Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die rechtlichen Fragen würde ich mich mit dem Anwalt des verehrten Herrn Kollegen Hagge dann sehr gern unterhalten, wenn dieser Anwalt vom öffentlichen Recht etwas verstehen sollte. Mit dem Herrn Kollegen Hagge selbst möchte ich mich darüber nicht unterhalten, sondern mich der politischen Situation zuwenden.
Wie liegen die Dinge? In Schleswig-Holstein besteht eine Landesregierung, deren Chef ein Parteifreund von Herrn Hagge ist. Diese Landesregierung ist — ich hoffe, daß es inzwischen überall
bekannt ist — eine Koalitionsregierung, in der die Flüchtlingspartei vertreten ist. Die Flüchtlingspartei hat zur Bedingung der Koalition gemacht, daß die Gemeindevertretungen vorzeitig — wie vorzeitig, ist unklar — neu gewählt würden, um der inzwischen neu hinzugekommenen Partei einen Einfluß in den Gemeindevertretungen zu verschaffen, also die aus freien Wahlen hervorgehenden Selbstverwaltungskörperschaften der Gemeinden besser zu stützen, als es in der Zeit des Bestehens der Militärregierung, in der die Partei der Vertriebenen nicht gegründet werden durfte, möglich gewesen ist. Daß dieser Vorgang in allen Gemeinden, auch in den Stadtgemeinden — wie z. B. in meiner Heimatstadt Lübeck — nicht sehr willkommen war, ist klar; denn er bringt Unruhe; es handelt sich dabei aber um ein Politikum erster Ordnung.
Wir erleben nun, daß sich ein Mitglied der Regierungspartei Schleswig-Holsteins mit der Opposition zusammensetzt und mit einer, wie mir scheinen will, ganz außerordentlich schlechten Rechtsbegründung hier Rechtsauskünfte verlangt. Ich möchte empfehlen, daß das Bundesinnenministerium für solche Rechtsauskünfte eine Gebühr einführt, vielleicht 50 DM für jede Auskunft.
Jedenfalls sind wir im Bundestag nicht dazu da, der verehrten Sozialdemokratie, die in Schleswig-Holstein Opposition betreibt, Mittel an die Hand zu geben und Wege zu öffnen, um dort neue Unruhe zu stiften.
So sehe ich die Sache an. Ich möchte bitten, daß, nachdem wir länger als 12 Jahre von demokratischen Methoden leider nichts lernen konnten, wir uns auf unsere alten demokratischen Herzen wieder besinnen
und Politik, wenn wir sie machen, unter klaren Vorzeichen machen. Es steht nichts im Wege, daß Herr Kollege Hagge der SPD beitritt, gar nichts. Aber es steht alles im Wege, daß er als Mitglied seiner Fraktion hier im Bundestag seiner eigenen Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag Schwierigkeiten macht.
Dagegen verwahre ich mich.