Rede von
Walter
Brookmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu .dem Kern, zum Wesentlichen des heute zur Erörterung stehenden Themas zurückkehren. Wir sind dem Herrn Bundesminister des Innern für die Erklärung, die er heute abgegeben hat, dankbar. Wir haben dieser Erklärung entnehmen dürfen, daß die Bundesregierung bereits Schritte unternommen hat, um die deutsche Funkhoheit wiederherzustellen, daß sie den Versuch gemacht hat, mit den Alliierten in ein Gespräch darüber zu kommen, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um uns die deutsche Funkhoheit wieder zu verschaffen. Wir begrüßen daher den Antrag der Deutschen Partei, dem Deutschen Bundestag ein Bundesrundfunkgesetz vorzulegen, im Prinzip. Mit Recht ist aber von Regierungsseite schon darauf hingewiesen worden, daß zunächst einmal ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Durch die Diskussion in der Öffentlichkeit, in der Presse und auch durch die heutige Debatte in diesem Hohen Hause ist, glaube ich, auch allen denen, die sich mit der Frage, ob Bundesrundfunkgesetz oder nicht, oder denen, die sich mit Rundfunkfragen vielleicht überhaupt noch nicht beschäftigt haben, klar geworden, daß etwas geschehen muß, daß doch offenbar irgendwo etwas nicht in Ordnung ist.
In Ordnung ist sicherlich eines nicht: einstweilen bestehen nämlich immer noch die von den Alliierten geschaffenen oder auf sie zurückgehenden Rechtsverhältnisse. Der deutsche Funk muß meines Erachtens von den Schlacken der alliierten Ordonnanzen freiwerden, und es müssen Rückstände aus der ersten Nachkriegszeit, die überholt sind, beseitigt werden.. In der Debatte ist auch heute im Unterbewußtsein angeklungen, wo eigentlich der Hase im Pfeffer liegt. Es kann keinem Zweifel unterliegen', daß die deutsche Funkhoheit nach dem Grundgesetz beim Bunde liegt. Ebensowenig kann es aber auch einem Zweifel unterliegen, daß die Länderrechte rückhaltlos respektiert werden müssen, und zwar in allererster Linie in allen kulturellen Fragen, in der Kunstpflege, in der Heimatverbundenheit, im Schulfunk usw.
In der Debatte ist bereits die Forderung an die Alliierten angeklungen, einer Revision des Kopenhagener Wellenplanes zuzustimmen. Manch einem in diesem Hause ist vielleicht bekannt, daß die Amerikaner, die im übrigen den Kopenhagener Wellenplan nicht unterzeichnet haben, bereit sind, diesem deutschen Wunsche entgegenzukommen. Ich möchte von dieser Stelle aus an die Franzosen und an die Engländer den Appell richten, sich den berechtigten
Forderungen Deutschlands anzuschließen und eine Revision des Kopenhagener Wellenplans mit uns gemeinsam zu fordern.
Warum, meine Damen und Herren, ist eine Revision unbedingt notwendig? Die geistige Demontage im Ätherraum ist wahrhaftig zu einem Problem geworden. Dabei erinnere ich an die ostzonale Rundfunkpropaganda nach dem Westen hin. Sie hat Formen angenommen, die einen verstärkten Gegeneinsatz notwendig machen. Wir müssen unter allen Umständen die erforderlichen Wellenbereiche erlangen, die es uns möglich machen, auch von uns aus im Rahmen dieses Gegeneinsatzes in die Ostzone einstrahlen zu können. Wir brauchen mindestens eine lange Welle mehr und noch mehrere Mittelwellen. Trotz der beachtlichen technischen Leistung und Entwicklung der UKW-Sendungen sind diese Sendungen meines Erachtens nur eine Ausweglösung, zumal sie technisch noch nicht einwandfrei genug sind und nicht absolut befriedigen.
Es wird fernerhin auch eine Aufgabe des Rundfunks sein, das Fernsehen weiterzuentwickeln.
Hier ist auch das Thema der Überparteilichkeit und der Unabhängigkeit des Rundfunks angeschnitten worden. Beides sind fraglos echte Ideale, aber Ideale, die man auch realisieren kann, wenn man den guten Willen dazu hat. Wie die bisherige Praxis bewiesen hat, sind jedenfalls Sicherungsmaßnahmen dringend erforderlich. Ob der Vorschlag, der von dieser Stelle aus gemacht worden ist, eine Art Selbstkontrolle einzuführen, ausreicht, vermag ich nicht zu übersehen. Ich weiß nur, daß diese Selbstkontrolle auf einem andern Gebiet, nämlich dem der Filmwirtschaft, den gewünschten Erfolg auch nicht gebracht hat. Es ist notwendig, ein wirksames System vertrauensvollen Zusammenwirkens zwischen den Männern der Praxis und den politischen Organen zu schaffen.
Ziel und Aufgabe des Rundfunks sollte es immer sein, die Demokratie wirklich glaubhaft, populär und auch funktionierend zu machen. Wenn ich das mit einer besonderen Betonung sage, so deswegen, weil die Erfahrungen aus der Vergangenheit, besonders aus der jüngsten Vergangenheit, gelehrt haben, daß nicht immer mit der notwendigen Sachlichkeit und mit dem notwendigen Ernst gehandelt worden ist. Der Rundfunk schlechthin sollte sich als Sachwalter objektiver Berichterstattung und verantwortungsbewußter Kommentierung auf allen Gebieten, besonders aber auf dem Gebiet der Politik fühlen. An dieser Verantwortlichkeit und an dem Verantwortungsbewußtsein hat es zuweilen stark gefehlt. Ich will den Kommentatoren keineswegs etwa einen Maulkorb umhängen. Ich will auch nicht die Neutralisierung der Kommentatoren. Wir brauchen Kritik. Ich möchte sogar so weit gehen und sagen, daß ein Institut wie der Rundfunk die Kritik als Lebenselement benötigt. Was wir aber brauchen, sind verantwortungsbewußte Kommentatoren, die sich ihrer Aufgabe gegenüber dem Staat und dem Volke vollkommen bewußt sind.
Wir brauchen Kommentatoren; die die Grenzen des Rechts auf freie Meinungsäußerung kennen, Kommentatoren, die sich auf keinen Fall dazu hergeben, zu hetzen und zu zersetzen, die Autorität des Staates zu unterminieren und das Vertrauen zu den politischen und staatlichen Einrichtungen zu erschüttern.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen Satz zu dem Plan der Schaffung einer funkeigenen Programmzeitschrift sagen. Ich möchte dem
Nordwestdeutschen Rundfunk dafür dankbar sein, daß er diesen Plan aufgegeben hat.
Ich hoffe, daß das keine temporäre Erscheinung ist, die etwa nur mit der augenblicklichen Papiermarktlage zusammenhängt, sondern ich hoffe und wünsche, daß das eine endgültige Entscheidung ist; denn ich bin der Meinung, daß der Funk auf dem Gebiete des Zeitschriftenwesens nichts zu suchen hat.
Abschließend möchte ich folgendes sagen. Der Rundfunk ist eines der wichtigsten Organe publizistischer Führung überhaupt. Er hat in der Demokratie zweifelsohne besondere Aufgaben zu erfüllen, und das Problem der publizistischen Führung ist heute aktueller denn je. Daher hielt ich es für notwendig, darauf hinzuweisen, daß die Berichterstattung sowohl als auch die Kommentierung ihre Grenzen findet bei der Verantwortlichkeit, bei dem Verantwortungsbewußtsein.
Was wir weiter brauchen, ist ein leistungsfähiger Rundfunk, der ja schon auf rein technischem Gebiet Aufgaben zu erfüllen hat, die gewaltig sind. Ich erinnere dabei an den weiteren Ausbau der UKW-Sendungen, ich erinnere an die Entwicklung des Fernsehens usw. Das, was sich im deutschen Rundfunk bei allen Sendegesellschaften bewährt hat, sollte man jedenfalls erhalten. Eines muß, glaube ich, auch an dieser Stelle festgestellt werden. Bei allen Unterhaltungen, die ich mit Ausländern über die Qualität des deutschen Rundfunks gehabt habe, ist immer wieder, und zwar mit Ernst, versichert worden, daß wir uns mit unserem deutschen Rundfunk im allgemeinen in der Welt durchaus sehen lassen können. Auf Mangelerscheinungen, auf sogenannte oder wirkliche Mißstände ist hingewiesen worden. Ich halte es nicht für meine Aufgabe, darauf näher einzugehen. Wir müssen — so möchte ich einmal sagen — einen Rundfunk neu schaffen, der seine gesamtdeutsche Aufgabe erkennt, der seinen ganzen Dienst auf diesen Aufgabenbereich abstellt und der darüber hinaus auch eine europäische Verantwortung zu tragen gewillt ist.