Rede von
Richard
Stücklen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zuständigkeit der Bundesregierung bzw. der Deutschen Bundespost als Verwaltung im Sinne des Internationalen Fernmeldevertrages ist zur Zeit noch beschränkt.
Die Rechtslage ist folgende
Die Alliierte Hohe Kommission hat in der Anweisung vom 21. 12. 1949 über die Abgrenzung der Zuständigkeit der deutschen Bundesregierung auf dem Gebiete des Post- und Fernmeldewesens unter anderem festgelegt, daß
a) die Bundesregierung die Verfahren, Vorschriften und Empfehlungen des Internationalen Fernmeldevertrages zu beachten hat,
b) die Befugnis zur Zuweisung und Prüfung der Rundfunkfrequenzen der Alliierten Hohen Kommission vorbehalten bleibt.
Ferner hat die Alliierte Hohe Kommission in einer Anweisung an das Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen vom 27. 2. 1950 festgelegt, welche Rundfunkfrequenzen von der Deutschen Bundespost in eigener Zuständigkeit zugeteilt werden können, und das Verfahren für die Zuweisung der übrigen Rundfunkfrequenzen bestimmt. Die Zuteilung von Frequenzen ist in dieser Anweisung nicht geregelt, so daß dafür die Anweisung vom 21. 12. 1949 Buchstabe b gilt. Danach ist für die Zuteilung von Rundfunkfrequenzen und für die Durchführung des Kopenhagener Rundfunkplans, an dessen Aufstellung die Deutsche Bundespost nicht beteiligt war, weiterhin die Alliierte Hohe Kommission zuständig. Nach dem Kopenhagener Rundfunkplan sind für die US-Zone nur die Frequenzen 989 und 1602 kHz zugeteilt worden. Auf der Frequenz 1602 kHz arbeitet seit dem 15. März 1950 — das ist der Tag des Inkrafttretens des neuen Wellenplans — der Rundfunksender Nürnberg. Die Frequenz 989 kHz ist dem Rundfunksender Berlin zugewiesen worden. Die Rundfunksender München und Hof benutzten gemeinsam vom 15. März bis 6. Juli 1950 die Frequenz 728 kHz, und vom 7. Juli 1950 an arbeiten sie mit der Frequenz 982 kHz. Die Frequenz 728 kHz, die dem Rundfunksender Athen als Einzelfrequenz zugeteilt worden ist, mußte von der Besatzungsmacht auf Grund eines Einspruchs der griechischen Verwaltung zurückgezogen werden. Nach dem Plan ist die Frequenz 962 kHz Finnland für den Rundsunksender Turku — 100-kW-Leistung — und Tunesien für
den Rundfunksender Tunis I — 120-kW-Leistung — zugeteilt.
Das Generalsekretariat des Internationalen Fernmeldevereins hat der Bundesregierung mitgeteilt, daß die tunesische Postverwaltung gegen die Benutzung der Frequenz 962 kHz durch den Rundfunksender München bereits Einspruch erhoben hat, da starke Störungen durch diesen Sender auftreten und die Verwendung der Frequenz in Widerspruch zu dem Kopenhagener Wellenplan erfolgt.
Die Zuteilung einer neuen Frequenz für den Rundfunksender München in Abweichung von dem Kopenhagener Plan dürfte im praktischen Betrieb immer zu internationalen Schwierigkeiten führen, obwohl die Besatzungsmächte entsprechende Vorbehalte bereits in Kopenhagen gemacht haben. Das Rundfunkabkommen von Kopenhagen sieht nach Art. 8 § 1 vor, daß Verwaltungen, die eine Frequenzänderung wünschen, Verhandlungen mit den beteiligten Verwaltungen aufzunehmen haben. Das Verfahren ist in den §§ 2 und 3 des Art. 8 festgelegt; es müßte aber auf Grund der Weisungen der Alliierten Hohen. Kommission von dieser in Gang gebracht werden.
Bevor ein solcher Schritt unternommen werden kann, wäre zu prüfen, welche Frequenz für die Versorgungsgebiete des Rundfunksenders München die günstigste ist, um für die Zukunft die jetzt das Gebiet beherrschenden Rundfunksender der Sowjetzone auszuschalten. Nach Ermittlung der günstigsten Frequenz, also der neuen Frequenz für Radio München, wäre dann nach Art. 8 des Kopenhagener Wellenplans mit den Verwaltungen zu verhandeln, denen nach diesem Plan die gleiche oder eine benachbarte Frequenz zugeteilt ist, mit dem Ziel, das Einverständnis dieser Verwaltungen zur Mitbenutzung der Frequenz zu erreichen. Ferner könnte die Frage geprüft werden, ob durch die Aufstellung einer größeren Anzahl von Sendern geringerer Leistung, die auf internationalen Gemeinschaftsfrequenzen betrieben werden, eine gute Rundfunkversorgung Bayerns erreicht werden könnte. Auf diese Art z. B. hat die Schweiz die Versorgung von Tälern gelöst, die die starken Sender nicht in genügender Lautstärke auszufüllen vermochten. Die Ausweichmöglichkeit über Ultrakurzwellensender ist für die einzelnen Rundfunkhörer im Hinblick auf die vielen alten Apparate im Augenblick noch zu kostspielig.
Als Voraussetzung für ein wirkungsvolles Einschreiten der Bundesregierung wäre es notwendig, daß die Bundesregierung Mitglied des Internationalen Fernmeldevereins und des Weltpostvereins wird. Gleichzeitig müßte der Bundesregierung die Funkhoheit über das Bundesgebiet zurückgegeben werden.
Der Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen schlägt Ihnen vor, den Antrag Drucksache Nr. 1137 ler Bundesregierung als Material zu überweisen.