit einer Präambel erklären können, durch die der Anschein erweckt worden wäre, als ob der Kriegszustand durch den Untergang des Deutschen Reiches aufgehört habe und die deutsche Bundesrepublik einer der Nachfolgestaaten sei, der das Aufhören des Deutschen Reiches als These hingenommen hätte.
Mittlerweile haben die Alliierten den Rechtsausschuß wissen lassen, daß sie angesichts der entstndenen Differenzen über die Wortfassung der Präambel den ursprünglichen Vorschlag der Bundesregierung, das Gesetz ohne Präambel zu erlassen, anzunehmen bereit sind. Zumal von der Verabschiedung des Gesetzes die Aufhebung der Beschränkungen der Deutschen in den kriegführenden Staaten abhängt und deshalb Eile geboten ist — man denke bloß an die bisherige Ausschließung der Deutschen von der Anrufung der amerikanischen Gerichte —, glaubte der Rechtsausschuß auf der von ihm neugefaßten Präambel nicht bestehen zu sollen und schlägt Ihnen das Gesetz nunmehr ohne Präambel zur Annahme vor, nachdem der deutsche Rechtsstandpunkt in meinem Referat nochmals klargestellt worden ist.