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    6. Brookmann.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 140. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1951 5559 140. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5560D, 5580B, 5598C Gedenkworte des Präsidenten Dr. Ehlers für den verstorbenen Staatspräsidenten von Portugal Marschall Antonio Oscar de Fracoso Carmona 5561A Richtigstellung eines Zitats des Abg Dr. Koch aus dem Bundesgesetzblatt in der 137. Sitzung 5561B Zur Tagesordnung 5561C, 5567B Zurückziehung des von der Fraktion der DP eingebrachten .Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Wahlgesetze zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2178 der Drucksachen) 5561C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu den Gesetzen zur Änderung des Gesetzes für Sicherungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft — Änderungsgesetz — 5561C zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen 5561C über die Rechtsstellung der in den ersten Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes . . 5561C zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen 5561D über den Sitz des Bundesverfassungsgerichts 5561D betr. Zweites Gesetz über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern 5561D zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister 5561D zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes . 5561D Anfrage Nr. 143 der Fraktion der KPD betr. deutsche Auslandsschulden (Nrn. 1644, 2218 der Drucksachen) 5561D Anfrage Nr. 177 der Abg. Frau Dr. Probst u. Gen. betr. Bundesversorgungsgesetz (Nrn. 2142, 2219 der Drucksachen) . . 5561D Anfrage Nr. 178 der Fraktion der BP betr. Milchpreis (Nrn. 2165, 2220 der Drucksachen) 5561D Bericht des Bundesministers für Arbeit über die Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nrn. 2221 der Drucksachen) 5562A Bericht des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen über die Befreiung von Rundfunkgebühren für Erwerbslose (Nr. 2224 der Drucksachen) 5562A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Bundesrundfunkgesetzes (Nr. 2006 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und ',Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Neue Wellenlänge für Radio München (Nrn. 2016, 1137 der Drucksachen) 5562A Matthes (DP), Antragsteller . . . 5562B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 5565A Stücklen (CSU), Berichterstatter . 5566C Marx (SPD) 5567C Dr. Besold (BP) 5568D Dr. Decker (BP) 5570B Brunner (SPD) 5570C Brookmann (CDU) 5572C Dr. Mende (FDP) 5573D Dr. Jaeger (CSU) 5576A Müller (Frankfurt) (KPD) 5577D Dr. Seelos (BP) 5578B Frau Dr. Ilk (FDP) 5578D Dr. von Merkatz (DP) 5579A Ausschußüberweisung 5580A Beschlußfassung 5580B Wiedergenesung der Abg. Graf von Spreti und Etzel (Duisburg) 5580B Beratung der Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP betr. Bezahlung von Handwerkerrechnungen (Nr. 2050 der Drucksachen) 5580B Günther (CDU), Interpellant . . . 5580C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 5582B Beratung der Interpellation der Abgeordneten Dr. Orth u. Gen. betr. Kredit-Restriktionen (Nr. 2146 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Krediteinschränkungen in der Grenzlandwirtschaft (Nr. 2169 der Drucksachen) 5561C, 5583B Dr. Orth (CDU), Interpellant . . . . 5583B Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 5584C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 5585B Dr. Preusker (FDP) (zur Geschäftsordnung)) 5586C Beschlußfassung 5586C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Äußerungen des Herrn Bundesministers der Justiz Dr. Dehler zum Mitbestimmungsrecht (Nr. 2168 der Drucksachen) 5586C Wönner (SPD), Interpellant 5586D, 5594B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 5588B Dr. Arndt (SPD) Zur Sache 5588C Zur Geschäftsordnung 5591C Dr. Greve (SPD) 5588C, 5592D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . . 5589B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 5590A Harig (KPD) 5591A Euler (FDP) 5592A Ewers (DP) 5593C Dr. Krone (CDU) 5594A Böhm (SPD) 5594C von Thadden (DRP) 5595B Erste Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Notarordnung für das Land Rheinland-Pfalz (Nr. 2171 der Drucksachen) 5595C Dr. Reismann (Z), Antragsteller . 5595D Ausschußüberweisung 5596B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs O eines Gesetzes zur Vermeidung von Härten in der knappschaftlichen Rentenversicherung bei langer bergmännischer Tätigkeit (Nr. 2058 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 2175 der Drucksachen) 5596B Dannebom (SPD), Berichterstatter 5596C Beschlußfassung . . . . 5596D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Gleichstellung der Kriegsgeschädigten (Nrn. 2177, 124 der Drucksachen) 5597A Zur Geschäftsordnung: Reitzner (SPD) 5597A Strauß (CSU) 5597B Dr. Reismann (Z) 5597B Dr. Fink (BP) 5597C Ausschußüberweisung 5597C Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Anrechnung von Besatzungskohle auf die Exportquote (Nr. 2170 der Drucksachen) 5597C Dr. Seelos (BP) 5597D Ausschußüberweisung 5597D Beratung des Antrags der Abg. Dr. Etzel (Bamberg), Dr. Horlacher u. Gen. betr. Übergangsregelung für die Einfuhr von Gemüse und Obst (Nr. 2179 der Drucksachen) . . 5598A Ausschußüberweisung 5598C Beratung der Übersichten Nr. 26 und Nr. 27 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nrn. 156, 163) 5598A, C Ausschußüberweisung 5598C Nächste Sitzung 5598C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Karl Brunner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist seit einiger Zeit zur Methode geworden, publizistische Instanzen von Gewicht, Ansehen und Einfluß als sozialdemokratische Domänen hinzustellen. Das geschieht bei der dpa ebenso wie beim NWDR. Bei der dpa beispielsweise reichen schon Leute aus, die nur bis drei zählen können, um festzustellen, wieviel Sozialdemokraten sich dort befinden.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Diese Behauptung ist überhaupt nicht dadurch charakterisiert, daß sie zutrifft, sondern dadurch, daß sie die Absicht anzeigt, in diesen Institutionen auch noch den letzten geringen sozialdemokratischen Einfluß zu beseitigen.

    (Sehr gut! bei der SPD. — Lachen in der Mitte. — Zuruf rechts: Schlechter Witz!)

    Als unser Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films im Januar 1950 in Hamburg beim NWDR war, wurde den Mitgliedern ein Pamphlet mit sehr rüden Angriffen gegen diese Institution zugeleitet. Leute, die mit den Dingen vertraut waren, haben dieses Pamphlet achselzuckend beiseite gelegt. Der NWDR selbst hatte ein begreifliches, ja sogar ein verpflichtendes Interesse daran, den Urheber festzustellen. Dazu sind Nachforschungen über die Kriminalpolizei eingeleitet worden. Als die Kriminalpolizei mit den Dingen nicht zu Rande kam und dem NWDR nahelegte, sich wie sie selbst bestimmter Detektivinstitute zu bedienen, wurden die Nachforschungen auf diese Weise fortgesetzt. Da die Anlage des Pamphlets zeigte, daß ihre Urheber unter Umständen im Hause des NWDR selbst sitzen könnten, haben sich die Untersuchungen notgedrungen auch auf Mitglieder und auf das Haus selbst erstreckt. Daraus haben sich die Dinge ergeben, die wir hier von Herrn Matthes vorgetragen bekommen haben.

    (Zuruf rechts: Halten Sie die vielleicht für schön?)

    Auf dieses Pamphlet aber — und das scheint auch das einzige zu sein, was die Deutsche Partei als Grundlage ihrer Angriffe hat — hat sich die Deutsche Partei gestützt. Das geht schon daraus hervor, daß sie in einer Artikelreihe in ihrem Informationsdienst die Fehler wiederholt, die in diesem Pamphlet gemacht worden sind.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Vielleicht war das bestellt!)

    Beispielsweise wird da Herr Stübs unter den sozialdemokratischen Schlüsselstelleninhabern als Leiter des Schulfunks angegeben. Das haben Sie in Ihrem Artikel vor drei Wochen wiederholt. Der Herr ist seit 11/2 Jahren nicht mehr Leiter des Schulfunks. Vielleicht aber — und deshalb habe ich diese Sache hier aufgegriffen — kann uns Herr Matthes nun sagen, wer der Urheber dieses Pamphlets ist.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Das wäre für den NWDR wie für uns alle zu wissen sehr nützlich und angenehm.
    In diesem Pamphlet sind nun an den sogenannten leitenden Stellen sage und schreibe zehn Sozialdemokraten entdeckt worden. Unter diesen freilich befindet sich auch Herr August Hoppe. Dieser war früher bei der FDP und gehört heute keiner Partei mehr an. Es ist ja möglich, daß er gelegentlich


    (Brunner)

    einen so vernünftigen Eindruck macht, daß er uns zugezählt wird.

    (Große Heiterkeit und Beifall bei der SPD.) Diese „Kostprobe" — so heißt es in dem Artikel — finde ich sehr mager. Ich muß sagen, es wäre traurig, wenn das alles Sozialdemokraten wären, die am NWDR mitwirkten.

    Wie sieht denn .aber die Wahrheit bei den Schlüsselstellungen aus? Ich halte beispielsweise die Stellungen der Intendanten beim NWDR für Schlüsselpositionen. Aber weder Herr Troester in Hamburg noch Herr Hartmann in Köln ist Sozialdemokrat. Unter den vier Direktoren, die unter dem Generaldirektor Dr. Grimme arbeiten, finden Sie keinen Sozialdemokraten. In Berlin befindet sich an den leitenden Stellen nach dem Tode unseres Freundes Mischke, der übrigens von sehr vielen bedauert und beklagt worden ist, die sich nicht in unserem Lager befinden, kein Sozialdemokrat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die drei Berliner Leiter für Verwaltung, Technik und Programm sind keine Sozialdemokraten,

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    und unter den Hauptabteilungsleitern finden Sie einen einzigen Sozialdemokraten, nämlich den Leiter der Abteilung „Politisches Wort" in Köln, Walter Steigner, der sich aber in seiner Abteilung unter den Anhängern der Koalitionsparteien in herzbeengender Vereinsamung befindet.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Sozialdemokratie wäre nach ihrer Stärke und Größe eher berechtigt, Forderungen nach stärkerer Berücksichtigung zu stellen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Aber wir haben gar kein Interesse daran, diesen Spieß hier umzudrehen. Diesen Spieß wollen wir vielmehr fortwerfen und in der Auseinandersetzung über diese Dinge überhaupt nicht gebrauchen. Diese Methode des Aufrechnens nach dem Parteibuch schafft nur Unsicherheit unter den Kräften und hemmt die Arbeit. Der einzige Effekt, der erreicht wird, ist derjenige, daß die, die den Mut zum Bekenntnis einer politischen Haltung haben — und das soll in der Demokratie als Vorzug gelten —, diffamiert werden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dieser Angriff hat uns aber – nicht nur uns Sozialdemokraten, sondern, ich glaube, Ihnen allen — keine neuen Offenbarungen gebracht. Es ist der Ausdruck eines ständigen und systematischen Nörgelns und Bohren, von Beeinflussungsversuchen, von Versuchen, die NWDR-Leitung unter Druck zu setzen; und sich diesen ständigen Bestrebungen zu widersetzen, verlangt starke Nerven. Ich glaube, der einzige Vorwurf, den man unserem politischen Freund Grimme, der an der Spitze dieses Instituts steht, machen könnte, ist der, daß er diese starken Nerven vielleicht nicht immer gehabt hat.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Seit er Generaldirektor des NWDR wurde, sind
    außer einem einzigen Fall nur Sozialdemokraten
    entlassen, ist aber kein einziger angestellt worden.
    Das sind die Tatsachen, Herr Matthes! Ihr Angriff gegen den Generaldirektor Dr. Grimme ist noch dazu von besonderer Unanständigkeit. Dr. Grimme ist von dem Verwaltungsrat des Nordwestdeutschen Rundfunks einstimmig gewählt worden, und zwar deshalb, weil er sich durch sein
    Wirken und sein Wesen allgemeine Geltung und allgemeines Ansehen verschafft hat; und als Persönlichkeit des geistigen Lebens, als ein guter Repräsentant einer 'allgemeinen deutschen Sache wurde er an 'die Spitze dieses Instituts berufen. Es ist unfair, diesen Mann als einen „strammen SPD-Mann", wie Sie in Ihrem Artikel schreiben, in eine parteipolitische Statistik einzusetzen. Leute von der demokratischen Observanz des Herrn Matthes freilich sehnen sich nach anderen Repräsentanten. Der niedensächsische Wahlkampf hat gezeigt, daß man sich ehemalige Landesgruppenführer und Obersturmführer der Waffen-SS oder einen Generalrichter der Luftwaffe, der sich seiner Bluturteile rühmt, als Repräsentanten der eigenen Gesinnung auswählt.

    (Lebhafte Rufe links: Hört! Hört!)

    Für solche Leute mag Dr. Grimme freilich nicht zureichen; er legt aber auch gewiß keinen Wert darauf, als ihr Repräsentant zu gelten. Es ist im übrigen ein ungemein erheiternder Eindruck, nach den Erfahrungen und Erlebnissen des niedersächsischen Wahlkampfes Herrn Matthes und seine Freunde hier als Gralswächter der demokratischen Meinungsfreiheit auftanzen zu sehen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Von Herrn Dr. Grimme erwartete man — und deshalb zumeist hat man ihn auch erwählt — die Wahrung der Unabhängigkeit des Rundfunks durch einen gerechten Ausgleich.

    (Abg. Dr. Wuermeling: So sieht es gerade aus!)

    Wir Sozialdemokraten haben den Eindruck: dieser Ausgleich ist manchmal so weit getrieben worden, daß er die Unabhängigkeit etwas beeinträchtigt hat. Es kam zu einem gar nicht rundfunkgemäßen System von Ausgleichsposition und Gegengewicht. Denken Sie nur an Herrn Dr. Starke in Hamburg, Herrn Renée in Berlin, Herrn Hans Wendt in Bonn, und denken Sie daran, daß als Sprecher über Wirtschaftspolitik im Rundfunk lediglich Herr Dr. Wesemann fungiert. Daß er ein Anhänger der Wirtschaftsauffassungen des Herrn Professor Erhard ist, ist seine Sache, und das ist ihm nicht übel zu nehmen. Übel zu nehmen wäre ihm vielleicht, daß er es sorglich vermeidet, im Rundfunk, der ja alle Meinungen auf diesem Gebiete zum Ausdruck bringen soll, auch die anderen Auffassungen zu Wort kommen zu lassen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Was den Fall von Zahn und diesen Vortrag über den Schumanplan angeht, so hätten Sie sich den Fauxpas ersparen können, Herr Matthes, das Haus falsch zu unterrichten, wenn Sie die Güte gehabt hätten, den Ausführungen, die ich bei Behandlung des Etats des Bundesministeriums des Innern über diese Angelegenheit gemacht habe, zuzuhören oder sie nachzulesen. Dort war die Sache richtig dargestellt worden. Nicht von der Sozialdemokratie, sondern von der Bundesregierung ist eine Einmischung in die Personalpolitik des NWDR versucht und zum Teil durchgesetzt worden, die nicht dem entspricht, wonach dieses Institut arbeiten soll und wonach seine leitenden Stellen besetzt werden sollen. Die Art dieser Berufung und dieser Berufungshilfe hat die neuen Sprecher in gewisser Hinsicht gebunden und den Rundfunkstil — wenn ich es einmal so nennen darf —, der weit über die Parteigrenzen hinaus Anklang gefunden hat, verfälscht. Wenn ich sage, daß dieser Stil weit über die Parteigrenzen hinaus Anklang gefunden hatte, so kann ich mich dabei auch auf meinen sehr verehrten


    (Brunner)

    Kollegen, Herrn Ewers, berufen, der in Ihren
    Reihen sitzt. Es begann die Magermilch der
    frommen Denkart in die Mikrophone zu tröpfeln,

    (Heiterkeit und Zurufe)

    und die Tribüne des NWDR wurde gelegentlich zu Herzblättchens politischem Zeitvertreib. Das alles scheint vielen Leuten so gut zu gefallen, daß sie die Entwicklung in dieser Richtung weiter vorantreiben wollen. Man huldigt hier offenkundig einer Art patriarchalischer Auffassung. Die Elterninstanz oder meinethalben die Großelterninstanz der Bundesregierung steht außerhalb der Diskussion. Über sie wird nicht diskutiert, sie wird respektiert, und allein an dem Grad des Respekts kann man die wahre Unabhängigkeit eines Rundfunkinstituts ablesen. Ich fürchte, das ist in Wirklichkeit gemeint.
    Aber eins ist bei alledem, was dem NWDR hier vorgeworfen wurde, nicht gesagt worden: daß die erwähnten sozialdemokratischen Inhaber von Schlüsselstellungen der Qualifikation ermangelten. Man begnügt sich mit dem Vorwurf: sie sind Sozialdemokraten! Das mag an den Stammtischen der Deutschen Partei in Niedersachsen ausreichen;

    (lebhafter Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

    hier in diesem Hohen Hause hätte man etwas mehr zu hören gewünscht. Haben diese Leute irgend etwas getan, um das Ansehen der Demokratie herabzusetzen, um eine aufrichtige und sachliche Diskussion zu beeinträchtigen? Es kann freilich sein, daß ein Sprecher wie Walter Steigner — und nicht er allein — den Hörer allmählich politisch zu einer solchen Reife bringt, daß er nicht mehr geneigt ist, die Deutsche Partei zu wählen, weil er sie für überflüssig hält.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Würde dadurch aber für die Bundesrepublik und für die demokratische Gesamtheit ein Schaden entstehen?

    (Lebhafte Zurufe links: Nein! — Abg. Dr. Greve: Ein Vorteil! — Abg. Dr. von Merkatz: Das ist eine ziemliche Ungehörigkeit!)

    Einigen der erwähnten SPD-Männer wirft man vor, sie seien früher Kommunisten gewesen. Mir scheint entscheidend zu sein, was sie heute sind und wie sie heute wirken.

    (Zuruf von der SPD: Wie ist es denn mit Herrn Walter? — Abg. Dr. von Merkatz: Das ist ja ein prachtvoller Auftakt!)

    Für diese Auffassung erwarte ich Verständnis vor allem bei denen, die sonst immer alles Alte begraben sein lassen wollen

    (Beifall bei der SPD)

    und die die Mitwirkung der Herren, welche ich vorhin genannt habe — und ich könnte die Liste noch erweitern —, in der deutschen Publizistik für sehr angebracht und wünschenswert halten. Vielleicht gehen wir einmal den politischen Stammbäumen auch dieser Leute nach! Im übrigen möchte ich nur eines sagen. Wenn mein politischer Freund Wehner — um nur ein Beispiel zu nennen —, der ja auch einmal Kommunist gewesen ist, diese Tribüne hier betritt, ist das den Kommunisten äußerst unangenehm.

    (Zurufe von der KPD: Oh! Oh!)

    Gerade solche Männer fürchten sie. Sie aber
    dürfen versichert sein, daß Sie als Repräsentanten
    einer erneuten politischen Selbstauflösung und Dekomposition des Bürgertums von Moskau durchaus mit Wohlwollen betrachtet werden.

    (Sehr richtig! Sehr gut! links.)

    Sie haben vielleicht festgestellt, daß sich der Herr Bundesinnenminister diese Vorwürfe und die Art, in der sie vorgetragen wurden, in keiner Weise zu eigen gemacht hat.
    Es ist sicher, daß die Begründung dieses Antrages der Deutschen Partei, die übrigens mit seinem Inhalt sehr wenig zu tun hatte, nicht in die Zeugnisse demokratischen Verantwortungsbewußtseins eingereiht werden kann, die sonst in 'diesem Hause abgelegt worden sind.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Brookmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Brookmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu .dem Kern, zum Wesentlichen des heute zur Erörterung stehenden Themas zurückkehren. Wir sind dem Herrn Bundesminister des Innern für die Erklärung, die er heute abgegeben hat, dankbar. Wir haben dieser Erklärung entnehmen dürfen, daß die Bundesregierung bereits Schritte unternommen hat, um die deutsche Funkhoheit wiederherzustellen, daß sie den Versuch gemacht hat, mit den Alliierten in ein Gespräch darüber zu kommen, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um uns die deutsche Funkhoheit wieder zu verschaffen. Wir begrüßen daher den Antrag der Deutschen Partei, dem Deutschen Bundestag ein Bundesrundfunkgesetz vorzulegen, im Prinzip. Mit Recht ist aber von Regierungsseite schon darauf hingewiesen worden, daß zunächst einmal ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Durch die Diskussion in der Öffentlichkeit, in der Presse und auch durch die heutige Debatte in diesem Hohen Hause ist, glaube ich, auch allen denen, die sich mit der Frage, ob Bundesrundfunkgesetz oder nicht, oder denen, die sich mit Rundfunkfragen vielleicht überhaupt noch nicht beschäftigt haben, klar geworden, daß etwas geschehen muß, daß doch offenbar irgendwo etwas nicht in Ordnung ist.
    In Ordnung ist sicherlich eines nicht: einstweilen bestehen nämlich immer noch die von den Alliierten geschaffenen oder auf sie zurückgehenden Rechtsverhältnisse. Der deutsche Funk muß meines Erachtens von den Schlacken der alliierten Ordonnanzen freiwerden, und es müssen Rückstände aus der ersten Nachkriegszeit, die überholt sind, beseitigt werden.. In der Debatte ist auch heute im Unterbewußtsein angeklungen, wo eigentlich der Hase im Pfeffer liegt. Es kann keinem Zweifel unterliegen', daß die deutsche Funkhoheit nach dem Grundgesetz beim Bunde liegt. Ebensowenig kann es aber auch einem Zweifel unterliegen, daß die Länderrechte rückhaltlos respektiert werden müssen, und zwar in allererster Linie in allen kulturellen Fragen, in der Kunstpflege, in der Heimatverbundenheit, im Schulfunk usw.
    In der Debatte ist bereits die Forderung an die Alliierten angeklungen, einer Revision des Kopenhagener Wellenplanes zuzustimmen. Manch einem in diesem Hause ist vielleicht bekannt, daß die Amerikaner, die im übrigen den Kopenhagener Wellenplan nicht unterzeichnet haben, bereit sind, diesem deutschen Wunsche entgegenzukommen. Ich möchte von dieser Stelle aus an die Franzosen und an die Engländer den Appell richten, sich den berechtigten


    (Brookmann)

    Forderungen Deutschlands anzuschließen und eine Revision des Kopenhagener Wellenplans mit uns gemeinsam zu fordern.
    Warum, meine Damen und Herren, ist eine Revision unbedingt notwendig? Die geistige Demontage im Ätherraum ist wahrhaftig zu einem Problem geworden. Dabei erinnere ich an die ostzonale Rundfunkpropaganda nach dem Westen hin. Sie hat Formen angenommen, die einen verstärkten Gegeneinsatz notwendig machen. Wir müssen unter allen Umständen die erforderlichen Wellenbereiche erlangen, die es uns möglich machen, auch von uns aus im Rahmen dieses Gegeneinsatzes in die Ostzone einstrahlen zu können. Wir brauchen mindestens eine lange Welle mehr und noch mehrere Mittelwellen. Trotz der beachtlichen technischen Leistung und Entwicklung der UKW-Sendungen sind diese Sendungen meines Erachtens nur eine Ausweglösung, zumal sie technisch noch nicht einwandfrei genug sind und nicht absolut befriedigen.
    Es wird fernerhin auch eine Aufgabe des Rundfunks sein, das Fernsehen weiterzuentwickeln.
    Hier ist auch das Thema der Überparteilichkeit und der Unabhängigkeit des Rundfunks angeschnitten worden. Beides sind fraglos echte Ideale, aber Ideale, die man auch realisieren kann, wenn man den guten Willen dazu hat. Wie die bisherige Praxis bewiesen hat, sind jedenfalls Sicherungsmaßnahmen dringend erforderlich. Ob der Vorschlag, der von dieser Stelle aus gemacht worden ist, eine Art Selbstkontrolle einzuführen, ausreicht, vermag ich nicht zu übersehen. Ich weiß nur, daß diese Selbstkontrolle auf einem andern Gebiet, nämlich dem der Filmwirtschaft, den gewünschten Erfolg auch nicht gebracht hat. Es ist notwendig, ein wirksames System vertrauensvollen Zusammenwirkens zwischen den Männern der Praxis und den politischen Organen zu schaffen.
    Ziel und Aufgabe des Rundfunks sollte es immer sein, die Demokratie wirklich glaubhaft, populär und auch funktionierend zu machen. Wenn ich das mit einer besonderen Betonung sage, so deswegen, weil die Erfahrungen aus der Vergangenheit, besonders aus der jüngsten Vergangenheit, gelehrt haben, daß nicht immer mit der notwendigen Sachlichkeit und mit dem notwendigen Ernst gehandelt worden ist. Der Rundfunk schlechthin sollte sich als Sachwalter objektiver Berichterstattung und verantwortungsbewußter Kommentierung auf allen Gebieten, besonders aber auf dem Gebiet der Politik fühlen. An dieser Verantwortlichkeit und an dem Verantwortungsbewußtsein hat es zuweilen stark gefehlt. Ich will den Kommentatoren keineswegs etwa einen Maulkorb umhängen. Ich will auch nicht die Neutralisierung der Kommentatoren. Wir brauchen Kritik. Ich möchte sogar so weit gehen und sagen, daß ein Institut wie der Rundfunk die Kritik als Lebenselement benötigt. Was wir aber brauchen, sind verantwortungsbewußte Kommentatoren, die sich ihrer Aufgabe gegenüber dem Staat und dem Volke vollkommen bewußt sind.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir brauchen Kommentatoren; die die Grenzen des Rechts auf freie Meinungsäußerung kennen, Kommentatoren, die sich auf keinen Fall dazu hergeben, zu hetzen und zu zersetzen, die Autorität des Staates zu unterminieren und das Vertrauen zu den politischen und staatlichen Einrichtungen zu erschüttern.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen Satz zu dem Plan der Schaffung einer funkeigenen Programmzeitschrift sagen. Ich möchte dem
    Nordwestdeutschen Rundfunk dafür dankbar sein, daß er diesen Plan aufgegeben hat.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich hoffe, daß das keine temporäre Erscheinung ist, die etwa nur mit der augenblicklichen Papiermarktlage zusammenhängt, sondern ich hoffe und wünsche, daß das eine endgültige Entscheidung ist; denn ich bin der Meinung, daß der Funk auf dem Gebiete des Zeitschriftenwesens nichts zu suchen hat.
    Abschließend möchte ich folgendes sagen. Der Rundfunk ist eines der wichtigsten Organe publizistischer Führung überhaupt. Er hat in der Demokratie zweifelsohne besondere Aufgaben zu erfüllen, und das Problem der publizistischen Führung ist heute aktueller denn je. Daher hielt ich es für notwendig, darauf hinzuweisen, daß die Berichterstattung sowohl als auch die Kommentierung ihre Grenzen findet bei der Verantwortlichkeit, bei dem Verantwortungsbewußtsein.
    Was wir weiter brauchen, ist ein leistungsfähiger Rundfunk, der ja schon auf rein technischem Gebiet Aufgaben zu erfüllen hat, die gewaltig sind. Ich erinnere dabei an den weiteren Ausbau der UKW-Sendungen, ich erinnere an die Entwicklung des Fernsehens usw. Das, was sich im deutschen Rundfunk bei allen Sendegesellschaften bewährt hat, sollte man jedenfalls erhalten. Eines muß, glaube ich, auch an dieser Stelle festgestellt werden. Bei allen Unterhaltungen, die ich mit Ausländern über die Qualität des deutschen Rundfunks gehabt habe, ist immer wieder, und zwar mit Ernst, versichert worden, daß wir uns mit unserem deutschen Rundfunk im allgemeinen in der Welt durchaus sehen lassen können. Auf Mangelerscheinungen, auf sogenannte oder wirkliche Mißstände ist hingewiesen worden. Ich halte es nicht für meine Aufgabe, darauf näher einzugehen. Wir müssen — so möchte ich einmal sagen — einen Rundfunk neu schaffen, der seine gesamtdeutsche Aufgabe erkennt, der seinen ganzen Dienst auf diesen Aufgabenbereich abstellt und der darüber hinaus auch eine europäische Verantwortung zu tragen gewillt ist.

    (Beifall bei der CDU.)