Rede:
ID0114102100

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Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 3
    1. Herr: 1
    2. Abgeordneter: 1
    3. Steinhörster.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 141. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1951 5599 141. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1951. Geschäftliche Mitteilungen . 5599C, 5603B, 5608C Bericht des Bundeskanzlers über die wirtschaftliche Lage der Deutschen Bundesbahn (Nr. 2228 der Drucksachen) . . . 5599C Zur Tagesordnung 5599C Zurückziehung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Sitz der Bundesstelle für den Warenverkehr (Nr. 2119 der Drucksachen) 5599D Euler (FDP) (zur Tagesordnung) . 5599D Beratung der Interpellation der Fraktion 1 der SPD betr. Devisenkontrolle (Nr. 2180 der Drucksachen) 5599D, 5603B Dr. Bleiß (SPD), Interpellant: zur Sache 5599D zur Geschäftsordnung 5604B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 5603C Ausschußüberweisung 5604C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Handelsspannen (Nr. 2183 der Drucksachen) 5600D Dr. Bertram (Z), Antragsteller . . 5600D Loritz (WAV) 5603A Ausschußüberweisung 5603B Beratung der Interpellation der Abgeordneten Hagge, Steinhörster u. Gen. betr. Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein (Nr. 2147 der Drucksachen) 5604C Hagge (CDU), Interpellant . 5604C, 5608A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 5606A Mellies (SPD) 5606D Ewers (DP) 5606D Steinhörster (SPD) 5607B Euler (FDP) 5608A Ausschußüberweisung 5608C Nächste Sitzungen 5608D Die Sitzung wird um 10 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die rechtlichen Fragen würde ich mich mit dem Anwalt des verehrten Herrn Kollegen Hagge dann sehr gern unterhalten, wenn dieser Anwalt vom öffentlichen Recht etwas verstehen sollte. Mit dem Herrn Kollegen Hagge selbst möchte ich mich darüber nicht unterhalten, sondern mich der politischen Situation zuwenden.
    Wie liegen die Dinge? In Schleswig-Holstein besteht eine Landesregierung, deren Chef ein Parteifreund von Herrn Hagge ist. Diese Landesregierung ist — ich hoffe, daß es inzwischen überall


    (Ewers)

    bekannt ist — eine Koalitionsregierung, in der die Flüchtlingspartei vertreten ist. Die Flüchtlingspartei hat zur Bedingung der Koalition gemacht, daß die Gemeindevertretungen vorzeitig — wie vorzeitig, ist unklar — neu gewählt würden, um der inzwischen neu hinzugekommenen Partei einen Einfluß in den Gemeindevertretungen zu verschaffen, also die aus freien Wahlen hervorgehenden Selbstverwaltungskörperschaften der Gemeinden besser zu stützen, als es in der Zeit des Bestehens der Militärregierung, in der die Partei der Vertriebenen nicht gegründet werden durfte, möglich gewesen ist. Daß dieser Vorgang in allen Gemeinden, auch in den Stadtgemeinden — wie z. B. in meiner Heimatstadt Lübeck — nicht sehr willkommen war, ist klar; denn er bringt Unruhe; es handelt sich dabei aber um ein Politikum erster Ordnung.
    Wir erleben nun, daß sich ein Mitglied der Regierungspartei Schleswig-Holsteins mit der Opposition zusammensetzt und mit einer, wie mir scheinen will, ganz außerordentlich schlechten Rechtsbegründung hier Rechtsauskünfte verlangt. Ich möchte empfehlen, daß das Bundesinnenministerium für solche Rechtsauskünfte eine Gebühr einführt, vielleicht 50 DM für jede Auskunft.

    (Heiterkeit. — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Jedenfalls sind wir im Bundestag nicht dazu da, der verehrten Sozialdemokratie, die in Schleswig-Holstein Opposition betreibt, Mittel an die Hand zu geben und Wege zu öffnen, um dort neue Unruhe zu stiften.

    (Abg. Mellies: Schöne Auffassung! — Weitere lebhafte Zurufe von der SPD.)

    So sehe ich die Sache an. Ich möchte bitten, daß, nachdem wir länger als 12 Jahre von demokratischen Methoden leider nichts lernen konnten, wir uns auf unsere alten demokratischen Herzen wieder besinnen

    (Zurufe von der SPD)

    und Politik, wenn wir sie machen, unter klaren Vorzeichen machen. Es steht nichts im Wege, daß Herr Kollege Hagge der SPD beitritt, gar nichts. Aber es steht alles im Wege, daß er als Mitglied seiner Fraktion hier im Bundestag seiner eigenen Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag Schwierigkeiten macht.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Dagegen verwahre ich mich.

    (Abg. Mellies: Das sollten sich Ihre Kollegen gelegentlich mal merken, die ihrer Regierung hier Schwierigkeiten machen!)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Steinhörster.

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    Rede von Willi Steinhörster


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So leicht, wie es sich der Herr Abgeordnete Ewers macht, soll man sich die Dinge nun weiß Gott nicht machen. Hier ist ja von einer Freundschaft zwischen seinen politischen Freunden in Schleswig-Holstein und etwa der Opposition in Bonn überhaupt keine Rede. Wenn Sie sich einmal die Unterschriften unter dieser Interpellation genau ansehen würden, dann würden Sie feststellen, daß das alles Leute aus der Selbstverwaltung sind, die wirklich aus der ernsten Befürchtung, hier könne, veranlaßt durch das Exempel Schleswig-Holstein, etwas passieren, handeln,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und, meine Damen und Herren, das was Schleswig-Holstein erlebt hat, ist in der Tat ein Exempel.
    Es geht gar nicht so sehr um die politische Seite dieser ganzen Geschichte. Wenn ich die politische Seite etwas näher untersuchen wollte, dann müßte ich Sie darauf hinweisen, daß es kein anderer gewesen ist als der Herr Bundeskanzler selber, der auf die gefährliche Situation hingewiesen hat, die sich in Schleswig-Holstein entwickeln muß und entwickeln wird, wenn so weitergearbeitet wird. Wohin kämen wir denn, wenn eine Länderregierung bei jeder Gelegenheit, bei jeder politischen Umstellung die Gemeinde- und Kreisparlamente auflösen wollte?

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Stellen Sie sich einmal vor: Morgen hätten wir in Niedersachsen die Situation, daß meinetwegen eine Veränderung in der Regierung eintritt, und die niedersächsische Landesregierung würde die Kreis- und Gemeindeparlamente auflösen.

    (Abg. Kunze: Dasselbe versuchen Sie beim Bundestag!)

    — Die Sache ist doch ein wenig anders. Im Bundestag liegen die Verhältnisse vollkommen anders.

    (Widerspruch bei den Regierungsparteien.)

    Als die Kreise und Gemeinden bereits arbeiteten, war von einem Bunde überhaupt noch nicht die Rede, meine Damen und Herren! Die Kreise und die Gemeinden sind es gewesen, die den ersten Stoß nach 1945 aufgefangen haben, die überhaupt das Leben und das Verwaltungsleben in Deutschland wieder in Gang brachten, und erst viel später hat sich das entwickelt, was wir heute als Bundeskonstitution haben. Wären die Gemeinden und Kreise nicht gewesen, dann sähe es heute weit, weit schlechter in der Bundesrepublik aus. Und so bin ich der Meinung: Das, was in Schleswig-Holstein geschehen ist — wir haben heute im Grunde ja nur noch eine rückläufige Betrachtung anzustellen, das Bundesverfassungsgericht wird sich zweifellos damit befassen müssen —, war nichts anderes als ein politischer Willkürakt, lein absoluter politischer Willkürakt ohne Fundierung im Staatsrechtlichen und ohne Fundierung im Demokratisch-Parlamentarischen.
    Wir haben kürzlich bei der Beratung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes von dieser Stelle ganz klare Worte darüber gehört, wie in der Zukunft die Kreise und die Gemeinden hinsichtlich einer Beschwerde gestellt werden sollen, die beim Bundesverfassungsgericht anhängig gemacht werden kann. Es hat erst eines Kampfes bedurft, um überhaupt den Gemeinden und Kreisen das Verfassungsbeschwerderecht zu geben. Dieses Verfassungsbeschwerderecht ist nunmehr gegeben. Meine Damen und Herren! Solange das Bundesverfassungsgericht noch nicht bestand, wäre nach meiner Meinung die Bundesregierung verpflichtet gewesen, wenigstens in etwa, soweit es sich um die Überwachung nach dem Grundgesetz handelt, diese Funktionen auszuüben, und das hat die Bundesregierung im Falle Schleswig-Holsteins nicht getan. Ich will nicht sagen, daß sie als Ersatz für das erst zu schaffende Bundesverfassungsgericht zu wirken hatte, aber sie hatte, was das Grundgesetz und seine Bestimmungen betrifft, gewisse Überwachungsfunktionen zu übernehmen.
    Wir stehen also auf dem Standpunkt, daß der Fall in Schleswig-Holstein, die vorzeitige Auflösung der Gemeinde- und Kreisparlamente, das Bundesverfassungsgericht beschäftigen, und zwar sehr bald


    (Steinhörster)

    beschäftigen muß. Das schleswig-holsteinische Exempel ist von größter Gefahr für den Bestand der Demokratie überhaupt.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Oellers: Ach, weil Sie 36 % der Sitze verloren haben? Das ist doch kein Grund!)